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Rohrschellen im Brandfall getestet: Neue Richtlinie für Rohrbefestigung: RAL Gütegemeinschaft verleiht die ersten Gütezeichen

Im Rahmen eines Brandversuchs bei der Materialprüfanstalt für Bauwesen in Braunschweig überreichte der geschäftsführende Vorstand der RAL Gütegemeinschaft Rohrbefestigung, Holger Mietzner, die ersten Gütezeichen nach der neuen Richtlinie RAL-GZ 656 – einem Regelwerk zur Bewertung der Leistungsfähigkeit von Rohrschellen im Brandfall. Rückblick auf einen Tag im Brandlabor.

Das Herz der Anlage: Der sogenannte Steuerstand des Brennofens.

Blick in den Brennraum. Die Temperatur im Innern beträgt mehr als 1000&#8202

 

Mit einem kräftigen Druck auf die Tas­ten seines Steuerstandes zündet Matthias Scheler die Brenner. Durch die Fens­ter des großen Ofens ist der helle Feuerschein sofort zu sehen. Es ist der Ernstfall für Rohrschellen und Montageschienen, zwei Stunden lang werden sie beflammt. Unterschiedlich schwere Gewichte zerren in der 3 x 3 m großen Kammer an ihnen. Walraven und Hilti haben sich zu diesem Brandversuch in der Materialprüfanstalt für Bauwesen in Braunschweig zusammengetan. Erstmals werden an diesem Tag die Gütezeichen der RAL Gütegemeinschaft Rohrbefestigung nach der neuen Richtlinie RAL-GZ 656 vergeben. Erst seit Kurzem gibt es dieses technische Regelwerk zur Qualitätsbestimmung von Rohrschellen im Brandfall.

Führende Hersteller haben sich zusammengeschlossen, um die Vergleichbarkeit ihrer Produkte zu ermöglichen. Zuvor war es wie der berühmte Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Planer von Bauwerken hatten nichts weiter als die Herstellerangaben. Allerdings gab es keine einheitlichen Standards zur Bestimmung dieser Werte. Das führte zu Blüten: Gab das eine Unternehmen eine zulässige Zugkraft von einem Kilo-Newton (kN), nannte der Konkurrent eine Zahl von sechs kN. Denn der eine führte die Last mit hohen Sicherheitsreserven an, der andere kommunizierte dagegen die Bruchlast.

Mitarbeiter überwachen den Brandversuch.

Kritischer Blick: Oswald Lindner von Walraven überzeugt sich vor Ort von der Leistungsfähigkeit der eigenen Produkte.

Vertrauen schaffen

Die RAL-Gütegemeinschaft trat an mit dem Ziel, gemeinsame Standards zu schaffen. Zum Verfahren gehören aber nicht nur die Güte- und Prüfbestimmungen, sondern auch die Richtlinien zur Überwachung dieser Regeln inklusive der neutral geprüften Qualität durch Fremdüberwachung. Dieser weit reichende Anspruch erforderte hohen Abstimmungsbedarf. Mit im Boot waren neben den Herstellern unter anderem die Materialprüfanstalten und -ämter sowie die Fach- und Verkehrskreise.

Drei Jahre hat es gedauert, bis die RAL-GZ 656 verabschiedet werden konnte. Kein Korsett ist entstanden, wie Mietzner betont, sondern ein Rahmen, der Innovation neuer Produkte und die Weiterentwicklung alter Rohrbefestigungen in weit höherem Maße befördert. Dabei konnte die RAL Gütegemeinschaft Rohrbefestigung auf die Grundlagenarbeit der Güterichtlinie RAL-GZ 655 zurückgreifen. Dieses erste gemeinsam geschaffene Regelwerk hat Prüf- und Bewertungsverfahren für das mechanische Verhalten („Kaltprüfungen“) festgelegt.

Im Markt hat sich das danach verliehene Gütezeichen durchgesetzt. Einem Markt, in dem jährlich geschätzt mehr als 100 Mio. Rohrschellen umgesetzt werden. Oswald Lindner, Vorstandsvorsitzender der Gütegemeinschaft und zugleich Gruppendirektor Verkauf und Marketing bei Walraven, und der Geschäftsführer von Sikla, Die­ter Klauß, schätzen, dass die in der Gütegemeinschaft vertretenen neun Hersteller rund 80 % Marktanteil in Deutschland repräsentieren. „Gemeinsam entwickeln wir ein hohes Maß an Vertrauen, obwohl wir im Markt die schärfsten Konkurrenten sind.“

Im Ofen in Halle 3 ist nach drei Minuten für die ersten Befestigungen bereits Schluss. Obwohl Steuermann Scheler die eng befüllte Kammer nahezu perfekt aufheizt, knicken mit Gewichten hoch belastete Montageschienen ein, bevor die 500-°C-Marke nach etwa fünf Minuten erreicht ist. Dipl.-Ing. Kai Schnippe, bei Walraven als internationaler Produktmanager für die Brandschutzsysteme verantwortlich, kontrolliert durch die Sichtfenster immer wieder seine Rohrschellen. Denn Montageschienen laufen nur nebenbei mit. Es wird nach Mietzners Worten wohl bis Ende des kommenden Jahres dauern, bis auch für sie ein Verfahren zur Qualitätsbestimmung entwickelt ist.

Noch eine Überraschung zeigt der Brandversuch: Schnippe hatte einen Zeitkorridor von 18 bis 22 min für eine Schwerlastschelle, an der 460 kN Gewicht zogen, für den Versagensfall errechnet. Aber nicht die Schelle reißt nach 11 min ab, sondern die Gewindestange macht nicht mehr mit. Mit einem Knall landet der fast eine halbe Tonne schwere Betonklotz im Inneren auf dem Boden.

