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Vision oder Marketingtrick?

Communities, Clouds & Flats: Solarstromspeicher und Reststromversorgung im Paket

Das Thema Eigenstromversorgung findet in immer mehr Haushalten Anklang. Der Absatz von Solarbatterien boomt. Nun treten die ersten Gerätehersteller mit Zusatzleis­tungen am Markt auf und versprechen die Strom-Vollversorgung über neuartige Geräte-Stromprodukt-Konzepte. Ist das der alternative Weg in die von immer mehr Kunden gewünschte Unabhängigkeit von klassischen Energieversorgern? Bild: Sonnen

Mit Solarbatterien lässt sich der Eigenverbrauchsanteil von selbst erzeugtem Solarstrom von 30 auf etwa 70 % verdoppeln. Das bedeutet aber auch Bezug von Reststrom, um die Deckungs­lücke zu füllen. Es gibt immer mehr Angebote am Markt, die genau darauf abzielen und die dem Kunden versprechen, nicht nur günstigen Reststrom zu beziehen, sondern gleichzeitig auch den Nutzwert der Batterie und der Solaranlage zu erhöhen. Diese sollte man sich genau anschauen. Bild: Deutsche Energieversorgung

Wohin mit dem selbst erzeugten Strom, wenn die Batterie voll geladen ist und im Haus der Strom nicht verbraucht werden kann? Die neuen Konzepte liefern dazu Antworten: zum Beispiel auf den eigenen virtuellen Stromspeicher wie bei der „Senec Cloud“. Bild: Deutsche Energieversorgung

Schematische Darstellung der Funktionsweise der „Senec Cloud“: Überschüsse selbst erzeugten Stroms (zum Beispiel im Sommer) werden in der Cloud geparkt und bei Bedarf (wenn Unterversorgung besteht, zum Beispiel im Winter) aus dieser wieder „herausgeholt“. Das ist natürlich idealisiert, denn natürlich handelt es sich nicht um genau den Strom, der zum Einparken ins Netz eingespeist wurde. Bild: Deutsche Energieversorgung

Die „Senec Cloud“ verspricht dem Kunden, dass er über den Kunstgriff virtueller Stromspeicher die 30 % Reststrom, die er mit seinem PV-Batterie-System sonst nicht mehr abdecken könnte, dann abdecken kann. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Speicher-Kapazitätserweiterung. Zum Nulltarif gibt es die 100-%-Autarkie aber nicht. Bild: Deutsche Energieversorgung

Die neuen Produkte sollen über sehr anschauliche Bilder dem Kunden kommuniziert werden, wie zum Beispiel bei Sonnen. Das ist eine Gratwanderung, denn real existiert dieser direkte Stromtausch zwischen Mitgliedern in der Community nicht, sondern nur bilanziell. Wenn hervorgerufene Bilder revidiert werden müssen, könnte es Misstrauen beim Interessenten erzeugen. Andererseits muss es solche Bilder geben, um eine Vorstellung von den neuen Produkten zu vermitteln. Bild: Sonnen

„Wir verfolgen nicht das Ziel, das Netzwerk bilanziell selbst zu versorgen. Wir optimieren die Erzeugungs-, Speicher- und Verbrauchsmengen untereinander“, sagt Henrik Schapp, Sprecher der Beegy GmbH, zum Konzept des Mannheimer Unternehmens, das zu dem Zweck gegründet wurde, Endkunden Solarpakete plus den Reststrom aus einer Hand zu liefern.“ Bild: Beegy

 

Die Selbstversorgung mit Solarstrom wird immer beliebter und folglich boomt das Geschäft mit Solarstromspeichern. Hier gibt es ­einen neuen Trend unter den Geräteherstellern, zum Akku noch Reststrom zu liefern. Ein Rundum-Sorglos-Paket mit dem Versprechen totaler Stromautarkie. Es ist auf jeden Fall eine Marketingstrategie, um mehr Solarbatterien zu verkaufen. Vielleicht steckt aber auch mehr dahinter.

