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Die Haftungsproblematik für Planer: …vor dem Hintergrund der geänderten Trinkwasserverordnung

Im November vergangenen Jahres trat die Novelle der Trinkwasserverordnung in Kraft. Eine wesentliche Neuerung betrifft die Trinkwarmwasser-Installationen in Gebäuden, die zukünftig in zahlreichen Fällen auf Legionellen zu untersuchen sind. Neben dieser Untersuchungspflicht wurde ein technischer Maßnahmenwert für Legionellen eingeführt. Bei Erreichen bzw. Überschreiten dieses Wertes ist für Trinkwasser-Installationen eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, welche die Überprüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einschließt. Anlass, diese Anforderungen in die Trinkwasserverordnung aufzunehmen, ist die zunehmende Kenntnis hinsichtlich des Ausmaßes von Legionelleninfektionen, verursacht durch kontaminiertes Trinkwasser in Gebäuden. Mit der deutlich verschärften Überwachungspflicht und dem Fokus auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik wird sich die Haftungsproblematik für Planer und Anlagenbauer deutlich verschärfen.

Bauliche oder betriebsbedingte Mängel sind oftmals die Ursache von Legionellen im Trinkwassersystem.

Die neue TrinkwV fordert, dass „bei Planung, Bau und Betrieb … mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten“ sind. Bild: Viega

Probenahmeventile erleichtern die vorgeschriebenen, regelmäßigen Beprobungen bei gleichzeitig niedrigen Kosten, da die Betätigungseinheit inklusive Auslaufröhrchen mit einem Handgriff abgenommen, sterilisiert/autoklaviert und an anderer Stelle zur Probenahme eingesetzt werden kann – nur das Ventil bleibt an Ort und Stelle. Bild: Viega

Tabelle 1: Übermittelte Legionellosefälle in der Bundesrepublik Deutschland

 

Rückblick: Anfang Mai 2011 wurde die 1. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verkündet. Die geänderte Verordnung trat mit einer Übergangsfrist zum 1. November 2011 in Kraft. Damit bildet diese Fassung der TrinkwV das vorerst letzte Kapitel auf dem Weg, die menschliche Gesundheit vor nachteiligen Einflüssen, die sich aus der Verunreinigung von Wasser für den menschlichen Gebrauch (kurz Trinkwasser) ergeben, zu schützen.
Ausgehend vom Reichsseuchengesetz (1900) wurden über verschiedene Rechtsnormen bis zur heute noch geltenden 3. Novelle der TrinkwV (Inkrafttreten am 01.01.2003) und der aktuellen Änderungsverordnung die Anforderungen zunehmend präzisiert. Dieser Beitrag beschäftigt sich in seinem Schwerpunkt mit den Rechtsanforderungen zu Hausinstallationen, die nach den Änderungen in §3 Begriffsbestimmungen, Abs. 1, Pkt. 3, nunmehr mit „Trinkwasser-Installation“ bezeichnet werden. An der zugehörigen Begriffsdefinition für Trinkwasser-Installationen als „…die Gesamtheit aller Rohrleitungen, Armaturen und Apparate, die sich zwischen dem Punkt des Übergangs von Trinkwasser aus einer Wasserversorgungsanlage an den Nutzer und dem Punkt der Entnahme von Trinkwasser befinden...“ hat sich im Grundsatz nichts geändert.
Gleichwohl das BMG bereits die ­TrinkwV 2001 als eine gute und im Wesentlichen sinnvolle rechtliche Grundlage für den Umgang mit Trinkwasser betrachtet, wurden verschiedene Passagen geändert. Anlass für die Änderungen sind Klarstellungen; die Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse; genauere Anpassungen an die Vorgaben der EURicht­linie (98/83/ EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch); Änderungen von Regelungen, die sich in der Praxis nicht bewährt haben; die Schließung von Regelungslücken sowie Änderungen mit dem Ziel der Entbürokratisierung.
Klarstellungen wurden bereits im Anwendungsbereich (§2) getroffen. So wurde nicht nur dem Begriff Trinkwasser wieder mehr Raum gegeben, sondern auch präzisiert wo die TrinkwV nicht gilt. Beispielsweise für Schwimm- und Badebeckenwasser, aber auch für Wasser, das sich in wasserführenden, an die Trinkwasser-Installation angeschlossenen Apparaten befindet, die nicht Teil der Trinkwasser-Installation sind und mit einer entsprechenden Sicherungseinrichtung ausgerüs­tet sein müssen. Waschmaschinen zählen beispielsweise dazu. Zu mehr Klarheit sollen auch zusätzliche Begriffsbestimmungen im §3 beitragen. Dabei sticht insbesondere hervor, dass man die bisher drei Arten von Wasserversorgungsanlagen weiter differenziert hat und nunmehr sechs Typen findet:

