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Online-Tool unterstützt Planer bei der Umsetzung

Anforderungen an den Automationsgrad von Gebäuden aufgrund der Energieeinsparverordnung (EnEV)

Bild 1: Zusammenhang zwischen den Vorschriften.

Bild 2: Online-Tool „Schnellbewertung“: Fragen zur Lüftung.

Bild 3: Online-Tool „Schnellbewertung“: Auswertung.

Bild 4: Software-Tool „Gebäude-IQ“ – Checkliste.

Bild 5: Software-Tool „Gebäude-IQ“ – Auswertung.

Bild 6: Software-Tool „Gebäude-IQ“ – Maßnahmen.

 

Bereits seit Mai 2014 muss der Automationsgrad eines Gebäudes bei der Erstellung des Energieausweises berücksichtigt werden. Den Rahmen dazu formuliert die EnEV 2014. Mit der Verschärfung der Verordnung Anfang Januar 2016 reduzierte sich der erlaubte Jahres-Primärenergiebedarf um weitere 25 %. Vor diesem Hintergrund setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass man auf den optimierten Anlagenbetrieb durch Gebäudeautomation nicht verzichten kann. Dabei sind insbesondere am Anfang klare Vorgaben nötig – denn falsch automatisiert kostet die Technik unnötig viel Geld und nervt die Benutzer.

Moderne Gebäude sind inzwischen gut gedämmt und nutzen üblicherweise eine effiziente Anlagentechnik. Was aber nutzt ein wärmegedämmtes Haus, wenn es beheizt wird, während gleichzeitig über die Fenster gelüftet wird? Was nutzt eine effiziente Lüftungsanlage, die lüftet, obwohl ein Teil des Gebäudes nicht benutzt wird? Oder eine energieeffiziente LED-Beleuchtung, die den ganzen Tag im Büro eingeschaltet bleibt, unabhängig davon, ob die Büros besetzt sind oder nicht? Dabei sind das noch relativ harmlose Beispiele. Wenn man sich die Betriebsarten der Anlagentechnik in der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) detaillierter ansieht, erkennt man in vielen Fällen gravierendere Beispiele für Energieverschwendung.
Ein Hausmeister beispielsweise wird die Anlagentechnik immer so betreiben, dass die Nutzer zufrieden sind und er möglichst seine Ruhe hat. Und da er nicht jede Viertelstunde durch das Gebäude laufen und überall nach dem Rechten schauen kann, wird er die Heizungs- oder Lüftungsanlage lieber so einstellen, dass diese eher mehr heizt und lüftet als zu wenig. Eine Gebäudeautomation kann das besser. Sie kann sogar im Minutentakt Soll- und Ist-Zustände vergleichen und den Anlagenbetrieb optimal regeln.
Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und seit dem 1. Mai 2014 in Form der EnEV 2014 vorgegeben, dass die Art des Anlagenbetriebs verstärkt berücksichtigt werden muss. Neu ist, dass mit der EnEV 2014 erstmals auch Fragen zum Automationsgrad des Gebäudes gestellt werden und somit Einfluss auf die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs, wie er über den Energieausweis ausgewiesen wird, haben. Letzterer darf bei Neubaumaßnahmen vorgegebene Obergrenzen nicht überschreiten. Mit der EnEV 2014 gilt damit erstmals: Kein Energieausweis ohne Berücksichtigung der Gebäudeautomation.
Mit der Verschärfung der EnEV 2014 zum 1. Januar 2016 reduzierte sich der erlaubte Jahres-Primärenergiebedarf um weitere 25 %. Nun ist es so, dass der bis dahin erlaubte Höchstwert bereits hohe Anforderungen an die Wärmedämmung und die Anlagentechnik stellt. Diesen um weitere 25 % zu reduzieren ist eine beachtliche Reduktion. Im Übertragenden ist das so, als wollte man aus einer bereits ziemlich ausgedrückten Orange nochmals einen ganzen Schwall an Saft produzieren. Bei der Orange hilft eine bessere Presse und beim Gebäude die Gebäudeautomation. Da die EnEV nur eine geringe Erwartungshaltung an den Automationsgrad hat, haben viele Funktionen der Gebäudeautomation eine positive Auswirkung. Beim Neubau hilft das, die erlaubte Obergrenze trotz Verschärfung zu erfüllen und beim Bestandsgebäude verbessern sich die ausgewiesenen Werte des Energieausweises und damit der Wert der Immobilie.

Grundsätzliches rund um die EnEV
Die Notwendigkeit zur EnEV ergibt sich durch die EPDB 2010 (Energy Performance of Buildings Directive). Diese von der EU beschlossene Richtlinie ist der gesetzliche Rahmen für Vorgaben, die von den einzelnen Mitgliedsstaaten in jeweils nationales Recht umzusetzen sind. In dieser EU-Richtlinie von 2010 finden sich auch erstmals Forderungen zu „intelligenten Messsystemen“, „aktiven Steuerungssystemen“ sowie „Automatisierungs-, Regelungs- und Überwachungssystemen“.
Die Bewertungsgrundlagen für den Energiebedarf kommen inhaltlich aus der Norm DIN V 18599. Schon seit der ersten Version wurden dort die Einflüsse von Gebäudezustand und Anlagentechnik berücksichtigt. Im Dezember 2011 wurde diese Norm jedoch um einen 11. Teil ergänzt, um den Einflüssen durch die Gebäudeautomation Rechnung zu tragen. Der in diesen 11. Teil geflossene Inhalt stammt größtenteils aus der Europanorm EN 15232.

