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Lüftung von untergeordneten Räumen - Bedarfsorientierter Feuchteschutz in Kellern und Kellerräumen

Besonders in älteren Bestandsgebäuden weisen Kellerräume oft erhebliche Feuchteprobleme auf. In der Praxis werden manche Kellerräume gerade in den Sommermonaten noch dazu regelrecht feucht gelüftet. Nach der Lüftung von Wohnungen stehen für das nachhaltige Bauen und Modernisieren nun auch Lüftungskonzepte für Kellerräume im Fokus.

Beispielhafte reale und über den Monat gemittelte Tagesverläufe des Außenluft-Wasserdampfgehalts. Bild: ITG Dresden

Nutzungskategorien von Kellern und untergeordneten Räumen.

Beispiel eines Lüftungssystems für Kellerräume. Bild: Forum Wohnenergie

Gleichung

 

Das Lüftungskonzept nach DIN 1946-6 bietet hinsichtlich des baulichen Feuchteschutzes in Kellerräumen bislang nur bedingt eine Hilfestellung, da diese Norm nur Wohnräume und bislang keine Kellerräume behandelt und somit von ganz
anderen baulichen und nutzungsspezifischen Grundlagen ausgeht. Geeigneter erscheint da schon die DIN 18017-3, obgleich es allein mit der Montage eines Ventilatorsystems beileibe nicht getan ist.
Die Luftqualität spielt dabei oft die entscheidende Rolle und gilt es als erstes zu behandeln. Um den Bauherren und Entscheidern jedoch wirklich nachhaltige Lösungen anbieten zu können, verlangt dies eine grundlegende Kenntnis bauphysikalischer Zusammenhänge im Kontext von Bauteil, Luft und Wasser. Dies fördert nicht nur die Beratungskompetenz von Architekten, Energieberatern und das Fachhandwerk, sondern ebenso die Planungs- und Ausführungssicherheit.
Das Raumklima von Kellern (und untergeordneten Räumen) fordert in jedem Fall eine ungleich differenziertere Betrachtung als bei frei stehenden Wohn- und Nutzungseinheiten, wie es das Lüftungskonzept nach DIN 1946-6 abbildet. Feuchtelasten und Temperaturdifferenzen sind hierbei neben den Luftdrücken die entscheidenden Faktoren, wenn bauliche Mängel oder sonstige Schäden ausgeschlossen werden können.

Definition Keller und Kellerräume

Keller zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass sie in einem lichtarmen Untergeschoss untergeordnete Räume beinhalten, die sich in ihrer Nutzung im Vergleich zu Wohnräumen und Wohngeschossen deutlich unterscheiden. Menschen halten sich wenig bis sehr selten in ihnen auf, da sie vielmehr als untergeordnete Nutzräume verstanden werden. Dementsprechend „untergeordnet“ werden sie behandelt: in der Regel unbeheizt!
Durch die sehr unterschiedlichen Auswirkungen allein in der Nutzung beider Einheiten, ergeben sich zwei völlig verschiedene Innenraumklimata. Als eigenständige Geschossebene sind Keller von Wohneinheiten (aber auch in Nichtwohngebäuden) baulich in der Regel deutlich (oft auch thermisch) getrennt. Dennoch bilden Kellerräume im wahrsten Sinne des Wortes das Fundament des Hauses, auf dem die darüber liegenden Wohnbereiche mit all ihren Komfort- und Hygieneansprüchen ruhen. Abgesehen von Schimmelpilzbefall, können große Feuchtelasten auf Dauer diese bauliche Substanz erheblich schädigen und somit die Bestandserhaltung erschweren. Hohe Feuchtelasten implementieren also nicht nur eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, sondern auch dem Wohlergehen des Gebäudes.
Kellerräume sind keineswegs eindeutig zu definieren, zu unüberschaubar sind die vielfältigen Bestandsituationen von Altbauten. Letztendlich sind diese nur in der Praxis aufgrund der jeweiligen Bausituation, der spezifischen Nutzung sowie den daraus resultierenden bauphysikalischen und baubiologischen Fakten zu bewerten. Konsens herrscht in der Feststellung, dass Außenwände von Kellerräumen mehr als zwei Drittel oder schier gänzlich von Erdreich umgeben sind, als unbeheizt gelten und nicht für einen längeren Aufenthalt des Menschen vorgesehen sind. Dies allein unterscheidet sie grundlegend von einem Wohnraum. Die Tabelle zu den „Nutzungskategorien von Kellern und untergeordneten Räumen“ zeigt die wesentlichen Unterschiede in Abhängigkeit der Nutzung und der Aufenthaltsdauer von Menschen.

