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Trinkwasser-Erwärmung "just in time" Teil 3: Auslegung von Frischwasser-Systemen nach dem Wärmeschaubild, Ermittlung von Speichergröße und Kesselleistung

Nachdem im 2. Teil die Ermittlung des Wärmebedarfs für die Auslegung von Frischwassersystemen beschrieben wurde, erfolgt im 3. und letzten Teil unserer Artikelserie zur "Frischwassertechnik" die Festlegung von Kesselleistung und Speichergröße. Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten zur Einbindung der FWEs an verschiedene Wärmeerzeuger, kommt der Auslegung des Speichersystems große Bedeutung zu. Im Zentrum steht dabei immer das Wärmeschaubild, das Wärmeangebot und Nachfrage in zeitlichem Zusammenhang gegenüberstellt und eine sichere Aussage über die Bedarfsdeckung ermöglicht.

Bild 1: Der Bemessung der Pufferspeicher kommt bei der Planung von Frischwassersystemen große Bedeutung zu. Das Wärmeschaubild von Wärmeangebot und -nachfrage erlaubt eine sichere Aussage zur Bedarfsdeckung bei der Wahl des Speichersystems.

Bild 2: Wärmeschaubild „kleines Speichervolumen mit kleiner Schalthysterese“.

Bild 3: Wärmeschaubild „großes Speichervolumen mit großer Schalthysterese“.

Bild 4: Bedarfskurve für die Bedarfskennzahl N=10.

Bild 5: Bedarfskurve für die zeitliche Normalverteilung.

Bild 6: Bedarfskurve für eine zeitliche Bedarfssequenz.

Bild 7: Summenlinie der Bedarfsprofile aus den Bildern 4, 5 und 6.

 

Grundsätzlich müssen zur Auslegung von Kesselleistung und Speicherinhalt unterschiedliche Anwendungsfälle Berücksichtigung finden. So kann zunächst in Anlagen zur reinen Trinkwasser-Erwärmung und in Anlagen mit zusätzlicher Bereitstellung von Heizenergie unterschieden werden.
Allerdings kann die erforderliche Kesselleistung für die Trinkwassererwärmung bei Systemen mit Wärmespeichern aus dem Wärmebedarf alleine nicht bestimmt werden, denn zusätzlich spielen das Speichervolumen, die Speichertemperatur und die Nachladefühlerposition eine entscheidende Rolle.

Zur Dimensionierung des Wärmeerzeugers ist daher eine Methode erforderlich, die den Zusammenhang zwischen Wärmebedarf, Zwischenspeicherung und Wärmeerzeugung berücksichtigt. Das Wärmeschaubild stellt hier die geeignete Methode dar.

Heizleistung ermitteln
In Anlagen zur Trinkwassererwärmung und Raumheizung tritt erfahrungsgemäß ein gleichzeitiger Spitzenwärmebedarf für die Raumheizung und Wassererwärmung nicht spürbar auf. Unter Berücksichtigung und Ausnutzung der Gebäudespeicherkapazität wird üblicherweise eine Warmwasser-Vorrangschaltung vorgesehen. Die Unterbrechung der Raumheizung für maximal 2 h erfolgt in den meisten Fällen ohne Komforteinbußen. Ein geringfügiges Absinken der Raumtemperatur wird nach der Speicherbeladung durch höhere Kesselleistung ausgeglichen. Dies ist außer an wenigen Tagen im Jahr, an denen die Außentemperaturen dem Auslegungsfall sehr nahe kommen, ohne Weiteres möglich. So liegt die mittlere Kesselleistung für die Raumheizung bei nur ca. 25 % der Nennheizleistung des Wärmeerzeugers.

Die Auswirkung eines gleichzeitigen Spitzenwärmebedarfs für Raumheizung und Trinkwassererwärmung ist darüber hinaus abhängig von:

  • bauphysikalischen Qualitätsmerkmalen des Baukörpers,
  • Gleichzeitigkeit des Wärmebedarfs in allen Räumen,
  • Art der Trinkwassererwärmungs- und Heizungsanlage.

