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Jenseits von Feuchte und Temperatur

Erst mit unterschiedlichsten Luftzustandsmessungen kann eine Klima-/Lüftungsanlage ihre Bestimmung voll erfüllen

Thermische Sonde (l.) und Flügelradsonde (r.) zur Messung von niedrigen bis mittleren Strömungs geschwindigkeiten in Lüftungskanälen.

Zwei Beispiele für Volumenstrommessungen. Rechts: am Luftauslass mit dem digitalen Flügelrad-Anemometer (hier „testo 417“), links: am Deckenauslass mit der Volumenstrommesshaube „testo 420“; der Gleichrichter sorgt für eine präzise Messung an Drallauslässen.

Ermittlung der Lufttemperatur im Lüftungskanal mit dem „Smart Probe testo 605i“.

Feuchtemessung im Raum mit dem digitalen Hygrometer „testo 625“. Die testo Smart App dient als Second Screen sowie zur Konfiguration, Speicherung und Dokumentation der Messwerte.

 

Heutzutage verbringen wir die meiste Zeit des Tages in geschlossenen Räumen (durchschnittlich 90 % des Tages). Weil die dichten Gebäudehüllen einen natürlichen Luftaustausch erheblich erschweren, werden raumlufttechnische (RLT-) Anlagen installiert, die ein angenehmes Klima in den Innenräumen sicherstellen sollen. Stichwort: Kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL). Durch sie werden Gebäude be- und entlüftet. Damit eine KWL-Anlage effizient arbeitet und sie ihre Aufgaben optimal erfüllt, müssen bestimmte Normen beachtet und bei Inbetriebnahme und regelmäßigen Inspektionen verschiedenste Messaufgaben durchgeführt werden.

Abhängig von der Raumgröße und den im Regelfall anwesenden Raumnutzern kann beispielsweise über die Luftwechselrate der „ideale“ Luftvolumenstrom für den Raum definiert werden. Beispielsweise gibt die DIN 1946-6 (Lüftung von Wohnungen), ein Luftbedarf zwischen 20 und 30 m3/h und Person vor (20 m3/(h · Pers) bei einer höheren als der planmäßigen Personenzahl). Als Faustformel kann mit einer Luftwechselrate von 0,5 gerechnet werden. Das bedeutet, dass abhängig vom Raumvolumen dem Raum ein definierter Luftvolumenstrom pro Stunde zugeführt werden sollte.

Oftmals werden RLT-Anlagen mit zu hohen Luftmengen betrieben. Dieser Überbedarf führt zu erhöhten Betriebskosten. Der Energieaufwand für den Ventilator steigt, da eine größere Luftmenge durch die Anlage bewegt werden muss. Ein zu lautes Betriebsgeräusch des Ventilators könnte ebenfalls zum Problem werden. Aber auch für die Konditionierung der Luft (Kühlen, Heizen, Be-/Entfeuchten) entstehen Kosten, welche bei korrekt eingestellter Anlage reduziert werden können. Zusätzlich führt ein hoher Luftwechsel oft zu Zugerscheinungen im Raum; die Personen fühlen sich unbehaglich.

Auf der anderen Seite kann auch ein zu niedriger Volumenstrom problematisch sein. Den Personen im Raum steht zu wenig frische Luft zur Verfügung. Die Raumluft ist „verbraucht“, da ein zu hoher CO2-Gehalt im Raum herrscht. Niedrige Volumenströme können desweitern negative Einflüsse auf die Hygiene der Anlage haben: Es besteht das Risiko der Keimbildung in der Anlage, wenn die befeuchtete Luft zu langsam in den Kanälen bewegt wird.

Es wird klar: Als Klima- und Lüftungstechniker hat man mit den unterschiedlichsten physikalischen Abläufen und Messparametern zu tun. Herausfordernde Messungen – zahlreiche Normen sind zu beachten und das persönliche Empfinden spielt ebenso eine große Rolle. Hier hilft geeignete Messtechnik, die Messfehler und Unsicherheiten reduzieren.

