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Pioniere aus LeidenschaftSelbst im Gebäudebestand sind solare Deckungsraten von mehr als 50 % möglich

Auch bestehende Gebäude lassen sich zu großen Teilen solar beheizen. Wenn es kein Süddach gibt, können die Kollektoren an anderen Orten montiert werden. Für die Montage der Großspeicher gibt es ebenfalls Lösungen. Die Autorin stellt auf diesen Seiten ausgewählte Projekte der solaren Altbausanierung vor und schildert Lösungen für scheinbar ungeeignete Einbausituationen.

Bei diesem Wohnhaus handelt es sich um ein ehemaliges Elektrizitätswerk. Im Zuge einer Komplettsanierung ließ der Eigentümer 40 m² Solarkollektoren und einen Stückholzvergaserkessel installieren. Mit der Solaranlage kann er etwa die Hälfte seines Heizenergiebedarfs decken. Bild: Georg Dasch

 

Weitgehend solar beheizte Gebäude – ob sie nun Sonnenhäuser oder Aktiv-Solar-Häuser genannt werden – galten lange Zeit als Domäne des Neubau-Sektors. Das ist verständlich, denn hier kann der Bauherr oder Architekt schon in der Planungsphase dafür sorgen, dass das Haus die baulichen Voraussetzungen für einen hohen solaren Deckungsgrad erfüllt.
Bei einem Bestandsgebäude sieht es anders aus. Da ist das Gebäude vielleicht nicht optimal nach Süden ausgerichtet. Oder das Dach ist zu flach, um im Winter eine hohe Solarstrahlung einzufangen. Problematisch ist es ebenfalls, wenn die Türöffnungen zu klein sind, um den Großspeicher in den Keller zu schaffen. Deshalb warfen Kritiker den Vertretern des Sonnenhaus-Konzeptes gern vor, dass sich das solare Heizkonzept nur für den Neubau eigne.
Mittlerweile mussten sie sich eines Besseren belehren lassen. Nachdem schon in den Vorjahren vereinzelt Bestandsgebäude zu Sonnenhäusern umgerüstet worden waren, verzeichnet das Sonnenhaus-Institut seit dem vergangenen Jahr einen „deutlichen Zuwachs an Altbausolarisierungen“. Dies teilte der Interessensverband für weitgehend solar beheizte Häuser im September vergangenen Jahres mit.
Nach Definition des Schweizer Pioniers Josef Jenni wird ein Sonnenhaus zu mindestens der Hälfte solar beheizt. Hierfür muss ein Gebäude zunächst gut gedämmt sein, um den Wärmebedarf zu minimieren. Durch große Fenster und Türen wird die Solarenergie weiterhin passiv genutzt.
Im Mittelpunkt des Konzeptes steht jedoch die aktive Nutzung der Solarenergie. Auf einem Dach, das möglichst optimal nach Süden ausgerichtet sein sollte, werden großflächig Solarkollektoren ins­talliert. Die Solarwärme wird in einem entsprechend dimensionierten Solarspeicher vorgehalten, der im Gebäudeinneren aufgestellt wird. Um den Primärenergiebedarf möglichst niedrig zu halten, sollten die Bewohner nach Möglichkeit mit Stückholz oder Pellets zuheizen.
Das wirtschaftliche Optimum ist nach Angaben von Georg Dasch, 1. Vorsitzender des Sonnenhaus-Instituts, ein solarer Deckungsgrad zwischen 60 und 80 %. Um bei einem neu gebauten Sonnenhaus mit 150 m² Wohnfläche einen solaren Deckungsgrad von 70 % zu erreichen, plant der Architekt 40 m² Solarkollektoren auf dem Süddach sowie einen 8 m³ großen Wasserspeicher ein. Dies entspricht, wie er sagt, heute dem „Standard-Sonnenhaus“.
Für den Bestand sind solche Eckdaten kaum zu definieren. Denn jedes Haus unterscheidet sich in seinem Dämmstandard, in der Ausrichtung des Daches und in der Dachneigung. Deshalb muss jedes Projekt individuell geplant werden. Wie eine solare Altbausanierung aussehen kann, zeigt ein Beispiel im Landkreis Regensburg.

