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Verdeckte Angebote statt Rückwärtsauktionen - Auftragsportale im Internet versuchen, sich auch im SHK-Handwerk zu etablieren

Schnelle und lukrative Aufträge, viele Neukunden und eine Internet-Seite zur Darstellung von eigenen Kompetenzen – die Versprechen von Auftragsportalen klingen für SHK-Handwerker verlockend. Anbieter wie My Hammer, Blauarbeit und Quotatis vermitteln monatlich zusammen rund 90.000 Aufträge – und arbeiten intensiv daran, das schlechte Image der Rückwärtsauktionen hinter sich zu lassen.

Rund 21.500 laufende Ausschreibungen sind ständig bei Blauarbeit zu finden, darunter über 600 aus den Bereichen Gas, Wasser und Heizung. Bild: Portal United AG/Blauarbeit.de

Als Marktführer unter den Auftragsportalen wirbt My Hammer mit dem Slogan „Handwerker mit Profil“. Bild: My Hammer AG

Das nach eigenen Angaben größte europäische Anfragenportal Quotatis vermittelt jährlich rund 100.000 Auftragsanfragen an Handwerker. Bild: Quotatis GmbH

Ausschreibung bei www.my-hammer.de: SHK-Handwerker kalkulieren ihr Angebot anhand der Auftragsbeschreibung und können ein Gebot abgeben. Bild: My Hammer AG

Auftragsportale sind ihm zu unpersönlich: Gas- und Wasserinstallationsmeister Jörg Troegel aus Bremen setzt auf Kundennähe. Bild: Jörg Troegel

Das Profil von Sanitärmeister Matthias Schellenbach aus Berlin bei www.my-hammer.de. Bild: My Hammer AG

Tabelle: Stand 01.06.2013. Alle Angaben ohne Gewähr.

 

Auftragsportale im Internet sind längst kein Minderheitenphänomen mehr: Allein bei My Hammer (www.my-hammer.de) haben sich mehr als 1 Mio. Mitglieder registriert, ein Fünftel davon sind Handwerksbetriebe und Dienstleister. Monatlich steuern mehr als 700.000 Besucher die Auftragsplattform an, um Aufträge zu suchen oder zu vergeben. Das Portal Quotatis (www.quotatis.de) verzeichnet jährlich rund 100.000 Auftragsanfragen im Bereich Handwerk, das Auftragsvolumen dort liegt im selben Zeitraum bei rund 2 Mio. Euro.
Viele Jahre mussten sich Auftragsportale im Internet den Vorwurf des Preisdumpings gefallen lassen: In der Anfangszeit konnten sich Handwerker bei klassischen Rückwärtsauktionen gegenseitig unterbieten, meist bekam am Ende der Günstigste den Zuschlag. Doch dieses Image versuchen die großen Auftragsportale immer mehr abzustreifen: Bei den meisten gibt es schon lange keine Rückwärtsauktionen mehr.

