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Solarwärme im Verbund - Wenn mehrere Häuser sich eine oder mehrere Kollektoranlagen teilen, verlangt das nach genauer Planung und Ausführung

Wenn mehrere Gebäude mit Solarwärme versorgt werden sollen, muss individuell geprüft werden, wie das Heizsystem am besten ausgelegt wird. Ob Neubau oder Bestand, die Entscheidung für ein zentrales solares Heizsystem oder dezentrale Anlagen in den einzelnen Gebäuden hängt von den Gegebenheiten ab.

Hinter diesem Mehrfamilienhaus steht ein weiteres mit zwei Wohnungen. Beide Häuser der Familie Kreutzer haben jeweils 35 m² Solarkollektoren an der Südfassade. Bild: Hans Kreutzer

In der Solarsiedlung Am Ackermannbogen in München sind die 3078 m² Solarkollektoren auf drei Geschossbauten aufgeteilt. Sie liefern ihre Wärme in den Saisonspeicher mit 5700 m³ Fassungsvermögen – hier im Bau. Bild: Landeshauptstadt München/Referat für Gesundheit und Umwelt

Im Keller eines der beiden Gebäude befindet sich ein Stückholzkessel mit 35 kW Leistung und in jedem Haus ein Speicher mit 3500l Inhalt. Die Häuser sind über eine Nahwärmeleitung miteinander verbunden und tauschen untereinander Wärme aus. Bild: Hans Kreutzer und Hartmann Ener­gietechnik

Auf diesem Mehrfamilienhaus aus dem Baujahr 2009 im bayerischen Ergolding sind 36m2 Solarkollektoren installiert. Die Wärme wird in einem Solarspeicher (4000 l) vorgehalten. Das Gebäude mit 300 m² Wohnfläche ist über ein Nahwärmenetz mit dem benachbarten Bauernhaus und 22 weiteren Wohneinheiten in der Nachbarschaft verbunden. Erwirtschaftet die solarthermische Anlage Überschüsse, stellt das System diese den Verbundmitgliedern über ein im Bauernhaus untergebrachtes Heizwerk zur Verfügung. Im Winter ergänzt die Hackschnitzelheizung die solarthermische Anlage. Der 200-kW-Kessel versorgt sämtliche Wohnungen über ein Leitungsnetz mit Heizwärme. Bild: Sonnenhaus-Institut

Das neue Pfarrzentrum in Zwiesel im Bayerischen Wald ist über ein Nahwärmenetz mit dem benachbarten, fünfstöckigen Wohnhaus verbunden. An der nach Südosten ausgerichteten Fassade und einer frei stehenden Fläche in unmittelbarer Nähe sind 76 m² Solarkollektoren installiert. Zwei Tanks (10 und 3,3 m3) speichern die Solarwärme. Ein 60-kW-Pelletkessel ergänzt bei Bedarf die Solarwärme in beiden Pufferspeichern. Bild: Sonnenhaus-Institut

In der Studiensiedlung Fasanerie in München stehen zwei Hackschnitzelkessel mit jeweils 150 kW Leistung im Mittelpunkt des Heizkonzeptes. Die restliche Wärme für 51 Einfamilien- und Doppelhäuser sowie Reihenhäuser erzeugen 280 m² Solarkollektoren. Sie sind auf vier Reihenhäuser verteilt. Bild: Ina Röpcke

 

Dass Mieter sich für die Heizkostenabrechnung bedanken, kommt nicht oft vor. Maren und Hans Kreutzer in Reutlingen-Sickingen erleben es neuerdings jährlich. Seit zwei Jahren beheizen sie ihre beiden nebeneinander stehenden Mehrfamilienhäuser mit einer großen solarthermischen Anlage und einem Stückholzkessel. „Wir brauchen nur 15 Raummeter Holz pro Haus und Heizperiode, dadurch sind die Heizkosten deutlich gesunken“, erklärt Maren Kreutzer.
Sie und ihr Mann sind gerade dabei, die beiden Häuser mit jeweils zwei Wohnungen von Grund auf energetisch zu sanieren. Für die Solar- und Biomasseheizung entschieden sie sich, weil sie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollten. Diese Kombination allein ist nicht ungewöhnlich, das Besondere an ihrem Heizsystem ist vielmehr das Wärmeverbundsystem. Die beiden Häuser tauschen untereinander Wärme aus. Damit handelt es sich, wenn man so will, um eine Solarsiedlung im allerkleinsten Maßstab. Doch ob nun nur zwei private Mehrfamilienhäuser oder eine große Neubausiedlung, die grundlegenden Fragestellungen in der Planung und Entscheidung über ein solares Heizkonzept mit Wärmeverbund sind immer die gleichen.

