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Starke Schwankungen bei der Energieeinsparung

Bundesweiter Feldtest zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden offenbart zusätzliches Sparpotenzial durch Qualitätssicherung und Optimierung

Sanierungstest: Untersuchte Sanierungsmaßnahmen.

Sanierungstest: Installierte Heizkesselarten.

Sanierungstest: Maßnahmenkombinationen an der Gebäudehülle.

Die Ergebnisse des Sanierungstests finden sich in der 80-seitigen Studie unter www.wirksam-sanieren.de.

Qualifizierte Energieberatung, geschultes Handwerk und regelmäßige Nutzung von Monitoring und FeedbackInstrumenten sind die Stellschrauben für mehr Sanierungswirkung. Bildquelle: www.co2online.de/Alois Müller

 

Im Rahmen der Klimaschutzkampagne, die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert wird, hat die gemeinnützige co2online GmbH mit den wissenschaftlichen Partnern Fraunhofer ISE und EOS Ostfalia einen Feldtest zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden – kurz: Sanierungstest – durchgeführt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie groß die Diskrepanz zwischen dem technischen Potenzial von Sanierungsmaßnahmen und den Erfolgen in der Praxis ist und mit welchen Hebeln die Wirksamkeit von Sanierungen gesteigert werden könnte. Hierzu wurden knapp 180 Objekte (Einfamilienhaus/Zweifamilienhaus/Mehrfamilienhaus) untersucht, bei denen nach dem Jahr 2006 der Heizkessel erneuert und/oder die Wärmedämmung verbessert wurde. Erkenntnisse aus vorangegangenen Studien wurden ebenso herangezogen wie die Auswertung weiterer Gebäudedaten aus dem Energiesparkonto von co2online.

Die Feldtest-Auswertung basiert auf einer einfachen Wirkungsanalyse (Vorher-nachher-Vergleich der klimaschwankungsbereinigten Energiekennwerte) und bei ausreichender Datenlage auf der Energieanalyse aus dem Verbrauch (EAV), die eine genauere Bereinigung des Heizenergieverbrauchs durch eine Trennung der Aufwände von Raumwärme und Trinkwarmwasserbereitung ermöglicht. Wo zusätzlich der mittels Wärmemengenzählern gemessene Nutzenergieverbrauch vorlag, wurde neben der Sanierungswirkung auch die Qualität des Gebäudes und des Wärmeerzeugers ermittelt. Die untersuchten Sanierungsmaßnahmen wurden sowohl qualitativ als auch quantitativ bewertet.