  • zentrale Wasserwerke,
  • dezentrale kleine Wasserwerke,
  • Kleinanlagen zur Eigenwasserversorgung,
  • mobile Versorgungsanlagen, Land-, Wasser-, Luftfahrzeuge,
  • ständige Wasserverteilung – Trinkwasser-Installation,
  • zeitweise Wasserversorgung – Jahr­märkte.


Ein Anlass war sicherlich, die neuen Anforderungen an Wasserversorgungsanlagen gezielter auf die verschiedenen Typen auszurichten. Die für den vorliegenden Fachartikel relevanten Wasserversorgungsanlagen finden sich unter §3, Abs. 1, 2 e, „Anlagen der Trinkwasser-Installation, aus denen Trinkwasser aus einer Anlage nach Buchstabe a oder Buchstabe b an Verbraucher abgegeben wird (ständige Wasserverteilung).“ Hier handelt es sich um die typische Hausinstallation in Gebäuden. Ein nicht unwesentlicher Teil der neuen Anforderungen und Präzisierungen findet sich für diesen Typ von Wasserversorgungsanlage.
Damit wird man der Erkenntnis gerecht, dass sich die aktuellen Gesundheitsprobleme, verursacht durch die Qualität des Trinkwassers, zunehmend auf die Trinkwasser-Installation von Gebäuden zurückzuführen sind. Während der ursprüngliche gesetzliche Regelungsansatz seinen Schwerpunkt eher dort hatte, wo es um die Sicherheit der Wasserversorgung von der Wassergewinnung bis zum Gebäude ging, so sind die Gebäude und deren Trinkwasser-Installationen damit in den Fokus gerutscht.

