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Keine klare Regelung – Die neue EnEV und die Frage der Gebäudepräparation bei Luftdichtheitstests

Die kürzlich verkündete Neufassung der Energieeinsparverordnung (EnEV) schreibt vor, dass Luftdichtheitstests nach dem sogenannten Verfahren B der DIN EN 13829 vorzunehmen sind. Damit herrscht, wenn die EnEV am 1. Mai 2014 in Kraft tritt, erstmals Klarheit darüber, wie Öffnungen in der Gebäudehülle für eine EnEV-Schlussmessung vorbereitet werden sollen. Nur vermeintliche Klarheit, befürchtet man dagegen beim Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V. (FLiB). Denn der in Berlin ansässige Verband bezweifelt, dass die EnEV-Novelle in der Praxis für eine einheitliche Gebäudepräparation und vergleichbare Mess-Ergebnisse sorgen wird.

Die Frage, wie man bei Luftdichtheitstests mit Gebäudeöffnungen wie dieser Abzugshaube umgehen soll, wird auch mit der jüngst verkündeten EnEV 2014 nicht klarer, befürchtet der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V.

Die neue EnEV schreibt für Luftdurchlässigkeitsmessungen Verfahren B der DIN EN 13829 vor. Entgegen eines noch immer weit verbreiteten Irrglaubens steht „B“ allerdings nicht für „in der Bauphase“, sondern bezieht sich auf das Vorgehen bei der Gebäudepräparation.

„Unerlässlich ist auf jeden Fall eine genaue Dokumentation der Präparation der Gebäudehülle“, erklärt FLiB-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Oliver Solcher.

 

Die Festlegung auf Verfahren B der Messnorm trage „langjähriger Vollzugs­praxis Rechnung“, heißt es in der Begründung zur EnEV-Novelle. Doch wie sieht diese Vollzugspraxis tatsächlich aus? Da die EnEV 2009 das Verfahren der Gebäudepräparation offen lässt, orientieren sich viele Messdienstleister an einer Auslegung, mit der die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz in die Bresche gesprungen ist: Zwar nennt die Kommission darin ausdrücklich Verfahren B, beschreibt dann aber eine Vorgehensweise, die vom Präparationsverfahren der Norm abweicht.

Vieles bleibt im Unklaren

Die DIN EN 13829 „Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden“ kennt zwei Messvarianten: Bei Verfahren A geht es um die Prüfung eines Gebäudes im Nutzungszustand, während Verfahren B allein auf die Dichtheit der Gebäudehülle abhebt. Vom Messzeitpunkt her sind beide identisch, unterscheiden sich aber darin, wie man für den Test mit absichtlich vorhandenen Öffnungen in der luftdichten Hülle umgeht. Beispiel Rauch- und Wärmeabzüge in Fahrstuhlschächten, die nach Landesbauordnungen einen freien Querschnitt von mindestens 0,1 m2 aufweisen müssen: Während man solche Abzüge in Verfahren A im Nutzungszustand belässt, werden sie für Messungen nach B abgedichtet. Im Wohnbereich wird die ins Freie führende Dunstabzugshaube ebenso behandelt. Das bedeutet, dass Öffnungen, die im Alltag Lüftungswärmeverluste verursachen und für den Energiebedarf eines Gebäudes relevant sein können, in Mess-Ergebnisse nach Verfahren B nicht einfließen. Daher fordern aktuelle Normen zur Luftdichtheit oder energetischen Bewertung von Gebäuden, wie die DIN 4108-7 oder DIN V 18599-2, Überprüfungen der Gebäudedichtheit nach Verfahren A, also im Nutzungszustand vorzunehmen. Auch ein großer Teil der Messdienstleister ermittelt Kennwerte zur Luftdichtheit nach Verfahren A und zieht diese dann auch für den EnEV-Nachweis heran.
Folglich bildet die EnEV 2014 die tatsächliche Vollzugspraxis bei Luftdicht­heitstests nur unzureichend ab. Außerdem stellt sie andere Anforderungen an die Gebäudevorbereitung, als es in der Praxis bewährte Normen vorgeben. „Vor diesem Hintergrund rechnen wir nicht damit, dass sich mit der neu gefassten Verordnung eine einheitliche Gebäudepräparation durchsetzen wird“, stellt FLiB-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Oliver Solcher die Zweifel des Fachverbandes klar. Erschwerend komme hinzu, dass selbst innerhalb von Verfahren B Vorgaben unterschiedlich interpretiert werden können. Zahlreiche Diskussionen hätten gezeigt, dass beispielsweise die Formulierung „alle weiteren absichtlich vorhandenen Öffnungen“ aus der DIN EN 13829 spezifiziert werden müsse, um einer einheitlichen Gebäudepräparation näher zu kommen.