Ergebnisse
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass es große Schwankungen zwischen den erzielten Sanierungserfolgen bei vergleichbaren Objekten und Maßnahmen gibt. In Fällen, bei denen nur die Heizung erneuert wurde, lag beispielsweise die Einsparung zwischen 8 und 50 %; für Heizung und Solar zwischen 16 und 65 %. Bei der Maßnahmenkombination Dach-Außenwand-Fenster konnten Einsparungen zwischen 21 und 48 % nachgewiesen werden. Zu den untersuchten Maßnahmen zählten nicht nur Dämmkombinationen, sondern auch Maßnahmenkombinationen von Heiztechnik mit Dämmmaßnahmen. Die Spannbreite lag hier zwischen 8 und 58 %. Nicht verwunderlich ist, dass diese Kombinationsmaßnahmen sehr oft die 40-%-Einsparmarke überschritten haben.
Für Gebäude, für die eine Endenergiebedarfsberechnung für den Zustand nach der Sanierung vorliegt, konnte der End­energiebedarf nach der Sanierung mit dem Verbrauchskennwert nach der Sanierung verglichen werden. Der Vergleich wurde für Dämmfälle bei entsprechender Datenlage und ausgewählten Kombinationsfällen (gleichzeitige Verbesserung von Wärmeschutz und Heiztechnik) durchgeführt. Insgesamt ergab die Auswertung, dass in der Mehrheit der Fälle erhebliche Abweichungen der beiden Werte, teils um bis zu 40 %, bestehen. Dies bestätigt, dass bei der Energieberatung mithilfe von Monitoring-Instrumenten gewonnene Verbrauchswerte (anstelle von Bedarfswerten) stärker Einzug halten sollten.
In der qualitativen Analyse der Fälle zeigte sich, dass die Austauschpflicht für Heizkessel mit einem Baujahr vor 1978 gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) 2002 – 2009 eingehalten wurde. Die seit 2014 geltende Austauschpflicht für Kessel mit einem Baujahr vor 1985 wurde bis auf eine Ausnahme bei allen Feldtestteilnehmern erfüllt. Die installierte Nennwärmeleistung infolge des Kesseltauschs ist insgesamt gesunken. Es wurde jedoch deutlich, dass die installierte Leistung in fast allen Fällen deutlich über der tatsächlichen Heizlast der Gebäude liegt. Auffällig war auch, dass die Dämmung von Verteilleitungen und Armaturen im unbeheizten Bereich in vielen Fällen zu wünschen übrig lässt. Insgesamt wurde bei 30 % der nachgedämmten Leitungen und Armaturen die vorgeschriebene Mindestdämmstoffdicke nicht eingehalten. Ursache hierfür könnte die Nutzung von vorwiegend in Baumärkten angebotener Rohrdämmung „1/2 EnEV“ sein, die jedoch nur für Wand- und Deckendurchbrüche zugelassen ist. In 42 % der Fälle wurde eine Nachdämmung von Verteilleitungen oder Armaturen empfohlen.
Neben dem primären Heizsystem wurden weitere Wärmeerzeuger wie Solarthermieanlagen oder Zusatzheizungen genutzt. In 19 % der Fälle unterstützte eine Solarthermieanlage zusätzlich die Bereitstellung von Warmwasser. Sekundäre Heizsysteme wie Öfen oder Kamine wurden in knapp der Hälfte der Teilnehmerhaushalte (46 %) verwendet. Auch den wärmetechnischen Standard (U-Wert) vor und nach der Sanierung sowie das Maßnahmenjahr der Verbesserung haben die Ener­gieberater in den Testgebäuden erhoben. In 91 % der Fälle wurde die EnEV eingehalten. Als Dämmmaterialien wurden am häufigsten Polystyrol und Mineralfasern sowie an dritter Stelle Zellulose verwendet. Fenster und Außenwände wurden oft nur teilweise verbessert.
In der Praxis wurden häufiger Einzelmaßnahmen als Kombinationen an Gebäuden durchgeführt. Dennoch wurden speziell bei Dämmmaßnahmen sinnvollerweise Maßnahmen kombiniert. In diesen Fällen traten immer wieder typische „Dämmmängel“ und Wärmebrücken auf. Oft wurden Wärmebrücken bewusst in Kauf genommen, um erhebliche Zusatzkosten zu vermeiden.

Ursachen
Als Ursachen für ausbleibende Sanierungserfolge sehen die Autoren primär Mängel in der Qualitätssicherung vor, während und nach der Sanierung. So führte beispielsweise höchstens jeder Dritte im Zuge der Sanierung eine Heizungsoptimierung durch; nach Dämmmaßnahmen gerade mal 10 %, bei Heizungserneuerung 40 %. Des Weiteren wurden bestehende Beratungs- und Förderangebote nicht ausgeschöpft, die bei richtiger Anwendung zur Steigerung der Sanierungswirkung beitragen würden. Nur jeder Dritte nahm eine Energieberatung bzw. Maßnahmenbegleitung in Anspruch, weniger als die Hälfte (40 %) nutzte Förderprogramme.
Die Ergebnisse sowie Erkenntnisse aus vorangegangenen Studien zeigen: Deutschland könnte jährlich mindestens 4,7 bis 6,2 Mio. t CO2 zusätzlich einsparen, würden geltende Qualitätsstandards (unter anderem Heizungsoptimierung) bei erfolgten Sanierungsmaßnahmen und begleitendem Monitoring bei Gebäuden mit Baujahr nach 1978 nachträglich angewendet. Zusätzliches Minderungspotenzial besteht, wenn bei aktuell anstehenden Dämmmaßnahmen und Kesselerneuerungen Qualitätssicherung und Optimierung mit hydraulischem Abgleich und mit bestmöglichen und wirtschaftlichen Komponenten konsequent umgesetzt würden.

