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Gut und sicher abgeleitet

Neue Vorgaben für Festbrennstoff-Schornsteine: Herausforderungen und Lösungen zur 1. BImSchV

Die Austrittsöffnung des Schornsteins muss firstnah angeordnet sein und den First um mindes tens 40 cm überragen (C). Zudem ist der horizontale Abstand (A) vom First kleiner als horizontaler Abstand von der Traufe (B) und die Höhe (C) vom First größer ist als der waagerechte Abstand (A).

Bei Dachneigungen bis zu 20° eignen sich doppelwandige Standardsysteme.

Bei Dächern bis 20° ist auf der schmalen Gebäudeseite eine fiktive Dachneigung von 20° anzusetzen, um die richtige Schornsteinhöhe zu ermitteln.

Die Austrittsöffnung ist von der Gesamtwärmeleistung abhängig, woraus sich ein Umkreis und eine Höhe ergibt.

Systemlösung mit einem doppelwandigem Edelstahlschornstein mit freier Auskragung von bis zu 3 m ab der letzten Halterung. (Igor Divis, Dortmund)

Für Feuerstätten, die näher an der Traufe platziert sind, bietet sich die Installation mit einer Schrägführung an. Erlaubt sind maximal zweimal 30°. (Igor Divis, Dortmund)

Eine weitere Option: die Schrägführung über Dach. (Igor Divis, Dortmund)

Je nach Schornsteinsystem gewährt eine 2-Punktabspannung Aufbauhöhen von insgesamt 5,50 m ab letzter Halterung. (Igor Divis, Dortmund)

Ein Kragarm stabilisiert die Abgasanlage und gewährt eine größere Höhe. (Igor Divis, Dortmund)

Leichtbauschornsteine in Trocken bauweise eignen sich für die Installation im Haus. Sie sind platzsparend und können senkrecht oder schräg geführt werden. (Igor Divis, Dortmund)

 

Seit 1. Januar 2022 gelten die neuen Ableitbedingungen für Festbrennstoff-Anlagen nach der 1. BImSchV. Die Schornsteinhöhe ergibt sich nun aus zwei Faktoren: der Platzierung auf dem Dach und der bebauten Umgebung. Entsprechende Lösungen stehen dafür parat.

Feuerstätten, die mit dem Brennstoff Holz betrieben werden, sind derzeit gefragt wie nie. Zum einen ist es die politisch gewollte Abkehr vom Heizen mit fossilen Energien, die über die staatliche Förderung vorangetrieben wird. Zum anderen führt der Ukraine-Krieg nun zu einer großen Nachfrage nach Holzfeuerungen jeder Art.

Im Geltungsbereich 1. BImSchV

Was Vielen nicht so klar sein dürfte: All diese Anlagen fallen in den Geltungsbereich der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV). Für alle seit dem 1. Januar 2022 neu errichteten Festbrennstoff-Anlagen gilt zudem die neue Änderungsverordnung zu den Ableitbedingungen von Emissionen über den Schornstein. Die Verordnung macht keinen Unterschied hinsichtlich der eingebauten Feuerstätte. Sie gilt für alle gleich, egal ob es sich um einen Scheitholz-Kaminofen handelt oder um einen Pelletkessel. Auch für bisher ungenutzte Schornsteine ist bei Neuanschluss einer Festbrennstoff-Feuerstätte die neue Regelung anzuwenden.

Einige wenige Ausnahmen gibt es: Nicht betroffen von der neuen Verordnung sind Festbrennstofffeuerstätten, die Öl-/Gas- oder alte Festbrennstofffeuerstätten ersetzen, die vor dem Stichtag in Betrieb genommen wurden. Auch weiter betriebene Bestandsanlagen müssen nicht nachgerüstet werden. Eine Ausnahme für vor dem 1. 1. 2022 errichtete oder genehmigte Gebäude kann bestehen, wenn die neue Regelung „unverhältnismäßig“ wäre. Die Entscheidung darüber obliegt den zuständigen Behörden. Eine genaue Definition der Unverhältnismäßigkeit befindet sich derzeit noch in Klärung. Wann das Gebäude errichtet oder genehmigt worden ist, ist für die Pflicht zur Anwendung der neuen Regelung unerheblich.