EN 15232 – Quelle der Automationsanforderungen
Die europäische Norm EN 15232 wurde 2002 von der EU-Kommission mit dem Ziel in Auftrag gegeben, Verfahren zur Abschätzung der Auswirkungen von Gebäudeautomationssystemen (GA-Systemen) und Maßnahmen des technischen Gebäudemanagements (TGM) auf die Energieeffizienz und den Energieverbrauch von Gebäuden zu erarbeiten. Die erste Version wurde im Jahr 2007 veröffentlicht und eine inhaltlich überarbeitete Version erschien im Jahr 2012. In Deutschland wurde die deutschsprachige Version der EN 15232 als DIN EN 15232 veröffentlicht. Da im Folgenden der Inhalt und nicht die Wahl der Sprache im Vordergrund steht, wird für die Norm auch  die kurze Bezeichnung „EN 15232“, verwendet.
Die Norm ermöglicht eine grundlegende Bewertung des Einflusses der Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz von Gebäuden. Sie nutzt eine einfache Checkliste zur systematischen Abfrage aller Gewerke. Basierend auf den Antworten können für das jeweilige Gebäude sogenannte Gebäudeautomations-Effizienzklassen (A, B, C, D) wie folgt bestimmt werden:

  • Klasse A: Gebäudeautomation und Ener­giemanagement,
  • Klasse B: Gebäudeautomation,
  • Klasse C: Standardregelausstattung,
  • Klasse D: Keine Energieeffizienz.

In Summe ist die Norm ein ausgesprochen wichtiges Dokument, denn sie ermöglicht bei korrekter Anwendung die Ermittlung und Bewertung von sinnvollen Maßnahmen sowie die Abschätzung der Auswirkungen auf den Energiebedarf. Die Fragen der Checklisten sind so formuliert, dass zur Anwendung kein explizites Automationswissen nötig ist.

Vereinfachte Abschätzung des energetischen Einsparpotenzials
Eine Variante zur Bestimmung des Einsparpotenzials durch Automation bietet ein kostenloses Online-Tool. Der Einstieg erfolgt unter www.igt-institut.de/gebaeude-iq/onlinebewertung/. Im weiteren Verlauf werden 14 Fragen gestellt, die die wichtigsten Aspekte des Fragenkatalogs der EN15232 erfassen. Bild 2 zeigt exemplarisch eine Frage zur Ansteuerung der Lüftung. Zum Ende erhält man eine Auswertung wie in Bild 3 dargestellt. Der Vorteil des Online-Tools ist, dass die Software bereits die Gewichtung der einzelnen Gewerke im Rahmen der Gesamtbewertung übernimmt. Auch sind die Masken bzw. Seiten des Tools so aufgebaut, dass diese auch für ein Tablet-PC geeignet sind und daher auch von unterwegs oder am Rande eines Beratungsgespräches aufgerufen werden können.

Bewertung von Gebäuden auf Basis der EN 15232
Wenn eine genauere Bewertung erforderlich ist, kann das mit einem anderen Programm erfolgen. Dieses kann ebenso kostenlos über die Webseite www.Gebäude-IQ.de heruntergeladen und anschließend installiert werden (Windows Betriebssystem). Ohne sich in technischen Details zu verlieren, gibt dieses Tool Anregungen und Handlungsempfehlungen, ob sich die (weitere) Einführung von Gebäudeautomation lohnt. Die erstellten Auswertungen sind eine mögliche Grundlage für weitere Gespräche mit zuständigen Fachplanern und Systemhäusern, deren Einbeziehung für eine konkrete Umsetzung nach wie vor sinnvoll und erforderlich ist. Das Tool ist nicht nur für einen interessierten Personenkreis, sondern besonders auch für Fachplaner geeignet, die den nutzungs- und ergebnisorientierten Dialog mit ihren Kunden suchen. Durch den Vergleich von Ist- und Zielausstattung lässt sich auf Basis dieser Norm abschätzen, wie groß die mögliche Reduktion des Energiebedarfs durch die (weitere) Einführung von Gebäudeautomation ist.

Literatur: Die EnEV 2014 und deren Bedeutung für die Gebäudeautomation, Michael Krödel, 2015, 124 Seiten, ISBN-Nummer 978-3-7347-7312-9

Autor: Prof. Michael Krödel, Fachgebiete Gebäudeautomation, Gebäudetechnik, Datenverarbeitung, Hochschule Rosenheim, Fakultät für Angewandte Natur- und Geisteswissenschaften.

Bilder: Prof. Michael Krödel

 


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