Derzeit tun sich zwei Marktführer unter den Solarstromspeicher-Herstellern mit diesem neuen Geschäftsmodell hervor: die Deutsche Energieversorgung (Senec) und die Sonnen GmbH. Neu ist, dass die beiden Unternehmen nicht mehr allein Solarakkus verkaufen. Sie offerieren ihren Kunden zusätzlich die Möglichkeit, die Strom-Deckungslücke, die trotz Maximierung der Eigenbedarfsdeckung mithilfe der Batterie immer bleibt, zu schließen. Und zwar indem sie den Kunden den verbleibenden Reststrom liefern. Verbunden ist das Angebot mit einer ganzen Reihe zusätzlicher Serviceleistungen. Die beiden Gerätehersteller sind damit auch zu Stromlieferanten geworden. Bei der Deutsche Energieversorgung heißt das Produkt „Senec Cloud“, bei Sonnen heißt es „Sonnen Community“.
Die beiden Unternehmen kommunizieren dabei in bewusster Anlehnung an die bekannten Internet-Begriffe Cloud und Community. Genauso, wie die beiden Begriffe für verschiedene Sachverhalte im Internet stehen, sind auch die beiden Bilder verschieden, welche Sonnen und die Deutsche Energieversorgung in den Köpfen der Kunden entstehen lassen wollen: Cloud bezeichnet einen ortsfernen Speicher, auf dem man seine Daten ablegen kann und auf den jeder Berechtigte von überall aus zugreifen kann – bei der Deutschen Energieversorgung ist es Strom. Das kommunizierte Bild ist, dass die „Senec Cloud“ wie ein Konto für Strom funktioniert: „Solarstrom, den der Kunde nicht selbst verbrauchen oder speichern kann, wird in der Cloud zwischengespeichert. Benötigt der Kunde zu einem späteren Zeitpunkt mehr Strom als er selbst erzeugt, kann er diesen wieder aus der Cloud beziehen“, erläutert Claudia Mähler, Marketingleiterin bei der Deutschen Energieversorgung. Kunden könnten auf diese Weise zu 100 % ihren selbst erzeugten Strom nutzen, „indem sie im übertragenen Sinne gesprochen im Sommer ihren Überschuss einfrieren und im Winter bei Bedarf wieder auftauen können.“
Das Modell der Senec-Cloud unterscheidet sich deutlich von der Sonnen-Community: Besitzer von Sonnen-Akkus werden zu einer Gemeinschaft zusammengefasst, die sich mit selbst erzeugtem Strom gegenseitig aushilft. Um das zu erreichen, speisen die Mitglieder der Gemeinschaft Photovoltaik-(PV)-Strom, den sie zu einem Zeitpunkt weder direkt verbrauchen noch in der eigenen Batterie parken können, in einen virtuellen Pool ein. Dort können ihn andere Mitglieder nutzen. Statt die Überproduktion eigenen PV-Stroms also anonym ins Netz zu speisen, wo er schließlich im deutschen Strommix „vergraut“, erhält der Überschuss sozusagen einen konkreten Adressaten: Er fließt zu einem anderen Mitglied in der Community. Sonnen nennt das „Strom mit anderen teilen“.