Wichtig: Qualifikationen und gute Bewertungen

Diese Veränderungen wertet Sanitärmeister Matthias Schellenbach positiv. „Ich habe My Hammer im Jahr 2007 zum ersten Mal ausprobiert. Damals war das Portal noch ganz anders als heute: Es gab Rückwärtsauktionen und viele Kunden haben sich in Baumärkten günstig Material gekauft, das ein Handwerker dann einbauen sollte“, erinnert sich der Inhaber des Familienbetriebs MP-Haustechnik in Berlin. „Deshalb habe ich damals erst mal nur beobachtet – und Kunden mit ähnlichen Anfragen geraten, sie sollen mal in ein Restaurant gehen und den Koch bitten, ein selbst mitgebrachtes Stück Fleisch anzubraten.“
Schellenbach hat heute die Verantwortung für zwei Angestellte und übernimmt hauptsächlich Aufträge im Bereich Sanitär und Heizung, ist aber auch Fachmann für Solaranlagen. Deshalb verfolgte er die Entwicklung von My Hammer mit gro­ßem Interesse. „Heute gibt es kaum noch Schnäppchenkunden, weil sich My Hammer in den letzten Jahren deutlich zum Besseren entwickelt hat: 90% der Kunden wissen, dass gute Arbeit auch Geld kostet. Jetzt zählen vor allem Qualifikationen und gute Bewertungen. Kunden suchen über My Hammer fähige Handwerker, denen sie vertrauen können.“
Aber es gibt auch andere Meinungen. Jörg Troegel, Gas- und Wasserinstallationsmeister aus Bremen, ist kein Fan von Auftragsportalen. Der stellvertretende Obermeister der Innung SHK Bremen ist seit 1999 selbstständig mit seinem Betrieb Troe­gel Installations- und Haustechnik. „Ich habe mir solche Auftragsportale mal angesehen und ziemlich schnell festgestellt: Das ist nichts für mich“, erklärt der 44-Jährige. „Mir ist das alles zu unpersönlich. Der größte Vorteil des Handwerks kommt dort gar nicht zum Tragen: Nämlich dass wir nicht nur Ware verkaufen, sondern durch Beratung, Planung, Berechnung, Organisation sowie handwerkliche Leistung eine hochwertige Dienstleistung anbieten.“ Fachhandwerker seien eben nicht nur eine anonyme Mail-Adresse, ihr Erfolg hänge von Qualitätsarbeit und dem größtmöglichen Maß an Persönlichkeit ab. Nur dann sei es möglich, Kunden langfris­tig zu binden, sodass diese gar nicht auf die Idee kommen, in Auftragsportalen nach Handwerkern zu suchen.

Kunden können Aufträge frei vergeben

Die grundsätzliche Funktionsweise der Auftragsportale ist heute bei allen Anbietern fast gleich: Meist private, manchmal auch gewerbliche Auftraggeber beschreiben zunächst die zu vergebenden Arbeiten inklusive Rahmenbedingungen und Auftragsort. Aufgrund der Vorgaben können Handwerksbetriebe dann kalkulieren und ein entsprechendes Angebot abgeben. Der Kunde darf am Ende frei wählen, ob und an wen er den Auftrag vergibt: Dies kann entweder der günstigste Anbieter sein, oft aber auch ein Betrieb mit vielen positiven Bewertungen oder besonderen Qualifikationen.
Nur ganz wenige Auftragsportale wie Work 5 (www.work5.de) erbringen ihre Vermittlungsleistungen für Handwerksbetriebe komplett kostenfrei. Trotz dieses scheinbaren Vorteils hat das Portal in den letzten Jahren aber immer mehr an Zuspruch verloren: Gab es dort vor einem Jahr noch ständig um die 150 laufende Ausschreibungen, sind es heute nur noch 10.
Damit haben sich klar die anderen Plattformen durchgesetzt, bei denen Handwerksbetriebe monatliche Gebühren zahlen müssen: Diese reichen von rund zehn Euro monatlich bei Blauarbeit bis hin zu vierstelligen Beträgen bei Quotatis. Bei My Hammer und Blauarbeit im Preis inbegriffen ist ein Eintrag ins jeweilige Branchenbuch. „Bisher nutzen rund 500 SHK-Betriebe My Hammer, um sich dort mit ihren Qualifikationen, Bewertungen und Arbeitsbeispielen zu präsentieren“, erklärt Timo Kirstein, Vorstandsmitglied der My Hammer AG. „Jeder zehnte Auftrag bei uns wird im SHK-Bereich ausgeschrieben.“ Dabei seien nicht nur kleine SHK-Betriebe auf den Auftragsplattformen aktiv: „Die Betriebe spiegeln mit ihren unterschiedlichen Betriebsgrößen ziemlich genau den Gesamtschnitt des deutschen Handwerks wider“, so Timo Kirstein.

