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„Über 80 Prozent der Betriebe sind in der Lage, Wärmepumpen einzubauen“

Frank Hehl, neuer Hauptgeschäftsführer des nordrhein-westfälischen SHK-Fachverbands, äußert sich in einem Interview über das Handwerk und die bevorstehende SHK+E Essen 2024

Frank Hehl, der neue Hauptgeschäftsführer des nordrhein-westfälischen SHK-Handwerks, ist überzeugt, dass Regionalmessen weiterhin eine Berechtigung haben. Bild: IKZ

Frank Hehl (l.) stellte sich bereits einen Tag nach seiner Wahl zum neuen Hauptgeschäftsführer in den Räumen des Fachverbands SHK NRW den Fragen von Detlev Knecht (stv. Chefredakteur der IKZ). Bild: IKZ

 

Frank Hehl ist der neue Kopf beim Fachverband SHK NRW. Seit dem 24. Januar 2024 führt er als Hauptgeschäftsführer die Geschicke der obersten nordrhein-westfälischen SHK-Handwerksorganisation. Damit vertritt er nach außen die Interessen von mehr als 5800 Unternehmen, die sich einer Innung angeschlossen haben. Die Verbandsmitglieder schenkten ihm sein Vertrauen und votierten auf einer außenordentlichen Mitgliederversammlung einstimmig für ihn. Er löst Hans-Peter Sproten ab, der nach mehr als 30 Jahren den Verband zum 1. Februar verlassen hat. Detlev Knecht, stv. Chefredakteur der IKZ, hat bei Frank Hehl nachgefragt, welche Aufgaben er sich vorgenommen hat und welche Erwartungen er an die bevorstehende SHK+E Essen 2024 hat.

IKZ: Herr Hehl, Sie sind Ende Januar dieses Jahres zum neuen Hauptgeschäftsführer des SHK-Fachverbands NRW mit überwältigender Mehrheit gewählt worden. Damit haben Sie einen hohen Vertrauensvorschuss erhalten - und der baut entsprechend Druck auf. Wie begegnen Sie diesem Druck?
Frank Hehl: Den Druck habe ich versucht im Vorfeld abzubauen. Seit meinem Eintritt im September des vergangenen Jahres habe ich möglichst viele Innungen besucht. Von den 55 + 3 Innungen habe ich 17 besucht. Das klingt wenig. Ist aber viel. Denn die Themen sind häufig die gleichen. Dort habe ich mich vorgestellt als jemand, der auch privat begründet ein Faible fürs Handwerk hat.

IKZ: 55 + 3 Innungen. Warum sprechen Sie nicht von 58 Innungen?
Frank Hehl: Das sind die 55 SHK-Innungen und die 3 besonders erwähnenswerten Ofen- und Luftheizungsbauer-Innungen.

IKZ: Das Team des Fachverbands hat rund 25 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Einige sind seit vielen Jahren, z.T. sogar einige Jahrzehnte, hier im Verband angestellt - und wussten ihren Ex-Chef zu nehmen, kannten seine Macken und seine Eigenheiten. Nun sind Sie an Bord, Herr Hehl. Welche Erwartungen haben Sie an das Team des Fachverbands Ihnen gegenüber?
Frank Hehl: Ich bin schon oft der Nachfolger von jemandem gewesen und kann sagen, dass ich das große Glück habe, ein grandioses Team zu übernehmen. Es ist fachlich extrem kompetent. Und ich bin sehr freundlich aufgenommen worden - aber natürlich auch mit beobachtenden Blicken.
Vom Team erwarte ich, dass es genauso tätig ist wie bisher - unabhängig davon, wer Hauptgeschäftsführer ist. Ich glaube, der Verband ist so gut aufgestellt, dass es gar nicht so wichtig ist, wer Hauptgeschäftsführer ist. Die Kollegen und Kolleginnen wissen, was zu tun ist, und entwickeln eigene Ideen.

IKZ: Neue Besen kehren gut, aber die alten kennen die Ecken - lautet ein Sprichwort. Soll heißen: Erfahrung ist mindestens genauso entscheidend für den Erfolg wie Wissen. Welches Wissen und welche Erfahrung bringen Sie mit?
Frank Hehl: Ich bin seit fast 30 Jahren in der Branche tätig - auf der Vertriebsseite der Industrie. Damit hatte ich automatisch mit dem Handwerk zu tun. Ich war gefühlt auf der Seite des Handwerks und wollte verstehen, wie es funktioniert. Demnach habe ich auch fast 30 Erfahrung mit dem Handwerk. Zugute kommt mir mein technischer Background.