Solcher fordert als Standardmessung Verfahren A

Dieses Ziel verfolgt eine branchen­übergreifend abgestimmte Checkliste, für die der Fachverband sich ausspricht – im Idealfall als Anhang einer weiteren EnEV-Novelle. Sie sollte die Präparation aller denkbaren Gebäudeöffnungen so weit konkretisieren, dass sie de facto einheitlich erfolgt und auf dieser Grundlage durchgeführte Messungen wirklich vergleichbare Werte liefern können. „Noch besser wäre es, die Gebäudeluftdichtheit von vornherein nach dem Verfahren A zu messen“, geht Solcher einen zusätzlichen Schritt weiter. Nicht nur würden solche Messungen im Nutzungszustand realistischere Daten zum Einschätzen von Lüftungswärmeverlusten und Energiebedarf liefern. Sie wären auch kostengünstiger, weil die Gebäudevorbereitung weniger Aufwand erfordert.


Nachgefragt

IKZ-Fachplaner: Herr Solcher, die Beschreibungen der Vorgehensweise bei der Gebäudepräparation für das Verfahren B der Fachkommission Bautechnik weicht von dem Verfahren der DIN EN 13829 ab. Wo liegen hier genau die Unterschiede?
Oliver Solcher: Aus der Gegenüberstellung der Tabelle 1 wird klar, dass die bisherigen Kommentare der Fachkommission Bautechnik eine Präparation beschreiben, die zwischen den Verfahren A und B liegt. Der FliB geht jedoch davon aus, dass die Kommentare, die sich auf die Gebäudepräparation bei der Dichtheitsprüfung der Gebäudehülle beziehen, mit der EnEV 2014 zurückgezogen werden.
IKZ-Fachplaner: Welche Vorgehensweise bezüglich der Luftdichtheitsmessungen raten Sie danach den Dienstleistern? Gibt es Besonderheiten, die mit dem Inkrafttreten der neuen Energieeinsparverordnung beachtet werden müssen?
Oliver Solcher: Da die EnEV 2014 eine Messung der Dichtheit der Gebäudehülle nach dem Verfahren B der DIN EN 13829 im Verordnungstext fordert, ist dieses Verfahren geschuldet, wenn die Grenzwerte nach Anlage 4 überprüft werden sollen. Das bedeutet jedoch im Klartext, dass beispielweise in einem Mehrfamilienhaus, in dem in allen Fenstern Fensterfalzlüfter für die freie Lüftung vorgesehen wurden, diese abzudichten sind. Hieran wird klar, was für ein Aufwand eine korrekte Präparation nach Verfahren B bedeuten kann. Es wäre deshalb sinnvoll, in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu schauen, ob der geforderte Grenzwert nicht auch ohne diese zeitaufwendige Präparation eingehalten wird. Denn wenn ein nach Verfahren A präpariertes Gebäude die Grenzwerte einhält, wird es das nach Verfahren B auch tun.
Unerlässlich ist auf jeden Fall eine genaue Dokumentation der Präparation der Gebäudehülle, damit die ermittelten Werte auch nachvollzogen werden können.
IKZ-Fachplaner: Um einer einheitlichen Gebäudevorbereitung für eine Luftdichtheitsmessung näher zu kommen, schlagen Sie eine branchenübergreifend abgestimmte Checkliste vor. Sind hier schon Modelle erarbeitet worden? Wann kann der Messdienstleister mit einer solchen Liste rechnen?
Oliver Solcher: Die Checkliste liegt für eine Veröffentlichung vor. Sie beschreibt die Präparation nach dem Verfahren B der DIN EN 13829, wie sie die branchenübergreifende Arbeitsgruppe sieht. Der FLiB würde es sehr begrüßen, wenn der Verordnungsgeber eine Checkliste in Bezug nehmen würde, um Diskussionen auf der Baustelle zu vermeiden.


Bilder: FLiB e.V.
www.flib.de

 


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