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Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen – und dann? - Erfahrungen über die Durchführung einer Gefährdungsanalyse

Mit der Änderung der Trinkwasserverordnung 2001 [1], zuletzt Ende 2012, kamen insbesondere auf Betreiber von Trinkwasserinstallationen in Gebäuden mit einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung besondere Handlungs- und Untersuchungspflichten zu. Hier ist insbesondere die Untersuchungspflicht auf Legionellen zu nennen. In diesem Zusammenhang wurde in der Trinkwasserverordnung ein technischer Maßnahmenwert eingeführt, bei dessen Überschreitung je nach Höhe abgestufte Maßnahmen zu ergreifen sind. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Maßnahmen ist die Erstellung einer Gefährdungsanalyse durch speziell geschultes Personal.

Ungenügende Warmwassertemperatur in einer Trinkwasserinstallation als häufige Ursache für Legionellen.

Schemazeichnung einer Trinkwasserinstallation.

Dauerhafte Gefahr einer möglichen Aufkeimung durch stagnierendes Wasser in Entleerungsleitungen.

Mögliche negative Veränderungen der Wassertemperaturen können durch nicht oder nicht vollständige Dämmung der Leitungen hervorgerufen werden.

Gefahr einer Aufkeimung infolge nicht gewarteter oder nicht von der TRWI getrennte aufbereitungsanlagen nach Stilllegung.

In zahlreichen Gefährdungsanalysen findet man häufig den Mangel: keine Wartung des Schmutzfilters. Bild: Tim Westphal, Amt für Gesundheit Frankfurt

Zur praktischen Durchführung der Gefährdungsanalyse ist es hilfreich, wenn wichtige Details per Foto dokumentiert werden. Bild: IKZ-HAUSTECHNIK

 

In der 2. Änderungsverordnung wurden im § 16 besondere Anzeige- und Handlungspflichten festgeschrieben. Demnach haben der Unternehmer oder sonstige Inhaber (UsI) einer Wasserversorgungsanlage dem Gesundheitsamt unverzüglich anzuzeigen, wenn Krankheitserreger oder chemische Stoffe im Trinkwasser in Konzentrationen festgestellt werden, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen (§§ 5 bis 7 TrinkwV). Diese Überschreitungen sind dem zuständigen Gesundheitsamt anzuzeigen. Wird dem UsI eine Überschreitung des Technischen Maßnahmenwertes (TMW) für Legionellen bekannt, hat er darüber hinaus unverzüglich Maßnahmen zur Aufklärung der Ursachen einzuleiten (§ 16 Abs. 7 TrinkwV). Hierzu gehören:

  • eine Ortsbesichtigung sowie eine Überprüfung, ob die allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) eingehalten werden,
  • die Erstellung einer Gefährdungsanalyse sowie
  • die Durchführung von Maßnahmen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind.

Die vom Betreiber getroffenen Maßnahmen sind unverzüglich dem Gesundheitsamt mitzuteilen.

Wichtige Grundlagen für eine Gefährdungsanalyse

Für die Erstellung einer Gefährdungsanalyse ist die „Empfehlung des Umweltbundesamtes zur Durchführung einer Gefährdungsanalyse“ [2] zu beachten. Darin finden sich verschiedene Hinweise, z.B.

  • Was ist unter einer Gefährdungsanalyse zu verstehen?

