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Nachweispflicht für Energiewirte - Anforderungen bei der Dokumentationspflicht erheblich gestiegen

Die meisten Änderungen im EEG 2012 betreffen die Biogasbranche und stellen für die Marktteilnehmer eine besondere Herausforderung dar. Unklare Definitionen im Gesetzestext müssen in den nächsten Monaten noch auf den Prüfstand und könnten zahlreiche Änderungsverordnungen notwendig machen.

Die gebündelte Datenübertragung in Echtzeit von Traktor und Anbaugerät verbessert die Ferndiagnose und erleichtert dem Betriebsleiter den Überblick.

Berechnung Biogas. Bild: C.A.R.M.E.N e.V.

 

Anlagenbetreiber von Biomasse müssen verschiedene Nachweise über ein Einsatzstoff-Tagebuch erbringen, die durch Umweltgutachter auf Nachvollziehbarkeit und Korrektheit geprüft und bestätigt werden müssen. Komplizierte Auslegungen und Begrifflichkeiten zur einsatzstoffbezogenen Vergütung [1], Flexibilitätsprämie oder Direktvermarktung erschweren die praktische Umsetzung und können durch fehlerhafte Dokumentation – wie beispielsweise zur Nachvollziehbarkeit der technischen Anlagenkonfiguration – zu Rückzahlungen der Vergütung führen.
So müssen bei Neuanlagen ab 2012 beglaubigte Tagebuch-Nachweiskopien unaufgefordert und fristgerecht dem EVU vorgelegt werden. Für Landwirte bedeutet die Dokumentation in der Praxis beträchtlichen Mehraufwand. Neben dem Einsatzstofftagebuch gehören zur Dokumentationspflicht Lieferverträge und -scheine, Wiegescheine, Ackerschlagkartei, Tierbestandsdaten/Bedarfspläne sowie Trockensubstanzbestimmung bei Feststoffen.
„Die Nachweisführung gilt als Bringpflicht und muss jährlich bis zum 28. Februar beim Energieversorger nachvollziehbar, leserlich und vom Umweltgutachter beglaubigt vorliegen. Dabei werden die Energiewerte aus den Rückstellungen der Trockensubstanz mit denen der organischen Trockensubstanz – diese sind dem Gutachter vorzulegen – berechnet. Doch Vorsicht, bei Unstimmigkeiten in der Nachweisführung kann es zu Rückforderungen der Abschlagszahlungen kommen. Hier sollte sich jeder die nötige Zeit für die Dokumentation nehmen und dem Umweltgutachter die Arbeit erleichtern“, warnt Michael Köttner, Geschäftsführer der IBBK Fachgruppe Biogas GmbH.

Gutachten im Wandel der Zeit

Das Fachkundeprofil für Gutacher ist im Umweltauditgesetz (UAG) [2] und in der UAG-Fachkunderichtlinie festgelegt. Sofern neue Tätigkeitsfelder durch entsprechende Rechtsvorschriften hinzukommen, wird das Regelwerk, insbesondere die Fachkunderichtlinie angepasst. Das gilt sowohl bezüglich technischer Kenntnisse als auch bezüglich der Rechtskenntnisse. Insbesondere bei den notwendigen Rechtskenntnissen scheinen einige Antragsteller den erforderlichen Wissensumfang jedoch zu unterschätzen und scheitern daher oftmals im Zulassungsverfahren.
„Die Anträge auf Zulassung als Umweltgutachter haben sich in den letzten Jahren merklich erhöht erklärt“, so Dr. Markus Racke, Geschäftsführer der DAU – Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH. „Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Umweltgutachter nunmehr auch im Bereich des EEG Prüfaufgaben wahrnehmen und die Anzahl prüfungspflichtiger Anlagen steigt. Um in diesem Bereich tätig werden zu können, benötigen Umweltgutachter eine Zulassung für die Elektrizitätserzeugung aus Erneuerbaren Energien (z.B. Wind, Biomasse, Solar und Geothermie) mit und ohne Fremdbezug zur Verteilung oder für die Elektrizitätserzeugung aus Wasserkraft mit und ohne Fremdbezug zur Verteilung“, führt Racke weiter aus.