Forschungsprojekte

Der Begriff „Solarsiedlung“ fällt üblicherweise in Zusammenhang mit Großprojekten. Zwei Beispiele zeigen, wie unterschiedlich das dahinter stehende Bau- und Heizkonzept sein kann.
Eine Solarsiedlung befindet sich in Hamburg Bramfeld. Auf 20ha entstand hier zwischen 1994 und 2000 eine Reihenhaus-Siedlung mit 124 Wohneinheiten. Rund die Hälfte der Heizenergie steuern 3000 Solarkollektoren bei, den Rest liefert ein Blockheizkraftwerk.
Bei einem anderen Vorzeigeprojekt, der Solarsiedlung Am Ackermannbogen in München, wurden Geschossbauten und Stadthäuser mit 319 Wohneinheiten gebaut. Sie werden etwa zur Hälfte mit Solarwärme beheizt. Die 3078 m² Solarkollektoren (Aperturfläche 2761 m²) sind auf drei Geschossbauten aufgeteilt. Die Wärme wird in einem 5700 m³ großen Saisonspeicher vorgehalten. Die restliche Wärme kommt aus dem Fernwärmenetz der Stadtwerke München.
Bei solchen Großprojekten handelt es sich in der Regel um Forschungs- und Demonstrationsprojekte, mit denen der großflächige Einsatz von solarthermischen Anlagen getestet werden soll. Häufig kommen innovative Technologien zum Einsatz, wie in München ein neuartiger Erdbeckenspeicher aus Beton. Die Planung und der Bau benötigen oft Jahre, wenn nicht, wie in München, ein ganzes Jahrzehnt.
Installateure und Fachplaner sind meist mit kleineren Projekten konfrontiert, die schneller zu realisieren sind. Doch auch hier gibt es eine Menge Fragen zu klären, bevor mit dem Bau begonnen werden kann.

Besitzverhältnisse klären

Unabhängig davon, ob es sich um einen Neubau oder ein Bestandsgebäude handelt, müssen als erstes organisatorische Fragen geklärt werden. Die allentscheidende Frage zu Beginn lautet: Wem gehören die Gebäude, auf denen die Solarkollektoren installiert werden sollen? Denn grundsätzlich gilt: Wenn auf einem Dach etwas gebaut wird, gehört es dem Besitzer des Gebäudes.
Am Ackermannbogen beispielsweise gehören die Gebäude verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften. Die Kollektoren hingegen sind Eigentum der Stadtwerke München. Hierfür wurde ein spezieller Nutzungsvertrag geschlossen. Bei Maren und Hans Kreutzer war es einfacher. Da ihnen die beiden Mehrfamilienhäuser gehören, können sie frei entscheiden, was sie mit den Dächern machen und wie sie heizen.
Anders sieht es bei Geschossbauten aus, bei denen es eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) oder eine zentrale Hausverwaltung gibt. Bei einer WEG müssen die Eigentümer den Plänen zustimmen, und auch eine Hausverwaltung handelt nur im Interesse der Eigentümer. „Je mehr Parteien beteiligt sind, desto schwieriger wird es“, sagt Anna Bedal, Architektin und Ener­gieberaterin bei der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). „Bei großen Projekten reden viele mit, da muss man einen langen Atem haben“, fährt sie fort. „Aber auch die Interessenten müssen einen langen Atem haben.“ Denn sie müssen sich auch darüber einig werden, wer der Betreiber der Heizungsanlage ist. Dieser wiederum muss bereit sein, die Investitionssumme vorzustrecken. In der Regel ist er es auch, der die jährliche Heizkostenabrechnung macht und der auch alle anderen verwaltungstechnischen Aufgaben übernimmt. Sind diese grundsätzlichen Fragen geklärt, geht es an die Planung der Anlage.

