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Lüftungsanlagen in Neubauten und im Baubestand

Hintergründe – Anforderungen – Systeme – Wirtschaftlichkeit

Einfachverglasung in einem historischen Gebäude mit Zinkwanne als Kondensatsammler. Bild: Westfeld

Kondensatfalle: Tauwasserbildung an einer Isolierverglasung als Zeichen zu hoher Raumluftfeuchte. Bild: Westfeld

Protokoll Schlafzimmer: Datenloggerprotokoll in einem Schlafzimmer in einem sanierten Loft (5000 ppm bei zwei Personen) im Bad war ein Abluftventilator montiert, aber falsch angeschlossen – Zuluftelemente in den Fenstern unzureichend, Überströmöffnungen fehlten. Bild: Westfeld

Lüftungskanal chic 2: dekoratives Kanalsystem in Stuckoptik. Hier ist eine gewerkübergreifende Kooperation gefragt. System Reno Fa. Heinemann. Bild: Westfeld

Tauwasser Wärmebrücke: Tauwasserbildung an einer Wärmebrücke (nach Fenstertausch) Bild: Westfeld

Rohrverlegung in abgehängter Flurdecke mit Erneuerung der elektrischen Zuleitungen zu den Zimmern. Bild: Heinemann

Rohrverlegung im Neubau in der Filigrandecke. Bild: Heinemann

Hans Westfeld.

 

 

Bereits seit Einführung der DIN 1946-6 im Mai 2009 ist für Neubauten und (teil-)sanierte Bestandsgebäude ein ausreichender Luftwechsel zu gewährleisten. Im baupraktischen Alltag scheint sich diese Forderung kaum durchzusetzen. Vielmehr ist eine zunehmende Verunsicherung in Bezug auf die Umsetzung der Norm zu beobachten. Dabei erstreckt sich die Bandbreite von Unkenntnis über Fehlinterpretation bis hin zum Ignorieren der Norm. Der nachfolgende Beitrag erläutert die Hintergründe, die zur Änderung der Lüftungsnorm führten, deren Kernaussagen sowie die Vor- und Nachteile marktüblicher Wohnraumlüftungssysteme – insbesondere in Bezug auf eine Normkonformität nach DIN 1946-6. Hierbei fließen auch erste Erfahrungen des Autors aus einem aktuellen, wissenschaftlich begleiteten Modellprojekt einer großen Wohnungsbaugesellschaft mit ein.

Im Rahmen der allgemeinen Bemühungen zur Senkung der Betriebskosten bzw. des Schadstoffausstoßes bei der Beheizung von Gebäuden wurden in den letzten Jahrzehnten die Anforderungen an die Dämmqualität eines Gebäudes deutlich verschärft. Parallel dazu wurden auch die Anforderungen an die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle erhöht. Nach einer Untersuchung von Prof. Oswald wiesen Wohngebäude in den 70er Jahren noch Luftwechselraten von 7-10/h auf. Heute beträgt die natürliche Luftwechselrate über Fugen bei dichten Gebäuden mitunter nur ein Hundertstel dieses Wertes (0,1/h). Dies hat erhebliche Folgen für das bauphysikalische Gleichgewicht eines Gebäudes.

Anforderungen gelten bereits seit 2001

In Bezug auf eine Verpflichtung zur Anwendung der DIN 1946-6 wird seitens einiger Verbände argumentiert, dass die Norm noch nicht allgemein eingeführt und deshalb keine anerkannte Regel der Technik (ARdT) sei. Dabei wird übersehen, dass die Verpflichtung zur Herstellung gebrauchstauglicher Wohnungen mit einer hygienischen Raumluftqualität bereits seit mehr als zehn Jahren in weiteren, zum Teil übergeordneten Normen gefordert wird: Die bauaufsichtlich eingeführte Wärmeschutznorm DIN 4108 enthielt bereits in der Ausgabe 2001 Angaben zu einem erforderlichen hygienischen Luftwechsel. Demnach war auch schon vor der Änderung der Lüftungsnorm die Einhaltung einer hygienischen Raumluftqualität sicherzustellen. "Dies ist in der Regel der Fall, wenn während der Heizperiode ein …. Luftwechsel von 0,5/h bei der Planung sichergestellt ist1). Für eine genaue Berechnung wird hier explizit auf die Verfahren und Anforderungen der DIN 1946-6 verwiesen. Demnach musste bereits seit 2001 aufgrund der hier maßgeblichen DIN 4108 sowie § 5 der Energieeinsparverordnung (EnEV) zwölf vollständige Luftwechsel (24 Std. x 0,5) am Tag planerisch gewährleistet werden. Die aktuelle EnEV 2009 geht sogar von noch höheren Luftwechselraten in Gebäuden aus (0,6 – 0,7/h das entspricht 14 – 17 Luftwechseln pro Tag).