Neben Schnippe ist Dipl.-Ing. Rainer Loose unermüdlich an den Beobachtungsfenstern, kontrolliert auf einer Liste seine errechneten Werte mit den real eintretenden Ereignissen. Loose leitet bei Hilti den Bereich „Technische Daten und Zulassungen“. Er ist mit dem Leiter der Abteilung Mechanische Technologie, Dr. Alex Gutsch, Vortragender für die mechanische Prüfung nach RAL-GZ 655-B. Ihre Einhaltung ist die Voraussetzung für die Beprobung nach der neuen RAL-GZ 656.

Dokumentation und Auswertung

Nach den Vorgaben sind mindestens fünf Prüfungen vorgeschrieben. Der Rohrdummy wird nach dem maximalen Spanndurchmesser dimensioniert. Die Verschlussschrauben werden nach Vorgabe angezogen, die Vorlast nach Tabelle aufgebracht und der Nullabgleich der Wegmessung justiert. Vorgeschrieben ist auch die Prüfgeschwindigkeit mit 10 mm in der Sekunde. Ganz entscheidend ist darüber hinaus die elektronische Aufzeichnung des Last- und Verformungsdiagramms. Schließlich wird die Versagensart genauestens dokumentiert.

Aus der Auswertung der Versuchsreihen ergibt sich die Ermittlung der zulässigen Last. Die Verformung einzelner Bauteile wird ebenso berücksichtigt wie eine Streuung der Ergebnisse. Die Hersteller wünschen sich natürlich gleichbleibende Kurven, die ihnen hohe zulässige Lasten bescheren. Deutlich wird, dass schon bei der Berechnung des mechanischen Verhaltens ein hoher Sicherheitsfaktor eingerechnet und beachtet wird. Das ist beruhigend unter anderem für Einsatzkräfte der Feuerwehren. Sie können nämlich in hohem Maße sicher sein, dass bei F 30 etwa die benutzten Befestigungen tatsächlich auch 30 min der Hitze widerstehen. 

Die Hersteller haben für die Tests Produkte aus ihrem ganz normalen Sortiment ausgewählt, keine Spezial- oder Neuentwicklungen. Da brennt der Kunststoff weg, da bersten C-Stahl-Schellen – wie erwartet, schneller als die Edelstahl-Varianten. Schnippe und Loose zeigen sich zufrieden mit den Ergebnissen. Die nach den Angaben der Richtlinie von ihnen ermittelten und erwarteten Zeiten treffen fast punktgenau ein. Meist liegen die Werte sogar noch ein bisschen besser. „Es hat alles geklappt, das ist aber nicht immer so“, weiß Loose aus der Erfahrung vieler Versuche, nicht nur im Ofen. 

Immer größer wird die Hitze vor den Beobachtungsscheiben, längst haben sich die meisten Befestigungen verabschiedet. Ein Team der MPA macht zusätzlich zur elektronischen Messdatenerfassung regelmäßige visuelle Messungen. An Zollstöcken können sie an den nach oben aus der Brennkammer ragenden Gewindestangen ablesen, wie weit sich die Versuchsobjekte in der Kammer gesenkt haben. Stahlhalterungen beginnen zu glühen und immer noch bleibt der Edelstahl beständig, trägt seine Last. Inzwischen sind es mehr als 1000 °C dort drinnen.

Per Videoaufzeichnung wird der gesamte Brandversuch digital festgehalten. Rainer Loose erklärt die Aufzeichnung.

Urkunden für die Hersteller

Die Zusammenarbeit mit den MPA ist beispielhaft. Das bestätigt auch der Vorstand der Braunschweiger Einrichtung, Dr. Wilfried Hinrichs, der gerne mit der RAL zusammenarbeitet. Nicht umsonst ist er Gastgeber bei diesem öffentlichen Brandversuch. Sein Mitarbeiter Christian Maertins von der Abteilung Brandschutz hat den Ofen erst schließen lassen, nachdem die Besucher einen Blick in das Innere haben werfen können – keine Selbstverständlichkeit. Unermüdlich hat er den Versuch erklärt, den Steuerstand vorgeführt und die Möglichkeiten der MPA erläutert. Sie wickelt neben dem Aufbau, der bis zu drei Wochen dauern kann, über die Durchführung bis zur Entsorgung von Bauschutt alles ab. Dafür kostet ein solcher Brandversuch, bei dem 300 bis 400 l Öl verbraucht werden, zwischen 25 000 und 30 000 Euro. Gut investiertes Geld, wie sich die beteilig­ten Hersteller einig sind.

Für sie endet der Tag mit Urkunden – die ersten 16 Gütezeichen nach der Richtlinie RAL-GZ 656. Mietzner verleiht je gleich mehrere an Ullrich Scheidel von Mefa, interessanterweise selbst freiwilliger Feuerwehrmann, Oswald Lindner von Walraven, Dieter Klauß von Sikla und Martin Schanz von Hilti. Die Mitbewerber, die sich dem Verfahren noch nicht gestellt haben, seien bereits in den Vorbereitungen für die entsprechenden Zertifizierungsschritte, heißt es. Mietzner wünscht sich noch weit mehr Gütezeichen, auch wenn bereits die Marke von 100 für die Gütegemeinschaft Rohrbefestigung mit der Braunschweiger Verleihung überschritten worden ist. Für brandgeprüfte Montageschienen laufen die Arbeiten auf Hochtouren. Und das Thema Schallschutz steht mit einem Forschungsprojekt an der Technischen Universität im litauischen Kaunas bereits auf der Agenda.

www.safe-connection.de

 


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