Geeignete Dächer

Bei Neubauten können die Häuser so geplant werden, dass sie optimal für die Nutzung von solarthermischen Anlagen sind. Das heißt, die Dächer sollten möglichst nach Süden ausgerichtet sein. Außerdem sollten sie steil genug sein, um im Winter einen möglichst hohen Solarertrag zu generieren.
Bei bestehenden Gebäuden müssen die einzelnen Dächer daraufhin geprüft werden, ob sie sich für Solarwärmeanlagen eignen. Bei Familie Kreutzer beispielsweise war dies nicht der Fall, weil die Dächer mit etwa 30° Neigung zu flach sind. Ihr Solarfachmann Thomas Hartmann, Geschäftsführer von Hartmann Energietechnik in Rottenburg-Oberndorf, empfahl ihnen deshalb, jeweils 35 m² Solarkollektoren an den Südfassaden der beiden Häuser zu installieren.
Anschließend lautet die Frage, welches Heizungskonzept sich am besten eignet: eine zentrale Anlage, die alle Gebäude versorgt, oder lieber dezentrale Anlagen in jedem Haus. „Das ist sehr abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten“, sagt Manfred Reuß, wissenschaftlicher Projektleiter beim Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern). Reuß rät dazu, jedes Bauprojekt individuell zu prüfen und auf dieser Basis die Entscheidung zu fällen.

Zentrales Heizkonzept

Bei einem zentralen Heizungskonzept gibt es eine große Solarwärmeanlage und einen großen Speicher. Bei Großprojekten können die Solarkollektoren auch über mehrere Dächer verteilt sein. Am Ackermannbogen beispielsweise wurden die Kollektoren auf drei 100 m lange Dächer verteilt. Die Wärme von den Kollektoren geht über das Kollektorsammelnetz in den Saisonspeicher und von dort aus über das Nahwärmenetz zu den Abnehmern.
Für solch ein zentrales Konzept sprechen die Kosten. Gemeinhin gilt, dass man große Anlagen baut, um die Anlagenkos­ten zu reduzieren. „Große Anlagen sind spezifisch billiger und in der Regel auch spezifisch effizienter“, erklärt Reuß. Dabei kommt vor allem der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor zum Tragen. Der ZAE-Forscher erklärt: „Je mehr Gebäude man miteinander verquickt, desto mehr profitiert man von der Ungleichzeitigkeit des Bedarfs.“
Ein zentrales Konzept erfordert eine große Dachfläche für die Solaranlage – oder gegebenenfalls mehrere große Dächer – sowie den Platz für den entsprechend dimensionierten Speicher. Vorteilhaft sind hohe, schmale Pufferspeicher mit einem Be- und Entladesystem, das eine saubere Schichtung gewährleistet. Die Wärme kann dann immer in der obersten Schicht entnommen werden. Ein einziger großer Speicher hat außerdem weniger Wärmeverluste als mehrere kleine.
Wenn ein Neubau geplant wird, kann der Platz für den großen Speicher gleich mit eingeplant werden. Bedal empfiehlt, die zentrale Verteilstation möglichst in die Mitte der Gebäude zu legen, damit die Leitungswege zu allen Häusern etwa gleich lang sind.
Bei einem dezentralen System hat jedes Haus eine Solaranlage auf dem Dach und einen Kessel für die Nachheizung. „Es kommt stark auf die vorhandene Heiztechnik an, für welches System man sich entscheidet“, sagt Bedal. Wenn jedes Haus einen Kessel hat, der noch funktionsfähig und effizient ist, kann dies ein Argument für ein dezentrales Heizkonzept sein. Dafür spricht auch, wenn die Leitungswege so lang sind, dass die Verluste zu hoch wären.

