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Energiezentrale fürs Eigenheim

Die Brennstoffzelle gilt als zuverlässig, hocheffizient und emissionsarm. Sie eignet sich auch für die Sanierung

Durch eine elektrochemische Reaktion werden aus Wasserstoff gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt. (Zukunft Erdgas)

Hersteller Bosch hat am Standort Wernau eine wasserstofffähige Brennstoffzellen-Pilotanlage auf SOFC-Basis in Betrieb genommen. Die Anlage besteht aus insgesamt drei Brennstoffzellen-Geräten. Eine SOFC-Einheit hat eine Leistung von 10 kW und kann den Jahresstrombedarf von mehr als 20 Vier-Personen-Haushalten decken. (Bosch)

 

Lang wurde sie ersehnt, fast noch länger wurde um ihre Inhalte gerungen – nun ist die Nationale Wasserstoffstrategie endlich verabschiedet. Für Industrie und Verkehr schafft sie wichtige Impulse, um Deutschland dem Ziel der Klimaneutralität näherzubringen. Doch auch der Wärmesektor profitiert. Und ganz besonders eine Technologie kann dank der vom Bund zusätzlich zugesagten Förderung in Höhe von 700 Mio. Euro nun weiter Aufwind erhalten: Die Brennstoffzellenheizung.

Was vor 60 Jahren noch zur Energiegewinnung bei Weltraummissionen diente, hat längst Einzug in Tausende deutsche Haushalte gehalten. Zahlreiche Hausbesitzer beziehen heute Erdgas, das vor Ort im Brennstoffzellengerät in Wasserstoff (H2) aufgespaltet und für die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme genutzt wird. Die Geräte erreichen einen Wirkungsgrad von über 90 %. Das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden hat anhand des Beispiels eines 150 m2 großen Hauses ermittelt, was eine Heizungsmodernisierung konkret bedeutet. Danach reduziert der Einbau einer Brennstoffzellenheizung die Energiekosten und CO2-Emissionen gegenüber einer alten Gasheizung um jeweils fast 60 %. Hauseigentümer sparen somit mehr als 1500 Euro Energiekosten im Jahr und vermeiden den Ausstoß von mehr als 5 t CO2.

Nicht zuletzt während der Corona-Pandemie haben sich viele Menschen zudem häufiger mit dem Thema des zukünftigen Wohnens und einer möglichen Energieautarkie mithilfe von dezentraler Energieerzeugung auseinandergesetzt. Insbesondere die Arbeit aus dem Homeoffice hat die Lebensbedingungen und den Energieverbrauch verändert. Letzterem können Hausbesitzer im Sinne von „Smart Living“ mit einer flexibel steuerbaren und wartungsarmen Brennstoffzellenheizung optimal begegnen.

Brennstoffzellen gegen den Modernisierungsstau im Heizungskeller

Wie groß der Handlungsbedarf im Wärmemarkt ist, zeigen aktuelle Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). So sind 56 % der insgesamt ca. 21 Mio. in Deutschland installierten Heizungen technisch veraltet, sodass sie nicht mehr effizient arbeiten und Tausende unnötige Tonnen CO2 emittieren. Der Weg in Richtung Klimaziel ist also noch weit, denn bis zum Jahr 2030 sollen die CO2-Emissionen des Gebäudesektors gegenüber 1990 um 67 % sinken – knapp 42 % Minderung verzeichnet Deutschland bisher. Fest steht: Nur über Sanierungen der Gebäudehülle wird das Ziel nicht erreicht, deshalb müssen Politik, Branche und Hauseigentümer jetzt die niedrig hängenden Früchte ernten und den Blick für Effizienzmaßnahmen im Heizungsmarkt schärfen.

Dabei bietet es sich an, bereits bestehende Infrastruktur zu nutzen. Schon heute wird in jedem zweiten Haushalt Gas genutzt. Allein im Jahr 2019 haben sich fast 80 % der Bauherren und Modernisierer für Gas-Heiztechnologien entschieden, wie Zahlen des BDH belegen. Damit setzen sie auf einen zukunftssicheren Wärmeerzeuger, denn wo heute noch Erdgas zum Einsatz kommt, wird morgen grünes Gas – zum Beispiel Wasserstoff oder Biogas – fließen.