Gesundheitsrisiken durch Trinkwasser-Installationen
Welche gesundheitlichen Risiken gehen von Trinkwasser-Installationen aus?
Was haben Planer damit zu tun und was ändert sich mit der neuen TrinkwV hinsichtlich ihrer Haftungsproblematik?
Zu den gesundheitlichen Risiken gehören chemische Belastungen im Trinkwasser, z.B. durch Blei, sowie mikrobiologische Risiken durch Krankheitserreger. Während bei chemischen Belastungen eine akute Gefährdung von Trinkwassernutzern sehr unwahrscheinlich ist und hier primär der langfristigen gesundheitlichen Vorsorge Rechnung getragen wird, kommt der Mikrobiologie hier eine wesentlich größere Bedeutung zu.
Nach dem aktuellen Kenntnisstand sind es heute vor allem Bakterien aus der Gruppe der Legionellen, von denen ein deutliches Gefährdungspotenzial ausgeht. Diese Mikroorganismen können zur Legionellose führen, welche als leichte Verlaufsform – dem sogenannten Pontiac-Fieber – Sommergrippe-ähnliche Symptome zeigt. Schätzungen gehen von einer jährlichen Fallzahl im sechsstelligen Bereich aus. In der Praxis dürfte es aber die absolute Ausnahme sein, dass ein Zusammenhang mit einer Legionellen-kontaminierten Trinkwasser-Installation hergestellt wird. Auch im Fall der schweren Verlaufsform – der Legionellose – in Form einer Lungenentzündung (bekannt als Legionärskrankheit) geht das Robert-Koch-Institut von einer erheblichen Untererfassung und einer Dunkelziffer von > 95% aus.
Nach Auswertung der bisherigen Erkenntnisse wird angenommen, dass von den jährlich ca. 800.000 ambulant erworbenen Pneumonien ca. 4% auf Legionellen zurückzuführen sind (siehe auch Begründung der TrinkwV). Das sind ca. 32.000 Erkrankungen pro Jahr mit der Folge von ca. 2000 Todesfällen. Damit werden die aktuelle Dunkelziffer und das Ausmaß des Problems deutlich.
Bisher dürfte es auch im Fall der Legionärskrankheit eine Ausnahme sein, dass zwischen der jeweiligen Erkrankung und der Ursache Trinkwasser-Installation ein Zusammenhang hergestellt wird. Das könnte sich mit Umsetzung der neuen TrinkwV ändern, da die zukünftigen Anforderungen umfassende Untersuchungen auf Legionellen einfordern. Hinzu kommt die Festlegung eines technischen Maßnahmenwertes für Legionellen „bei dessen Erreichen oder Überschreiten Maßnahmen zur hygienetechnischen Überprüfung der Trinkwasser-Installation im Sinne einer Gefährdungsanalyse eingeleitet werden (§3, Abs. 1, Pkt. 9)“. Dabei wird durch Sachverständige geprüft, ob mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Die Ortsbesichtigung ist zu dokumentieren.“ Mit <100 Legionellen/100 ml entspricht der Wert dem unteren Maßnahmenwert des DVGW Arbeitsblattes W551, welcher bereits nach heutiger Kenntnis in zahlreichen Trinkwarmwasser-Installationen überschritten wird.
Neben der Festlegung des technischen Maßnahmenwertes und der bei Erreichen und Überschreiten folgen-den Sachverständigenprüfung, kommt der deutlichen Erweiterung der Untersuchungspflichten gemäß TrinkwV §14, Abs. 3, eine hohe Bedeutung zu. In der Vergangenheit wurden gemäß TrinkwV, §18, lediglich die Gebäude überwacht, in welchen der Betreiber Wasser an die Öffentlichkeit abgab. Nun gilt die Untersuchungspflicht auf Legionellen für alle Trinkwassererwärmungsanlagen, aus denen Trinkwasser für gewerbliche oder öffentliche Tätigkeiten abgegeben wird (§14, Abs. 3). Darunter fallen neben vielen gewerblich genutzten Gebäuden, wie Hotels oder Sporteinrichtungen, auch Wohngebäude.
Untersuchungspflichtig sind Großanlagen zur Trinkwassererwärmung, wie sie im DVGW Arbeitsblatt W551 definiert sind (? 400l Speichervolumen und/oder ? 3l Leitungsinhalt vom Trinkwassererwärmer bis zur Entnahmestelle). Zudem sind gemäß §13, Abs. 5, diese Anlagen dem Gesundheitsamt anzeigepflichtig.
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Haftungsrechtliche Aspekte
Die Haftungsrisiken für Planer leiten sich vornehmlich aus einer zentralen Anforderung der TrinkwV ab. Diese betrifft die Einhaltung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“, welche in der geänderten TrinkwV an verschiedensten Stellen gefordert werden. Grundsätzlich scheint sich damit gegenüber der Verordnung alter Fassung keine Änderung ergeben zu haben. Auch dort wurden ausgehend vom §4, Allgemeine Anforderungen, in verschiedenen Paragrafen die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ eingefordert. Die Praxis wird dem allerdings in Trinkwasser-Installationen von Gebäuden oftmals nicht gerecht. Das betrifft sowohl die Neuerrichtung, aber auch die Sanierung im Bestand. Gerade auch die Kontamination mit Legionellen ist häufig verbunden mit Abweichungen vom technischen Regelwerk, wie Nichteinhaltung der Temperaturgrenzen gemäß DVGW W551, Überdimensionierung der Systeme oder mangelhafte Hydraulik. Wie bereits eingangs ausgeführt, dürften die Mängel aufgrund der vorgeschriebenen Sachverständigenprüfung bei Erreichen/Überschreiten des technischen Maßnahmenwertes zukünftig deutlich häufiger offenkundig werden. Damit wird die die konsequente Umsetzung der technischen Regelwerke, wie des DVGW Arbeitsblattes W551, der VDI 6023 oder der DIN 1988 zukünftig noch mehr Bedeutung zukommen. Wichtig erscheint dabei auch, dass der Planer sich über Neuerungen zeitnah informiert, sich Klarheit über den unbestimmten Rechtsbegriff „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ verschafft und gleichzeitig für das Thema Haftung sensibilisiert.
Haftung bedeutet letztlich: Für einen entstandenen Schaden einstehen müssen! Eine Pflicht zum Schadenersatz ist dann gegeben, wenn derjenige, der eine Leistung ordnungsgemäß zu erfüllen hat, entweder das einzuhaltende Maß der Pflichterfüllung nicht erbringt oder im Rahmen seiner Tätigkeit andere Schäden verursacht. Welche Anforderungen sind also zu erfüllen, um eine Leistung ordnungsgemäß zu erbringen?
Grundsätzlich ist hier die mangelfreie Leistung zu nennen. „Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat“ – §633 II S. 1 des BGB begründet die Pflicht zur mangelfreien Leis­tungserfüllung. In der Regelung zu §13 I VOB/B heißt es ferner „Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.“ Wie bereits in der ­TrinkwV findet sich auch hier der Terminus und wirft wiederholt die Frage nach dessen juristischer Bedeutung auf. Die TrinkwV geht sogar soweit, dass sie ausführt, nur bei Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik darf der Unternehmer oder sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage davon ausgehen, dass in seiner Trinkwasser-Installation genusstaugliches und hygienisch einwandfreies Wasser zur Verfügung gestellt wird.
Dieses Prinzip der Verantwortlichkeit des Inhabers der Trinkwasser-Installation führt in Schadenfällen zu einer haftungsrechtlichen Zuordnung durch die Gerichte. Das lässt sich aus dem Urteil des LG Dortmund vom 1.9.2010 (4 O 167/06) mit folgendem Sachverhalt ableiten: Die Klägerin fordert Schadenersatz und Schmerzensgeld weil sie sich als Patientin im Schlaflabor eine Legionellen-Pneumonie zugezogen hat. Verklagt wurden einerseits die behandelnden Ärzte, andererseits der Hauseigentümer. Den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass in diesem Fall die Klage gegen den Hauseigentümer alleine gerechtfertigt ist. Die verantwortliche Haftung resultiert aus der Verletzung von Pflichten beim Betrieb der Trinkwasseranlage. Die Verkehrssicherungspflichten erstrecken sich dabei sowohl auf etwaig gegebene, bauseits bedingte Defizite der Anlage, als auch auf konkret geschuldete Hygieneanforderungen während des Betriebes der Anlage.
Für den Planer bedeutet das, dass der an die Erfüllung seiner Leistungspflichten angelegte Maßstab zumindest und zwingend die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik ist, denn diesen Anforderungen muss im späteren der Eigentümer gegenüber seinen Vertragspartnern genügen. Kann der Mieter oder sonstige Nutzer der Trinkwasser-Installation dem Eigentümer des Objektes ein Versäumnis nachweisen und einen Schaden geltend machen, wird der Eigentümer/Inhaber der Trinkwasser-Installation sich haftungsrechtlich gegen den Planer wenden.
In einem anderen Haftungsfall hat das OLG München (9 U 2546/10) unter anderem festgestellt, dass Planer sich im Hinblick auf ihr Fachwissen durch Lektüre der einschlägigen Fachzeitschriften und dem Besuch von Fortbildungsveranstaltungen „informiert zu halten“ haben.

