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Kundeninsolvenz - Wenn scheinbar nichts mehr geht

Die Zahlungsunfähigkeit eines Kunden tritt meist nicht spontan ein, häufig kündigt sich eine drohende Insolvenz bereits Monate vorher an. Unregelmäßige oder verschleppte Bezahlung von Rechnungen oder auch der schlechte Ruf des Kunden im Umgang mit seinen Finanzen können erste Anzeichen dafür sein. Mit der Insolvenz eines Kunden wird in der Regel ein großer Teil der offenen Forderung uneinbringlich. Solche Zahlungsausfälle können – gerade wenn große Aufträge betroffen sind – das eigene Unternehmen selbst in finanzielle Schwierigkeiten bringen oder sogar die wirtschaftliche Existenz bedrohen. Deshalb gilt: Ein gezieltes Forderungsmanagement, Wachsamkeit und die rechtzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Insolvenz erhöhen die Chancen, einen Teil der ausstehenden Forderungen doch noch zu erhalten.

Sowohl im Regelinsolvenzverfahren als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren können Schuldner eine Restschuldbefreiung erlangen.

Bettina Martin.

 

Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Regelinsolvenzverfahren und dem Verbraucherinsolvenzverfahren. Die Regelinsolvenz steht Unternehmen und Selbstständigen, aber auch ehemals Selbstständigen mit mehr als 19 Gläubigern und/oder Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen offen. Das Verbraucherinsolvenzverfahren wird umgangssprachlich auch als „Privatinsolvenz“ bezeichnet. Es findet Anwendung für private Schuldner oder ehemals Selbstständige mit weniger als 20 Gläubigern und ohne Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen. Sowohl im Regelinsolvenzverfahren als auch im Verbraucher­insolvenzverfahren können die Schuldner eine Restschuldbefreiung erlangen.

Wie läuft ein Regelinsolvenzverfahren ab?

Einen Insolvenzantrag kann der zahlungsunfähige oder von Zahlungsunfähigkeit bedrohte Unternehmer selbst stellen. Aber auch Gläubiger können tätig werden, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt.
Zunächst prüft ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter, ob genügend sogenannte „Masse“ (verwertbares Vermögen) vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Sobald der Insolvenzantrag gestellt ist, dürfen vom Schuldner keinerlei Zahlungen an seine Gläubiger mehr geleistet werden. Dies dient der Gleichbehandlung aller Gläubiger, dem Ziel eines jeden Insolvenzverfahrens. Laufende gerichtliche Verfahren werden dazu in der Regel ruhend gestellt. Der Insolvenzverwalter kann diese Verfahren jedoch wieder aufnehmen, anerkennen oder gemeinsam mit dem Gläubiger für erledigt erklären.
Wird der Insolvenzeröffnungsantrag mangels Masse rechtskräftig abgewiesen, endet das Eröffnungsverfahren. In der Folge werden juristische Personen wie z.B. GmbHs und Aktiengesellschaften aufgelöst. Mit der Liquidation ist es dem Gläubiger möglich, die Zwangsvollstreckung in das vorhandene Restvermögen durchzuführen.
Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für die Eröffnung des Verfahrens, werden alle aus den Buchhaltungsunterlagen ersichtlichen und bekannten Gläubiger benachrichtigt und aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden. Wichtig ist jetzt, alle Außenstände, die den Schuldner betreffen, geltend zu machen und z.B. mit Verträgen, Rechnungen zu belegen.
Tipp: Haben Sie die Vermutung, Ihr Kunde könnte vor Antragstellung andere Gläubiger bedient haben, weil diese mehr Druck gemacht hatten oder persönliche Beziehungen bestehen? Das müssen Sie nicht hinnehmen. Der Insolvenzverwalter hat nämlich die Pflicht, die Prüfung der sogenannten Dreimonatsgrenze durchzuführen. Sollte sich dabei herausstellen, dass innerhalb von drei Monaten vor Beantragung des Insolvenzverfahrens Gläubiger bevorzugt wurden, müssen diese die erhaltenen Beträge wieder an den Insolvenzverwalter zurückzahlen. Es lohnt sich also, den Insolvenzverwalter daraufhin gezielt anzusprechen und Einsicht in die Prüfungsakten zu beantragen. Darüber hinaus haben Finanz­ämter, Krankenkassen oder andere Behörden keine vorrangigen Ansprüche!

Gleiches Recht für alle Gläubiger?