Über Haftungsausschlüsse und Hinweispflichten

Der Bundesgerichtshof betont in einem Urteil aus dem Jahr 2002, dass ein mehr als zweimaliges Stoßlüften eine besondere Lüftungsmaßnahme darstellt, die explizit mit dem Mieter oder Erwerber vereinbart werden muss2). Diese Vereinbarung kann aber nicht aus einer Erklärung bestehen, in der der Erwerber pauschal erklärt, dass er eine zusätzliche Lüftungseinrichtung – auch nach Aufklärung nicht wünsche. Eine hygienische Raumluftqualität und eine ungestörte Nachtruhe (ohne manuelle Stoßlüftungen – insbesondere im Winter) ist ein Grundbedürfnis des Nutzers, und somit auch ein wesentlicher Aspekt einer geschuldeten Gebrauchstauglichkeit der Wohnung. In der Folge werden an einen diesbezüglichen Haftungsausschluss sehr hohe Anforderungen gestellt – ein vorformulierter pauschaler "Verzichts-Passus" im Kauf- oder Werkvertrag bzw. den AGB’s fällt somit unter das "Klausulierungsverbot" und wäre im Streitfall unwirksam.

Insbesondere kommt der beruflichen Situation der Käufer eine besondere Bedeutung zu: Sofern keine vereinbarte Beschaffenheit (zur Häufigkeit einer manuellen Lüftung) vertraglich definiert wurde, muss sich das Werk nach der 2. Stufe des Mangelbegriffes nach § 633 BGB für die vertraglich vorausgesetzte sowie nach der 3. Stufe für die übliche Verwendung eignen. Eine ungestörte achtstündige Nachtruhe kann sowohl vertraglich vorausgesetzt werden und ist zudem auch üblich. Ebenso üblich ist eine durchschnittlich neun- bis zehnstündige berufsbedingte Abwesenheit des Nutzers. Nachvollziehbar urteilte das LG Frankfurt, dass es dem Nutzer nicht zuzumuten ist während der Arbeitszeit für einen Lüftungsvorgang in die Wohnung zurückzukehren3). Hieraus ergibt sich bereits ein Zeitraum von mehr als zwei Drittel des Tages, an dem unstrittiger Weise nicht manuell gelüftet werden kann. Die häufig diskutierte Frage, ob die DIN 1946-6 bereits anerkannte Regel der Technik ist, bleibt vor diesem Hintergrund im Schadensfall unbeachtlich. Grundsätzlich wird bei Werkverträgen ein Erfolg geschuldet ein gebrauchstaugliches Werk. Dieser Erfolg ist dann zu erwarten, wenn die anerkannten Regeln der Technik bei der Planung und Umsetzung eingehalten werden. DIN-Normen haben in der Regel keinen Gesetzescharakter und befreien auch nicht von einer Haftung im Schadensfall. Allerdings haben Normen die widerlegbare Vermutungswirkung einer Anerkannten Regel der Technik und lösen deshalb eine "echte Beweislaständerung" aus. Bei Missachtung einer gültigen Norm ist dagegen durch die Beweislastumkehr regelmäßig von einem Mangel auszugehen.