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Speicherinhalt bemessen
Während die Auslegung des Frischwassererwärmers über die Spitzenleistung relativ eindeutig ist, gibt es viele Möglichkeiten für die Kessel-Speicher-Kombinationen. Grundsätzlich hat man die Wahl, entweder einen kleinen Kessel mit gro­ßem Speicher oder einen großen Kessel mit kleinem Speicher zur Deckung des Warmwasserbedarfs zu wählen.

Dabei gilt für kleine Kesselleistungen, dass ein kleines Speichervolumen mit kleiner Schalthysterese kurze Kessellaufzeiten mit vielen Kesselstarts ergibt. Dieses Verhalten lässt sich auch im Wärmeschaubild in Bild 1 ablesen. Darin wurde beispielsweise für ein Wohngebäude mit einer Bedarfskennzahl von N = 40 ein Speicher mit 600 l Inhalt und eine Kesselleistung von 130 kW ausgewählt. Aus dieser Speicher-Kessel-Kombination ergeben sich 13 Kesselstarts mit kurzen Laufzeiten (5 - 17 Minuten) über die Bedarfsperiode.

Verwendet man dagegen ein großes Speichervolumen mit großer Schalthysterese, so werden deutlich längere Kessellaufzeiten mit nur wenigen Kesselstarts erzielt. Das Wärmeschaubild in Bild 2 zeigt das gleiche Beispiel mit einer geänderten Speicher-Kesselkombination. Der Speicherinhalt wurde auf 1200 l vergrößert. Das verhindert das ständige Takten des Kessels, die Anzahl der Starts wurde auf vier abgesenkt. Dies wirkt sich positiv auf den Jahresnutzungsgrad des Kessels aus. Andererseits ergibt das größere Speichervolumen höhere Speicherverluste. Deshalb ist eine sinnvolle Kombination zwischen Kesselleistung und Speichergröße zu wählen, die zum einen die Speicherverluste gering hält und zum anderen das Takten des Kessels vermeidet.

Dimensionierung mit dem Wärmeschaubild
Die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten und Größenvarianten lassen sich im Wärmeschaubild anhand der Bedarfskurve als Summenlinie aus den unterschiedlichen Bedarfskategorien beurteilen. Die Kategorien lassen sich dabei wie folgt unterscheiden:

  • Kategorie 1 - Bedarfskennzahl nach DIN 4708
    Bild 3 zeigt beispielhaft die Bedarfskurve für eine Bedarfskennzahl von N = 10.
  • Kategorie 2 - Normalverteilung
    Bild 4 zeigt beispielhaft die Bedarfskurve für ein zeitlich normal verteiltes Bedarfskollektiv.
  • Kategorie 3 - Bedarfssequenz
    Bild 5 zeigt beispielhaft die Bedarfskurve für ein zeitlich manuell vorgegebenes Bedarfskollektiv.

In den Kategorien 1 und 2 wird die zeitliche Abfolge der Einzelbedarfe statistisch normal verteilt (Gaußsche Normalverteilung), Kategorie 3 erfordert dagegen genaue Kenntnis über den zeitlichen Bedarf (Messreihen).

Die Summenlinie, die aus den drei vorgenannten Profilen entsteht, zeigt Bild 6. Danach kann die "Angebots- oder Leistungskurve" in das Wärmeschaubild eingetragen werden, die durch die Parameter Speichergröße, Kesselleistung, Soll-Temperatur des Speicherwassers und der Speicherfühlerposition bestimmt wird. Dabei darf die Leistungskurve zu keiner Zeit die Bedarfskurve unterschreiten. Bei Berücksichtung von Durchmischungen im Speicher, sollte die Leistungskurve um die sogenannte Minimalkapazität höher liegen.

Da ein manuelles Aufstellen der Leistungs- und Bedarfskurven kaum praktikabel und die Vielzahl der Kombinationsmöglichkeiten zur Optimierung zeitlich nicht durchführbar wären, wurde von der varmeco GmbH, Kaufbeuren, eine Software als Auslegungshilfe entwickelt, die eine vielfältige Variantenrechnung ermöglicht und als direktes Ergebnis des Wärmeschaubildes die Spitzenleistung, den Spitzendurchfluss, den Tageswärmebedarf sowie die Kesselstarts und -laufzeiten liefert. Der ermittelte Spitzendurchfluss ist dann die Basisauswahlgröße für den Frischwassererwärmer (FWE). Die Speichergröße wird über das Wärmeschaubild iterativ ermittelt.