Das Umweltbundesamt verweist auf das Hinweisblatt W 1001 [3] des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW). Danach umfasst eine Gefährdungsanalyse die „systematische Ermittlung von Gefährdungen und Ereignissen in den Prozessen der Wasserversorgung“. Ferner beschreibt das W 1001, dass „Gefährdungen (…) an unterschiedlichen Stellen des Versorgungssystems auftreten und (…) durch unterschiedliche Ereignisse ausgelöst“ werden können. Weiter heißt es, dass „im Rahmen der Gefährdungsanalyse (…) mögliche Gefährdungen für den Normalbetrieb der Wasserversorgung zu identifizieren und denkbare Ereignisse, die zum konkreten Eintreten einer Gefährdung führen können, zu ermitteln sind.“ Dabei muss an jeder Stelle des Versorgungssystems systematisch hinterfragt werden, was an welcher Stelle passieren kann. Im Sinne des W1001 handelt es sich bei einer Gefährdung um eine „mögliche biologische, chemische, physikalische oder radiologische Beeinträchtigung im Versorgungssystem“, also in diesem Falle durch Legionella species.
Auch wenn das Blatt W1001 für den Bereich der öffentlichen Wasserversorgungen erstellt wurde, kann man sich zumindest an der Definition orientieren und diese auf die Trinkwasserinstallation in Gebäuden soweit als möglich übertragen. Letztendlich soll eine Gefährdungsanalyse dem Betreiber die Gefahrenpunkte, also planerische, bau- und betriebstechnische Gefahrenstellen offenlegen, die geeignet sind, die Trinkwasserqualität innerhalb seiner TRWI nachteilig zu beeinflussen. Zusätzlich soll sie den Betreiber darin unterstützen, geeignete Abhilfemaßnahmen zu finden und den jeweiligen Zeitpunkt zur Erledigung, gestaffelt nach Dringlichkeit, festzulegen. Eine Gefährdungsanalyse kann auch nach den detaillierten Vorgaben der Richtlinie VDI/ DVGW 6023 [4] (Abschnitt 8) vorgenommen werden. Hier findet sich die Anleitung zu einem Schema, bei dem über das Gefährdungspotenzial eines denkbaren Mangels (Gefährdungs­analyse) für jede Komponente oder für jeden Betriebszustand einer Trinkwasser-Installation Entscheidungshilfen für die Beseitigung eines Mangels durch erforderliche Maßnahmen der Instandhaltung (Inspektion, Instandsetzung, Umbau) gegeben werden (Gefährdungsbeurteilung).
Zweckmäßigerweise werden dazu entsprechend dem individuellen Strangschema im ersten Schritt alle Komponenten und Einrichtungen der Trinkwasser-Installation in Fließrichtung erfasst. Im zweiten Schritt werden die denkbaren Mängel bzw. Störungen an diesen Komponenten und Einrichtungen dargestellt und im dritten Schritt im Hinblick auf das Gefährdungspotenzial bewertet. Dabei sollen die Mängel der jeweils zutreffenden höchsten der vier Bewertungsgruppen zugeordnet werden:
1.    Bewertungsgruppe: Mangel ist nur Schönheitsfehler.
2.    Bewertungsgruppe: Mangel führt zu erhöhten Kosten bzw. Verbrauchswerten bei Energie und Wasser.
3.    Bewertungsgruppe: Mangel führt zu Nutzungsbeeinträchtigungen.
4.    Bewertungsgruppe: Mangel gefährdet Personen oder in erheblichem Umfang Sachen.

Aus diesen Bewertungen werden dann im vierten und letzten Schritt die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen (Inspizieren, Instandsetzen, Warten) mit den jeweiligen Einzelleistungen und Intervallen in einem Instandhaltungsplan, in Funktionsgebäuden wie Krankenhaus oder Seniorenwohnanlagen auch in einem Hygieneplan festgelegt.

Wer führt eine Gefährdungsanalyse durch?

Besonders im Bereich der gewerblichen Wohnungswirtschaft finden sich zwischenzeitlich sehr unterschiedliche Dienstleis­ter. Viele von ihnen bieten von der Festlegung der Entnahmestellen über die Probenentnahme bis hin zur Erstellung einer Gefährdungsanalyse alle Leistungen aus einer Hand. U.a. finden sich auch Dienstleister, die ansonsten eher in anderen Branchen, z.B. im Kfz-Gewerbe oder im Messdienstwesen anzutreffen sind. Fachplaner in Ingenieur-Büros und in Installationsbetrieben mit einschlägiger Erfahrung, die selbst Trinkwasserinstallationen in Gebäuden planen, sind in der Lage, eine brauchbare Gefährdungsanalyse zu erstellen. Entsprechend der UBA–Empfehlung können folgende Stellen und Institutionen infrage kommen:

  • gemäß DIN EN ISO 170208 akkreditierte technische Inspektionsstellen für Trinkwasserhygiene,
  • nach Trinkwasserverordnung akkreditierte und nach §15 Absatz 4 TrinkwV 2001 zugelassene Untersuchungsstellen (Labore),
  • Planungs- und Ingenieurbüros (Planer) und
  • Handwerksbetriebe des Installationshandwerks (Vertrags-Installationsunternehmen nach AVBWasserV).