DIN 1946-6: Grundanforderungen und Kernaussagen
Lüftung zum Feuchteschutz

Im Baubestand konnten sich die Wohnungen tagsüber bei Abwesenheit der Nutzer durch Feuchteabgabe an die durch Fugen eindringende trockene Luft "erholen". Da diese Fugenlüftung im Neubau bzw. nach einer Sanierung bzw. Luftdichtungsmaßnahmen im Bestand fehlt, feuchten die wasseraufnehmenden Außenbauteile, insbesondere im Bereich der Wärmebrücken, auf und bilden somit die Voraussetzung für einen Schimmelpilzbefall.ie Hauptfeuchtelasten fallen nachtsin Schlafzimmern an. Ohne eine Feuchteabfuhr erreicht die Raumluftfeuchte im wärmegedämmten Schlafzimmer bei einer Belegung mit zwei Personen nach ca. 1,5 2,0 Std. schimmelpilzkritische Werte, bei einem nicht gedämmten Gebäude bereits deutlich früher.Dazu kommt, dass insbesondere in den Räumen mit hohen Feuchtelasten (Schlafzimmer und Bad) die überschüssige Feuchte von sorptiven Baustoffen und Textilien aufgenommen und "zwischengepuffert" wird. Diese eingelagerte Feuchte kann durch kurzzeitige Stoßlüftungen nicht abtransportiert werden. Hieraus erklären sich die Ergebnisse von Datenloggerprotokollen, bei denen ansteigende Luftfeuchten trotz Abwesenheit der Nutzer aufgezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um ein neuartiges Phänomen, das hauptsächlich in der luftdichten Bauweise seine Ursache findet: Im Bestand sorgten die vorhandenen Luftundichtigkeiten in der Gebäudehülle für einen permanenten nutzerunabhängigen Grundluftwechsel, der diese Feuchte verlässlich abführte.Da bei der heutigen luftdichten Bauweise ein Grundluftwechsel über Leckagen nicht mehr vorhanden ist, und auch nicht vorhanden sein darf, entstand die Anforderung an die Sicherstellung eines Luftwechsels auch bei Abwesenheit des Nutzers: Die reduzierte Lüftung. Dies betrifft nicht nur hygienische Aspekte (Schadstoffe), sondern ebenso den Abtransport eingelagerter Feuchtelasten.

Reduzierte Lüftung: Schadstoffe + CO2-Konzentration

Neben dem Abtransport desorbierender Feuchte treten durch die luftdichte Bauweise für den Baupraktiker bis dato unbekannte Schadensaspekte hinzu: Ausdünstungen aus Möbeln + Baumaterialen. Die Schadstoffabgabe erfolgt zumeist kontinuierlich, sodass zur Begrenzung der Konzentration kurze Lüftungsintervalle oder eine permanente Grundlüftung erforderlich sind. Als Beispiel für die Schadstoffproblematik sei der Eintrag aus einer üblichen Teppich-Auslegeware angeführt: Ein Quadratmeter neuverlegten Teppichs emittiert nach einer Untersuchung der Universität Essen so viel Schadstoffe, dass eine Luftwechselrate von 1,0 – 4,0/h zur Einhaltung einer hygienischen Raumluftqualität vorhanden sein müsste. In der Praxis werden aber bei einem Neubau bzw. nach Sanierungsmaßnahmen nur noch Luftwechselraten von 0,1 – 0,15/h erzielt. Dieses Defizit im Grundluftwechsel führt insbesondere in der belegungsfreien Zeit zu einer hohen Schadstoffkonzentration und Geruchsbelästigung.


Ebenfalls von besonderer Relevanz ist die Begrenzung des Kohlendioxydgehaltes. Bei einem fehlenden Luftaustausch steigt die Raumluftkonzentration innerhalb kurzer Zeit auf hygienisch unakzeptable Werte. Dies führt beim Bewohner zu Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen und weiteren unspezifischen Symptomen.