Bauphysikalische Auswirkungen

Durch das angrenzende Erdreich der meisten Außenwandflächen ergeben sich unterschiedliche Oberflächentemperaturen. Nahezu unabhängig vom Wärmedämmstandard allein dadurch, dass die angrenzenden Erdmassen im Winter die Wärmedämmung erhöhen und im Sommer kaum Erwärmung von außen zulassen. Die Qualität der Wärmedämmung gegen außen (Erdreich) kann im Bestand bei fehlender Dokumentation oft nur durch bauphysikalische Messungen ermittelt werden.
Entscheidend ist besonders die Oberflächentemperatur von Bauteilen, die bei unbeheizten Kellerräumen (vor allem im Sommer) sehr erheblich von der Raumlufttemperatur abweichen können. Zu vermeiden ist in jedem Fall, dass Wasserdampf aus der Luft zu Wasser am oder im Bauteil kondensiert. Die relative Luftfeuchte (prozentuale Wasserdampfsättigung) kann dabei zwar einen aktuellen Anhaltspunkt über den Grenzpunkt des Aggregatzustands-Wechsels geben. Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, dass sich dieser Wert in Abhängigkeit der Temperatur quasi ständig ändert und sich nicht für einen Luftfeuchtevergleich (von Innen- und Außenluft) eignet. Denn wenn sich die Wasserdampfmasse in einem Raum gar nicht ändert, so schwankt dennoch die relative Luftfeuchte, eben mit den Schwankungen der Temperatur. Besonders bei der Lüftung von unbeheizten Kellern kommt es dementsprechend immer wieder zu schwerwiegenden Fehleinschätzungen.

Wasseraktivität am Bauteil

Auch ist es freilich nicht allein die relative Raumluftfeuchte irgendwo im Raum, sondern der sogenannte aw-Wert (Wasseraktivitäts-Wert), der die Wasseraktivität am Bauteil von 0 … 1 bezeichnet. Also nicht den Wasserdampfgehalt der Raumluft, sondern am Bauteil ist die relevante Größe. Dementsprechend ist die relative Feuchte direkt am Bauteil zu messen bzw. zu ermitteln. Der Maximalwert 1 bedeutet 100% relative Feuchte am Bauteil, also Wassersättigung! Der daraus resultierende Aggregatszustands-Wechsel erzeugt dementsprechend Wasserausfall am Bauteil. (siehe Gleichung im Bild 4).

Freilich ist der Wasserdampf in der Raumluft für die Wasserdampfsättigung am und im Bauteil verantwortlich und bildet somit den Ansatz für eine nachhaltige Feuchteregulierung im Raum. Nun mag es durchaus sein, dass wie in Wohnräumen geeignete Materialien und Baustoffe Wasserdampf (freilich in Abhängigkeit der Druck-Verhältnisse) puffern, aber irgendwann ist auch dieser Puffer „voll“ und er muss wieder austrocknen können. Dies ist in der Regel nur mit einem zielorientierten Luftwechsel möglich, also mit deutlich trockenerer Luft als die vorhandene.

