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PV ist volkswirtschaftlich sinnvoll - IKZ-Energy-Interview mit Michael Harre, VP bei LG Solar, und Günter Haug, CEO bei BayWa r.e.

Auch dieses Jahr war wieder ein bewegtes Jahr für die Solarwirtschaft - allerdings erneut mit überwiegend negativen Vorzeichen. Wohin die Reise der PV-Branche geht, welche Herausforderungen anstehen und welche Hoffnungsschimmer es gibt, darüber sprach IKZ-ENERGY Chefredakteur Hilmar Düppel mit Michael Harre, VP bei LG Solar, und Günter Haug, CEO bei BayWa r.e.

Günter Haug, CEO bei BayWa r.e.: Es ist grotesk: In Deutschland wurden bei hohen Modulpreisen viele Anlagen gebaut, die uns die EEG-Umlage beschert haben und jetzt, wo Solarstrom günstig ist, bauen wir nur noch wenige Anlagen.

Michael Harre, Vize President bei LG Solar: Wenn es der Solarwirtschaft gelingt, sich als Teil des Ganzen zu sehen und zu verstehen, steht sie vor einer sonnigen Zukunft.

 

IKZ-ENERGY: Herr Harre, Herr Haug, wie bewerten Sie den Status quo der Erneuerbaren Energien, insbesondere mit Blick auf die Solarindustrie in Deutschland?
Michael Harre: Wir haben in den letzten zehn Jahren sicherlich viel mehr geschafft, als wir uns vor zehn Jahren in unseren kühnsten Träumen hätten vorstellen können. Dass wir jetzt in Deutschland fast 40 GWp kumulierte PV-Leistung installiert haben und dass sehr gute PV-Anlagen komplett montiert für etwa 1600 Euro pro kWp netto zu kaufen sind, hätten wir damals für nicht möglich gehalten. Allerdings müssen wir in den letzten zwei Jahren feststellen, dass dieser Wachstumspfad durch die aktuelle Energiepolitik nicht nur gestoppt, sondern ausgebremst wurde. War Deutschland mit einem Weltmarktanteil von 25% vor drei Jahren noch der „Leuchtturm“ und „Vorreiter“, so haben wir hierzulande aktuell nur noch einen Anteil von ca. 2% an den weltweiten Neuinstallationen. Dies sehen wir mit großer Sorge.
Günter Haug: Deutschland startete kurz nach der Jahrtausendwende mit der breiten Nutzung von Wind- und Solarenergie und  gilt heute international als Vorreiter der Erneuerbaren Energien. Dies spiegelte sich auch in der großen internationalen Resonanz der Energiewendekonferenz im März 2015 in Berlin. In puncto Nutzung von Wind und Sonne als Energiequellen liegt Deutschland weiterhin weit vorne. Gespannt blickt die Welt darauf, wie Deutschland die Erneuerbare Stromproduktion in den Energiemix und den bestehenden Energiemarkt integriert. Und dann ist Deutschland auch noch Vorreiter in der Nutzung von stationären Batteriespeichern in PV-Anlagen. Während der Zubau an Windkraftanlagen zugenommen hat, ist der Zubau an PV-Anlagen in den letzten 3 Jahren deutlich eingebrochen. Und dies, obwohl sich PV-Anlagen weiterhin finanziell und ideell lohnen und mit bezahlbaren Batteriespeichern ein hoher Eigenverbrauch und eine Notstromfunktion machbar ist.

IKZ-ENERGY: Nochmals nachgefragt, lohnt sich Solarstrom überhaupt noch?
Michael Harre: Auf jeden Fall. Durch die drastisch gesunkenen PV-Anlagenpreise und die weiterhin gestiegenen Strompreise für Privatkunden können Anwender heute mit einer PV-Anlage viel Geld sparen. Eine mit einer PV-Anlage erzeugte Kilowattstunde kostet in Deutschland je nach Region und Ausrichtung rund 15 Cent. Dagegen zahlt man an den Stromversorger fast 30 Cent pro Kilowattstunde. Darum geht es jetzt vor allem: Den Eigenverbrauch mit Solarstrom möglichst weit zu steigern – hierbei eröffnen Batteriespeicher ganz neue Möglichkeiten.
Günter Haug: Ganz klar: Solarstrom lohnt sich für Privathäuser, für kommunale Gebäude und für viele Gewerbebetriebe! Viele Leute denken, dass die reduzierten Einspeisetarife jetzt zu niedrig sind, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Jedoch sind Module und Wechselrichter deutlich günstiger geworden. Außerdem sind mit optimierten Montagesystemen kurze Installationszeiten machbar. Anlagen für Privathäuser mit einer Kapazität von beispielsweise etwa fünf bis sechs Kilowatt Peak ohne Speicher kosten heute keine 10000 Euro mehr!
Beim Einsatz von qualitativ hochwertigen Komponenten wie beispielsweise denen von LG rechnen wir nicht nur mit einer Nutzung von 20 Jahren, sondern weit darüber hinaus! Das ist doch eine einmalige Sache: Ich investiere eine überschaubare Summe in eine PV-Anlage und habe über Jahrzehnte kostenlosen eigenen Strom umweltfreundlich auf dem eigenen Dach produziert!

