Werbung

Nah dran und oft drin

So denken die Deutschen über das Bad

Oldies: Über 21 Mio. Erstbäder wurden laut einer GfK-Studie seit Bau bzw. Bezug des Hauses noch nicht renoviert. Ihr Durchschnittsalter betrug fast zwei Jahrzehnte.

Diskrepanz: Altersgerechte Bäder sind ein oft geäußerter Wunsch, in der Praxis aber eher eine Rarität in deutschen Wohnungen. Der repräsentative Befund verspricht mit Blick auf den demografischen Wandel einen dauerhaften Renovierungsboom.

Refugium: Insgesamt glaubt etwa die Hälfte der Deutschen, dass das Bad als Rückzugsort in Zukunft eine größere Rolle spielt. Das gilt laut forsa u.a. speziell für Erwerbstätige und Frauen.

Favoriten: Entspannungsbäder und Wechselduschen stehen bei den Bundesbürgern ab 18 Jahre besonders hoch im Kurs, wenn sie das eigene Bad auch zur Gesundheitsvorsorge nutzen (würden). Besonders Frauen sind für diese und weitere Möglichkeiten aufgeschlossen, fand das forsa-Institut für die VDS heraus.

 

Quadratisch, praktisch, alt – so lautet immer noch der unspektakuläre Steckbrief des deutschen Durchschnittsbades. Es misst eher dürftige 7,8 m², ist überwiegend zweckmäßig-funktional und pflegeleicht eingerichtet und muss im unrenovierten Zustand etwa zwei Jahrzehnte seinen Dienst tun. Aber die Hoffnung auf bessere Zeiten lebt, melden Marktforscher und ihre Auftraggeber. Eine kleine Stoffsammlung.

Während die Renovierungszyklen bisher fast in Stein gemeißelt schienen, ließ eine Repräsentativstudie des forsa-Institutes bereits zur ISH 2013 aufhorchen. Darin sprachen sich nämlich 42 % der Bevölkerung für eine umfassende Erneuerung des Bades schon nach spätestens 10 Jahren aus. Ein knappes Drittel davon hielt sie gar nach fünf Jahren für angebracht. Weitere 19 % entschieden sich für die Kategorie „nach 11 bis 15 Jahren“. Vor allem im Osten der Republik fiel die Zustimmung zur (schnellen) Modernisierung nach maximal 10 Jahren mit 66 % extrem hoch aus. Zum Vergleich die westdeutsche Quote: 38 %. Die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) als Initiator der Untersuchung bezeichnete die verblüffenden Resultate durchaus nachvollziehbar als „große positive Überraschung“.

Vorsprung zum Genießen
Normalität ist dagegen inzwischen die Tatsache, dass das Bad in puncto „Renovierung“ zu den Lieblingskindern der Bundesbürger gehört. Einen aktuellen Beweis dafür liefert die Ipsos-Studie „Der private Baumarkt 2014“. Die für den Fellbacher Fachschriften-Verlag durchgeführte Erhebung recherchierte nicht nur, dass in den nächs­ten beiden Jahren knapp 12 Mio. Hausbesitzer konkrete Renovierungsabsichten hegen, sondern auch, dass dabei der Bad- und Sanitärsektor mit 37,8 % „einsame Spitze“
ist. Weit abgeschlagen folgen „Heizungsanlage/Öfen“ mit 21,6 % und „Kücheneinrichtung“ mit 17,1 %. Einen derartigen „Badvorsprung“ kann man sich – weil wohl einmalig – getrost auf der Zunge zergehen lassen.
Sehr bemerkenswert ist zudem die kräftig gewachsene Bedeutung des Renovierungsmotivs „barrierefrei/altersgerecht“. 41 % der geplanten baulichen Maßnahmen am bzw. im Haus beruhen danach auf diesem Aspekt. Gegenüber der vergleichbaren Studie aus dem Jahre 2011 stieg der Anteil um über 10 %. Die Vermutung, dass das Bad von dem offenkundigen Trend überproportional profitiert, dürfte ein stabiles Fundament haben.

Positive Nachrichten in Serie
Klare Indizien dafür finden sich auch in der letzten Grundlagenstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Danach rangierte das Kriterium „Altersgerechte Ausstattung“ mit 88 % hinter „Pflegeleicht“ (96 %) und „Zweckmäßig-funktional“ (90 %) schon auf Platz 3 der Badwünsche der Deutschen. Die Wirklichkeit sieht indes anders aus. Denn: Lediglich knapp 30 % der Befragten bescheinigten ihrem vorhandenen Bad, dass es für ältere Menschen ohne größere Probleme nutzbar ist. Gut 70 % zweifelten das mehr oder minder stark an. Um das den Bad-Profis quasi auf dem Tablett servierte „Konjunkturprogramm“ zu komplettieren: Wenn sich die Bundesbürger über altersgerechte Bäder informieren (wollen), kicken Sanitär-Fachbetriebe mit einem Wert von 74 % in einer eigenen Liga, ermittelten die Marktforscher im Auftrag der VDS (Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft). Branchenherz, was willst Du mehr?
Überhaupt herrscht an positiven Nachrichten kein Mangel. So fanden die forsa-Interviewer heraus, dass das Bad für etwa die Hälfte der Bevölkerung in Zukunft als eine Art Rückzugsort von der zunehmenden Alltagshektik wichtiger wird. Das gelte vor allem für 30- bis 44-Jährige, Erwerbstätige und Frauen. Und: Je mehr Personen im Haushalt leben bzw. je höher das monatliche Haushaltsnettoeinkommen ist, desto häufiger spielt der Oase-Charakter des Bades eine Rolle.

Karriere mit Konsequenzen
Schließlich könnte auch ein neues Thema für einige Furore und – bei fundierter, seriöser Aufklärung – frische Geschäftsimpulse sorgen. Laut einer weiteren für die VDS realisierten forsa-Studie ziehen bereits heute vier von zehn Bundesbürgern ab 18 Jahre das heimische Bad als Ort für die private Gesundheitsvorsorge und das persönliche Fitnesstraining in Erwägung. Das trifft besonders auf Frauen und über 60-Jährige zu. Das Klassement realer Möglichkeiten im sanitären Gesundheitscenter dominieren entspannende Bäder nach körperlicher Anstrengung (67 %) vor Wechselduschen (59 %) und Whirlwannen etwa für Massagen (51 %). Dahinter folgen Saunen, Dampfduschen bzw. -bäder und Wassertreten.
Stößt das Bad in diese Dimensionen vor, halten sich die Deutschen garantiert länger in ihm auf als jetzt. Gegenwärtig sind das im täglichen Durchschnitt laut einer Erhebung, die das Londoner ICM Research-Institut für Hansgrohe erstellte, eher bescheidene 49 Minuten. Im internationalen Vergleich ist da noch viel Luft nach oben, denn der weltweite Mittelwert liegt bei 70 Minuten. Ganz zu schweigen von den Brasilianern, die der Untersuchung zufolge pro Tag üppige 108 Minuten und damit locker eine Stunde mehr im Bad verbringen als die Menschen hierzulande. Ob das bloß auf der ausgeprägten Duschbegeisterung der Südamerikaner beruht? Egal, Fakt ist: Die Deutschen brauchen mehr Muße im und fürs Bad. Im wahrsten Sinne des Wortes (nur) eine Frage der Zeit.

Autor: Frank Linnig, Journalist und Inhaber von Linnigpublic Agentur für Öffentlichkeitsarbeit GmbH, Koblenz

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: