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Wie viel Solarwärme kommt noch an?

Teil 2

Dr. Rolf Meißner

Der zweiteilige Artikel behandelt die Frage, wie viel Trinkwasser aus verschiedenen Funktionstypen von Kombispeichern bei gleichem Solarwärmeinhalt und gleichen Ausgangsbedingungen maximal gezapft werden kann, ohne dass die Nachheizung bemüht werden muss. Teil 1 ist in der IKZ-ENERGY 2/2009 erschienen.

 

Physikalische Modellierung
Die folgenden Modelle greifen nur auf einfache Zusammenhänge wie den Energieerhaltungssatz und die physikalischen Unterschiede zwischen Gegenstrom- und Gleichstromwärmetauschern zurück. Der komplizierte Vorgang Konvektion wird nicht im Detail, sondern ideal und in seinem sofort wirksamen Ergebnis betrachtet.

Darüber hinausgehende Stoff- und Wärmevermischungseffekte durch Thermodiffusion, vertikale Wärmeleitung sowie durch Verwirbelungen werden vernachlässigt. Der Mischautomat sei mathematisch ideal. Wärmeverluste werden ignoriert.

Der Zapfvolumenstrom wurde in jedem Fall mit ca. 12 l/min sehr moderat angenommen, er soll bei den Berechnungen keine Rolle spielen. Es sei aber betont, dass seine Erhöhung die Ergebnisse außer bei den Speichern 1, 4 und 6 verschlechtern würde. Allerdings wirkte sich diese Verschlechterung bei den Speichern mit Gleichstromwärmetauschern (5, 7 und 8) wesentlich heftiger aus als bei denen mit Gegenstromwärmetauschern (2 und 3).

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Es handelt sich konsequent um eine ­positive Abschätzung „nach oben“. Jeder der vernachlässigten Effekte verschlechtert in Wahrheit das Ergebnis. Das betrifft prinzipiell alle acht Kombispeicherklassen. Auch die im letzten Absatz (sie­he IKZ-ENERGY 2/2009, Seite 28 ff.) bereits erwähnte (unrealistische) Vereinfachung, dass V’zapf konstant ist, dafür aber die Zapfrate am Wasserhahn gemäß dem Mischfaktor sukzessive bis auf V’zapf abnimmt, führt bei allen außer den Speichern 1 und 2 zu einer Aufbesserung des in Wahrheit schlechteren Ergebnisses.

Ebenso liegt bei den Speichern 5 und 8 am Ende der Zapfung auch keine Temperaturschichtung von unten nach oben mit einem linearen, sondern mit einem progressiven Temperaturanstieg vor, was den solaren Pufferwirkungsgrad ebenfalls weiter einschränkt.

Folgende Parameter werden verwendet:

ΔT↑↓ Differenz TSP-Zapftemperatur (Tzapf) bei Zapfbeginn, typischer Gegenstrom-WT 5 K
ΔT↑↑ Differenz TSP-Tzapf bei Zapfbeginn, typischer Gleichstrom-WT 10 K
nTiT = VSP/VTiT Größenverhältnis Außen- zu Innentank bei Speicher 4 (Tank-in-Tank) 3
niWT = VSP/ViWT Größenverhältnis Speicherinhalt zum Inhalt des Gleichstrom-WT bei Speicher 5 20
TSP Speichertemperatur bei Zapfbeginn 65 °C
TWW Temperatur nach dem Mischautomaten, bei Tzapf ≤ TWW endet die Zapfung  
TKW Kaltwassertemperatur, bleibt während der Zapfung konstant 10 °C
VSP Speichervolumen 1000 l

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Unbekannt sind die Größen

Tzapf Temperatur nach dem Speicher bzw. vor dem Mischautomaten  
VWW Warmwassermenge, die maximal mit der Temperatur TWW gezapft werden kann  

Im Folgenden sollen die verwendeten Formeln zur Berechnung von TWW für die verschiedenen Kombispeicherklassen vorgestellt werden. Man beachte die hier nur qualitativ erwähnte Abhängigkeit der Warmwassermenge VWW vom Zapf­volumenstrom.