IKZ-ENERGY:
Was sind Ihre Hauptkritikpunkte, was muss sich schnellstmöglich ändern?
Michael Harre: Wir haben in den letzten Jahren sehr viele Änderungen des EEG erfahren. Diese wurden zuletzt immer häufiger und kurzfristiger. Dabei benötigt Deutschland für eine erfolgreiche Energiewende einen verlässlichen Rahmen. Ganz unverständlich ist dann auch noch, dass die Regierung den Eigenverbrauch für Anlagen ab zehn kWp mit einer Umlage versehen hat, obwohl der Eigenverbrauch noch wenige Jahre zuvor besonders gefördert wurde. Konkret wünschen wir uns eine Streichung der Umlagen auf den Eigenverbrauch und eine Konstanz in der EEG-Förderung – das würde Verbrauchern die nötige Planungssicherheit geben.
Günter Haug: Dem Eindruck, der in der Öffentlichkeit durch viele Diskussionen und Änderungen am EEG (Erneuerbare Energien Gesetz)  entstanden ist, dass sich PV nicht mehr lohnt, wollen wir aktiv entgegnen und sagen: PV lohnt sich und ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Die heutigen Anlagen produzieren so günstig Strom, dass sich aufgrund der Förderung über das EEG nur noch marginale EEG-Umlageerhöhungen ergeben. Es ist grotesk: In Deutschland wurden bei  hohen Modulpreisen viele Anlagen gebaut, die uns die EEG-Umlage beschert haben und jetzt, wo Solarstrom günstig ist, bauen wir nur noch wenige Anlagen! China macht das übrigens anders: Im Jahr 2014 wurden dort 10,4 GW PV installiert und 2015 sollen es sogar 17,8 GW werden. In Deutschland dagegen haben wir das Ziel von 2,5 GW und werden kaum 1,5 GW erreichen! Wäre es da nicht politisch sinnvoll, die Bürger zur Nutzung von PV zu motivieren? Vielleicht kann die Politik zudem die nächste EEG-Novelle dazu nutzen, die Regelungen einfacher zu gestalten!

IKZ-ENERGY: Wie könnten denn mögliche erfolgreiche Geschäftsmodelle der Zukunft aussehen?
Michael Harre: Die Modelle gehen immer mehr in Richtung kompletter Lösungen. Kunden wollen in der Regel kaum noch PV-Anlagen, um den Strom ins Netz einzuspeisen. Sie möchten dagegen den Strom- und Energieverbrauch ihres Hauses ökologisch und ökonomisch optimieren. Hier kann LG mit seinen Partnern eine komplette Produktpalette anbieten – von der umweltfreundlichen Stromerzeugung mit der PV-Anlage, über Speicher, hin zu Wärmepumpen und auch noch sehr energieeffizienten Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen, Kühlschränke oder Trockner. Darum geht es jetzt schon und in Zukunft sogar noch mehr. Das ist die Chance für ein breit aufgestelltes Unternehmen wie LG als Komplettanbieter.
Günter Haug: BayWa r.e. bietet seinen Kunden ein breites Angebot: Neben Solar- und Windparks sowie Biogasanlagen an Investoren bieten wir Gewerbekunden PV-Anlagen zur Optimierung des Stromverbrauchs und der Stromkosten an – optional finanzieren wir diese im Rahmen unseres Dachcontractings. Kleine und mittelgroße Anlagen vertreiben wir über unser geschultes Partner-Installateursnetzwerk. Dort kommen mehr und mehr Batteriespeicher zum Einsatz. Wir bieten seit 2014 auch PV-betriebene Wärmepumpen an, die den Eigenverbrauch erhöhen und eine günstige Wärmeversorgung von Gebäuden darstellen können. Und nicht zuletzt sind wir Ökostromanbieter – auch für PV-Anlagenbesitzer, die ihren Reststrom zu 100% ökologisch sauber haben wollen. Über das Joint-Venture BEEGY arbeiten wir an zukünftigen Energielösungen. Im Sommer starteten die ersten Angebote zur dezentralen Energieoptimierung unter Einsatz von PV.

IKZ-ENERGY:
Ein kurzer Blick in die Zukunft, wo wird die Solarwirtschaft kurz- und mittelfristig stehen, welche großen Veränderungen und Entwicklungen sind zu erwarten?
Michael Harre: Die Solarwirtschaft muss sich als Teil von Energiegesamtlösungen sehen und ihren Beitrag dazu leisten, dass Anwender mühelos eine möglichst hohe Eigenverbrauchsquote erreichen. Wenn es der Solarwirtschaft gelingt, sich als Teil des Ganzen zu sehen und zu verstehen, steht sie vor einer sonnigen Zukunft. Wichtig ist natürlich, dass der politische Rahmen verlässlicher und transparenter wird.
Günter Haug: Die günstigeren Preise für Batteriespeicher werden in PV-Anlagen wie auch in der Elektromobilität deutliche Veränderungen hervorrufen. Wir gehen davon aus, dass immer mehr Menschen PV-Anlagen mit Batteriespeicher kaufen werden. Zudem werden Elektrofahrzeuge attraktiver. Gerade das Laden von Elektrofahrzeugen mit der eigenen PV-Anlage ist eine finanziell attraktive Kombination. Daher wird der Absatz an PV-Anlagen wieder deutlich ansteigen, sofern die Politik keine Einschränkungen einbaut! Die Herausforderungen liegen im Umbau des Energiemarkts:  Zentrale Erzeugungseinheiten werden zugunsten dezentraler Erneuerbare-Energien-Anlagen zurückgefahren oder abgestellt. Es sind langfristig neue Mechanismen notwendig, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und immer mehr EE-Strom zu managen. Mit einem intelligenten Energiemix ist das möglich!

IKZ-ENERGY:
Herr Harre, Herr Haug, wir danken für das Gespräch.

 


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