Messanwendungen in der Praxis

Wenn eine Wohnraum-Lüftungsanlage in Betrieb genommen wird, liegt der Fokus meistens komplett auf der vollständigen Funktionsprüfung und auf der Gesamteinregulierung des Systems. Durch diese Maßnahmen wird zum einen der geforderte Mindestluftwechsel sichergestellt. Zum anderen dienen diese Schritte auch der Einstellung der Gesamtvolumenströme und des richtigen Verhältnisses von Gesamtzu- und Gesamtabluft-Volumenstrom sowie der Optimierung der Einzelluftmengen in den Räumen.

Alle Mess- und Einregulierungsergebnisse sind in einem entsprechenden Protokoll festzuhalten. Bei der Übergabe an den Kunden sind neben Lüftungskonzept, lüftungstechnischer Auslegung/Berechnung, Bedienungs-/Wartungsanleitung und Beschreibung des Lüftungssystems auch Mess- und Prüfprotokolle zu übergeben. Die regelmäßige Wartung und ggf. Instandsetzung einer Wohnraumlüftungsanlage ist für den dauerhaften ökonomischen und ökologischen Betrieb unerlässlich.

Wenn Reinigungsarbeiten vorgenommen werden, ist darauf zu achten, dass etwaige Einstellungen bzw. Einregulierungen nicht verstellt werden. Die Notwendigkeit des Filtertausches wird i. d. R. durch den Verschmutzungsgrad, die zulässige Differenzdrucküberschreitung oder zuvor vereinbarte Zeitintervalle festgelegt. Bei der Auswahl der richtigen Messgeräte empfiehlt es sich darauf zu achten, dass diese eine unkomplizierte Dokumentation ermöglichen, z. B. durch einfache Exportfunktionen (csv) oder Protokollerstellung (PDF) direkt im Messgerät oder über eine App.

Ermittlung des Gesamtluftvolumenstroms einer Lüftungszentrale

Um überprüfen, dass das Zentralgerät den Gesamtvolumenstrom gemäß der Planung zur Verfügung stellt, wird die Gesamtvolumenstrommenge ermittelt. Generell ist eine solche Volumenstrommessung in Lüftungskanälen nicht so trivial wie es im ersten Moment erscheint. So muss vor allem bei der direkten Messung eine genügend große Anzahl an Messpunkten am Messort aufgenommen und gemittelt werden, um Strömungsunterschiede am Messpunkt auszugleichen. Einfache Messgeräte bieten hier eine integrierte punktuelle Mittelwertbildung. Professionelle Messgeräte besitzen sogar ein spezielles integriertes Messprogramm (RLT-Netzmessung) nach der Norm DIN EN 12599 (Prüf- und Messverfahren für die Übergabe raumlufttechnischer Anlagen). Für die Ermittlung des Volumenstroms wendet man das direkte oder indirekte Verfahren an.

Direkte Ermittlung

Die direkte Ermittlung des Volumenstroms erfolgt durch eine Messung im Lüftungskanal. Hierbei ist es wichtig, die passende Sonde auszuwählen. Bei zentralen Wohnraumlüftungen werden, je nach Größe des Gebäudes bzw. der Lüftungsanlage, eine thermische Sonde oder eine Flügelradsonde eingesetzt:

 

 

niedrige Strömungsgeschwindigkeiten bis 5 m/s: thermische Sonden

mittlere Strömungsgeschwindigkeiten (5 – 20 m/s): Flügelrad-Sonden mit möglichst kleinem Durchmesser.