Gegenüber motor- und brennerbasierten Systemen bietet die geräuscharme Brennstoffzelle eine hohe Stromausbeute, wobei der Betrieb durch die rein elektrochemische Reaktion (siehe Grafik) äußerst emissionsarm ist. Verbraucher müssen dadurch keinen teuren Strom am Markt einkaufen, da sie rund 75 % ihres Bedarfs selbst decken können. Das lohnt sich nicht nur für die eigenen vier Wände, sondern auch für Gewerbebetriebe.

Namhafte Heizgerätehersteller – darunter Buderus, Remeha, SenerTec, SOLIDpower, Sunfire und Viessmann – bieten daher Geräte verschiedener Leistungsklassen an. Deren elektrischer Wirkungsgrad erreicht dabei fast 60 % und liegt damit über dem konventioneller Großkraftwerke. Die elektrische Leistung reicht – je nach Modell – von 0,75 bis 1,5 kWel und die thermische Leistung von 0,8 bis 1,25 kWth. Eine neue Leistungsklasse hat Bosch kürzlich mit einer 10-kW-Brennstoffzelle vorgestellt. Sie kann den Jahresstrombedarf von mehr als 20 Vier-Personen-Haushalten decken, eignet sich aber auch für Rechenzentren oder Fabriken.

EnEV-Kriterien werden dank Energieeffizienzlabel A++ erfüllt

Neben Kombinationsanlagen mit integrierter Brennwerteinheit zur Deckung der Spitzenlast bieten die Hersteller auch Beistellgeräte an, die sich in ein vorhandenes Heizsystem oder eine PV-Anlage einbinden lassen. Ausgezeichnet mit dem Energieeffizienzlabel A++ erfüllen Brennstoffzellengeräte in Bestandsgebäuden so die Kriterien der Energieeinsparverordnung (EnEV). Im Neubau werden die EnEV-Mindeststandards erfüllt, wenn Biogas oder eine Solarthermieanlage für die Trinkwassererwärmung berücksichtigt werden.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat allein im Jahr 2019 mehr als 4700 positive Förderbescheide ausgestellt; im ersten Quartal 2020 kamen fast 1500 dazu. Seit Beginn des Technologieeinführungsprogramms im Jahr 2016 wurden somit fast 12 000 Förderanträge positiv beschieden.

Attraktive finanzielle Förderung

Im Rahmen des Anreizprogramms Energieeffizienz (APEE) fördert die KfW über das Programm 433 den Einbau von Brennstoffzellensystemen in Form eines festen Zuschusses von 5700 Euro. Je angefangener 100 Watt elektrischer Leistung kommen noch einmal 450 Euro dazu, wodurch sich ein leistungsabhängiger Zusatzbeitrag von 3600 Euro für die große Gerätegruppe mit 750 W ergibt. Zusätzlich greift auch die Förderung durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK-G), dank dem für jede Kilowattstunde produzierten Stroms ein fester Förderbetrag ausgezahlt wird. Dieser wurde mit der Aktualisierung des KWK-G im Juli rückwirkend zum 01. 01. 2020 auf 8 Cent/kWh für selbstgenutzten Strom und 16 Cent/kWh für eingespeisten Strom festgesetzt und damit verdoppelt. Denn durch die dezentrale Energieerzeugung können Hauseigentümer zur Netzstabilität beitragen. Neben der jährlichen zählergenauen Abrechnung ist alternativ auch eine einmalige Auszahlung des KWK-Zuschlages per Pauschalbetrag von 1800 Euro bei 750 W bzw. 3600 Euro bei 1,5 kW Leistung möglich. Insgesamt ergibt sich so in der beschriebenen 750-W-Geräteklasse eine Fördersumme von 11 100 Euro.

Wasserstoff im Wärmemarkt – längst keine Zukunftsmusik mehr

Wasserstoff als Energieträger ist also längst keine Zukunftsmusik mehr – das zeigen nicht zuletzt die Entwicklungen der Hersteller im Bereich der Gasbrennwertheizungen. So hat die BDR Thermea Group eine Gasbrennwerttherme entwickelt, die mit 100 % Wasserstoff betrieben wird und derzeit im niederländischen Rozenburg unter realen Bedingungen getestet wird. Doch auch schon heute funktionieren die bestehenden Heizgeräte problemlos mit einem 10-prozentigen Volumenanteil von Wasserstoff. Neu verkaufte Geräte arbeiten sogar bereits mit bis zu 20 %. Das zeigt: Der Wärmemarkt ist h2-ready.

 


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