Nicht direkt, sondern bilanziell
Natürlich kann ein direkter Tausch von Strom unter Mitgliedern einer Gemeinschaft, die über das ganze Land verteilt leben, nicht praktiziert werden. Und natürlich ist das Bild von der Cloud idealisiert, denn es handelt sich nicht um genau den Strom, der zum Einparken ins Netz eingespeist wurde. Wenn ein Mitglied der Cloud oder der Community Strom benötigt, kaufen die beiden Unternehmen wie jeder andere Händler die fehlende Menge zu: „Decken Senec-Kunden bei Bedarf ihren Strombedarf über die Cloud, erhalten sie von uns Ökostrom“, gibt Claudia Mähler, Marketingleiterin bei der Deutsche Energieversorgung, Auskunft. Auch bei Sonnen läuft das so. „Strom-Austausch ist natürlich immer bilanziell und nutzt die bestehende Netz-Infrastruktur. Technisch gesehen ist die „Sonnen Community“ ein Bilanzkreis. Das heißt, die Mitglieder speisen die Menge Strom ein, die von den anderen Mitgliedern auch verbraucht wird“, sagt Matthias Bloch, Sprecher der Sonnen GmbH.
Die Mitgliedsvoraussetzungen sind der Kauf (oder bereits Besitz) einer PV-Anlage, der Kauf eines Stromspeichers beim anbietenden Unternehmen und die Zahlung einer vertraglich vereinbarten Mitglieder-Monatsgebühr. Bei der Deutschen Energieversorgung ist die Beitragshöhe abhängig vom Paket, das sich über den erwarteten Jahresstrombedarf definiert. So beginnt der Monatsbeitrag beim kleinsten Paket „S“, das einen erwarteten Stromverbrauch von bis zu 3200 Kilowattstunden (kWh) abdeckt, mit 16,95 Euro und steigert sich über die Pakete M und L bis zum Paket XL (6001 bis 8500 kWh) auf maximal 34,95 Euro. Alle Beiträge sind inkl. Mehrwertsteuer. Sowohl PV-Neuanlagenbesitzer können also Mitglieder werden als auch Batterie-Nachrüster. Die Kapazität der Batterie sowie die Größe der PV-Anlage werden anhand des erwarteten Stromverbrauchs bestimmt. Sonnen und Deutsche Energieversorgung vertreiben ihre Batterien über Partnerbetriebe, die die Batterien auch installieren. Sie sind es auch, die gegebenenfalls für die PV-Anlage sorgen, was zugleich auch bedeutet, dass der Kunde beim Kauf der PV-Anlage nicht an eine bestimmte Marke gebunden ist, sondern unter den Herstellern auswählen kann, die der Vertriebspartner ihm anbietet.

Kein einfaches Rechenexempel
Bei der Deutschen Energieversorgung ist mit dem Jahresbeitrag die gesamte Strommenge des gewählten Pakets abgedeckt. Wird mehr Strom benötigt als im Paket enthalten ist, werden 13 Cent/kWh fällig – bis zu der Menge, die das Mitglied selbst an Strom in die Cloud eingespeist hat. Darüber dann noch hinaus gehender Bedarf wird mit 29 Cent/kWh abgerechnet. Angenommen also, ein Haushalt deckt mithilfe einer Batterie ausreichender Kapazität und einer PV-Anlage entsprechend dimensionierter Leistung 70 % seines Strombedarfs durch Eigenerzeugung selbst ab. Der Jahresbedarf belaufe sich auf 4300 kWh, er würde also das Cloud-Paket „M“ wählen (erwarteter Stromverbrauch 3201 bis 4500 kWh). Dann würde er einen monatlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 19,95 Euro zahlen, das entspricht einem Jahresbeitrag von 239,40 Euro. Von den 4300 kWh deckt er 70 % selbst ab (3010 kWh), er müsste aus der Cloud noch 1290 kWh beziehen.
Er zahlt folglich pro kWh Strom aus der Senec Cloud 18,56 Cent (Reststrommenge geteilt durch Jahresbeitrag), wenn er im Paket bleibt. Die Deutsche Energieversorgung empfiehlt beim Paket „M“ 6 kWp als PV-Anlagengröße, sodass davon auszugehen ist, dass der Haushalt pro Jahr 6000 kWh Solarstrom produziert, von dem er aber nur die Hälfte selbst verbraucht. Die andere Hälfte fließt in die Cloud – bei 3000 kWh ein komfortables Schutzpolster für den Fall, dass der Stromverbrauch die Menge des gebuchten Pakets übersteigt und dann der Preis von 13 Cent/kWh greift. Allerdings tritt der Haushalt auch die Einspeisevergütung für den ins Netz eingespeisten Strom an die Deutsche Energieversorgung ab. Zwar erhält der Kunde von Senec die Vergütung gutgeschrieben für seine Produktionsmenge. Aber nur für die Menge, die seinen Reststrom-Verbrauch übersteigt. Die Vergütung beträgt derzeit bei neuen Anlagen 12,31 Cent.