 

 

Indirekte Ermittlung

Die indirekte Ermittlung des Volumenstroms erfolgt über eine Differenzdruckmessung an den Lüftern der Lüftungszentrale. Für diese Methode werden ein Druckmessgerät und das Kennliniendatenblatt der Lüftungsanlage benötigt. Das Kennliniendatenblatt wird meist vom Hersteller des Zentralgerätes bereitgestellt. Der Gesamtvolumenstrom am Zentralgerät wird vorzugsweise an den werksseitig vorhandenen Messeinrichtungen ermittelt. Dies sind i. d. R. Druckmessstutzen. An diesen wird ein Druckmessgerät angeschlossen und der Differenzdruck ermittelt. Anhand des gemessenen Differenzdrucks und der eingestellten Leis tungsstufe des Ventilators wird der Gesamtluftvolumenstrom mit Hilfe des Kennliniendatenblatts abgelesen.

Volumenstromermittlung in einzelnen Räumen

Um die Lüftungsanlage optimal einstellen zu können, kommt es darauf an, den Volumenstrom an den einzelnen Zuluft- und Abluftauslässen im Gebäude exakt zu erfassen. Diese unterschiedlichen Typen von Auslässen bringen verschiedene Besonderheiten mit sich, die es zu beachten gilt:

 

 

Bei Zuluftauslässen gibt es einen gerichteten Luftstrom, der sich mit einem Flügelrad-Anemometer präzise erfassen lässt. Hier kann am Auslass, ähnlich wie bei der Messung im Lüftungskanal, ein imaginäres Netz mit gleichmäßig aufgeteilten Messpunkten aufgespannt werden und die Ergebnisse gemittelt werden. Des Weiteren kann ein Trichter oder – je nach Abmessung eine Volumenstrommesshaube – eingesetzt werden. Auch diese Messung ist herausfordernd, da der Trichter eine gewisse Messunsicherheit durch Druckveränderungen mit sich bringen kann.

Bei der Abluft-Messung, ist ein Trichter bzw. eine Volumenstrommesshaube zwingend erforderlich. Der Grund: Bei Abluft ist kein gerichtetes Strömungsprofil vorhanden, da die Luft aus dem Raum trichterförmig angesaugt wird. Daher kann im Raum keine Fläche definiert werden, über die die Volumenstrom-Bestimmung erfolgen kann. Diese Herausforderung ist mithilfe von Trichtern zu lösen. Denn die Trichter schaffen in einiger Entfernung vom Tellerventil definierte Strömungsverhältnisse in einem fixen Querschnitt.

 

 

Eine weitere und ausgesprochen einfache Messmethode stellt die Verwendung des K-Faktors dar. K-Faktor ist die Abkürzung für Kalibrierfaktor. Hierbei ermittelt man an einer Druckentnahmestelle den Differenzdruck zum statischen Druck innerhalb des Bauteils – beispielsweise in einem Ventilator oder in einem Auslass. Das entsprechende Bauteil verfügt über einen K-Faktor. Voraussetzung ist, dass der Hersteller diesen zuvor im Labor ermittelt hat und auf dem Typenschild angibt. Mithilfe dieses Werts kann man aus der gemessenen Druckdifferenz den Volumenstrom berechnen. Die Berechnung des Volumenstroms mit dieser Methode übernimmt moderne Messtechnik automatisch: Lediglich im Menü die Option K-Faktor auswählen, um mit der Messung des Volumenstroms zu beginnen. Danach wird der K-Faktor eingegeben.

Bestimmung der Lufttemperatur

Die Temperatur der Luft spielt für Klimatechniker bei Inbetriebnahme und Wartung von Wohnungslüftungen eine wesentliche Rolle. Temperaturmessungen werden üblicherweise am Zentralgerät, in den Zuluftkanälen und in den belüfteten Räumen durchgeführt.

Bei der Messung wird ausschließlich die Temperatur der Luft erfasst. Durch die Verwendung von strahlungsgeschützten Thermometern mit Edelstahlrohren werden Messeinflüsse durch Wärmeabstrahlungen von Wänden, Heizkörpern, Fenstern und Einrichtungsgegenständen bewusst ausgeschlossen.