Neue Bestimmungen bei Planung beachten

Zwar sind zum EEG 2012 bisher noch keine konkreten Anfragen eingegangen, jedoch mussten Anlagenbetreiber bereits mit der Einführung des EEG 2009 zum Erhalt des Güllebonus einen Nachweis über ein Einsatzstoff-Tagebuch mit Angaben und Belegen über Art, Menge sowie Herkunft der eingesetzten Substrate erbringen, erklärt Anton Backes, Geschäftsführer der proTerra Umweltschutz- und Managementberatung GmbH Umweltgutachter. „Zur Sicherung des Güllebonus musste lediglich der Masseanteil von mindestens 30% am Gesamteinsatz nachgewiesen werden. Dennoch gab es auch dabei gerade in der Startphase bei einzelnen Anlagenbetreibern Probleme bei der Nachweisführung. Konnte die Quote nicht nachgewiesen werden, wurde ggf. der Einstieg in den Güllebonus zeitlich verschoben und die finanziellen Einbußen hielten sich im Rahmen.
Nach dem EEG 2012 gibt es keinen gesonderten Güllebonus mehr, sondern einmal Sonderregelungen hinsichtlich der Vergütung für Gülleanlagen (installierte Leistung <75 kW; Gülleanteil von mind. 80% pro Kalenderjahr) auf der Grundlage des § 27b EEG (25,0 ct/kWh) wobei auch hier der Nachweis über das Einsatzstofftagebuch erfolgt. Als Alternative kann Gülle als Bestandteil der Einsatzstoffe der Vergütungsklasse II (8,0 bzw. 6 ct/kWh) in Anlagen bis zu einer Leistung von bis zu 500 kW bzw. bis 5 MW in Kombination mit anderen Vergütungsregeln oder im Rahmen des § 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2012 (Gülleanteil im Jahresmittel mindestens 60%) als Voraussetzung für den Grundvergütungsanspruch, eingesetzt werden.
Eine Kombination beider Regelungen ist nicht möglich. Beim Gülleeinsatz über die Einsatzstoffvergütungsklasse erfolgt eine anteilige Vergütung auf der Basis der in Anlage 3 zum EEG aufgeführten Energieerträge (Methanertrag in m³/t Frischmasse). Durch die festgeschriebene energetische Betrachtung der Einsatzstoffe der Vergütungsklassen I und II, ermittelt über eine Formel, stellt sich die Berechnung für den Anlagenbetreiber jedoch komplizierter dar“; erklärt Backes.
Zum Nachweis der Einsatzstoffe müssen diese über eine Mengenerfassung gewogen und dokumentiert werden. Einheitliche Regelungen für Wiegeprotokolle oder Wiegetechnik gibt es bis jetzt nicht. In der Praxis werden die verwendeten Substrate bisher durch Referenzwiegungen erfasst, wobei der Umweltgutachter die Wägetechnik frei definieren kann. Zur Investitionssicherheit und der Berechnung von Abschlagszahlungen bei neuen Projekten von Biogasanlagen sollten daher bereits in der Projektplanung die neuen Bestimmungen besonders beachtet werden, erklärt Melanie Arndt, Projektberaterin bei C.A.R.M.E.N. e.V. „Die Kopie eines Einsatzstofftagebuchs ist vorzulegen, um die Einhaltung des Maisdeckels nachzuweisen. Zur Vergütungshöhe werden Einsatzstoffe (Menge und Art) ermittelt und sind über einen Umweltgutachter nachzuweisen. Die Berechnung [3] ist dabei im Bereich Biogas unstrittig und bezieht sich nach der BiomasseV ausdrücklich auf Frischmasse. Unsicherheiten können sich bei der Erweiterung einer Anlage ergeben: Wird beispielsweise im Februar 2012 ein neues Satelliten-BHKW zu einer Anlage mit Inbetriebnahme 2010 installiert, gilt für den Satellit wahrscheinlich die Inbetriebnahme 2012. Alle Anforderungen (Wärmeverwertung, Berechnung der Vergütungshöhe, etc.) nach EEG 2012 müssen eingehalten werden. Ausnahme Maisdeckel, da die Gaserzeugungsanlage aus dem Jahr 2010 stammt“, versucht Arndt die Begrifflichkeiten aufzulösen.