Grundsätzlich müssen bei der Abwicklung des Insolvenzverfahrens alle Forderungen gleich behandelt werden. Allerdings haben Gläubiger mit einem Aussonderungs- oder Absonderungsrecht den Vorteil der bevorzugten Behandlung. Nachdem diese Gläubiger Ihre Rechte geltend gemacht haben, gelangt das Restvermögen des Schuldners in die Insolvenzmasse. Hiervon werden dann die Gerichtskos­ten des Insolvenzverfahrens, die Vergütung des Insolvenzverwalters sowie Verbindlichkeiten, die dem Insolvenzverwalter zur vorübergehenden Weiterführung des insolventen Unternehmens entstanden sind, bezahlt.
Ist danach noch etwas im Insolvenztopf, werden die Insolvenzgläubiger bedient, also diejenigen Gläubiger, die Ihre Forderung angemeldet haben. Sie können auf eine anteilige Begleichung ihrer Forderungen hoffen. Meist bedeutet dies aber, dass nur ein minimaler Bruchteil der geltend gemachten Forderungen, in der Regel nicht einmal 5%, zur Auszahlung kommt.

Bevorzugte Behandlung für Gläubiger mit Aus- oder Absonderungsrecht

Gläubiger mit einem Aussonderungsrecht sind Eigentümer von Gegenständen, die zwar im Besitz des Schuldners sind, aber noch nicht bezahlt wurden, wie z.B. gelieferte Waren. Der Eigentümer darf dann diese Gegenstände „aussondern“. Dieser Herausgabeanspruch ist unter Vorlage geeigneter Unterlagen, wie vertragliche Vereinbarungen, gegenüber dem Insolvenzverwalter anzuzeigen.
Das Absonderungsrecht hat das Ziel der bevorzugten Bedienung eines Gläubigers aufgrund eines ihm zustehenden Sicherungsrechts. Eine solche Absicherung einer Forderung kann beispielsweise durch Pfandrechte, Sicherungsrechte (z.B. Sicherungsübereignung) oder Grundpfandrechte (z.B. Grundschuld, Hypothek) erfolgen. Der Insolvenzverwalter verwertet dabei den Gegenstand im Rahmen des Verfahrens. Der Erlös geht dann nicht in die Insolvenzmasse ein, sondern steht ausschließlich dem absonderungsberechtigten Gläubiger zu. Bevor der erlöste Betrag bis maximal zur Höhe der offenen Forderung zur Auszahlung kommt, wird eine Kostenpauschale von 9% für die Verwertung durch den Insolvenzverwalter abgezogen. Stellt sich jedoch heraus, dass der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Sicherungsgut unberechtigt veräußert hat, so steht dem Sicherungsnehmer die Herausgabe des dafür erlangten Erlöses in voller Höhe der gesicherten Forderung zu.
Besteht ein Aus- oder Absonderungsrecht, so muss dieses immer vom Gläubiger selbst mit der Forderungsanmeldung direkt beim Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Zügiges Handeln ist dabei von Vorteil. Die Forderungsanmeldung selbst ist mit den entsprechenden Nachweisen bis zum Ablauf der vom Insolvenzverwalter gesetzten Anmeldefrist einzureichen. Hat man die Anmeldefrist versäumt, ist die Anmeldung zwar noch möglich, es können jedoch auf den Gläubiger Mehrkos­ten zukommen.

Verteilung der Insolvenzmasse an die Gläubiger

Bevor das Vermögen aus der Insolvenzmasse an die Insolvenzgläubiger zur Verteilung kommt, werden zunächst die Masseverbindlichkeiten bezahlt. Dies sind die Kosten des Insolvenzverwalters oder auch Verbindlichkeiten, die erst während des Insolvenzverfahrens durch dessen Tätigkeit entstehen. Die Schlussverteilung aus der Insolvenzmasse erfolgt nach der errechneten Quote entsprechend der Anzahl der Gläubiger und der Höhe der Forderungen. Zwar könnte sich der Gläubiger aus dem noch offenen Teil seiner Forderung einen vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle erteilen lassen und damit die Zwangsvollstreckung betreiben. Dieses Recht ist jedoch meist nicht durchsetzbar, da nach einem durchgeführten Insolvenzverfahren in der Regel kein Vermögen mehr vorhanden ist, bzw. die Kapitalgesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht wird. Falls eine Restschuldbefreiung erteilt wurde, erlöschen damit alle Forderungen endgültig. Die einzige Ausnahme: Wurde bei der Insolvenz eine Forderung angegeben, die aus einer unerlaubten Handlung herrührt, dann erlischt diese nicht.