Von einer ausreichenden Qualifikation kann entsprechend der UBA-Empfehlung zur Erstellung einer Gefährdungsanalyse nur dann ausgegangen werden, wenn die betreffende Person ein einschlägiges Studium oder eine entsprechende Berufsausbildung nachweisen kann. Des Weiteren müssen fortlaufende spezielle berufsbegleitende Fortbildungen eine weitere Vertiefung in die Thematik erkennen lassen. Dazu gehören beispielsweise eine Fortbildung nach VDI 6023 (Zertifikat Kategorie A), die Fortbildung Fachkunde Trinkwasserhygiene des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima oder die DVGW-Fortbildungen zur Trinkwasserhygiene. Die relevanten technischen Regelwerke und zugehörige Kommentierungen müssen den Sachverständigen in jeweils aktueller Form vorliegen und bekannt sein. Als technische Ausstattung können Geräte zur Temperaturmessung in Wasser und auf Oberflächen, zur Durchflussmessung in Rohrleitungen sowie zur Differenzdruckmessung notwendig sein.
In bestimmten Fällen kann es durchaus hilfreich sein, ein Team zusammenzustellen, in dem Personen mit den benötigten verschiedenen Qualifikationen vertreten sind. Dies ist beispielsweise dann sinnvoll, wenn die Kenntnisse, der Sachverstand und die Praxiserfahrung der oder des Durchführenden alleine nicht ausreichen. Als Team-Mitglieder können z.B. fachkundige Technikerinnen und Techniker des Objektes in Betracht kommen. Besonders in öffentlichen Gebäuden ­empfiehlt das UBA auch die Beteiligung von (erfahrenen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Gesundheitsämtern bei der Erstellung der Gefährdungsanalyse.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist auch, dass die Durchführung der Gefährdungsanalyse unabhängig von anderen Interessen erfolgt. Es muss auf alle Fälle eine Befangenheit vermieden werden. Gemäß der UBA–Empfehlung ist eine solche dann zu vermuten, wenn Personen an der Planung, dem Bau oder Betrieb der Trinkwasserinstallation selbst beteiligt waren oder sind. Im Falle von gerichtlichen Auseinandersetzungen, z.B.  bei Schadensersatzforderungen, kann es sehr wichtig sein, die Unabhängigkeit und ausreichende Qualität des hinzugezogenen Sachverständigen belegen zu können. Denn letztendlich trägt der Unternehmer oder sonstige Inhaber die Verantwortung.

  • Was sind die Mindestinhalte der Dokumentation und in welcher Form ist sie zu erstellen?

Auch die Dokumentation sollte entsprechend der UBA–Empfehlung erstellt werden. Sie wird in aller Regel allgemeine Angaben zum Objekt, zu der Art der Nutzung, zu der Anzahl der Nutzer und in Wohngebäuden zu der Anzahl der Wohneinheiten beinhalten. Des Weiteren müssen die Anlagenart, Hersteller und Baujahr der Trinkwassererwärmungsanlage sowie die Größe von Warmwasserspeichern genannt werden.