Was mit der Einspeisevergütung passiert
Im Beispielfall sind auf die 1290 kWh also noch 12,31 Cent/kWh draufzuschlagen, sodass die kWh Reststrom im Paket „M“ den Kunden 30,9 Cent kosten würde (18,56 Cent + 12,31 Cent). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass keine weitere monatliche Grundgebühr anfällt. Wichtig in Bezug auf die Einspeisevergütung: Ältere PV-Anlagen, die eine höhere Einspeisevergütung erhalten, würden im gewählten Beispiel einen höheren Preis pro kWh zahlen. Und: Je weniger der Haushalt Strom aus dem ihm eingeräumten Senec Cloud-Paketpuffer in Anspruch nimmt, desto höher ist der dafür zu zahlende spezifische kWh-Preis, da der Kostenfaktor Mitgliedsbeitrag ja eine Konstante ist. Also im Zweifelsfall das kleinere, dann knapp bemessene Paket wählen und ggf. zuzahlen? Es ist ein nicht ganz so einfaches Rechenexempel.
Bei der „Sonnen Community“ (Monatsbeitrag 19,99 Euro) dagegen kostet jede kWh Strom 23 Cent (bis zu einer Menge von 2000 kWh, ab 2001 kWh steigt der Preis auf 25,9 Cent/kWh). Auch hier das Fallbeispiel von oben mit 1290 kWh Extra-Strombezug im Jahr: Man käme hier auf einen Preis von 41,60 Cent/kWh (Jahresbeitrag 239,88 Euro + 1290 x 0,23 Euro = 536,58 Euro).
Im Monatsbeitrag ist allerdings nicht nur der Strom enthalten, sondern mehr: „Mitglieder erhalten z. B. einen Rabatt von 1875 Euro auf den Kauf einer PV-Batterie. Außerdem können sie kostenlos an der „Sonnen Flat“ teilnehmen“, sagt Matthias Bloch.

Flat ist keine echte Flat
Wer an dieser Flat teilnimmt, dessen Preiskarten werden neu gemischt. Der Kunde kann zwischen drei verschiedenen Paketen wählen, die folgenden, in Klammern angegeben kWh-Zahlen sind der Wert, der jährlich maximal frei ist – nämlich jeweils die Summe aus Eigenstromabdeckung plus bezogenen Reststrom: Flat 4250 (max. 4250 kWh), Flat 5500 (max. 5500 kWh) und Flat 6750 (max. 6750 kWh).
Mit der im Fallbeispiel gewählten Menge von 4300 kWh lässt sich beispielhaft aufzeigen, welche „Folgen“ es hat, wenn ein Kunde einen höheren Stromverbrauch hat, als es das Paket hergibt. Bei Sonnen käme ein Kunde nur dann in die Flat 4250, wenn sein erwarteter Verbrauch tatsächlich in diesem Rahmen liegt. Läge er bei einer Prognose darüber, würde Sonnen ihn direkt in die Flat 5500 einordnen (was aber mit einem größeren Speicher und mehr PV-Fläche verbunden wäre). Landet der Kunde am Ende statt bei 4200 tatsächlich bei 4300 kWh, würde das also die Flat 4250 um 50 kWh übersteigen, dann würden allerdings die 23 Cent/kWh greifen. Unterm Strich sähe in einer Zwischenrechnung das Fallbeispiel dann wie folgt aus: 239,88 Euro Jahresbeitrag plus 11,50 Euro für den das Paket übersteigenden Reststrom, macht 19,44 Cent/kWh. Ein auch dann noch tatsächlich niedriger Preis. Wie ist das möglich?
Die Flat ist eine neue Leistung innerhalb der „Sonnen Community“. „Damit vernetzen wir mehrere Tausend Batterien zu einem virtuellen Pool, der Primär­regelleistung bereitstellen kann. Dafür erhalten wir eine Vergütung, die wir an unsere Kunden in Form von 0-Euro-Stromkosten weitergeben“, erläutert Bloch die Konstruktion. Die Mitglieder der Community bezahlen im Gegenzug also den Preis, dass sie über die Flat mit ihrem Speicher in den Regelenergiemarkt eintreten. Dafür müssen sie einen kleinen Teil der Speicherkapazität ihrer Batterie für wenige Minuten in der Woche für dieses virtuelle Regelenergie-Kraftwerk bereithalten. Im Gegensatz zur „Senec Cloud“ wird die Einspeisevergütung nicht an das Unternehmen abgetreten. Damit erhält auch derjenige weiter seine höhere Einspeisevergütung, der eine ältere PV-Anlage hat. Wie vorher auch, erhalten die Einspeiser ihre Vergütung vom Netzbetreiber. Die Flat ist laut Sonnen monatlich kündbar, die Teilnahme nicht zwingend. Ein Kunde kann also auch nur Mitglied der „Sonnen Community“ werden.