Die wichtige 80-%-Linie

Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen, dass manche Schimmelpilze bereits schon weit unterhalb der Sättigung wachsen, wie beispielsweise der Aspergillus restrictus, der bereits schon bei einem aw-Werten von 0,71 – 0,75 Wasseraktivität gedeiht. Den meisten genügt eine Wasseraktivität von >0,8. Für das Schimmelpilzwachstum gilt daher, schon die wichtige 80-%-Linie nicht zu überschreiten.
Fehlende interne Wärmegewinne und die Tatsache des „unbeheizten Bereichs“ kommen erschwerend hinzu. In der Praxis ist die Lage des Kellers entscheidend, ob sich dieser innerhalb oder außerhalb der thermischen Hülle befindet. In der Regel werden Kellerräume auch im Winter nicht beheizt und weisen somit für gewöhnlich keinerlei (aktive) Wärmequellen auf, welche selbst im Sommer zur Vermeidung niedriger Oberflächentemperaturen bei Bedarf aktiviert werden könnten.
Eine unkontrollierte Belüftung von Kellerräumen kann sich dementsprechend besonders im Sommer als sehr fatal herausstellen, wenn durch den hohen Wasserdampfgehalt der Außenluft im Sommer ein Keller de facto feucht gelüftet wird und die grundsätzliche Problematik (ungewollt) durch Kondensat-Ausfall der schneller gesättigten kühlen Kellerluft an Bauteilen noch verstärkt wird.

Luftwechsel in Altbauten

Ein konstruktiver Feuchteschutz kann in manchen Kellerräumen bzw. Kellergeschossen nur bedingt durch Lüftungssysteme realisiert werden, nämlich dann, wenn im Sommer die absolute Außenluftfeuchte geringer ist als im Inneren des Kellers. Dementsprechend können mit einem kontrollierten Lüftungssystem jedoch bereits im gering-investiven Bereich nachhaltige Erfolge erzielt werden. Entscheidend ist also die Steuerung des Ventilators. Freie Lüftung ist in diesem Zusammenhang umso kritischer zu betrachten, da diese in keinem Fall kontrolliert und ergo zielorientiert funktioniert, wie zuvor bereits ausgeführt.
Es muss unbedingt berücksichtigt werden, dass das Lüftungsverhalten in einem Keller dem tatsächlichen Wasserdampfgehalt der Innen- und Außenluft entsprechen muss, denn sie weisen unterschiedliche Temperaturen auf und sind aus diesem Grund feuchtespezifisch (Wasserdampfgehalt der Luft) schon nicht vergleichbar, sondern vielmehr unterscheidbar. Maßgebend ist die absolute Feuchte x in g/kg und die daraus resultierende Sättigung der jeweiligen Luft in Abhängigkeit der Temperatur. Aufgrund der ohnehin feuchten Sommerluft kann sich ein sommerlicher Luftwechsel in einem Keller durchaus sehr problematisch entwickeln, wenn die Feuchte nicht hinaus, sondern hinein gelüftet wird.
Als Auslegungsgrundlage sollte mindes­tens ein volumenspezifischer Luftwechsel von 1,0, besser 1,5 gewählt werden, um eben eine große Luftmenge innerhalb einer kurzen Zeit austauschen zu können, wenn es die absoluten Feuchteverhältnisse zulassen bzw. erlauben. Wie bei Wohnungslüftungen auch, muss eine vollständige und ungehinderte Luftströmung durch alle Kellerräume erfolgen, was im Zweifelsfall durch Überströmelemente sicherzustellen ist. Gesättigte Luft kann somit schnell erneuert werden; die neu eingebrachte Luft kann wieder Wasserdampf aufnehmen und somit gar eine Trocknung von Bauteiloberflächen bewirken.
Es geht also auch bei Kellerräumen – bei unbeheizten besonders – um einen baulichen Feuchteschutz, der durch Luftwechsel die Innenraumluft in Kellern erneuert. Dieser Prozess muss kontrolliert vollzogen werden, wofür ein einfaches ventilatorgestütztes Lüftungssystem im geringinves­tiven Bereich durchaus ausreichend sein kann. Dafür stehen zwei wesentliche Systeme zu Verfügung:
a) Überdruck (Zuluftventilator),
b) Unterdruck (Abluftventilator).