Leitungen

Bei den Leitungen für die Wärme­übertragung ist zunächst einmal zu prüfen, ob sie auf öffentlichem oder privatem Grund verlegt werden. „Wenn Stadtwerke die Betreiber solcher Anlagen sind, verlegen sie die Leitungen lieber auf öffentlichem Grund, da sie dann nicht soviel mit einzelnen Eigentümern verhandeln müssen und leichter Zugang haben“, weiß Manfred Reuß.
Maren und Hans Kreutzer konnten die Leitungen, die ihre beiden Häuser verbinden, einfach auf dem privaten Grundstück verlegen. „Solche Erdleitungen gibt es vorgefertigt“, sagt ihr Solarfachmann Thomas Hartmann. Die 30 m langen isolierten Leitungen wurden etwa 1m unter der Erde verlegt.
Bei dichter Bebauung können die Leitungen gegebenenfalls im Innenbereich von Haus zu Haus verlegt werden. In diesem Fall reichen Rohrleitungen aus Stahl oder Kupfer. „Die Verlegung innen macht das Wärmenetz viel billiger, und die Wärmeverluste sind geringer“, sagt Manfred Reuß vom ZAE. Außerdem sind diese Leitungen günstiger.

Nachheizung – viele Varianten

Da die Solaranlage nicht den kompletten Heizenergiebedarf decken kann, benötigen die Haushalte eine Nachheizung. Bei Bestandsgebäuden sollte der Fachplaner wieder prüfen, was an Technik vorhanden ist und genutzt werden kann. Bei einem Neubau können sämtliche Varianten geprüft werden.
Bei einem Projekt in München beispielsweise, der „Studiensiedlung Fasanerie“, steht die zentrale Hackschnitzelheizung im Mittelpunkt des Heizkonzeptes. Die beiden Hackschnitzelkessel mit jeweils 150 kW Leistung befinden sich unter dem Gemeinschaftsraum der Siedlung. Sie sind die erste Wärmequelle für die 11 Einfamilienhäuser, 16 Doppelhäuser und 24 Reihenhäuser, die hier seit Mitte 2007 entstanden. Ergänzt wird die Biomasseheizung durch eine solarthermische Anlage. Insgesamt hat sie 280 m² Solarkollektoren, die auf vier Reihenhaus-Dächer verteilt sind.
Bei Familie Kreutzer ist in einem der beiden Mehrfamilienhäuser ein Holzvergaserkessel mit einer Leistung von 35 kW installiert. Zusätzlich gibt es in jedem Haus einen 3500-l-Speicher. Sie wurden im Keller zusammengeschweißt. Wenn die Solaranlagen an den Fassaden gerade nicht genügend Wärme produzieren, liefert der Holzkessel Wärme zu. Er kann die Wärme auch in das andere Haus, das keinen eigenen Kessel hat, schicken. Ein gängiges Konzept ist ein großer Kessel, z.B. ein Stückholzkessel, der die Häuser beliefert. Man müsse sich davon verabschieden, dass in jedem Haus ein Kessel stehen muss, meint Solarfachmann Thomas Hartman.
Auch für die Regelung gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen, die sich vor allem nach der Nachheizung richten. Wenn es in jedem Haus eine Nachheizung gibt, wird auch in jedem Haus eine Regelung installiert mit Verbindung zum Kollektor. Bei einer zentralen Anlage gibt es eine Regelung bei der Heizzentrale, die mit der Anlagentechnik in den einzelnen Gebäuden kommuniziert.

Fazit

Bei einem solaren Verbundsystem ist also einiges zu bedenken, sodass der Aufwand für die Planung und Organisation um einiges höher einzuschätzen ist als bei Einzelanlagen. Andererseits locken die niedrigeren Anlagenkosten. Maren Kreutzer und ihr Mann haben die Entscheidung für ihr Wärmeverbundsystem jedenfalls nicht bereut.

Autorin: Ina Röpcke, geprüfte Fachkraft Solartechnik und freie Journalistin für Erneuerbare Energien

 


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