Das Ziel der neuen Ableitbedingungen

Mit der Änderung von § 19 (1) der 1. BImSchV soll ein verbesserter Abtransport der Abgase in die freie Luftströmung gewährleistet werden, um die Luftqualität insbesondere in dicht bebauten Wohngebieten zu verbessern. Umgesetzt wird dies durch die firstnahe Anordnung des Schornsteins. Außerdem soll die Belastung der Umgebungsluft mit gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffen vermindert werden. Dieser Aspekt betrifft in erster Linie den Feinstaubausstoß. Zudem verringern sich die Geruchs- und Rauchbelastungen für die Nachbarschaft.

Die benötigte Schornsteinhöhe lässt sich nach der 1. BImSchV oder nach VDI 3781 Blatt 4 ermitteln. Die Auslegung nach der 1. BImSchV erleichtert die Umsetzung grundsätzlich. Allerdings erfordern die neuen Regelungen der 1. BImSchV unter Umständen höhere Schornsteine. Dagegen können die Berechnungen nach VDI 3781 Blatt 4 sehr aufwendig und zeit- sowie kostenintensiv sein. Diese Auslegung erlaubt allerdings geringere Schornsteinhöhen oder möglicherweise eine traufseitige Anbringung des Schornsteins.

Die neuen Vorgaben

Die Mündung des Schornsteins muss mindestens 40 cm über First und gleichzeitig außerhalb der Rezirkulationszone des Gebäudes liegen. Diese Zone befindet sich auf der windabgewandten Seite. In ihr werden die Abgase nicht in die freie Luftströmung transportiert, sondern in dieser Zone längere Zeit verwirbelt. Die exakte Ausbildung der Rezirkulationszone hängt von verschiedenen Parametern ab, wie z. B. der Gebäudegeometrie, der Lage und Geometrie der Nachbarbebauung sowie der Topografie, etwa Hanglagen. Darüber hinaus sind Mindestabstände zu Nachbargebäuden nötig. Werden sie unterschritten, ist eine Überhöhung der Schornsteinmündung erforderlich.

Der Schornstein muss grundsätzlich firstnah errichtet werden. Was das im Einzelfall genau heißt, definiert die 1. BImSchV über die Relationen von horizontalen und vertikalen Entfernungen auf dem Dach. Demnach muss die Mündung, abhängig von der Gesamtwärmeleis tung der Feuerungsanlage, in einem bestimmten Umkreis die Oberkanten von Lüftungsöffnungen, Fenstern und Türen um eine Mindesthöhe überragen. Für Anlagen bis 50 kW ergibt sich etwa eine Höhe von 1 m bei einem Umkreis von bis zu 15 m.

Auf welchen Argumenten diese Regelungen beruhen, ist umstritten. Der BDH beispielsweise lehnt sie ganz klar ab, weil er darin nur eine Schikane für Holzfeuerungen sieht, die auf diese Weise verteuert würden. Da die Änderungsverordnung aber gilt, sollte geprüft werden, welche technischen Umsetzungsmöglichkeiten es gibt und welche möglichst effizient sind. Hier sei noch einmal auf die VDI 3781 Blatt 4 verwiesen, die in Einzelfällen auch geringere Schornsteinhöhen oder eine traufseitige Anordnung gestattet.

Umsetzung in der Praxis

Die 1. BImSchV teilt die zu betrachtenden Gebäude nach der Dachneigung in zwei Kategorien ein: Dächer mit weniger als 20° und solche darüber. Für Dächer mit Dachneigung ab 20° können Lösungen mit Standardsystemen realisiert werden. Den Idealfall stellt ein direkt am First platzierter Schornstein dar, bei dem sich die Austrittsöffnung wie bisher lediglich 40 cm über dem First befinden muss.

Bei einer freien Auskragung von bis zu 3 m ab der letzten Befestigung kann der Schornstein auch bei Standardsystemen vom First entfernt werden. Soll der Schornstein noch weiter vom First entfernt montiert werden – maximal bis zur halben Gebäudebreite – lässt sich das über Abspannungen realisieren. Zugelassene Abspannsets wie etwa vom Anbieter Schräder erlauben eine freie Auskragung über Dach bis zu 5,5 m. Es handelt sich dabei um eine 2-Punkt-Abspannung.