Sonnenhaus im Wald
Auf einer einsam gelegenen Waldlichtung im Landkreis Regensburg steht das Wohnhaus von Franz Schmid (der Name wurde auf Wunsch des Eigentümers geändert). Der Backstein-Massivbau wurde 1907 als Elektrizitätswerk mit Wohnung errichtet. Später ließ der Betreiber das E-Werk an anderer Stelle neu errichten, das Gebäude wird seither nur als Wohnhaus genutzt.
Schmid erwarb das Gebäude Mitte der 1980er-Jahre. Im Zuge einer einfachen Sanierung ließ er Holzeinzelöfen und Öleinzelöfen einbauen. Entsprechend war der Wohnkomfort.
2007 entschied sich der Hausbesitzer für eine Komplettsanierung. „Die Frage war, ob ein Ersatzneubau nicht die bessere Lösung sei“, erinnert sich Georg Dasch. „Die Bausubstanz war aber grundsätzlich gut. Nur der Dachstuhl musste verstärkt werden.“ Bei der Sanierung wurde das Haus in seinen Rohbauzustand zurückversetzt. Im Erdgeschoss gruben Handwerker die Böden aus und erneuerten die Kellerdecken, schlugen den Putz von den Wänden und bauten die Fenster aus. Auch die Haustechnik wurde komplett erneuert.
Danach wurde gedämmt: Das Dach erhielt 30 cm Zellulosedämmung zwischen den Sparren. An den Außenseiten der Wände brachten die Handwerker 16 cm Polystyrol an. Unter den Böden im Erdgeschoss verlegten sie 12 bis 16 cm Dämmung. Die neuen Fenster sind dreifach verglast und haben einen 90 mm starken Holzrahmen. Mit diesen Maßnahmen konnte der Bauherr seinen Heizwärmebedarf auf 48 kWh/m² im Jahr reduzieren.

 

Dieser denkmalgeschützte Hof im Chiemgau wurde 1790 gebaut. Um das Gebäude mit 600 m² Wohnfläche solar zu beheizen, wurden 56 m² Solarkollektoren neben dem Hof frei aufgestellt. Der Pufferspeicher fasst 15,1 m³. Die solare Deckungsgrad liegt bei errechneten 52 %.
Bild: Sonnenhaus-Institut

 

Gerade noch geeignet für die große Solarheizung war die Dachneigung von 37°. Es weicht zudem 50° von Süden in Richtung Westen ab. Dasch riet dennoch zum Einbau eines solaren Heizsystems. So ins­tallierte der Heizungsbaubetrieb Graßer aus Haselbach 40 m² Solarkollektoren auf dem Dach. Die Solaranlage beheizt einen 6000-l-Kombispeicher, aus dem die Heiz­energie und das warme Wasser entnommen werden. Nach Berechnungen soll die Solarwärmeanlage etwa 50 % des Heizenergiebedarfs decken.
Für die Zuheizung ließ Schmid einen Stückholzvergaserkessel installieren. Das Holz dafür holt er von seinem Grundstück. Wenn er es einkaufen müsste, würden die Brennstoffkosten im Jahr bei rund 400 Euro liegen. Als Heizsystem wurde eine Wandheizung eingebaut, die die Niedertemperaturwärme verteilt und die Wände zudem ganzjährig trocken hält.
Der Endenergieverbrauch des Refugiums liegt heute bei 32 kWh/(m² · a), den Primärenergieverbrauch errechnete Dasch bei 8,1 kWh/(m² · a). „Mit dem Projekt haben wir bewiesen, dass man auch ein 100 Jahre altes Haus mit Solarthermie beheizen kann“, betont er. Besondere Freude bereitet es ihm, dass der EnEV-Standard deutlich unterschritten werden konnte.

 

Drei Beispiele für Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden. Bild: Timo Leukefeld

 