Nenn- und Intensivlüftung

Die dritte und vierte Lüftungsstufe der Norm regelt die Volumenströme bei Anwesenheit des Nutzers - entgegen landläufiger Meinungen ist der Nutzer hier durchaus verpflichtet durch aktive Fensterlüftung zum Gesamtlüftungserfolg beizutragen - allerdings nur bei Anwesenheit und außerhalb der Nachtruhe. Von den insgesamt zwölf erforderlichen täglichen Luftwechseln können dem Nutzer nach der aktuellen Rechtsprechung nur ca. 2 3 aktive Fensterlüftungen zugemutet werden, sodass 9 10 (kontinuierliche) Luftwechsel über (maschinelle) bauseitige Lüftungseinrichtungen zu realisieren sind. Entsprechend nimmt die manuelle aktive Lüftung durch den Nutzer nur noch eine untergeordnete und fast ausschließlich auf den Abbau von Spitzenlasten reduzierte Rolle ein.

Systeme zur Deckung des Fehlbedarfes – eine Checkliste

Für die Deckung des ermittelten Fehlbedarfes stehen unterschiedliche mechanische Lüftungssysteme auf dem Markt zur Verfügung. Bei genauer Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass viele Systeme zwar ein Schimmelpilzrisiko vermindern, jedoch nicht die normativen Anforderungen erfüllen. Im Streitfall droht weiterhin ein Haftungsrisiko aus der Nichterfüllung der DIN 1946-6. Anhand der nachfolgenden Checkliste zu den wesentlichen Anforderungen der Norm können die marktüblichen Systeme auf Konformität überprüft werden:

Werden alle Räume der Wohnung be- bzw. entlüftet?
Häufig werden nur in den Schlafräumen dezentrale Einzelraumlüfter eingebaut – die sonstigen Zu- und Ablufträume sowie auch die Flure bleiben daher von der Lüftungsmaßnahme unberührt.


Ist aufgrund der Lüftungsart eine dauerhafte Zuordnung in Zu- und Ablufträume möglich?

Durch einfache Außenwandöffnungen (ALDs) ist eine Zuordnung in Zu- und Ablufträume nach DIN 1946-6 nicht möglich, da diese von der (wechselnden) Windrichtung abhängt. Die ALDs können daher nur als Zuluftelemente für eine Abluftanlage eingesetzt werden.

Können die geforderten Luftmengen auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen sichergestellt werden?
Die in Bestandsgebäude häufig vorhandenen Schachtlüftungen liefern insbesondere bei inversen Wetterlagen nur unzureichende Ergebnisse und erfordern zwingend Nachströmöffnungen (die zuvor über die undichten Fenster gewährleistet waren).

Werden die Luftmengen bei akzeptablem Schallpegel erreicht?

Insbesondere bei dezentralen Einzelraumlüftern in Schlafzimmern werden die erforderlichen Luftmengen nur bei hohen Schalldruckpegeln erreicht, sodass eine tatsächliche Effizienz im praktischen Wohnalltag bezweifelt werden muss. Unter der Maßgabe der allgemeinen 30m³/Person-Auslegung müssten in der Nacht in einem Elternschlafzimmer abzüglich Infiltration ca. 55 m³/ausgetauscht werden. Viele Einzelraumlüfter weisen eine derartige Leistung gar nicht auf und erreichen bereits bei Volumenströmen von 40 m³/h (für die Nachtruhe unzumutbare) Schallpegel von 38 bis 42 dB(A). In der Folge werden die Lüfter auf Stufe 1 betrieben, woraus Volumenströme von <15 m³/h resultieren. Bei Einzelgeräten mit zwischenzeitlichem Richtungswechsel wird häufig verkannt, dass die Luft erst dann ausgetauscht ist, wenn sie sowohl zu- als auch abgeführt wurde. Die angegebene Luftleistung muss also halbiert werden, bzw. zwei Lüfter pro Raum eingebaut werden. Bei den zuvorbeschrieben Einzellüftern mit Laufrichtungswechsel resultieren auf der Stufe 1 somit nur 7,5 m³/h, womit die normativen Anforderungen in keinem Fall gedeckt werden können. Bei einem möglichen Einbau von F7-Filtern wird diese Luftmenge noch einmal halbiert. In exponierten Lagen mit Windgeschwindigkeiten >5 m/sec verbietet sich der Einsatz dieser Systeme häufig bereits aus der DIBT-Zulassung heraus.