Bisher gute Resonanz
Die Konzepte erleben gute Resonanz. „Nahezu jeder neue Sonnen-Batterie-Kunde wird auch Mitglied der Community“, berichtet Matthias Bloch, „das ist für uns ein klares Anzeichen, dass die Community sehr attraktiv ist und den Nutzen einer PV-Batterie klar erhöht“. Derzeit habe die Community rund 3000 Mitglieder. Ein Grund sicherlich: Jeder Kunde erhält mit Eintritt in die Community einen Rabatt von 1875 Euro auf eine Batterie. Er bindet sich im Gegenzug aber lediglich für zwei Jahre vertraglich (Mindestvertragslaufzeit), was nur zwei Jahresbeiträge à 239,88 Euro nach sich zieht.
Das Primärziel wurde offenbar erreicht: Mehr Batterien verkaufen und Kunden noch besser binden. „Wir konnten die Verkaufszahlen im Jahresvergleich mehr als verdoppeln, was allerdings auch damit zu tun hat, dass wir viele neue Partner gewonnen haben, welche die „Sonnen-Batterie“ vertreiben“, sagt Bloch. Ein ähnliches Zwischenergebnis gibt es bei der Deutschen Energieversorgung: „Bei unseren Neukunden entscheiden sich etwa 70 % für die Teilnahme an der „Senec Cloud“. Von der hohen Nachfrage sind wir positiv überrascht und sind zuversichtlich, dass wir damit unsere Marktposition weiter ausbauen werden“, sagt Claudia Mähler. Mehr als 2000 Speicherbetreiber nähmen bereits an der „Senec Cloud“ teil.

Gibt Erfolg Recht?
Sind die neuen Clouds und Communities also nicht nur ein Marketing- und Verkaufsvehikel für die Batterien der Hersteller, sondern auch eine echte Vision für den Endkunden, sich von steigenden Energiepreisen abzunabeln, sich selbst mit Strom zu versorgen und den Rest statt von großen Energieversorgern von einem überschaubaren Kreis zu erhalten, der sich der Energiewende verschrieben hat und der technischen Innovation? Bemerkenswert ist jedenfalls, dass sich andere Gerätehersteller bei diesem Thema (noch) zurückhalten und auch mit Kritik an solchen Konzepten nicht sparen. „Nein, derzeit bieten wir eine solche Kombination nicht an“, sagt Thomas Neumann, Geschäftsführer beim Speicherhersteller Q3-Energie („QBatt“). „Es gab hierzu natürlich bereits vor längerer Zeit Überlegungen und auch erste Gespräche mit kleineren regionalen Versorgern. Wir kamen aber zu dem Schluss, aktuell keine solche Lösung anzubieten“, sagt er. „Aus unserer Sicht sind Alleingänge einzelner Hersteller in diesem Bereich eher als Marketinginstrument zu sehen als wirklich eine Implementierung von geplanter intelligenter Dezentralisierung der Stromversorgung.“ Wirtschaftlich gesehen suggerierten die Kombiangebote den Speicherkunden natürlich einen Vorteil, so Neumann. „Dennoch würde ich dem Kunden raten, sich die Angebote genau anzusehen und letztlich auch für sich selbst zu entscheiden, ob diese für ihn auch mittel- und langfristig die richtige Lösung sind“, rät er und gibt zu bedenken: „Wenn zum Beispiel in den nächsten Jahren eine Institution hierzu eine deutschlandweite Vermarktung von dezentral gespeicherter Energie anbietet, welche unter Umständen deutlich lukrativer ist, kann dann ein jetzt etwas vorschnell geschlossener Vertrag mit einer entsprechenden Community gekündigt werden? Ist diese dann immer noch wirtschaftlich?“ Q3 jedenfalls will sich auf die Energieverteilung im Gebäude konzentrieren unter Einbeziehung von Verbrauchern, auch im Bereich von Wärme.
Ähnlich sieht es Detlef Neuhaus, Geschäftsführer beim Photovoltaik- und Batteriehersteller Solarwatt („MyReserve“): „Wir beobachten den Markt permanent und analysieren sowohl national als auch international neue Geschäftsmodelle. Wir haben aber bisher kein Modell gefunden, bei dem wir einen wirklich nachhaltigen Mehrwert sehen. Dementsprechend sind wir hier sehr zurückhaltend. Wir fragen uns, wo der Nutzen für den Endverbraucher liegt, wenn er sich durch Abonnements in neue Abhängigkeiten begibt. Wer auf Eigenstromversorgung umstellt, den reizt unserer Meinung nach gerade die größere Unabhängigkeit vom Strommarkt.“ Die Deutsche Energieversorgung betont dagegen, dass der Kunde den „Senec Cloud“-Vertrag jährlich kündigen kann. „Ändert sich der Strombedarf des Kunden, kann dieser sogar monatlich in ein anderes Paket wechseln. Zudem sichern wir unseren Cloud-Teilnehmern eine eingeschränkte Preisgarantie zu“, sagt Senec-Sprecherin Claudia Mähler.

