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Vorbild für Nachhaltigkeit Preisverleihung "Energie + Architektur 2009" in Berlin

Der Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK) und der Bund Deutscher Architekten (BDA) haben den mit 10.000 Euro dotierten Preis einem Erweiterungsbau der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg zugesprochen. Wegen ihrer nachhaltigen und energiesparenden Konzepte zeichnete die Jury von insgesamt 79 Bewerbungen vier weitere Projekte aus.

Architektonische Meisterleistung mit überzeugendem energetischen Konzept: Das äußere Gebäude der Luxemburger Investitionsbank wölbt sich in Hanglage.

 

Ein imposantes Verwaltungsgebäude der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg hat die fünfköpfige Jury überzeugt: Der Preis "Energie + Architektur" geht im Jahr 2009 an das Düsseldorfer Architekturbüro Ingenhoven Architects. Die gewölbte Hülle aus Aluminium und Glas spannt sich über V-förmig angeordnete Innengebäude. Kalt- und Warm-Atrien übernehmen die Funktion einer isolierenden Klimahülle, die durch Lüftungsklappen eine Frischluftzirkulation sicherstellt und das Öffnen von Fenstern im Bereich eines Atriums sogar im Winter erlaubt.

Effizientes Lüftungskonzept
In einem Drittel der Dach- bzw. Fassadenfläche wurden elektromotorische Lüftungsklappen angeordnet. Sie stellen eine Nachströmung sicher, wenn ein Atrium entraucht werden muss, zugleich belüften sie aber auch die unbeheizten nördlichen Wintergärten sowie die temperierten Atrien im Süden.
In der kalten Jahreszeit wird dies durch Stoßlüftungsintervalle von wenigen Minuten erreicht. In der warmen Jahreszeit werden die Klappen großflächig und permanent geöffnet, um die überschüssige Wärme durch Einstrahlung abzuführen.

Haus im Haus spart Primärenergie
Durch die wärmegedämmte Gebäudehülle war der Einbau großflächiger Holzfassaden und -fenster möglich. Dies soll nicht nur zu einer höheren Behaglichkeit für die etwa 750 Mitarbeiter führen, sondern bringt im rechnerischen Vergleich zu Standard-Aluminiumfassaden auch eine Reduzierung der benötigten Primärenergie.
In den Büros mit vorgelagerten Atrien ergibt sich bereits ein natürliches Potenzial an vorhandener Wärme, die sich als Grundtemperierung durch Bauteilaktivierung auswirkt. Während es in den nord­orientierten Wintergärten keine Beheizung und Kühlung gibt, können dies die Fußböden in den Aufenthaltsbereichen der südlichen Atrien leisten.
Der verbleibende Wärmebedarf wird durch ein Blockheizkraftwerk gedeckt. Das Konzept rechnet vor, dass die CO2-Emissionen gegenüber herkömmlicher Technik um mehr als 25% reduziert sind. Die Jury bemerkt dazu in der Beurteilung: "Auf vorbildliche Weise wird gezeigt, dass die Energetik eines Gebäudes vor allem als integraler Bestandteil der Architektur zu begreifen ist."

Die Glasfassaden des Bozener Museums helfen Primärenergie sparen, geizen aber nicht mit besonderen Lichteffekten.

Museum in Bozen - Doppelfassade puffert Energie
Im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen verbinden sich eindrucksvolle Architektur, energiesparende Bauweise und nutzungsorientierte, intelligente Gebäudetechnik. Der Entwurf stammt vom Berliner Architekturbüro KSV Krüger Schuberth Vandreike und wurde von der Jury lobend erwähnt.
Die Glasfassaden auf der Ost- und Westseite bieten mehrere Vorteile: Neben der natürlichen Beschattung im Sommer (durch die Trichterform) ist ihre zweischalige Ausführung von Bedeutung. Im Zwischenraum befinden sich bewegliche Glaslamellen. Sie haben nicht nur Einfluss auf die Außenwirkung und die effektvolle Innenbeleuchtung, sondern auch auf die Intensität der Wärmestrahlung. Die Doppelfassade puffert Wärmeenergie, die über die Klimaanlage genutzt wird. Je nach Witterung und Jahreszeit geschieht dies durch wechselnde Strömungsrichtungen.