Individuelle Entscheidung
„Die Entscheidung, ob sich ein Altbau für die solare Sanierung eignet oder nicht, kann man nur objektbezogen treffen“, sagt der Architekt Dasch, der seit Mitte der 1990er-Jahre Sonnenhäuser nach dem Jenni-Konzept plant. Die erste Frage lautet: Gibt es genügend Dachflächen oder andere Flächen für die Solaranlage? Anschließend sind die Ausrichtung und die Neigung zu prüfen. Ideal ist es, wenn die Fläche exakt nach Süden zeigt und eine Neigung von 40 bis 75° hat. So kann die direkte Sonnenstrahlung im Winter optimal genutzt werden. „Abweichungen sind vertretbar“, räumt Dasch aber ein. Bislang hieß es noch, dass die Südabweichung nicht mehr als 30° betragen sollte. Doch mittlerweile werde immer häufiger überlegt, das Ost- und das West-Dach zu belegen, erzählt der Vorsitzende des Sonnenhaus-Instituts, das mittlerweile 250 Mitglieder hat. „So kann man auch einen solaren Deckungsgrad von 30 % schaffen. Im Altbau ist das immer noch viel“, meint der Verfechter von großen Solarheizungen.
Bei Bestandsgebäuden kommt es häufig vor, dass es keine geeignete Dachfläche mit Südausrichtung gibt. Mitunter ist es möglich, auf Nachbargebäude wie Garagen auszuweichen oder die Kollektoren in der Freifläche aufzustellen. Ein Beispiel liefert Andreas Schuster, Geschäftsführer des Solarfachbetriebes Schuster GmbH & Co. KG in Büchlberg bei Passau. Er plante und sanierte vor fünf Jahren die solare Heizungsanlage für ein Zweifamilienhaus aus dem Baujahr 1962. Um einen solaren Deckungsgrad von knapp über 50 % zu erreichen, wollte Schuster 62 m² Solarkollektoren installieren. 21 m2 fanden auf dem 60° geneigten Dach Platz. Sie wurden zusätzlich aufgeständert. 41 m² montierte er entlang der Gartenmauer.

 

Dieser Solartank speichert die Wärme für ein saniertes Mehrfamilienhaus mit fünf Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten. Er wurde über das Dach in das Gebäude gehoben und aufgestellt. Foto: Sonnenhaus-Institut/Sonnenhaus23

 

Herausforderung Speicher
Einfallsreich waren er und sein Solarfachmann auch beim Solarspeicher. Mit seinen 1,80 m Durchmesser und 4,20 m Höhe konnte der Stahltank nicht in einem Stück in den Heizungskeller transportiert und dort aufgestellt werden. Also wurden zunächst die vier 1000-l-Öltanks aus dem Keller entfernt. Über dem alten Aufstellort brachen die Handwerker ein Loch durch die Decke zum ehemaligen Büroraum im Erdgeschoss. Dann konnte der Stahltank in drei Teilen durch die Terrassentür getragen, mit einem Flaschenzug in die Grube befördert, zusammengeschweißt, gedämmt und verkleidet werden. Jetzt reicht der 9500-l-Tank vom Keller bis in das Erdgeschoss.
Die Frage, wie ein Großspeicher ins Haus kommt und wo er aufgestellt werden soll, ist die zweite Hürde, die bei einer solaren Altbausanierung zu nehmen ist. Das Beispiel Rembeck zeigt eine Lösung. Der Systemanbieter Soleg aus dem bayerischen Teisnach hat auch schon einmal ein Loch in einem Dach geschaffen, um den Speicher mit einem Kran von oben hereinzulassen. So aufwendig muss es aber nicht sein. „Man kann auch mehrere kleinere Speicher nebeneinander aufstellen oder den Speicher in Ringen anliefern lassen und erst im Keller zusammenschweißen“, sagt Georg Dasch. Außerdem könnten neue Technologien die Sache vereinfachen.

 

Wenn die Kollektoren nicht auf dem Dach montiert werden können oder sollen, finden sich andere Montageorte. Bei dieser Sanierung eines Zweifamilienhauses montierte der Fachbetrieb zwei Drittel der Kollektorfläche an der Gartenmauer. Bild: Ina Röpcke

 