Gefährdungspotenzial und Risiken

Eine hohe Überschreitung des TMW bedeutet nicht zwangsläufig einen hohen Gefährdungsgrad für die Nutzer. Andererseits kann beispielsweise auch schon bei niedrigen Werten für die Nutzer ein großes Risiko bestehen. Es gibt keine Hinweise darauf, ab welchen Werten das Erkrankungsrisiko steigt. Dieses steigt aber auf jeden Fall dann, wenn es sich bei den betroffenen Personen um abwehrgeschwächte Menschen, meist Alte und Kranke, aber auch um Kleinkinder handelt. Die höchste Priorität bei der Gefahrenabwehr für abwehrgeschwächte Kliniken, Seniorenheime und Kinderkrippen mit Hochrisikobereichen muss daher sowohl bei den  Betreibern als auch den Überwachungsbehörden liegen.
Die Vorgehensweise bei Überschreitungen des TMW ist grundsätzlich im DVGW-Arbeitsblatt W551 [5] festgelegt. Trotzdem greifen in Objekten mit Hochrisikobereichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr deutlich schneller als beispielsweise in Gebäuden mit reiner Wohnnutzung.
Im Bereich der gewerblichen Wohnnutzung sind die häufigsten Überschreitungen des TMW für Legionellen festzustellen. Das liegt vermutlich daran, dass in diesen Objekten bisher nicht auf diese Problematik geachtet wurde. Vielen Eigentümern sind ihre diesbezüglichen Pflichten bis heute noch immer nicht präsent, obwohl in den letzten beiden Jahren über dieses Thema sehr häufig in den Medien berichtet wurde. Die in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführten orientierenden Untersuchungen in Objekten der gewerblichen Wohnnutzung waren in den meis­ten Fällen Erstuntersuchungen. Im Vergleich zu den bisher schon überwachten öffentlichen Einrichtungen ergaben sich daher bei vermieteten Wohnanlagen die häufigsten Überschreitungen des TMW für Legionellen. Das hat vermutlich auch damit zu tun, dass es weit mehr gewerbliche als öffentliche Anlagen gibt. Da Befunde gewerblicher Objekte nur bei Überschreitung des TMW den Überwachungsbehörden vorgelegt werden müssen, gibt es keine genauen Vergleichszahlen. Offizielle Schätzungen liegen aber bei ca. 15 bis 20% TMW-Überschreitungen. Deshalb mussten die Betreiber der Einrichtungen mit gewerblicher Wohnnutzung auch deutlich mehr Gefährdungsanalysen erstellen lassen. In den meisten Fällen handelte es sich bei den vorgelegten Ergebnissen um mittlere (> 100 KBE/100 ml) und hohe Kontaminationen(> 1000 KBE/100 ml). Die Anzahl der mittleren Konzentrationen mit Werten über 100 - 1000 KBE/100 ml war jedoch am häufigsten anzutreffen. In seltenen Fällen wurde eine extrem hohe Kontamination
(> 10000 KB/100 ml) erreicht.
Die Ursachen konnten in sehr vielen Fällen schon an geringen Entnahmetemperaturen und geringen Temperaturkonstanten festgemacht werden. Dies deutet einerseits auf zu geringe Temperaturen am Auslauf des Trinkwassererwärmers hin. Andererseits liegt oft ein unerwünschtes Nutzerverhalten vor, was nicht selten zu langen Stagnationen in Teilen der Trinkwasserinstallationen und dadurch zu unerwünschtem Bakterienwachstum führen kann.

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Die Ortsbesichtigung als erster Schritt für die Gefährdungsanalyse

Muss eine Gefährdungsanalyse entsprechend §16 Abs. 7 der TrinkwV erstellt werden, liegt bereits eine vermeidbare Gesundheitsgefährdung aufgrund der Überschreitung des TMW für Legionellen oder auch durch das Auftreten von Pseudomonas aeruginosa vor. Erste Sofortmaßnahmen zum Schutz der Nutzer sind in Fällen über 10000 KBE z.B. ein Duschverbot oder auch die Desinfektion des gebäudeinternen Leitungsnetzes. Werden sogenannte endständige Filter an relevanten Entnahmestellen angebracht, kann das Duschverbot wieder aufgehoben werden. Weil endständige Filter keine Dauerlösung sind, muss zur Fehlersuche eine Ortsbesichtigung mit geeigneten Fachleuten erfolgen, um die Ursache der Verkeimung zu finden. Eine Ortsbesichtigung muss natürlich auch bei Nachweis von Legionellen erfolgen, sobald der TMW von 100 KBE/100 ml überschritten wurde. Allerdings sind die Sofortmaßnahmen bei diesen Konzentrationen weniger aufwendig. In aller Regel wird aber zumindest eine thermische Spülung der Trinkwasserinstallation erfolgen. Die sich anschließende Ortsbesichtigung ist sinnvollerweise als erster Schritt zur Erstellung der geforderten Gefährdungsanalyse zu sehen. Als Durchführende kommen daher nur qualifizierte und sehr erfahrene Mitarbeiter gem. obiger Beschreibung in Betracht.
Die Erfahrungen mit massiven Belas­tungen durch Legionellen oder auch Pseudomonas aeruginosa in Kliniken und Seniorenheimen zeigen, dass nur eine sehr gründliche Durchforstung in Form einer sorgfältig durchgeführten Ortsbesichtigung auf Dauer Erfolg bringt. Dies liegt darin begründet, weil die meisten solcher Objekte im Laufe von Jahrzehnten zu einem großen Ganzen zusammen wachsen. Deshalb finden sich unterschiedliche Leitungsmaterialien ebenso wie stillgelegte, aber nicht vollständig abgetrennte Leitungsteile (Blindleitungen) oder auch Installationen mit abweichenden Rohrdimensionen. Beispielsweise bei Gebäuden, die in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts erstellt wurden, findet man häufig zu groß dimensionierte Warmwasserspeicher und Trinkwasserleitungen. Auch Aufbereitungsanlagen, die irgendwann einmal installiert, dann aber nicht mehr benutzt, jedoch nicht von der Installation getrennt wurden, sind häufig die Ursache für Aufkeimungen, an die keiner denkt. In zahlreichen Gefährdungsanalysen findet man außerdem häufig nachfolgende Mängel:

  • Nichteinhaltung der Ausgangstemperatur der Trinkwassererwärmungsanlage im Sinne des DVGW–Arbeitsblattes W551 (60°C).
  • Zu große Temperaturdifferenz zwischen Ausgang des Warmwasserspeichers und der Zirkulation (max. 5K) aufgrund langer Leitungswege.
  • Lange Stagnationszeiten und damit Abweichung von der bestimmungsgemäßen Nutzung des gesamten Objektes oder auch nur Teilen davon. Insbesondere im Bereich der Wohnnutzung gibt es häufig Probleme aufgrund leerstehender Wohnungen, sehr sparsamen Wohnungsinhabern oder auch Mietnomaden.
  • Unerlaubte Verbindungen von Trinkwasserleitungen zu Nichttrinkwasserleitungen aufgrund fehlender oder falscher Sicherungseinrichtungen. Dadurch können Bakterien in das Trinkwassersystem gelangen.
  • Anschluss von Aufbereitungsanlagen z.B. zur Enthärtung ohne Absicherung gegen das Rückfließen in das Trinkwassernetz.
  • Fehlende oder defekte Dämmung sowohl bei Kalt- als auch bei Warmwasserleitungssystemen.
  • Keine Wartung von Schmutzfiltern.

Diese Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen. Sie spiegelt die Tatsache wider, dass solche Überprüfungen nicht nur wegen hoher Folgekosten für Sanierung oder Rück- bzw. erneuten Umbauten, sondern auch mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden sind.