Schon das Luxemburger Schulgebäude bietet Anschauungsunterricht und das Energiekonzept kann Schule machen.

Schulzentrum mit zentraler Lüftungsanlage
Das Konzept des Echternacher Architekturbüros Witry & Witry ist darauf angelegt, jungen Menschen eine zukunftsorientierte Wohnqualität durch Holz, Glas und Lehm sowie durch neuzeitliche Energiekonzepte erlebbar zu machen. Die Ausrichtung des Gebäudes nach Süd-Osten und die dreiseitige Verglasung des Wintergartens machen solaren Wärmegewinn möglich. Ein massiver Lehmbaukörper und die Bodenplatte werden als Wärmespeicher angerechnet, der Lehmbaukörper dient zudem zur Temperatur- und Feuchteregulierung des Wintergartens. Die Abluft der Klassen geht ins Atrium. Hinzu kommt eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die durch Nachtkühlung und Wettersensoren optimiert ist. Die Säle im Obergeschoss sind mit Präsenzmeldern ausgestattet. Für die Beheizung der Aufenthaltsräume (Grundlast) sowie des ­Atriums wird Heizenergie bei einer benachbarten Schule über eine Pelletanlage bezogen.

Die Hilti-Lager- und Produktionshallen beschränken sich im Energieeinkauf auf ein Minimum.

Fertigungszentrum mit Wärmepumpenkonzept
Bei der Erweiterung einer Produktionsstätte mit Logistikzentrum im österreichischen Thüringen wurde auf Energieeffizienz hingewirkt. Bauherr Hilti hatte ein anspruchsvolles Gebäude bestellt und sowohl Architekt (ATP Innsbruck Planungs GmbH) als auch weitere beteiligte Projektingenieure haben ein Musterbeispiel des integralen Planens abgeliefert. Zu dieser Auffassung kam die Jury.
Ob Ausrichtung des Gebäudes, Material oder Produktwahl: Stets galt das Prinzip der Nachhaltigkeit und der Ökologie. Als emissionsfreies Energieerzeugungssystem eignet sich insbesondere der Energieverbund aus Luft/Erdwärmetauscher, Wärmepumpe, Grundwassernutzung und Nutzung der Abwärme aus vorhandenen Produktionsanlagen. Niedertemperaturheizung sowie Hochtemperaturkühlung profitieren davon unmittelbar.

Schatten spenden - energiesparend lüften: Das Forschungsgebäude der ETH Zürich benötigt nur wenig Primärenergie.

Forschungsgebäude mit versenkten Induktionsgeräten
Das wissenschaftliche Zentrum "e-Science Lab" der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH Zürich) ist für die Jury ein herausragendes Beispiel für eine Architektur, die durch eine vorgelagerte Fassade, den quaderförmigen Baukörper sowie die innere Aufteilung gute Voraussetzungen für einen niedrigen Energieaufwand schafft.
Die Räume sollten wegen der projektorientierten Forschung vielseitig nutzbar sein und umgestaltet werden können. Das Architektenbüro Baumschlager Eberle Lochau aus dem österreichischen Lochau haben Gebäude und Technik konsequent darauf ausgerichtet. Für den nötigen Luftaustausch und ein möglichst angenehmes Klima sorgen in Doppelböden versenkte Induktionsgeräte. Die Luft wird im Keller angesaugt und in die Stockwerksdecken weitergeleitet. Von dort kommt die Luft zu den Quellluftinduktionsgeräten (QIS) der einzelnen Räume.
Verbrauchte Luft wird abgesaugt, ins ­Atrium weitergeleitet und gelangt im Dachbereich ins Freie. Decken sind weitgehend freigelegt, um die Speicherfähigkeit im Gebäude zu verstärken.
Präsenzmelder sowie vom Tageslicht abhängige Lichtsteuerungen tragen dazu bei, dass der Minergie-Standard der Schweiz (94 kWh/(m² · a)) unterschritten werden kann.