Die Eingabewerte sind:

  • Kaltwassertemperatur,
  • Speichervolumen und -temperatur,
  • Fühlerpositionen,
  • Kesselleistung,
  • Warmwassertemperatur,
  • Zapfprofil aus Bedarfskennzahl N, zeitlicher Normalverteilung oder Bedarfssequenz mit den einzelnen Zapfstellen und dem Zapfzeitpunkt, sowie einen frei definierbaren Wärmebedarf mit Zeitpunktangabe.

Die Ausgabewerte sind:

  • Spitzenleistung und -durchfluss,
  • Tageswärmebedarf,
  • Anzahl der Kesselstarts und -laufzeiten sowie
  • Kesselzuschlag nach DIN 4708 Teil 2,
  • Bedarfs- und Leistungskurvenverlauf über die Bedarfskurve mit Angabe der möglichen Unterdeckung, bei nicht ausreichend gewählten Eingabewerten.

Wie beschrieben ist die Kombination aus Wärmeerzeuger und Speicher immer so zu wählen, dass die Summenlinie des Wärmebedarfs zu keiner Zeit der Bedarfsperiode unterschritten wird. Dadurch wird sichergestellt, das es zu keinen Versorgungsengpässen mit Trinkwarmwasser in dem dimensionierten Projekt kommt. Als direktes Ergebnis aus dem Wärmeschaubild lässt sich die Spitzenleistung Qmax, der Spitzendurchfluss r3, der Tageswärmebedarf, die Kesselstarts und -laufzeiten ablesen. Der ermittelte Spitzendurchfluss ist die Basisauswahlgröße für den Frischwassererwärmer. Damit stehen alle notwendigen Parameter für die Gesamtauswahl von Speicher und Frischwassererwärmer zur Verfügung.

Validierung des Dimensionierungsverfahrens
Da sich die zuvor beschriebene Auslegungssoftware über das Wärmeschaubild in der Praxis als unverzichtbares Dimensionierungsverfahren für Frischwassersysteme erwiesen hat, wurde eine wissenschaftliche Validierung des Verfahrens im Rahmen einer Masterarbeit an der Fachhochschule Münster durchgeführt. Die Validierung verfolgte dabei das Ziel, die theoretischen Berechnungsansätze mit den real gemessenen Lastverläufen zu vergleichen, um mögliche Abweichungen zu analysieren. Dabei stellte sich heraus, dass die Dimensionierung über das Wärmeschaubild ein geeignetes Instrument darstellt, um Durchfluss-Wassererwärmer in Kombination mit Pufferspeichern auszulegen. Auch die Reaktions- und Leistungsfähigkeit sowie die Temperaturstabilität des Gesamtsystems wurden dabei untersucht und können als ausgereift bezeichnet werden.

Fazit
Das Gesamtsystem in Verbindung mit dem Dimensionierungsverfahren über das Wärmeschaubild lässt alle denkbaren Varianten von Kessel-Speicher-Kombinationen bei der Projektierung zu. Damit ist eine echte Alternative zu konventionellen Systemen und Berechnungsmethoden vorhanden, die ihre Stärken in ihrer vielfältigen praktischen Anwendbarkeit hat. So lassen Frischwassersysteme auch eine effiziente Einbindung Regenerativer Energien sowie die Nutzung von Abwärme - beispielsweise aus Industrieprozessen - zu. Im Hinblick auf Energie- und Hygieneaspekte ist die Frischwassertechnik damit konventionellen Systemen gegenüber im Vorteil.

Autor: Dipl.-Ing. M. Sc. Thomas Zimpel,
Planungsbüro Arnsberg,
varmeco GmbH & Co. KG, Kaufbeuren

Bilder: varmeco GmbH, Kaufbeuren

www.varmeco.de

 


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