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Rücktrittsrecht bei Immobilienkrediten – Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen ein Königsweg zur Ablösung teurer Immobilienkredite?

In juristischen Fachzeitschriften, aber auch in Tageszeitungen und in Wirtschaftssendungen wird zunehmend über das Thema fehlerhafter Widerrufsbelehrungen in Verträgen bei Immobilenkrediten berichtet. Das Thema hat sowohl für die Banken als auch für die Betroffenen eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung.

 

Worum geht es?

Für die finanzielle Absicherung nach dem Berufsleben genießen Immobilien hierzulande einen hohen Stellenwert. Sie gelten vielfach als sichere Geldanlage. Da macht der Inhaber von Handwerksbetrieben oder Planungsbüros keine Ausnahme.
Für die Anschaffung einer Immobilie ist i.d.R. ein Kredit notwendig, der eine vertraglich festgesetzte Laufzeit hat. Wer nun einen noch laufenden Kredit vorzeitig zurückzahlen will, muss eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen: Die Bank verlangt von ihrem Kunden Ersatz dafür, dass sie die vereinbarten künftigen Zinszahlungen nicht mehr erhält. Hierbei können schnell einige Zehntausend Euro zusammenkommen.
Der Bundesgerichtshof konnte mit seiner jüngeren Rechtsprechung zum Widerrufsrecht (etwa Urteil vom 1. März 2012 (AZ III ZR 83/11) dem Bankkunden wiederholt Schützenhilfe geben. Denn grundsätzlich muss die Bank den Kunden über sein Widerrufsrecht informieren, nach dem er innerhalb von 14 Tagen nach Unterzeichnung von dem Vertrag zurücktreten kann. Wurde der Kunde aber nicht rechtskonform über sein Widerrufsrecht belehrt, so wurde die Widerrufsfrist nie in Gang gesetzt. Der Bankkunde kann das seit Jahren laufende Darlehen noch immer widerrufen, und zwar auch dann, wenn er sich lediglich die aktuell so günstigen Zinsen sichern möchte und sich von seiner teuren Altfinanzierung lösen will.
Zu beachten ist hierbei zudem: Kann der Kunde kein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Rückzahlung nachweisen, kann die Bank die Rückführung verweigern und auf Erfüllung des bestehenden Vertrages bestehen. Ein berechtigtes Interesse liegt etwa vor bei einem Verkauf der Immobilie oder wenn die eigene Bank eine Nachfinanzierung verweigert, die eine andere Bank gewähren würde. In diesen und anderen Fällen kann der Kunde das Darlehen vorzeitig zurückzahlen, muss aber der Bank die benannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen.

Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen

Ein nicht unerheblicher Teil der von den Banken zumindest bis zum Jahre 2010 verwendeten Widerrufsbelehrungen sind voraussichtlich fehlerhaft. Ursache hierfür ist ein Geburtsfehler: Der Gesetzgeber stellte im Jahre 2002 eine Musterwiderrufsbelehrung den Banken zur Verfügung, die selbst fehlerhaft war. Dort hieß es nämlich zum Beginn des Fristlaufs: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Durch die Verwendung des Wortes „frühestens“ ist es jedoch im Ergebnis nicht möglich, den genauen Beginn der Frist zu berechnen, was aber seitens des Gesetzes verlangt wird.
Nach Bekanntwerden dieses Umstands verwendeten die einen Banken weiter die fehlerhafte Musterbelehrung, während die zweite Gruppe eigene Belehrungen entwarf. Die Gruppe, die weiter das fehlerhafte Muster verwendete, begründete dies damit, dass auf die Vorgabe des Gesetzgebers Verlass sein müsse. Die Banken mit eigenen Widerrufsbelehrungen begründeten, dass man falsche Formulierungen nicht verwenden wollte.
Der Bundesgerichtshof stärkte jene Banken, die sich exakt auf die Formulierung des Gesetzgebers stützten. Dies taten allerdings die wenigsten, da vielerorts textliche Ergänzungen oder grafische Änderungen, z.B. eigene textliche Ergänzungen, andere Überschriften, vorgenommen wurden.

Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung

Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, so fing die Widerrufsfrist nie an zu laufen. Dies hat zur Folge, dass das Widerrufsrecht unter Umständen auch Jahre nach dem Abschluss des Darlehensvertrages noch ausgeübt werden kann.
Kann der Widerruf noch heute ausgeübt werden, so wird der Darlehensvertrag durch ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis ersetzt. Dies hat zunächst zur Folge, dass die Bank bei einer vorzeitigen Rückzahlung kein Vorfälligkeitsentgelt mehr verlangen kann. Wird der Widerruf ausgeübt, so muss der Darlehensnehmer den verbleibenden Darlehensbetrag binnen 30 Tagen zurückzahlen. Darum Vorsicht vor zu schneller Ausübung des Widerrufsrechts.
Wichtige Folge ist auch, dass die beidseitig gezahlten Beträge (Auszahlung des Darlehens seitens der Bank und monatliche Raten seitens des Kunden) zurückzugewähren sind. Dies bedeutet, dass der Kunde für das Darlehen, das er ausgezahlt bekommen hat, der Bank grundsätzlich den marktüblichen Zins schuldet. Dieser orientiert sich erst einmal an dem vertraglich vereinbarten Zins. Da aber der Zins gerade in den letzten Jahren stetig gefallen ist, verringerten sich auch die geschuldeten Beträge. Wenn also seine geleis­teten Raten auf einem Zinssatz beruhen, der über dem marktüblichen Niveau lag, hat der Kunde einen im Einzelfall zu berechnenden Erstattungsanspruch gegenüber der Bank.

Schlussbemerkung

Die obige Darstellung zeigt die erheblichen wirtschaftlichen Folgen eines bis heute noch bestehenden Widerrufsrechts und die Komplexität der Materie insbesondere bei einer Rückabwicklung über mehrere Jahre bestehender Darlehensverhältnisse. Grundsätzlich empfiehlt sich, im Einzelfall den Rat der Verbraucherzentralen sowie die Hilfe eines auf Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalts einzuholen.

Autor: Rechtsanwalt Karsten Eckhardt, LL.M., überörtliche Bürogemeinschaft Pohlmann Rechtsanwälte
www.kanzlei-pohlmann.de

 


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