Biogas-Dokumentenmanagement in der Praxis

In den letzten Jahren stiegen die Anforderungen bei der Dokumentationspflicht für Landwirte erheblich, bestätigt Klaus-Herbert Rolf, Leiter Marketing, Claas Agrosystems, die Praxiserfahrung zahlreicher Gespräche mit Landwirten. Noch komplexer dürfte es in Zukunft werden, wenn bei Neuanlagen nach EEG 2012 die Einsatzstoffe nachvollziehbar und plausibel dokumentiert werden müssen.
„Die ersten Unstimmigkeiten bei der Nachweisführung könnten dann bei Neuanlagen zum Abrechnungsstichtag 28. Februar 2013 auftreten. Dies ist ein Grund für uns, neben der herkömmlichen Datenerhebung wie Lade- und Transportzeit, Gewicht etc. den Datenstamm für das Einsatzstofftagebuch nachrüstbar zu gestalten
– auch wenn die Einsatzstoffarten bis heute noch nicht abschließend geregelt sind. Welche Systemanforderungen künftig als plausibel gelten, werden die praktischen Umsetzungserfahrungen in den kommenden Monaten erst noch zeigen. Nach dem heutigen Stand werden dazu mit dem TONI – Telematics On  Implement – bereits Erweiterungsoptionen für Biogas bereitstehen. Die praxisbezogene Datenerfassung und das integrierte Dokumentenmanagement ermöglichen nachvollziehbare Lösungen, beispielsweise zur Erfüllung der Nachweispflichten oder der Planung der Güllelogistik. Das System bündelt die direkte Datenübermittlung der gesamten Arbeitseinheit (Traktor und Anbaugerät) auf den Betriebscomputer, wodurch dem Betriebsleiter schon während des Arbeitseinsatzes die Daten der eingesetzten Maschinenflotte in Echtzeit zur Verfügung stehen werden. Im Bereich der Wägetechnik werden bei Agrocom Biogas etwa fünf Schnittstellen zu unterschiedlichen Wiegesystem-Herstellern derzeit dabei unterstützt“, so Rolf.

Autor:
Uwe Manzke

Literatur:
[1] Der Anspruch auf die einsatzstoffbezogene Vergütung regelt sich nach §27 Absatz 2 Nummer 1 (Einsatzstoffvergütungsklasse I) und Nummer 2 (Einsatzstoffvergütungsklasse II) des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und muss bestimmte Voraussetzungen bei der Nachweisführung erfüllen. Die Einsatzstoffe regeln sich hier nach der Biomasseverordnung und wurden vom Institut für Ländliche Strukturentwicklung, Betriebswirtschaft und Agrarinformatik (LfL) und Fachverband Biogas e.V. als nicht rechtsverbindliche Auslegungshilfe zusammengefasst www.lfl.bayern.de/ilb/technik/. Die Clearingstelle EEG weist jedoch darauf hin, dass zur Auslegung von Einsatzstoffen i.S.d. § 27 Abs. 1 und 2 EEG 2012 i.V.m. Anlagen 1-3 BiomasseV 2012 noch keine Verfahren durchgeführt wurden. Eine einheitliche Dokumentation ist nicht vorgeschrieben, kann aber zu falschen Interpretationen führen. Wichtig für den Betreiber ist der 28.2. als Abgabetermin beim Energieversorger bzw. Netzbetreiber. Es obliegt dann dem Netzbetreiber, an die Bundesnetzagentur zu melden. Näheres dazu ist im EEG geregelt. Eine abschätzende Berechnung ermöglicht ein Vergütungsrechner der DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH www.dbfz.de.
[2] www.bmu.de Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)
[3] Produzierte Methanmenge: Tonnen Substrat 1 x Methanertrag nach BiomasseV = produzierte Methanmenge Substrat 1 Anteil einer Einsatzstoffklasse: Methanmenge aller Substrate dieser Klasse / gesamte produzierte Methanmenge x 100
Anteil Strom, der die Vergütung nach der jeweiligen Einsatzstoffklasse erhält: gesamte Strommenge x prozentualen Anteil der Einsatzstoffklasse


Höhere Bürokratiekosten
Mit Novellierung des Gesetzes kommen auf die gesamte Wirtschaft höhere Bürokratiekosten zu. Die zwölf bestehenden und geänderten Regelungen wurden um sieben neue Informationspflichten ergänzt. Die Belastungen belaufen sich nach Schätzung auf 9,7 Mio. Euro. Vier Informationspflichten, alle ohne Biogasbezug, mit einem jährlichen Aufwand von 4429 Euro fallen hingegen weg. In der Biogasbranche schlagen sieben Änderungen bzw. Neuregelungen wie beispielsweise die Registrierung einer Biogasanlage bei der Bundesnetzagentur oder Mitteilung der Inanspruchnahme der Prämie, Übermittlung der Registrierungsbescheinigung und des Umweltgutachtens an den Netzbetreiber mit einer Summe von über 6 Mio. Euro zu Buche.

 


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