Schuster bleib’ bei Deinen Leisten?
Neuhaus glaubt, dass der Schlüssel für die wirtschaftlich sinnvollste Nutzung von Sonnenenergie derzeit in der Optimierung des Eigenverbrauchs liegt und nicht in der Optimierung des Strombezugs oder der Stromeinspeisung: „Deswegen konzentrieren wir uns auf unsere drei Kernkompetenzen, die den Eigenverbrauch optimieren: Strom erzeugen, Strom managen und Strom speichern. Nur so bekommt man eine Lösung, die sich für den Endkunden wirklich rechnet“, resümiert er. Hat also der alte Spruch Gültigkeit: Schuster, bleib’ bei Deinen Leisten? Sollten sich Gerätehersteller auf die Herstellung von Batterien konzentrieren sowie auf die Optimierung des Eigenverbrauchs und den Strommarkt denen überlassen, die in der Stromlieferung ihre Kernkompetenz besitzen, nämlich den Energieversorgern? Clouds und Communities bieten vielen Kunden offenbar einen – wie auch immer gearteten – Mehrwert, denn sonst wäre die Resonanz aktuell wohl nicht so groß. Der mag auch darin gesehen werden, dass das Gefühl vermittelt wird, akut nicht benötig­ten eigenen Strom für spätere Zeiten in einer Cloud parken zu können oder Mitglied in einer Gemeinschaft zu sein, die sich mit selbst produziertem Strom untereinander aushilft. Das sind zwar schöne Visionen, aber eben keine echten Realitäten. Definitiv gilt es, die Produkte gründlich zu prüfen, was hinter den jeweiligen Aussagen tatsächlich steckt und ob es Fußangeln gibt. Definitiv ist aber auch zu sagen, dass sie einen gewissen Charme ausstrahlen. „Wir sehen die Entwicklung so, dass Speicher über kurz oder lang ein Commodity-Produkt werden. Der Mehrwert ergibt sich über zusätzliche Dienstleistungen. Hier bieten wir gerade ganz neue Geschäftsmodelle an, die den Mehrwert eines Batteriespeichers deutlich erhöhen“, sagt Bloch. Ob das so kommen wird, wird man wohl abwarten müssen. Festzustellen ist, dass das Beispiel Schule macht. Jüngst gab ein weiterer Speicherhersteller E3/DC bekannt, seinen Kunden eine „kostenneutrale Ener­gieversorgung“ anzubieten. Bei E3/DC heißt das „Zero“.

Autor: Dittmar Koop

 

 

Nachgefragt

Mittlerweile werden auch Joint Ventures gegründet, um dem Endkunden Solarpakete plus den Reststrom aus einer Hand zu liefern. Die Beegy GmbH aus Mannheim ist so ein Beispiel. Sie ist ein Joint Venture unter anderem des Energieversorgers MVV ­Energie AG (Mannheim) und des Großhändlers BayWa r.e. (München). Beegy selbst stellt keine Geräte her. Angeboten werden Produkte – Solarmodule, Batterie, Ladestation – in Kombination mit Dienstleistungspaketen – Community, Flatrate, Garantien. Wir sprachen mit Beegy-Sprecher Henrik Schapp über das Konzept.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Herr Schapp, wie viele Kunden sind schon in Ihrer Community?
Henrik Schapp: Wir haben einige Hundert Kunden, die automatisch Teil der Community werden. Speicher sind aktuell sehr gefragt, auch bei „Nachrüstern“.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Wie waren die Speicherverkaufszahlen vorher, als es die Community noch nicht gab?
Henrik Schapp: Es gab keine Community, bevor wir Speicher angeboten haben. Wir haben die Beegy-Community, PV-Anlagen und Speicherlösungen zum gleichen Zeitpunkt auf den Markt gebracht.