Nachgefragt

Der Preis soll symbolisieren, dass moderne Architektur nicht ohne einen ganzheitlichen Planungsansatz auskommt.

Prämierte Projekte größeren Zuschnitts stehen für ZV-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser nicht im Widerspruch zur alltäglichen Architektur in kleinerem Maßstab. Gebäudetechnik in Großobjekten sind Wegweiser für Effizienz. Fachbetriebe realisieren intelligente Technik auch im Ein- und Zweifamilienhaus.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird der ZVSHK am Architekturpreis "Metalldächer- und -fassaden" festhalten, gibt es jetzt zwei Architekturpreise oder setzt der Verband mit dem neuen Preis "Energie + Architektur" ganz auf das Thema Energieeffizienz?

Esser: Unsere Fachbetriebe sind Experten in der Gebäudetechnik - oder, um es noch klarer zu fassen: Sie sind Hersteller von Ener­gieeffizienz. Von daher soll der Preis "Ener­gie + Architektur" die Bedeutung des Handwerks bei der energetischen Gebäudeplanung herausstellen. Das bedeutet nicht, dass unser traditioneller Architekturpreis der Vergangenheit angehört. Er dient der Imagepflege des Klempnerhandwerks und wird seine Fortsetzung finden - die notwendigen Sponsoren voraus gesetzt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Erwartungen setzen Sie in den neuen Architekturpreis? Weist die europäische Dimension nicht über die Marktgrenzen des deutschen SHK-Handwerks hinaus?

Esser: Die Gebäudetechnik in der modernen Architektur ist doch keine nationale Angelegenheit. Die Themen Energieeffizienz und Klimaschutz wurden und werden von Brüssel aus auf die politische Agenda gesetzt. Die EU weist hier ihren Mitgliedsländern den Weg zur Energieeinsparung und CO2-Minimierung. Unser Preis ist demzufolge konsequent auf den gesam­ten europäischen Raum ausgerichtet...

IKZ-HAUSTECHNIK: Einreichungen aus mehreren europäischen Ländern haben dies bestätigt?

Esser: Wir hatten Bewerbungen aus Luxemburg, der Schweiz, Italien, Irland, Österreich und selbst aus Spanien. Das deutsche SHK-Handwerk kann sich bei unserem Preis natürlich als Vorreiter bei der Planung und Installation energieeffizienter Gebäudetechnik positionieren. Und diese herausragende Qualifikation unserer Betriebe wollen wir mit unserem Preis auch gegenüber den Architekten deutlich machen. Die sollen erkennen, dass die Auseinandersetzung mit der Gebäudetechnik bei den Entwurfsarbeiten für ein neues Gebäude nicht Last sondern Lust bedeuten kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Als Hauptzielgruppe für die Fachbetriebe gelten Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern. Der neue Architekturpreis hat ausschließlich größere Objekte ausgezeichnet. Wie passt das zusammen?

Esser: Moderne Architektur hat neue Trends und Entwicklungen stets an größeren Projekten verwirklicht. Aber diese auffälligen, innovativen und in der Wirkung mächtigen Entwürfe bilden die Vorlagen und die Vorbilder für die "alltägliche" Architektur, für die Planungen und Umsetzungen von Gebäuden im kleineren Maßstab. In diesem Schritt von den "Green Building Technologies" in großer Dimension zum nachhaltigen Bauen und Modernisieren von privaten Investoren eröffnet sich für unsere Betriebe ein lukratives Geschäftsfeld.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der neue Preis soll den Weg in die Zukunft weisen?

Esser: Ja. Er soll symbolisieren, dass moderne Architektur zukünftig nicht ohne einen ganzheitlichen Planungsansatz auskommt. Denn nur mit den Fachleuten für effiziente Gebäudetechnik - den SHK-Unternehmen - werden Architekten die bestmöglichen Lösungen für eine intelligente Verbindung von Energie und Architektur erarbeiten können.

ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser.

 


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