Auswertung
Das Diagramm in Bild 1 zeigt das auf den Referenzspeicher 1 normierte Ergebnis für die Parameter:

VSP
= 1000 Liter
TSP = 65 °C
TWW = 45 °C
TKW = 10 °C
nTiT (4) = 3
niWT (5) = 20
ΔT↑↓ (2, 3)
= 5 K
ΔT↑↑ (4, 5, 6, 7, 8)
= 10 K

Bild 1: WW-­Zapfmenge bei TSP = 65 °C.

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Die Unterschiede sind enorm. Allerdings heißt das nicht einfach, dass die Speicher im selben Maße, wie sie Solarwärme speichern können, auch konventionelle Wärme einsparen. Tatsächlich sind diese Speicher immer in Kombination mit Heizkreisen und mit konventionellen Nachheizungen anzutreffen. Und diese sorgen dafür, dass die zur Warmwasserbereitung notwendige Speichertemperatur TSP möglichst immer bereitgestellt wird.

Wenn TSP sinkt, weil gezapft wird, startet die konventionelle Heizung. Aber die Solarwärme geht dabei ja nicht verloren, sie wird von Speicher 1 bis 8 jedoch in zunehmendem Maße „verhindert“, weil sie mit ziemlich hohen Temperaturen TSP von den Kollektoren zur Verfügung gestellt werden muss und deshalb nur zu immer geringeren Teilen genutzt werden kann. Man bezeichnet das als „Vorwärmung“, weil die konventionelle Nachheizung ebenfalls auf einem von Speicher 1 bis 8 immer weiter zunehmenden Temperaturniveau beginnt.

Diese Ineffizienz schlägt sich vor allem in den Bereitschaftswärmeverlusten des Speichers, der Solaranlage und der konventionellen Heizung im Sommer nieder. Weiterhin verhindert ein einmal geladener Speicher, dass noch mehr Wärme aufgenommen werden kann. Im ungünstigsten Fall geht die Solaranlage für den Rest des Tages in den Stillstand. Insofern gilt für eine Kombi-Solaranlage generell, dass sie umso mehr konventionelle Energie spart, je weniger sie zur Warmwasserbereitung ohne Nachheizung auskommt.

Besonders ungünstig wirkt sich ein kleiner solarer Pufferwirkungsgrad in Kombination mit Flachkollektoren aus, weil deren Wirkungsgrad bei steigenden Temperatur­ansprüchen dramatisch einbricht.

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Das Diagramm in Bild 2 zeigt das Ergebnis bei einem voll geladenen Solarspeicher mit  TSP = 90 °C. Die Referenz 100 % steht jetzt bei einem 1000-l-­Speicher statt für maximal 1571 l mit TWW = 45 °C immerhin für eine absolute Zapfmenge von 2286 l.

Prozentual verbessert sich der solare Puffernutzungsgrad bei höherer Ladetemperatur bei allen acht Speichern jedoch nicht signifikant.

Bild 2: WW-­Zapfmenge bei TSP = 90 °C.

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Mathematische Modelle
Nun stellt sich abschließend die Frage, warum diese Unterschiede nicht auch deutlich in den Simulationsergebnissen marktüblicher Programme erscheinen. Dies ist nicht zu erwarten, solange die Stillstands- und Bereitschaftsverluste immer wieder klein gerechnet werden. Es gibt auch erst für ganz wenige Kombi­speicher wirklichkeitsnahe mathematische Modelle. Für viele Anbieter von Kombi­speichern wäre es wenig attraktiv, wenn ihre Speicher realistischer abgebildet würden, ganz abgesehen davon, dass sie für diese Modellierung auch noch sehr viel bezahlen müssten.

Eine dynamische Modellierung eines komplizierten Kombispeichers, in deren Ergebnis auch noch die individuelle Kesseleinschalthäufigkeit herauskäme, würde die Rechenzeit einer Jahressimulation gewaltig erhöhen. Jahressimulationen mit wissenschaftlichen Programmen wie TRNSYS oder COLSIM rechnen daran einige Stunden und kosten auch dementsprechend viel. Das wäre für den „Hausgebrauch“ inakzeptabel.

Die Unterschiede im solaren Pufferwirkungsgrad korrelieren auch weder mit den Preisdifferenzen zwischen den verschiedenen Kombispeicherklassen noch mit deren Marktanteilen – ein deutlicher Beweis für die Dominanz von Marktmacht und starkem Marketing.

Dr. Rolf Meißner.

 


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