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„International diversifiziert und dauerhaft sicher“

Der Energieträger Flüssiggas (LPG) kann einen Beitrag zur Energiewende leisten, ist sich Jobst-Dietrich Diercks sicher. Ein Interview

Jobst-Dietrich Diercks, Vorsitzender des Deutschen Verbandes Flüssiggas. (DVFG)

 

Der Deutsche Verband Flüssiggas (DVFG) kritisiert die Fixierung der Bundesregierung auf den Einsatz von Wärmepumpen. Mit der Formulierung, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit Erneuerbaren Energien betrieben werden solle, setze die Bundesregierung de facto auf strombetriebene Wärmepumpen. Dem breiten Einsatz fehle es jedoch an grünem Strom, am Ausbau des Stromnetzes, an Handwerkern für die Installation und an Hauseigentümern, die eine umfassende Sanierung ihrer Immobilien stemmen könnten, so die Meinung des DVFG. Die Ziele der Energiewende blieben auch ohne die riskante Wette auf Strom erfüllbar: mit Flüssiggas, das künftig immer grüner werde. Hintergründe erfuhr die Redaktion von Jobst-Dietrich Diercks, Vorsitzender des Deutschen Verbandes Flüssiggas.

IKZ-HAUSTECHNIK: Als Energieträger für ländliche Regionen hat sich Flüssiggas längst etabliert. Welche weiteren Vorteile sprechen für den Energieträger und wie viele Haushalte nutzen Flüssiggas aktuell?

Jobst-Dietrich Diercks: In Deutschland nutzen über 650 000 Haushalte Flüssiggas (LPG) als Wärmequelle. Wie Sie richtig bemerken, kommt Flüssiggas insbesondere im ländlichen Raum zum Einsatz. Ein großer Vorteil zeigt sich in der aktuell schwierigen weltpolitischen Lage: Mit Flüssiggas steht abseits des Erdgas- und Fernwärmenetzes ein speicherbarer und transportabler Energieträger zu Verfügung, der nicht auf russische Quellen angewiesen ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie viele weitere Haushalte ließen sich mit den zur Verfügung stehenden oder kurzfristig verfügbaren Flüssiggasmengen überhaupt sicher versorgen?

Jobst-Dietrich Diercks: Aktuell gewinnt die Flüssiggasbranche jährlich viele Tausend neue LPG-Kunden hinzu, wovon viele dem Energieträger Öl den Rücken kehren. Selbst bei deutlich steigenden Verbräuchen in Deutschland ist nicht von Mengeneinschränkungen auszugehen, da der Haushaltsmarkt nur einen geringen Anteil am gesamten Flüssiggas-Verbrauch einnimmt. Zum Vergleich: Der europäische Gesamtverbrauch im Energiemarkt an LPG belief sich 2020 auf rund 20 Mio. t, davon wurden nur ca. 1 Mio. t in Deutschland für die Sektoren Haushalt und Gewerbe aufgewendet. Selbst eine deutliche Steigerung des deutschen Flüssiggasumsatzes in diesem Sektor würde im europäischen Markt nicht zu Verwerfungen führen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Aus welchen Ländern und in welcher Gewichtung stammt das Flüssiggas für Deutschland?

Jobst-Dietrich Diercks: Die Versorgung Deutschlands mit Flüssiggas (LPG) ist schon heute unabhängig von Energieimporten aus Russland, international diversifiziert und dadurch dauerhaft sicher. 2021 wurden in Deutschland 3,7 Mio. t Flüssiggas verbraucht. Wichtigste Quelle für die Flüssiggasversorgung sind deutsche Raffinerien – sie decken 2,2 Mio. t des Bedarfs in Deutschland ab. 1,5 Mio. t waren Importe, die zu zwei Dritteln aus Europa kamen. Die Lieferungen erreichen die fünf deutschen Importterminals entlang des Rheins überwiegend aus Holland und Belgien per Schiff und auf Schienen. Auch das Seehafenterminal Brunsbüttel bezieht LPG aus internationalen Quellen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Ausgangsstoff für Flüssiggas ist Erdöl. Sinkt dessen Verwendung, dürfte auch weniger Flüssiggas in den Raffinerien abfallen. Es müssen also auch hier Alternativen her.

Jobst-Dietrich Diercks: Der Ausgangsstoff für Flüssiggas ist nicht allein Erdöl. LPG fällt auch bei der Erdgasförderung an. Als Raffineriegas steht und fällt das Flüssiggasaufkommen mit der Benzin- und Dieselproduktion. Dimetyhlether ist ein flüssiggas-ähnliches brennbares Gas und hat ähnliche physikalische Eigenschaften wie Propan. Es soll zukünftig zusammen mit anderen regenerativen Flüssiggasen als Ersatzprodukt für fossiles Flüssiggas eingesetzt werden. Regenerativer Dimethylether – kurz rDME – soll etwa ab 2025 auf den europäischen Markt kommen. Die verfügbaren Mengen werden in der Anfangsphase geringer sein als das bereits seit 2018 auf dem Markt befindliche biogene Flüssiggas; Dimethylether kann aber aus einer breiten Auswahl an organischen Ausgangsstoffen hergestellt werden, weshalb die Produktion leichter skalierbar ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und 2030?

Jobst-Dietrich Diercks: 2030 könnte der Anteil von erneuerbarem Flüssiggas – also biogenes Flüssiggas und rDME – etwa 25 % betragen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wären flüssiggas-betriebene Wärmepumpen eine breit anwendbare Alternative zu den Elektro-Wärmepumpen? Derzeit gibt es für den kleinen Bereich kaum Anbieter.

Jobst-Dietrich Diercks: Die Durchsetzung von Gaswärmepumpen ist im gesamten Gasmarkt derzeit noch gering. Dies könnte auch daran gelegen haben, dass es bislang nur punktuell eine Pflicht zur Einbindung erneuerbarer Energien im Bestand gab und die Zusatzinvestition in eine Wärmepumpe von vielen Kunden als nicht attraktiv angesehen wurde. Bei Betrachtung der ökologischen und ökonomischen Seite wären Gaswärmepumpen eine sinnvolle Alternative gegenüber der Elektro-Wärmepumpe. Sie kann ebenso zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen.

www.dvfg.de

 

Energieträger Flüssiggas

Flüssiggas (LPG) – nicht zu verwechseln mit verflüssigtem Erdgas (LNG, Methan) – besteht aus Propan, Butan und deren Gemischen und wird bereits unter geringem Druck flüssig. Der Energieträger verbrennt CO2-reduziert und schadstoffarm. Die erneuerbaren Varianten sind als biogenes Flüssiggas und demnächst auch als Dimethylether (rDME) verfügbar. Flüssiggas wird für Heiz- und Kühlzwecke, als Kraftstoff (Autogas), in Industrie und Landwirtschaft sowie im Freizeitbereich eingesetzt.

 


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