Stimmen die Auslegungsvolumenströme?
Wie bereits erläutert, ist die eine Auslegung der Volumenströme auf den reinen Feuchteschutz im Schadensfall nicht ausreichend. Die Lüftung zum Feuchteschutz deckt im Neubau weniger als 25% des erforderlichen Gesamt-Außenvolumenstromes (0,3 von 1,3 x der Nennlüftung). Der Nutzer muss (bei Anwesenheit) die dritte und vierte Lüftungsstufe durch manuelle Lüftungen sicherstellen (0,7 – 1,3 x der Nennlüftung). Das verbleibende Delta zwischen 0,3 (Feuchteschutz) und 0,7 (Nennlüftung) ist somit ebenfalls maschinell zu decken, da der Nutzer in diesem Zeitraum nicht anwesend ist und folglich nicht zur Lüftung der Wohnung beitragen kann. Darüber hinaus wird auch bei freien Lüftungssystemen (Außenwanddurchlässen und Fugenfalzlüftern) bei der Ermittlung des Volumenstromes häufig nicht berücksichtigt, dass der Durchlass sowohl das Zuströmen als auch das Abströmen bewerkstelligen muss, wodurch sich die tatsächlich ausgetauschte Luftmenge halbiert. Viele freie Lüftungssysteme weisen daher nur die Hälfte des geforderten Luftwechsels auf und sind somit nicht normkonform. Analog hierzu tauschen einige Einzelraumlüfter durch ihre permanente Laufrichtungsumkehr ebenfalls nur die Hälfte der angegebenen Förderleistung aus.

Wird anfallendes Tauwasser schadensfrei entsorgt?
Dezentrale Abluftsysteme, insbesondere mit Wärmerückgewinnung, erzeugen zwangsläufig anfallendes Kondensat im Gerät oder den Abluftleitungen. Hier ist zu prüfen, wie dieses Kondensat schadensfrei abgeleitet werden kann. Im Unterlassungsfall zeigt sich das anfallende Tauwasser in Form von Laufspuren an der Fassade bzw. Eiszapfenbildung wodurch abermals Streitigkeiten ausgelöst werden. Einige Hersteller untersagen aus diesem Grunde den Einsatz ihre Geräte in Feuchträumen, wodurch weitere Probleme ausgelöst werden (dazu später mehr).

Ist die Anlage reinigungsfähig?

Durch die Vorgabe der Hygieneinspektion müssen Lüftungseinrichtungen nach der VDI 6022 reinigungsfähig sein. Die Anwendbarkeit der Richtlinie auf private Lüftungsanlagen ist zwar umstritten, gleichwohl sollte auf eine Reinigungsfähigkeit geachtet werden. Dies bedingt zwangsläufig notwendige Revisionsöffnungen und ein verfügbares abgestimmtes Reinigungswerkzeug des Herstellers. Da verschmutzte Filter die Leistungsfähigkeit einer Lüftungsanlage drastisch reduzieren, sollte zwingend eine regelmäßige Filterwartung sichergestellt sein. Die Wartungskosten für diese notwendige Leistung sind ein relevantes Entscheidungskriterium für die Wohnungswirtschaft und sollten daher stets mit ausgeschrieben bzw. angegeben werden. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass einige Hersteller die Volumenströme ihrer Anlagen ohne Filtermedium angeben - bei Einsatz eines F5- oder F7-Filters sinkt der Volumenstrom deutlich ab. Dieser Sachverhalt ist bei der Planung zu berücksichtigen.