Erstellung der Gefährdungsanalyse

Zunächst ist eine genaue Gebäudebeschreibung unerlässlich. Hierzu gehört die Aufzählung der Gebäudeteile, die Art der Nutzung sowie die Anzahl der Anschlüsse an das öffentliche Versorgungsnetz und das Baujahr. Bei mehreren Bauabschnitten sollte das jeweilige Jahr der Fertigstellung benannt werden. Sofern vorhanden, können Bestandspläne für die Orientierung zu Hilfe genommen werden. Es muss aber geprüft werden, ob diese aktuell gültig sind.
Für die technische und hygienische Beurteilung ist ein Strangschema (Kalt- und Warmwasser) zu erstellen und Temperaturangaben in Speicher, Vorlauf, Zirkulation und Peripherie aufzuzeichnen. Es sind Angaben zum Zirkulationssystem (Pumpen in Dauer- oder Temporärbetrieb) und über den hydraulischen Abgleich des Systems zu machen. Außerdem sind Angaben über Löschwassersysteme zu machen und ob und welche Arten der Absicherung gegenüber trinkwasserführenden Systemen vorhanden sind.
Im konkreten Fall sind die Trinkwasserinstallationen „kalt“ und „warm“ separat zu betrachten und zu dokumentieren. Dabei ist in Fließrichtung vorzugehen. Für die Dokumentation müssen die verschiedenen Leitungen eindeutig gekennzeichnet werden, um eine Verwechslung zu vermeiden. Grundsätzlich, insbesondere bei größeren und sehr großen Objekten, ist eine zeichnerische Darstellung erforderlich.
Alle bei der Ortsbesichtigung festgestellten hygienischen und technischen Mängel sind unter Hinweis auf die nicht eingehaltenen Vorschriften zu dokumentieren. Häufig festgestellte Mängel wurden bereits weiter oben beschrieben. Zur Verdeutlichung und zum besseren Verständnis werden immer öfter auch Fotos den Berichten beigefügt. Diese sollten aber klar beschrieben und im Bericht eindeutig den jeweiligen Objektabschnitten zugeordnet sein.
Der Beschreibung der Trinkwasserinstallation mit allen aufgeführten Mängeln und Beanstandungen muss eine Bewertung folgen, die sich insbesondere an den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu orientieren hat. Dabei muss klar die Dringlichkeit der durchzuführenden Maßnahmen herausgestellt werden. In aller Regel ist davon auszugehen, dass bei der Erstellung einer Gefährdungsanalyse bereits die wichtigsten Sofortmaßnahmen (Duschverbot bei TMW-Überschreitung > 10000 KBE/100 ml, Anbringung endständiger Filter) vollzogen sind. Dies muss selbstverständlich ebenfalls in die Bewertung der Gefährdungsanalyse mit aufgenommen werden. Darüber hinaus müssen zuerst die Maßnahmen definiert werden, welche das größte Gefahrenpotenzial für eine weitere Kontamination eindämmen. Dies sind immer Totleitungen oder sehr selten genutzte Entnahmestellen sowohl an Kalt- als auch an Warmwasserleitungen. Dazu ist es insbesondere für den Unternehmer und sonstigen Inhaber der Anlage hilfreich, die aufgeführten Beanstandungen mit den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen oder den geltenden Regelwerken zu untermauern.
Nicht nur die Benennung der Beanstandungen, sondern auch geeignete Alternativvorschläge gehören in eine Gefährdungsanalyse. Es genügt keinesfalls, einfach nur die festgestellten Mängel aufzulisten. Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn die Gefährdungsanalyse in Form einer Checkliste erstellt wird, weil in dieser Form eine individuelle und gezielt auf das Objekt erstellte Bewertung nur schwer möglich ist.
Übersichtlicher und detaillierter wird es, wenn genau beschrieben wird, welche Maßnahme wann und durch wen durchzuführen ist. Je konkreter diese Erforderlichkeiten beschrieben werden, umso leichter ist es auch für den Unternehmer oder sonstigen Inhaber selbst, die Gefährdungsanalyse zu beurteilen, was gemäß UBA–Empfehlung ebenfalls zu seinen Pflichten gehört.

Schlussbetrachtung

Zwischenzeitlich wurden von vielen Objekten, die im ersten Untersuchungsjahr auffällig waren und Maßnahmen aufgrund einer Gefährdungsanalyse durchgeführt wurden, Folgeuntersuchungen durchgeführt. Es ist erkennbar, dass technische Verbesserungen an den Erwärmungsanlagen und Trinkwasserinstallationen alleine nicht ausreichen. Ganz entscheidend ist, dass die geforderten Temperaturen nach dem DVGW-Arbeitsblatt W551 eingehalten werden und die Anlage bestimmungsgemäß betrieben wird. Deshalb sind nicht nur die Hauseigentümer und Verwaltungen gefordert, sondern auch die Mieter und Bewohner der Wohnungen, die zu einer bestimmungsgemäßen Nutzung entscheidend beitragen können. Nur wenn alle wesentlichen Faktoren dauerhaft beachtet werden, ist eine nachhaltige Sicherheit beim Betrieb von Trinkwasserinstallationen gewährleistet.

Literatur:
[1]    Verordnung zur Änderung der Trinkwasser­verordnung vom 3.5.2011, BGBl. I
[2]    Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Trinkwasserkommission „Em­p­feh­lung für die Durchführung von
Gefährdungsanalysen gemäß Trinkwasserver­
ordnung“  vom 14.12.2012
[3]    Technische Mitteilung Hinweis W 1001: Sicherheit in der Trinkwasserversorgung – Risikomanagement im Normalbetrieb, Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. Bonn
[4]    VDI/ DVGW 6023 (Ausgabe April 2013)     Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung, Beuth-Verlag,  Berlin (2013)
[5]    DVGW-Arbeitsblatt W 551: Trinkwassererwär­mungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Er­richtung, Betrieb und Sanierung von Trink­wasser-Installationen. Wirtschafts- und Verlags­gesellschaft Gas und Wasser mbH, Josef-Wirmser-Straße 3, 53123 Bonn, Aus­gabe April 2004.

Autor: Jürgen Burg, Bundesverband der Hygieneinspektoren e.V.

 


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