GFK-Speicher
Eine häufige Kritik an dem Sonnenhaus-Konzept dreht sich um den großvolumigen Wasserspeicher, der, um Verluste zu vermeiden, im Haus aufgestellt wird. Skeptiker beklagen, dass er zuviel Raum wegnehme. Um die Akzeptanz von weitgehend solar beheizten Häusern zu steigern, seien andere Speicherarten notwendig, plädieren sie. Die Technische Universität Ilmenau in Thüringen begann deshalb schon 1995, mit Partnern zusammen einen Speicher aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK-Speicher) zu entwickeln. Das derzeitige Modell hat ein Volumen von 2 bis 4 m3. Jürgen Bühl, Arbeitsgruppenleiter für Regenerative Energie, Anwendung und Umwelttechnik an der TU Ilmenau, betont die Gebrauchsvorteile, die der GFK-Speicher gegenüber Stahltanks haben soll. Als Beispiele nennt er das geringere Gewicht und dass auch andere Formen als lediglich runde Speicher möglich sind. Darin sieht auch Georg Dasch einen Vorteil: „Mit rechteckigen Speichern ist eine andere Raumausnutzung möglich.“ Im Herbst will die Verbundwerkstoff und Kunststoffanwendungstechnik (VKA) GmbH in Schönbrunn mit der Fertigung der Entwicklung der TU Ilmenau starten. Die ab Oktober lieferbare Serie ist für 1 bis 35 m3 Speichervolumen ausgelegt.
Neue Produkte wie diese könnten somit die Einbauchancen für große Solarheizungen erhöhen. Ein Hindernis sieht Dasch jedoch noch in der Konkurrenz zwischen den einzelnen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere dem Dämmen und einer Solarheizung. „Dämmung ist grundsätzlich gut“, sagt er. „Oft wird das Geld für die Solaranlagen dann aber nicht mehr ausgegeben.“ Bei Ein- und Zweifamilienhäusern reiche die Förderung nicht mehr aus, um eine große Solarheizung einzubauen. Die KfW-Bankengruppe (KfW – Kreditanstalt für Wiederaufbau) gewährt für die energetische Sanierung zinsgünstige Kredite bis zu 75 000 Euro je Wohneinheit. Bei Mehrfamilienhäusern sehe es dann schon wieder besser aus, weil sich die Kosten für die große Solaranlage auf mehrere Wohneinheiten verteilen, macht Dasch Hoffnung.

Solarheizung im Mehrfamilienhaus
Auch für diesen Bautyp gibt es schon Projektbeispiele. Im vergangenen Jahr baute der Fachbetrieb „Sonnenhaus 23“ ein dreigeschossiges Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1887 in Bernau bei Berlin zu einem Sonnenhaus um. Der Pufferspeicher mit 20,7 m3 Fassungsvermögen wurde über das Dach in das Gebäude gehoben und darin aufgestellt. Er reicht vom Keller bis in die erste Etage und speichert die Wärme für fünf Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten. Die 71 m² große Kollektorfläche installierten die Monteure auf dem neu geschaffenen Dach und einem Nebengebäude. Die Gründerzeit-Fassade wurde in die Sanierung einbezogen, bleibt aber in ihrer bestehenden Form erhalten.

Sonderfall Denkmalschutz
Denkmalgeschützte Gebäude sind Sonderfälle für Solarthermie allgemein und Sonnenhäuser im Besonderen. Deshalb ist die zuständige Denkmalschutzbehörde zu kontaktieren. Praktische Tipps hierfür hat Prof. Timo Leukefeld. Als ehemaliger Geschäftsführer der Soli fer Solardach GmbH im sächsischen Freiberg baute er rund 30 Solarwärmeanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden. Und so rät er heute: „Für den Antrag sollte auf jeden Fall eine Fotomontage und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellt werden“. Das Bauvorhaben müsse fundiert begründet und anschaulich dargestellt werden. Außerdem rät er zu indachmontierten Flachkollektoren. „Wenn Sie mit Aufdachanlagen und Röhrenkollektoren ankommen, haben Sie gleich verloren“, musste Leukefeld erfahren.

Kleine Unterschiede
Große Unterschiede zwischen der Sonnenhaus-Technik in Alt- und in Neubauten gibt es nicht, resümiert Architekt Dasch. „Die Integration der Technik ist aber generell schwieriger als eine kleine Anlage“, räumt er gleich darauf ein. „Solche Projekte stellen höhere Anforderungen an die Planung der Kollektorfläche, des Speichers und an die Leitungsverlegung.“ Für Handwerker, Planer und alle anderen Fachleute, die Interesse an dem solaren Bau- und Heizkonzept haben, bietet das Sonnenhaus-Institut deshalb eintägige Schulungen an, die an wechselnden Orten in ganz Deutschland und neuerdings auch in Österreich stattfinden.

Autorin: Ina Röpcke, geprüfte Fachkraft Solartechnik und freie Journalistin für Erneuerbare Energien

www.sonnenhaus-institut.de

www.sonnenhaus23.de

 


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