Häufige Fehlerquelle: die Montage

Das Monitoring eines aktuellen Feldprojektes des Autors mit der hessischen Wohnungsbaugesellschaft hat gezeigt, dass selbst einfache Abluftanlagen derart fehlerhaft eingebaut wurden, dass sie vollständig funktionsuntauglich waren. Obwohl die Gesamtmaßnahmen und Koordination an einen Generalunternehmer vergeben wurden, unterblieb beispielsweise das Schließen vorhandener Schachtlüftungen, das Herstellen notwendiger Überströmöffnungen in den Innentüren oder auch der Einbau ausreichend dimensionierter und funktionstüchtiger Zuluftöffnungen. So wurden in allen sieben Modellwohnungen in drei Fenstern lediglich günstige Fugenfalzlüfter mit einem maximalen Volumenstrom von 5 m³ (= 15 m³) eingebaut, obwohl im Bad und Küche jeweils 60 m³ abtransportiert werden sollten. Da zudem versäumt wurde, die Fensterdichtung auszuschneiden waren die Zuluftelemente – und damit die gesamte Abluftanlage faktisch wirkungslos.

Wirtschaftlichkeit von Lüftungsanlagen

Die Akzeptanz und flächendeckende Verbreitung von Lüftungsanlagen hängt maßgeblich von der Wirtschaftlichkeit der Systeme ab – insbesondere für einen (wünschenswerten) Einsatz in der Wohnungswirtschaft mit mehreren Millionen Wohneinheiten. Der aktuelle Versuch der Lüftungsindustrie, die Wirtschaftlichkeit über eine ausschließliche Energieeinsparung der Systeme darzustellen, kann nicht überzeugen, da hier Amortisationszeiten >15 Jahren resultieren bzw. die Einsparungen über die Wärmerückgewinnung z.T. durch die Wartungskosten der Anlage wieder deutlich revidiert werden müssen. Dabei gibt es weitere ausschlaggebende Argumente pro Lüftung: Zum Beispiel den Punkt Schadensfreiheit. Durch die Senkung der relativen Luftfeuchte der Raumluft sinkt parallel auch die Taupunkttemperatur bzw. die schimmelpilzrelevante aw-80 Temperatur auf den Außenbauteilen. Hierdurch können vorhandene Wärmebrücken entschärft bzw. schadensfrei gehalten werden. Somit ist bei einem knappen Sanierungsbudget nach Fenstertausch ein Verzicht auf eine Wärmebrückenertüchtigung möglich. Durch die kontrollierte Lüftung können somit beide negativen Auswirkungen eines Fenstertausches im Bestand gelöst werden (Lüftungsproblematik und Kondensatverschiebung auf die Wärmebrücken).
Ein anderer wirtschaftlich interessanter Aspekt stellt die Einbindung einer kontrollierten Wohnungslüftung (KWL) in den Energieausweis des Objektes dar: Beim Einsatz einer KWL mit einem Wärmebereitstellungsgrad >80% wird die im Energieausweis maßgebliche Anlagenaufwandszahl stärker gesenkt als mit dem Einsatz einer solaren Brauchwassererwärmung. Überdies ist die Effizienz in der Regel höher als beispielsweise wesentlich kostspieligere Dämmmaßnahmen. Das gilt natürlich nur, wenn die Lüftungsanlage frühzeitig und ganzheitlich bei der Planung berücksichtigt und auf der Baustelle auch von den angrenzenden Gewerken fachgerecht eingebaut wird.

 

Bilder: Wenn nicht anders angegeben, Hans Westfeld

Autor: Hans Westfeld, Sachverständiger für

Schäden an Gebäuden (TÜV + DIN EN ISO 17024)

Schimmelpilzschäden (TÜV Rheinland)

Thermische Bauphysik

Lehrbeauftragter an den Hochschulen Karlsruhe und Hannover

1) Vergleiche DIN 4108-2 Ziffer 4.2.3.
2) Vergleiche BGH AZ: VII ZR 493/00.

3) Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 07. 02. 2012 - 2-17 S 89/11.


Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Auf dem Wohnungslüftungsmarkt gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte und Systeme. Können Sie aus der Sachverständigenpraxis heraus eine Empfehlung für ein System geben?