Empfehlungen
Die quantitative Auswertung der Feldobjekte der EOS Ostfalia kommt für die untersuchten Sanierungsmaßnahmen „Gebäudehülle und Fenster“ sowie „Heiztechnik mit/ohne Solar“ als Resultat auf ein zusätzliches Sparpotenzial von ca. 25 bis 30 kWh/(m² a) im Bereich Raumwärme und Trinkwarmwasserbereitung. Die Sanierungswirkung birgt also deutliche nicht ausgeschöpfte Potenziale für den Klimaschutz und die Energieeffizienz, die kos­teneffizient und mit teils einfachen Optimierungen und Nachbesserungen gehoben werden könnten. Das Thema Sanierungswirkung sollte daher fest in der politischen Arbeit, Kommunikation und öffentlichen Debatte verankert werden. Qualifizierte Ener­gieberatung, geschultes Handwerk und regelmäßige Nutzung von Monitoring und Feedback-Instrumenten sind die Stellschrauben für mehr Sanierungswirkung:

  • Geltende Qualitätsstandards sollten in der Ordnungspoli­tik sowie in Aus- und Weiterbildung von Energieberatern und Handwerkern fester verankert werden. Dazu könnte beispielsweise der hydraulische Abgleich in die EnEV aufgenommen werden und durch eine Zusammenlegung von EnEV und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) könnten sich überschneidende Bedingungen beseitigt werden. Gesetzliche Anforderungen an die Effizienz sollten zukünftig von Primär­energie auf Endenergie und damit verbundene CO2-Emissionen umgestellt werden.
  • Bei Förderinstrumenten sollten Erfolgsnachweise eingeführt und die Energieberatung mit Monitoring-Instrumenten verbunden werden. Bestehende Förderinstrumente (KfW, BAFA) sollten mit einem Erfolgsnachweis auf Basis der EAV und einem onlinebasierten Monitoring (zum Beispiel Energiesparkonto in Kombination mit Wärmemengenzählern und Smart Metern) verknüpft werden. Die Energieberatung sollte sich als „Energieberatung 2.0“ auf die Phasen vor, während und nach der Sanierung erstrecken. Handwerker, Planer und alle potenziellen Modernisierer sollten so für das Thema Erfolgskontrolle sensibilisiert werden.
  • Wärmemengenzähler und Smart Meter sollten für Feedback genutzt werden. Für eine deutliche Steigerung der Sanierungseffizienz ist ein automatisches, unterjähriges Monitoring mit begleitendem Feedback unabdingbar. Die breite Anwendung von Wärmemengenzählern und Smart Metern ist hierbei eine wichtige Voraussetzung und sollte bei Förderinstrumenten und der Weiterentwicklung von Ökodesign-Richtlinien Einzug halten.
  • Mit zielgruppendifferenzierter Kommunikation sollte die Nachfrage nach Förder- und Beratungsangeboten sowie Feedback-Instrumenten gesteigert werden. Hierzu müssen keine neuen Angebote geschaffen, sondern bestehende für den Verbraucher transparenter und besser miteinander verknüpft sowie mit Feedback-Instrumenten begleitet werden.


Details zu den Empfehlungen und alle Ergebnisse des Sanierungstests finden sich in der 80-seitigen Studie unter www.wirksam-sanieren.de

Bilder: co2online

www.wirksam-sanieren.de

Sanierungstest-Fakten auf einen Blick

Große Schwankungen bei der Energieeinsparung:

  • neue Heizung: 8 bis 50 %
  • Heizung mit Solar: 16 bis 65 %
  • Kombi Dach-Außenwand-Fenster: 21 bis 48 %
  • Kombi Heiztechnik und Dämmung: 8 bis 58 %


Dämmung:

  • EnEV größtenteils eingehalten
  • Leitungen/Armaturen bei 30 % der Häuser unzureichend gedämmt


Heizungsanlage:

  • Heizungsoptimierung nur bei 31 %
  • Heizkessel-Leistung bei fast allen über Heizlast


Beratung und Förderung:

  • Energieberatung nur bei jedem dritten Haushalt
  • Fördermittel nur von 40 % genutzt


Fazit: Zusätzliches Sparpotenzial
durch Qualitätssicherung und Optimierung:
25 bis 30 kWh/(m² a), jährlich 4,7 bis 6,2 Mio. t CO2.

 


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