IKZ: Welchen technischen Hintergrund haben Sie?
Frank Hehl: Ich bin Diplom-Ingenieur für technische Gebäudeausrüstung und habe noch einen Master of Business Marketing inne.

IKZ: Zur SHK+E Essen 2024: Die Messe findet bald statt. Welche Erwartungen und Hoffnungen haben Sie an das wichtige Branchenereignis im Westen Deutschlands?
Frank Hehl: Auch, wenn wir es nicht wahrhaben wollen: Wir sind noch ein wenig Corona-gebeutelt. Doch das Handwerk hat einen großen Willen, sich Produkte und Systeme anzuschauen und sich untereinander zu treffen. Das haben wir auch bei einer Befragung unserer Betriebe gespürt. Man sucht eine Plattform, auf der man sich austauschen und wo man nicht wie früher Produkte anschauen kann, sondern Lösungen. Daher auch die konsequente Erweiterung um das „E“ im Messenamen.

IKZ: Bevor wir darauf zu sprechen kommen, möchte ich den Blick auf das „S“ lenken: Die Sanitärfraktion macht sich leider rar. Es sind bei weitem nicht die Aussteller in Essen, die noch vor zwei, vier oder sechs Jahren ihre Produkte und Dienstleistungen präsentierten. Hat das „S“ in der Messebezeichnung „SHK+E“ da noch seine Berechtigung?
Frank Hehl: Das „S“ besteht aus zwei Bereichen: Produkte vor der Wand und Produkte hinter der Wand. Die Absagen, die wir bedauerlicherweise hinnehmen mussten, sind die Hersteller von Produkten vor der Wand. Die Politik war da nicht gerade dienlich. Alles redet aktuell über Heizung - und damit über erklärungsbedürftige Produkte. Da ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Fachpublikum mehr Zeit bei diesen Produkten und Systemen verbringt als bei den Look-and-Feel-Produkten für Badausstattungen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Neubau in Deutschland fast zum Erliegen gekommen ist. Diese temporäre Entscheidung der Sanitärhersteller ist bedauerlich, aber nachzuvollziehen. Wir haben aber schon von vielen vernommen, dass sie das nächste Mal wieder dabei sein wollen.

IKZ: Vor zehn Jahren kamen noch rund 450 Aussteller zur Essener Messe. In diesem Jahr sind es gut ein Drittel weniger ...
Frank Hehl: Es ist kein Geheimnis: Die Messelandschaft verändert sich. Aber ich bin überzeugt davon, dass Messen weiterhin einen hohen Stellenwert innerhalb der Branche haben werden, wenn es um beratungsintensive, erklärungsbedürftige Produkte geht. Wie bereits erwähnt, gehen wir fest davon aus, dass die Regionalmessen weiterhin ihre Berechtigung haben. Früher war eine Messe eine Ansammlung von Produkten, heute sind es Lösungen. Wo es früher viele verschiedene Anbieter waren, sind es heute oft Vollsortimenter mit 360-Grad-Lösungen.

IKZ: Die Elektroseite ist jetzt erstmalig neu auf der SHK+E Essen vertreten. Was genau ist mit „E“ gemeint und welche Produkte umfasst der Bereich?
Frank Hehl: Man könnte die Frage auch stellen, „was ist damit nicht gemeint“. Nicht gemeint sind Produkte des klassischen Elektrohandwerks wie Steckdosen, Schalter, Leitungen, Licht usw.
Die Sparte Elektro auf der SHK+E Essen beinhaltet beispielsweise Photovoltaik, Batteriesysteme, Wall-Boxen. Denn - wie bereits gesagt - Kunden wünschen heute eine 360-Grad-Lösung. Daher ist es naheliegend, dieses „E“ auf der Messe aufzugreifen.

IKZ: Wie viele Aussteller sind es und wo sind sie auf dem Messegelände zu finden?
Frank Hehl: Derzeit sind es 15, darunter ein ganz großer Anbieter von Wechselrichtern: Fronius. Einige Aussteller erwarten wir noch. Sie verteilen sich auf die Hallen 1 und 3 - bei den Segmenten Heizung und Lüftung. Der Ansatz war, genau dort diesen Bereich als Gesamtlösung zu integrieren.