Hans Westfeld: Eine pauschale Empfehlung ist sicherlich nicht möglich, da die wesentlichen Faktoren wie vorhandener Dämmstandard, Wohnungsgröße bzw. Berücksichtigung in einer KfW-Sanierungsmaßnahme außer Acht gelassen würden. Allerdings sollten neben der Erfüllung der Anforderungen aus der DIN 1946-6 auch gesamtenergetische Aspekte berücksichtigt werden. Da ab 2019 bzw. 2021 nur noch Null-Energie-Häuser errichtet werden dürfen arbeiten die zukünftigen Energie-Einsparverordnungen auf dieses Ziel hin. Da die Lüftungswärmeverluste bereits heute mehr als 50% der Gesamtverluste einnehmen ist es evident, dass diese bis 2019 maßgeblich reduziert werden müssen. Systeme ohne Wärmerückgewinnung können diese Anforderung nicht erfüllen.

IKZ-FACHPLANER: Stichwort Wartung: In der Regel sind in den Wohnungslüftungsgeräten einfache Filterkassetten mit relativ kleiner Oberfläche eingebaut. Richtige Taschenfilter mit großer Oberfläche sind eher selten anzutreffen. Dabei ließen sich die Wartungsintervalle doch deutlich reduzieren. Wird hier am falschen Ende gespart?

Hans Westfeld: Die Filter- bzw. Wartungsfrage spielt in der Tat eine maßgebliche Rolle, sowohl bei der Akzeptanz als auch der Wirtschaftlichkeit der Systeme – insbesondere für die Wohnungswirtschaft. Das häufig diskutierte Vorurteil von mikrobakteriell belasteten Zuluftrohren wird hauptsächlich von fehlenden F 7 Filtern bzw. deren Wartung genährt. Da im Winterbetrieb durch eine Erwärmung der Außenluft ein Kondensatausfall im Zuluft-Rohr bauphysikalisch nicht möglich ist verbleibt nur der Eintrag von Schimmelpilzsporen und Feinstäuben. Dieser Eintrag wird durch eingebaute und gewartete F 7 Filter sicher verhindert. Bei einer unterlassenen Wartung hingegen können hier hygienische Probleme auftreten.

IKZ-FACHPLANER: Der Wartung kommt also besondere Bedeutung zu.

Hans Westfeld: Richtig. Allerdings gilt diese Feststellung für fast alle technischen Einrichtungen – eine nicht gewartete Therme hat einen deutlich schlechteren Wirkungsgrad und auch ein KFZ-Motor wird bei einem fehlenden Ölwechsel bald den Dienst versagen.

IKZ-FACHPLANER: Dezentrale Wohnraumlüftungssysteme werden oftmals mit dem Argument der Komfortsteigerung von Bad oder Schlafbereich angeboten. Feuchteprobleme zeigen sich meist in diesen Bereichen. Unabhängig von der Frage nach der Normkonformität: Werden die am Markt erhältlichen Geräte diesem Anspruch gerecht?

Hans Westfeld: Eine genaue Betrachtung dieser Systeme führt häufig zu einer sehr reduzierten Verwendbarkeit – auch unabhängig von der Frage der Normkonformität. Die erste Auswertung eines Feldversuchs in Kassel ergab, dass die Nutzer die in Schlafzimmern eingebauten Systeme aufgrund des Geräuschpegels lediglich auf der ersten Stufe betrieben hatten. Die beim Monitoring ebenfalls erfassten CO2 Werte lagen daher häufig über der maßgeblichen Pettenkoffergrenze von 1000 ppm und erreichten in der Nacht regelmäßig Werte über 2000 ppm. Ebenso war zu beobachten, dass sich Feuchtelasten nur sehr langsam abbauten. Ursächlich sind vermutlich die geringen Volumenströme, Kurzschlusslüftungen durch Laufrichtungsumkehr und insbesondere ein gemeinsamer, nicht entkoppelter Wärmetauscher. Durch die Abkühlung der Raumluft im Tauscher entsteht hier zwangsläufig Kondensat, das durch die Laufrichtungsumkehr (über denselben Wärmetauscher) mit der erwärmten Außenluft wieder zurück in das Gebäude getragen wird.