Auch bei der Bestimmung der Lufttemperatur in Lüftungskanälen hat der Messfühler Auswirkungen auf das Ergebnis. Durch Wärmeleitung und durch Verwirbelungen kann das Messergebnis deutlich verfälscht werden. Deshalb sind die Eintauchtiefe und Position des Fühlers im Luftstrom besonders zu beachten.

Bestimmung der relativen Luftfeuchte

Die relative Feuchte hängt bei konstanter absoluter Feuchte von der Lufttemperatur ab. An Oberflächen, deren Temperatur stark von der Raumtemperatur abweicht, besteht die Gefahr von Schichtungen und erhöhten Feuchtewerten. Deshalb sollten Feuchtemessungen nicht in der Nähe von Außenwänden, sondern in der Mitte des Raumes erfolgen. Leichtes Schwenken des Fühlers beschleunigt die Angleichzeit und damit die Geschwindigkeit der Messung.

Messung des Turbulenzgrads

Wenn Hinweise auftreten, dass Personen die Luftführung als unzumutbar empfinden oder eine spürbare Wirksamkeit von Luftdurchlässen festgestellt wird bzw. zu erwarten ist, kann dieser Zustand durch Bestimmung des Turbulenzgrads und des Zugluftrisikos objektiv bewertet werden. Das passende Messgerät mit einer Turbulenzgrad-Sonde misst Luftgeschwindigkeit und Lufttemperatur und berechnet Zugluftrisiko und Turbulenzgrad automatisch.

Messung von CO2

Die Kohlendioxidkonzentration (CO2) gilt als wesentlicher Indikator für eine „gute“ Raumluftqualität. Eine aus zu hoher CO2- Konzentration resultierende „schlechte“ Luftqualität führt zu Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und kann sogar Krankheiten hervorrufen. Bei der CO2-Messung kann auch eine Langzeitmessung über einen Arbeitstag Sinn machen, da die Messung durch Nutzung des Raumes (Anzahl der Personen) maßgeblich beeinflusst wird. Hier kann anschließend über eine Auswertung per Software analysiert werden, zu welcher Tageszeit hohe Konzentrationen erreicht werden und ob die Klimaanlage für eine entsprechende Luftwechselrate sorgt. Aus der CO2-Konzentration können außerdem Rückschlüsse auf das Lüftungsverhalten der Raumnutzer gezogen werden.

Schallmessung

Die Messung des Schalldruckpegels im Aufenthaltsbereich, der Wohnung oder des Arbeitsplatzes kann erforderlich sein, um objektiv zu prüfen, ob durch den Betrieb der Lüftungsanlage bzw. des Lüftungsgerätes mit Nennlüftung störende Geräusche verursacht werden. Mit dem entsprechenden Messgerät kann diese Messung punktuell oder als Langzeitmessung professionell durchgeführt und auch anschließend per PC-Software dokumentiert und weiterverarbeitet werden.

Dokumentation

Entweder durch Normen gefordert, durch den Auftraggeber vorgegeben oder einfach zur eigenen Absicherung als Handwerker: Die Dokumentation von Messergebnissen kann viele Gründe haben. Daher gilt es bei der Auswahl von passenden Messgeräten neben der Messgenauigkeit und den integrierten Messprogrammen auch auf die Möglichkeiten der Dokumentation zu achten.

Dabei stellt die digitale Dokumentation im Messgerät oder per App wohl die komfortabelste Lösung dar. Messdatenprotokolle können mit Fotos ergänzt und beispielsweise als PDF exportiert werden. Sollen die Daten an anderer Stelle weiterverarbeitet werden, besteht die Möglichkeiten des Exports von csv-Dateien.

Autor: Andreas Gaus, Produktmanager Klima- und Lüftungsmesstechnik bei Testo SE & Co. KGaA

Bilder: Testo

www.testo.de

 


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