IKZ: Wenn das „E“ auf der Messe in diesem und den Folgejahren eine starke Gewichtung erfährt, muss sich dieser Bereich doch auch im Tun und Wirken Ihres Fachverbands widerspiegeln. Was haben Sie, also der SHK-Fachverband, konkret auf der Agenda stehen? Könnte der Verband demnächst heißen „Fachverband SHK+E NRW“?
Frank Hehl: Davon ist nicht auszugehen. Generell entwickelt sich die Praxis seit Jahren in diese Richtung, weil SHK - gerade Heizung - thematisch dicht beim Elektrohandwerk liegt. Man kooperiert mit dem örtlichen Elektrobetrieb, um die gemeinsamen Schnittstellen möglichst sauber abzudecken. Oder man baut als Alternative den Elektrozweig bei sich selber auf und lässt sich in die Handwerksrolle eintragen. Beides ist gelebte Praxis.
Doch es ist nicht unser Bestreben, uns als Fachverband SHK+E umzubenennen. Die Gewerketrennung bleibt bestehen.

IKZ: Welche Schwerpunkte setzt der SHK-Fachverband NRW auf der Messe?
Frank Hehl: Wir werden mehrere Schwerpunkte setzen, etwa „Montagefreundlichkeit/Montageerleichterungen im Sanitär- und Heizungsbereich“. Ziel ist hier, in Zeiten des Fachkräftemangels mehr Produkte in der selben Zeit fachgerecht verbauen zu können.
Zum anderen ist es der Nachwuchs, der bei uns in den Fokus gerückt wird. Einige Beispiele: die Azubi-Lounge, Azubi-Rallye, Nachwuchsförderung und Qualifizierung sowie die Monteurtage und der Azubitag für Mitarbeitende unserer Innungsfachbetriebe.
Auch die Wärmeversorgung mit Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle. Hier gibt es ja unterschiedlichste Meinungen. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit der Messe Essen, dem BDH, der figawa und dem DVGW für den 20. März eine Veranstaltung konzipiert, die erstmals kommunale Entscheider, Versorger, Netzbetreiber, Wohnungswirtschaft, Industrie und Handwerk zu diesem Thema zusammenbringt. In den Fachvorträgen dreht es sich um die Erzeugung, den Transport, die Verwendung, aber auch um die Problemstellungen, die mit diesem Energieträger einhergehen. Ziel ist, dem Fachpublikum ein Wissenstand zu vermitteln, der die Realität widerspiegelt, und nicht, wie er in Talkshows manchmal kolportiert wird.

IKZ: Die Transformation hin zu einem CO2-neutralen Gebäude ist gewünscht und - aus heutiger Sicht - unumkehrbar. Gas- und Öl-Kessel sind Auslaufmodelle. Ist das SHK-Handwerk in NRW gerüstet, hat es so viel Know-how, um Wärmepumpen in großem Stil einzubauen?
Frank Hehl: Das ist überhaupt kein Problem. Über 80 Prozent der Betriebe sind in der Lage und sind fähig, Wärmepumpen einzubauen. Hier hat das Handwerk sich trotz großer Auftragslast unter dem Radar fortgebildet. Es gibt nur wenige Betriebe, die für sich entschieden haben, dass das gar kein Thema für sie ist.
Jetzt geht es darum, die Montagezeiten der Wärmepumpe zu reduzieren. Was wir in Essen abbilden.
Noch ein Wort zur Beratungspflicht. Früher hat der Handwerker dem Kunden eine Lösung empfohlen, die auf das jeweilige Gebäude und die Lebenssituation passte. Heute ist eine rechtssichere Beratung gar nicht mehr möglich. Man weiß nicht, wie sich der CO2-Preis entwickelt, ob eine Wärmepumpe zwangsabgeschaltet oder gedimmt wird und vieles andere mehr. Der Fachbetrieb ist gezwungen, sämtliche Risiken aufzuzeigen. Oftmals hat der Kunde eine vorgefasste Meinung, die er sich aus den Medien gebildet hat und eigentlich von dem Handwerker erwartet, dass er ihm das erzählt, was er selbst schon denkt. So mancher Irrglaube und die allgemeine Verunsicherung des Kunden müssen Fachbetriebe in ihrer Beratung ausräumen. Der Aufwand steigt. Fachbetriebe sollten vielleicht darüber nachdenken, eine detaillierte Beratung als Leistung zu verkaufen, die bei Auftragserteilung angerechnet wird.

Steckbrief Frank Hehl
Bereits seit September 2023 ist Frank Hehl als designierter Nachfolger von Hans-Peter Sproten Teil des Fachverbandsteams gewesen und baute seither Kontakte in der Verbandswelt und den nordrhein-westfälischen SHK-Innungen auf. Er ist studierter Diplom-Ingenieur Maschinenbau mit Fachrichtung TGA. Mit einem Master of Business Marketing führte ihn sein Weg industrieseitig durch den Heizungssektor zu Oertli, Remeha und Elco. Nach diversen Management- und Geschäftsführerpositionen ist er nun auf die Seite des Handwerks gewechselt.

 


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