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Digitalisierung im Handwerk

Teil 7: Digitalisierung und Veränderung – so gehen Betriebe damit um

Ruth Steeg: Der größte Fehler ist sicher, die Digitalmaßnahme nicht durch die Brille der Mitarbeitenden zu betrachten. (Beck Jacobs)

Bild: Beck Jacobs

 

Digitalisierung im Handwerk ist nicht nur eine Frage der Technik: Um sie erfolgreich umzusetzen, müssen die Beschäftigten den digitalen Veränderungen offen gegenüberstehen. Betriebe, denen es gelingt, professionell mit Ängsten und Widerständen umzugehen, haben dabei die besten Karten. Daher geht es darum, die Beschäftigten vom Nutzen der Digitalisierungsmaßnahmen für ihre eigenen Aufgaben zu überzeugen. Gleichzeitig sollten Mitarbeitende die Möglichkeit haben, die Veränderung aktiv mitzugestalten. So lassen sich Digitalisierungspotenziale ausschöpfen, Betriebe wettbewerbsfähiger machen und Arbeitsabläufe effizienter gestalten. Ruth Steeg, Prokuristin der Beck Jakobs GmbH, berichtet von ihren Erfahrungen mit digitalen Veränderungsprozessen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wann ist Ihnen zum ersten Mal aufgefallen, dass Digitalisierung nicht nur ein technisches Projekt ist, sondern für Mitarbeitende auch eine persönliche Herausforderung sein kann?

Ruth Steeg: Tatsächlich haben wir in unserem Unternehmen ein sehr heterogenes Team mit sehr unterschiedlich ausgeprägtem Willen zur Digitalisierung. So sind wir mit Digitalisierungsprojekten auch schon gescheitert, obwohl es keine technischen Hürden gab. Vor allem die Bereitschaft, die eigenen Arbeitsabläufe zu verändern und dadurch erst einmal Mehrarbeit in Kauf zu nehmen, ist ganz unterschiedlich. Insbesondere für Pilotprojekte muss man sich daher die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aussuchen – in der Hoffnung, dass diese dann die anderen mitziehen und der Nutzen des neuen Prozesses sichtbar wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wichtig ist es für den Erfolg von (Digitalisierungs-)Projekten, bereits im Voraus einen Plan für den Umgang mit Ängsten, Verunsicherung oder Ablehnung zu haben?

Ruth Steeg: Durch das Verbundprojekt DigiWerk haben wir gelernt, dass die Stressoren sehr individuell sind und dass es viele „weiche Faktoren“ gibt, welche ein Projekt scheitern lassen können. Da wir die vielschichtigen Hintergründe der Ablehnung in der Vergangenheit unterschätzt haben, werden wir in Zukunft mehr Raum für persönliche Feedback-Einzelgespräche schaffen. Denn wir wissen mittlerweile auch: Bei Prozessen, die das gesamte Team statt einer Abteilung betreffen, reicht eine Teildigitalisierung nicht aus. Da ist jede und jeder Einzelne wichtig und die Digitalisierungsmaßnahme greift nur dann, wenn alle am gleichen Strang ziehen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sehen Ihre Maßnahmen für die Begleitung von Veränderung aus?

Ruth Steeg: Wir haben bei der Einführung neuer digitaler Prozesse wöchentliche Feedbackmeetings mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Pilotprojektes geführt. Im Nachhinein haben wir festgestellt, dass selbst diese regelmäßigen Treffen noch nicht ausreichend waren. Wir hatten in den Treffen den Fokus zu sehr auf Schulung und Technik gesetzt und zu wenig auf die tatsächlichen Sorgen und Nöte der Mitarbeitenden geachtet. Da können wir noch besser werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Maßnahmen kommen bei den Mitarbeitenden besonders gut an?

Ruth Steeg: Besonders wichtig: Die ausgewählten Tools oder Digitalisierungsmaßnahmen müssen weiterhin ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Arbeiten zulassen. Das gilt auch für den Veränderungsprozess selbst, in dessen Gestaltung wir die Mitarbeitenden einbeziehen.

Besonders positiv ist bei uns im Betrieb angekommen, dass wir regelmäßige Feedbackgespräche führen. Außerdem war es ein Plus, dass wir für den vorübergehenden Mehraufwand Entlastung schaffen, zum Beispiel durch zusätzliche Zeiträume zur Auftragsnachbearbeitung – oder einen monetären Anreiz bieten, Zeit und Mühe zu investieren.

Weiterempfehlen würde ich alle Maßnahmen, die den individuellen Nutzen einer Veränderung sichtbar machen. Bei der Digitalisierung der Buchhaltungsprozesse hat das bei uns sehr gut funktioniert: Wenn langweilige Tätigkeiten wie Datenerfassung oder Ablage durch Digitalisierung obsolet werden, wertet das die Arbeit auf und die Mitarbeitenden stellen sich gerne um.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was müsste ein Betrieb tun, um das Team gegen ein digitales Veränderungsprojekt aufzubringen?

Ruth Steeg: Der größte Fehler ist sicher, die Digitalmaßnahme nicht durch die Brille der Mitarbeitenden zu betrachten. So ist es für die Betriebsleitung ein gutes Argument, wenn sich ein Prozess in Summe verschlankt und insgesamt betrachtet deutlich effizienter wird. Wenn die Mitarbeitenden aber gleichzeitig einen – auch nur gefühlten – Mehraufwand haben, lassen sie sich nicht überzeugen.

Manchmal liegt der Fehler auch im Tool selbst: Besonders kritisch blicken Mitarbeitende zu Recht auf Mechanismen, die geeignet sind, ihre Tätigkeit zu überwachen, die Arbeit zu verdichten oder das Team zu bevormunden. Ich finde, letztlich muss Arbeit trotz Digitalisierung menschlich bleiben und zur Unternehmenskultur und Kommunikation passen.

Zum Unternehmen

Die Beck Jacobs GmbH ist ein etabliertes SHK Unternehmen aus Düsseldorf. Zu den Leistungen gehören die Planung und Erstellung von modernen umweltfreundlichen Heizungssystemen wie z. B. Wärmepumpen, KWK-Anlagen und kombinierte Brennwerttechnik, Komplettbadsanierung und Klimatechnik sowie Kundendienst und Wartung. Der Betrieb beschäftigt 30 Mitarbeitende und ist Projektpartner im BMBF-geförderten Projekt DigiWerk.

beckjacobs.de

Bild: Beck Jacobs

TIPP DER REDAKTION

Mehr Informationen über Führung von Mitarbeitenden im Kontext digitaler Veränderungsprozesse finden sich unter www.HandwerkWirdDigital.de.

Artikelserie zum DigiWerk-Projekt 

  • IKZ 13/21 Welche konkreten Wettbewerbsvorteile lassen sich durch digitale Lösungen erzielen?
  • IKZ 14/21 Wie lassen sich Wettbewerbsvorteile durch digitale Lösungen erzielen?
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  • IKZ 16/21 Wie kann Branchensoftware eingesetzt und optimiert werden, um die Arbeit zu erleichtern? Wie ist die Nutzerfreundlichkeit der Software gewährleistet?
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  • IKZ 18/21 Wie kann Software die betriebsinterne Kommunikation im Handwerk erleichtern?
  • IKZ 1/2/22 Die Einführung digitaler Lösungen ist ein Change-Prozess. Wie lässt sich die Akzeptanz der Beschäftigten erreichen und der Change-Prozess möglichst effektiv gestalten?
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