Fazit
Derjenige, der im späteren Betrieb der „Unternehmer oder sonstige Inhaber der Trinkwasser-Installation“ ist, erwartet zu Recht vom TGA-Planer, dass „die Prinzipien und Lösungen berücksichtigt bzw. gefunden werden, die in der Praxis erprobt sind und sich bewährt haben und sich bei der Mehrheit der Praktiker durchgesetzt haben.“ So die Definition des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1997 zu den anerkannten Regeln der Technik. Daraus lässt sich einzig die Schlussfolgerung ableiten, dass der Planer sein Fachwissen stets auf hohem Niveau zu pflegen hat und nur dann haftungsrechtlich gut gewappnet ist, wenn dieses Fachwissen in seine Arbeit einfließt und so zum Gelingen des Werkes beiträgt.

Literatur:
[1]    TrinkwV 2001 - Trinkwasserverordnung -Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch – Änderung vom 03.05.2011
[2]    DVGW W551, Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen, 2004-04
[3]    VDI 6023 - Hygiene in Trinkwasser-Installationen - Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung, 2006-07
[4]    DIN 1988 - Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI), diverse Teile

Autoren: RA Hartmut Hardt; Kanzlei Hardt, Witten, Dr. Christoph Sinder; DMT GmbH & Co. KG, Dortmund

 


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