IKZ-FACHPLANER: Trotzdem haben dezentrale Lösungen ihre Berechtigung. Oder sehen Sie das anders?

Hans Westfeld: Nicht anders, aber diffenrenzierter. Für Einzel-Apartments können diese Systeme bei richtiger Auslegung und Einbau befriedigende Ergebnisse erzielen. Für größere Wohneinheiten müssen für eine Wirksamkeit unverhältnismäßig viele Geräte verbaut werden, wodurch sich der Kostenvorteil schnell aufhebt und die Fassade architektonisch gestört wird. Besonders problematisch ist jedoch der Einsatz in Verbindung mit fensterlosen Bädern und WCs, da hier zulassungsbedingt ein zusätzlicher Abluftventilator installiert werden muss. Hierdurch werden die Volumenströme gekoppelter Geräte gestört. Ebenso müssen in diesem Fall die angegebenen Anlagenaufwandszahlen und Wärmebereitstellungsgrade häufig nach unten korrigiert werden, was insbesondere bei geförderten Maßnahmen kritisch werden kann.

IKZ-FACHPLANER: Welche Empfehlungen geben Sie Planern und SHK-Unternehmern, die sich mit diesem Zukunftsmarkt befassen wollen?

Hans Westfeld: Hier ist eine gewisse Diskrepanz zu beobachten: Auf der einen Seite steht ein Wachstumsmarkt mit Steigerungsraten bis zu 25% und dem gegenüber eine nur zögerliche Weiterbildungsbereitschaft bei den planenden und ausführenden Betrieben. So mussten in der Vergangenheit mit den SHK-Innungen und Großhändlern angebotene Fortbildungs- und Qualifizierungsseminare aufgrund zu geringer Beteiligung abgesagt werden. Parallel hierzu häufen sich die Klagen aus der Wohnungswirtschaft, dass die angefragten Systeme aufgrund fehlender Erfahrung überteuert angeboten bzw. fehlerhaft eingebaut werden. Hier besteht aus meiner Sicht dringender Handlungsbedarf, gleichzeitig aber auch ein enormes Marktpotenzial. Allerdings muss ebenfalls angemerkt werden, dass insbesondere die nachträglichen Wohnungslüftungssysteme eine Kooperation mit anderen Gewerken bedingen – zumindest wenn sie wirtschaftlich eingebaut werden sollen. Häufig ist eine Zusammenarbeit mit Malern, Tischlern oder Trockenbauern erforderlich, um die Systeme fachgerecht einzubauen. Hier werden mögliche Synergieeffekte noch zu wenig genutzt. Da ein Fenstertausch oder nachträglicher Dachgeschossausbau im Bestand den Einbau von lüftungstechnischen Maßnahmen nach DIN 1946-6 auslöst, könnte sich aus der haftungstechnisch schwierigen Situation für den Tischler, Trockenbauer oder Dachdecker eine "Win-WinLösung" ergeben, wenn er diese Maßnahmen, in Kooperation mit einem SHK-Betrieb mit anbieten könnte. Um diesen Weg weiter voran zu bringen wären auch innungsübergreifende Gespräche und gemeinsame Handwerkerpools hilfreich.

IKZ-FACHPLANER: Gibt es solche gemeinsamen Handwerkerpools schon?

Hans Westfeld: Ein erster Versuch dieser gemeinsamen Plattform wird in Bezug auf die lüftungsrelevante Schimmelpilzproblematik aktuell in der nordrheinwestfälischen Plattform "Schimmelpilz-Hilfe-Forum" gestartet. Hier sind sowohl Sachverständige, zertifizierte Fachbetriebe (Maler, Maurer und Trockenbauer) als auch (noch zu zertifizierende) SHK-Betriebe gelistet und können so vom Ratsuchenden gefunden werden - allerdings fehlen derzeit noch die Lüftungsbetriebe, da die erforderlichen Qualifizierungsseminare der Innungen mangels Teilnehmer nicht stattgefunden haben. Für das noch junge Jahr hoffen wir hier auf eine aktivere Beteiligung der SHK Branche.

 


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