Bedürfnisse von Handwerkern im Fokus

Mit einer medienwirksamen „Qualitätsoffensive“ distanziert sich der Marktführer My Hammer seit einigen Monaten vom ehemals schlechten Image: Das Portal will sich jetzt vor allem an den Bedürfnissen von Handwerksbetrieben orientieren. Ein wichtiger Schritt: Dienstleister benötigen für das Mitbieten auf A- und B-Aufträge eine Handwerks- bzw. die Gewerbekarte der örtlichen Handwerkskammer. Preisdumping und Schwarzarbeit sollen so unterbunden werden.
Auch das zuvor obligatorische Feld „Preisvorstellung“ bei Ausschreibungen wurde abgeschafft: Damit verschwand bei My Hammer das letzte Element einer Rückwärtsauktion. Interessierte Handwerker kalkulieren jetzt nur noch anhand der Aufgabenstellung. Die Abgabe von Angeboten erfolgt verdeckt, sodass kein Betrieb sehen kann, zu welchen Preisen die Konkurrenz ihre Leistungen anbietet. Auch bei Blauarbeit sind bei den Ausschreibungen keine Preisvorgaben zu finden und die Angebote erfolgen nicht öffentlich.
Gas- und Wasserinstallationsmeister Jörg Troegel steht Auftragsportalen trotzdem kritisch gegenüber. Aber er sieht auch positive Aspekte, indem er Auftragsportale nicht als Bedrohung empfindet, sondern vielmehr als Anstoß für jeden Handwerker zu zeigen: „Wir vor Ort können das besser! Denn wir sind flexibler, fahren bei unseren Kunden auch mal nach Feierabend vorbei, und bei Problemen erfüllen wir prompt unsere Garantieverpflichtungen. Das alles kann niemand aus dem Internet holen.“ Erst recht nicht, wenn der Handwerker vom Auftragsportal eine weite Anfahrtsstrecke habe. Diese Philosophie vertritt Troegel mit seinem ganzen Betrieb, der vier Angestellte und einen Auszubildenden umfasst. Troegel: „Allen Kunden, die in Auftragsportalen nach Handwerkern suchen, sollte bewusst sein: Wenn der Preis niedrig ist, kann die Leistung nicht über dem Schnitt liegen.“

60% der Aufträge über das Internet

Sanitärmeister Mathias Schellenbach von der MP-Haustechnik (Berlin), der heute auch inselweit auf Mallorca tätig ist, möchte hingegen auf Auftragsportale nicht mehr verzichten: „Aktuell kommen rund 60% unserer Aufträge über My Hammer – und wir sind voll ausgelastet. Dabei kommen viele Anfragen direkt über das Branchenbuch zustande.“ Die Folge: Der Firmeninhaber hat seinen Urlaub gestrichen. „Wir erhalten im Moment pro Tag fünf bis sechs Anfragen von Interessenten, die unser Profil gefunden haben. Hauptsächlich sind wir in der Region Berlin und Brandenburg tätig – wenn der Preis stimmt, aber auch bundesweit.“

Schlussbemerkung

Mit den großen Veränderungen in der Ausrichtung versuchen die Auftragsportale von ihrem schlechten Image wegzukommen. Ob ihnen das tatsächlich gelingt und die Akzeptanz steigt, lässt sich heute noch nicht sagen.


Checkliste: Auftragsportale clever nutzen

1.)    Machen Sie das eigene Anbieter-Profil auf Portalseiten zur kostengünstigen Werbung: Profile werden von Google häufig höher eingestuft als die eigene Webseite.
2.)    Stellen Sie sich in Ihrem Profil professionell dar: Geben Sie Ihren Meistertitel und alle weiteren Qualifikationen an.
3.)    Stellen Sie ein eigenes Porträtfoto in Ihr Profil – am besten eines, das von einem Fotografen gemacht wurde. Profile mit Bildern werden doppelt so häufig angeklickt.
4.)    Bilder sagen mehr als Worte: Laden Sie Bilder von eigenen Arbeitsbeispielen in Ihr Profil.
5.)    Kalkulieren Sie Aufträge genau durch: Leistungen nur mit Gewinn anbieten.
6.)    Setzen Sie sich vorab für Ihre Angebote eine eigene Untergrenze fest, die Sie niemals unterschreiten.
7.)    Fordern Sie eventuell fehlende Auftragsdetails vor einer Angebotsabgabe schriftlich an.
8.)    Fixieren Sie bei Auftragszuschlag alle Angebotsdetails schriftlich und lassen Sie diese vom Auftragnehmer unterschreiben.
9.)    Bestehen Sie bei Materialbestellungen am besten auf eine entsprechende Vorauszahlung.



Autor: Thomas Busch, Fachjournalist

 


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