Alternativ lässt sich ein Kragarm montieren. Je nach Auslegung sind bei dieser Montageart auch größere Aufbauhöhen als 3 m ab der letzten Wandfixierung möglich.

Für Feuerstätten, die näher an der Traufe als am Dachfirst platziert sind, bietet ein Schornstein mit Versatz die Lösung. Nach aktuellem Stand darf der Versatz allerdings nicht mehr als 2 x 30° betragen. Derzeit werden die Rahmenbedingungen geprüft, ob dies erweitert werden kann. Es gibt zudem die Möglichkeit, den Schornstein auf die Dachfläche selbst zu verlegen. Der Schornstein kann auf der Traufseite hoch- und anschließend auf der Dachfläche bis in Firstnähe weitergeführt werden.

Fiktive Dachneigung

Bei Dächern mit Dachneigung unter 20° ist auf der schmaleren Gebäudeseite eine fiktive Dachneigung von 20° anzusetzen. Die Schornsteinmündung muss auch hier mindestens 40 cm über dem First liegen. Im Idealfall befindet sich der Schornstein wieder in der Gebäudemitte. Je weiter man davon abweicht, umso höher muss die Schornsteinmündung liegen (Anstieg im 45°-Winkel vom fiktiven First). Diese Regelungen gelten auch für Pultdächer. Bei Anwendung der VDI-Bestimmungen erweitern sich auch hier die Möglichkeiten, die Austrittsöffnung vom gedachten First aus bis maximal zur halben Gebäudebreite zu platzieren.

Leichtbauschornsteine

Die Anforderungen lassen sich auch mithilfe eines Leichtbauschornsteins umsetzen. Die Abgasanlage wird dann innerhalb des Gebäudes in Richtung Firstnähe geführt, entweder als senkrechter Schacht oder mit Versatz, um vom firstfernen in einen firstnahen Bereich für die Schornsteinmündung zu gelangen. Mit dem Schräder-System „Future-Therm“ ist es beispielsweise möglich, eine platzsparende und der modernen Heiztechnik angepasste Abgas- bzw. Schornsteinanlage nachträglich nahezu überall einzubauen. Das Schacht-System wird aus 45 mm starken „Thermax SL“- Wärmedämmplatten errichtet. Die innen sitzende Abgasleitung lässt sich mit den Schräder-Abgassystemen „Sanro-Aqua“, „Future-E“ oder „Future-C“ umsetzen. Sie stehen in den Rohrdurchmessern DN 80 bis 600 zur Verfügung.

Ausblick

Für die Änderungsverordnung zu den Ableitbedingungen gibt es probate Lösungen. Auch in Zukunft wird es nach wie vor möglich sein, einen Edelstahlschornstein in Kombination mit einer Biomassefeuerung nachzurüsten. Hinsichtlich einiger Anwendungsfälle besteht allerdings noch Interpretationsbedarf, inwiefern die neuen Regelungen für diese anzuwenden sind oder ob hier die bisherigen Regelungen beibehalten werden können. Dazu zählen:

  • Der Einsatz von Feinstaubabscheidern oder Feinstaubpartikelfiltern
  • Moderne Feuerstätten mit automatischer Verbrennungsluftsteuerung
  • Alleinstehende Gebäude
  • Was grundsätzlich als unverhältnismäßig angesehen wird.

Diese und weitere Auslegungsfragen werden aktuell in Zusammenarbeit mit den Verbänden, dem Schornsteinfegerhandwerk und den Behörden abgestimmt. Wir gehen davon aus, dass die erforderlichen Antworten in nächster Zeit vorliegen.

Autor: Jan H. Kramb, Dipl.-Ing. (FH), Inhaber des Ing.-Büros KWK-PLAN, Energieberater sowie Planer für Baubiologie aus Oberwesel (Rheinland-Pfalz).

Bilder: Schräder Abgastechnologie, Kamen

www.schraeder.com

 


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