IKZ-HAUSTECHNIK:
In der Community kann ja kein direkter Tausch von Strom stattfinden, auch wenn das oft so suggeriert wird. Was für Strom wird von Beegy zugekauft, um den Reststrombedarf eines Kunden zu decken?
Henrik Schapp: Beegy kauft Reststrom zu 100 % aus österreichischen Wasserkraftwerken zu.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie viel Speicherkapazität und Erzeugerleistung muss in einem Netzwerk vorhanden sein, damit es sich bilanziell selbst versorgen kann?
Henrik Schapp: Wir verfolgen nicht das Ziel, das Netzwerk bilanziell selbst zu versorgen. Wir optimieren die Erzeugungs-, Speicher- und Verbrauchsmengen untereinander. Bei Unterdeckung wird Reststrom durch Beegy zur Verfügung gestellt. In diesem Sinne versteht sich Beegy ebenso als Teil der Community.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was passiert mit der Einspeisevergütung, wenn ein Community-Mitglied Strom erzeugt, ihn nicht benötigt, seine Batterie voll ist und er folglich „in die Community“ also ins Netz den Strom einspeist?
Henrik Schapp: Bei unserem Service-Paket „BeegyLIVE“ tritt der Kunde seine EEG-Vergütung an uns ab. Er bekommt dafür umgekehrt, wenn der Speicher leer ist, aus der Community bzw. durch Reststromlieferung im Rahmen der Stromflat­rate unbegrenzt Strom zur Verfügung gestellt. Unterm Strich zahlt der Kunde bei Beegy für die Investition in seine Anlage, umgelegt auf die Laufzeit von 20 Jahren sowie die monatliche Servicegebühr, nicht mehr als er bislang bei seinem Stromanbieter als monatlichen Abschlag entrichtet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die EEG-Vergütungen sind ja auch je nach Inbetriebnahmezeitpunkt der Anlage verschieden hoch – wie wird diesem Umstand geschuldet oder können keine Bestandsanlagen in das Beegy-Konzept eingebunden werden?
Henrik Schapp: Wir kalkulieren die Service-Gebühr „BeegyLIVE“ für jeden Kunden individuell auf Basis seiner Anlagenkonfiguration (kWp der PV-Anlage, Batteriespeicher ja/nein), seines aktuellen Stromverbrauchs und seines Standortes. Dadurch können wir größere Änderungen der EEG-Vergütung in unserer Kalkulation entsprechend berücksichtigen. PV-Bestandskunden können einen Batteriespeicher nachrüsten und sind dadurch mit in der Community. Dabei kann es sein, dass der an Beegy abzutretende EEG-Vergütungssatz höher ist als die aktuelle Vergütung. Dafür gibt es aber alle Serviceleistungen inklusive der Flatrate für volle 20 Jahre.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was beinhaltet diese Flatrate?
Henrik Schapp: In dem Paket ist neben der Flatrate für die Reststromlieferung auch eine 20-Jahresgarantie auf alle verbauten Komponenten, Zugang zu Webportalen und mobilen Apps und ein technisches Monitoring enthalten. Die Flat­rate ist eine „echte“ Flatrate, das heißt, der Kunde kann jeweils im Rahmen eines Jahres beliebig viel Strom verbrauchen. Es erfolgt keine Nachbelastung am Jahresende. Nur bei extremen Veränderungen im Stromverbrauch gegenüber dem Vorjahr passen wir die Servicegebühr für die Zukunft – nicht rückwirkend – an. Und zwar nach oben oder unten, sollte der Kunde mehr oder weniger als bislang verbrauchen. Der Verbrauchskorridor beträgt +/- 20 %. Liegt der Kunde innerhalb des Korridors, bleibt seine Servicegebühr unverändert.

Die Fragen stellte Dittmar Koop

 


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