Entscheidend ist allerdings die Steuerung des Ventilators im Sinne einer kontrollierten Kellerlüftung.

x-Steuerung des Ventilators

Der Luftwechsel/Druckausgleich erfolgt über Außenwanddurchlässe (ALD) die entsprechend zu positionieren sind. Der Ventilator wird über einen

x-Differenzregler betrieben. Die erste Grafik zeigt die gemittelten Werte der gemessenen sehr wechselhaften absoluten Feuchte in einem Juli. Die rote Markierung zeigt die Mittelwerte für den Sommer, die blaue Markierung zeigt die ungleich ausgeglicheneren Werte im Winter.
Die o.a. Funktionsgrafik zeigt das Beispiel eines x-gesteuerten Lüftungssystems für einen unbeheizten Keller. Erst wenn die Außenluft eine geringere Wasserdampfmenge enthält als die Innenraumluft im Keller, wird der Ventilator in Betrieb geschaltet. Somit kann eine zielorientierte und bausubstanzschonende Kellerlüftung nutzerunabhängig, also kontrolliert realisiert werden. Zu empfehlen ist, die Luftqualität hernach messtechnisch zu überprüfen, um beispielsweise das Lüftungssystem entsprechend nachzujustieren und somit eine erfolgreiche Wirkung sicherzustellen.

Zusätzliche Temperierung von Kellerräumen

Sollte allein der bedarfsorientierte Luftwechsel zum Feuchteschutz in Kellern nicht ausreichen, wird eine Beheizung notwendig sein. Das kann entweder über einen Heizkörper erfolgen, der in einen Solarthermiekreis eingebunden ist und besonders im Sommer entsprechende regenerative Potenziale bereitstellt. Oder durch thermisch aktivierte Bauteile, oder Heizkörper, die im bestehenden Zentralheizungssystem eingebunden werden. In historischen Bestandsgebäuden mit Naturkellern kann auch mittels einer kleinen Luft-Wasser-Wärmepumpe Wasserdampf aus der Luft in Kondenswasser umgewandelt werden und über einen Kondensatablauf sicher ausgebracht werden.

Nutzungsänderung von Kellerräumen

Nicht selten werden Kellerräume einer neuen Nutzung zugeführt, was eine völlig neue Betrachtung verlangt und eine Temperierung notwendig macht, wenn ein längerer Aufenthalt von Menschen absehbar ist. Sollte in einem ehemaligen Keller oder Nutzraum eine Wohneinheit hergestellt werden, gilt die bereits bestehende DIN 1946-6 als Planungsgrundlage hinsichtlich des baulichen Feuchteschutzes.

Überarbeitung und Anpassung der DIN 1946-6

In der bereits im Juni dieses Jahres beschlossenen Überarbeitung der DIN 1946-6 wird das Thema Kellerlüftung eine zentrale Rolle spielen – ob als Beiblatt, welches bereits – nicht zuletzt aufgrund der gehäuften Radonbelastungen von Kellern – erarbeitet wurde, oder gar im Haupttext dieser Norm, wird abzuwarten sein. Fakt ist, dass auch bei einer Radon-Sanierung ein spezifisches Lüftungskonzept zur Reduzierung von Radon-Belastungen beitragen kann, was durch entsprechende Empfehlungen beschrieben werden wird.

Fazit

Ein bedarfsorientiertes Lüftungskonzept für Kellerräume kann maßgeblich dazu beitragen, Feuchtelasten im Sinne des Bautenschutzes zu vermeiden. Die Aufgabenstellung an ein Lüftungskonzept für Kellerräume lautet kurzum: feuchte Innenraumluft gegen trockenere (!) Außenluft zu wechseln. Neben einem ?x-geführten Luftwechsel ist grundsätzlich eine Systemtrennung zu realisieren. In manchen Fällen wird ein Luftwechsel als Feuchteschutz jedoch allein nicht ausreichend sein. Ein zu geringer Wärmeschutz und sehr kalte Außenwandoberflächen können dennoch eine zusätzliche Temperierung insbesondere von Bauteiloberflächen verlangen.  

Autor: Frank Hartmann

 


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