Verbraucherinsolvenzverfahren

Für das Verbraucherinsolvenzverfahren gelten Sonderregeln zusätzlich zu den Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens. Voraussetzung für die Durchführung ist ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren unter Zuhilfenahme einer staatlich anerkannten Stelle, z.B. einer Schuldnerberatungsstelle. Zunächst werden alle Gläubiger mit einem Einigungsvorschlag angeschrieben. Lehnt auch nur ein Gläubiger diesen Vorschlag ab, gilt der Versuch der Einigung als gescheitert und der Schuldner kann beim Insolvenzgericht die Eröffnung des Verfahrens beantragen.


Finanzämter, Krankenkassen oder andere Behörden haben keine vorrangigen Ansprüche.


Nach Zulassung des Eröffnungsantrags hat das Gericht die Möglichkeit, ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren einzuleiten. Wird der Schuldenbereinigungsplan angenommen, so kann der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung beantragen. In diesem Falle endet das gerichtliche Verfahren. Für den Fall, dass das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren erfolglos ist, oder das Gericht darauf verzichtet, liegt die Entscheidung über die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens sowie die Bestellung eines Treuhänders beim zuständigen Insolvenzgericht. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird dieses im Bundesanzeiger, sowie in dem Veröffentlichungsblatt des zuständigen Gerichts bekannt gemacht. Über das Internet können die Daten unter www.insolvenzbekanntmachungen.de eingesehen werden. Der Treuhänder verwertet die Insolvenzmasse. Nach Abschluss der Verwertung entscheidet das Insolvenzgericht über die Aufhebung des Verfahrens sowie über den vom Schuldner gestellten Antrag auf Restschuldbefreiung.
Tipp: Prüfen Sie genau, ob Sie einem Schuldenbereinigungsverfahren zustimmen wollen. Entscheidend ist in jedem Fall die Höhe der zu erwartenden Quote. Eine Zustimmung zu diesem Plan ist nur ratsam, wenn er vorsieht, dass die darin genannten Beträge in einem begrenzten, genau definierten Zeitraum ausbezahlt werden. Außerdem empfiehlt es sich eine Klausel aufzunehmen, wonach die gesamte ursprüngliche Forderung wieder zur Zahlung fällig wird, wenn sich der Schuldner nicht an den Zahlungsplan hält.

Restschuldbefreiung

Die Restschuldbefreiung und der damit verbundene Verlust der Forderung des Gläubigers kann dieser nur verhindern, wenn er Anhaltspunkte für ein unredliches Verhalten des Schuldners aufführen kann. Diese sogenannten Versagungsgründe hat der Gesetzgeber klar geregelt. Gläubigerbegünstigung, Bankrott, aber auch die Verletzung der Buchführungspflicht fallen darunter. Ebenso stellen unrichtige Angaben des Schuldners über seine wirtschaftlichen Verhältnisse, um z.B. einen Kredit zu erhalten, einen Versagungsgrund dar.
Tipp: Die Antragstellung des Gläubigers auf Versagung der Restschuldbefreiung sollte genau überlegt sein, da die behaupteten Versagensgründe auch bewiesen werden müssen. Denn im Falle eines abgewiesenen Antrags bleibt der Gläubiger zudem auf den Kosten des Verfahrens sitzen. Sollte sich der Gläubiger trotzdem zu einem Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung durchringen, dann ist zu beachten, dass dieser mündlich im Schlusstermin gestellt werden muss. Eine schriftliche Stellung des Antrages ist nicht zulässig.


Das Absonderungsrecht hat das Ziel der bevorzugten Bedienung eines Gläubigers aufgrund eines ihm zustehenden Sicherungsrechts.


Liegt ein Versagungsgrund vor, muss das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung verneinen. Sollte der Schuldner innerhalb von zehn Jahren ein weiteres Insolvenzverfahren einleiten, so kann der Gläubiger mit dem Versagungsgrund des vorherigen Verfahrens noch einmal die Restschuldbefreiung verhindern. Sollten sich bis zum Schlusstermin noch keine Anhaltspunkte für eine Versagung ergeben haben, ist es für den Gläubiger ratsam, die finanzielle Situation seines Kunden für die Zeit der Wohlverhaltensphase (sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) weiterhin im Auge zu behalten. In dieser Zeit muss der Schuldner nämlich die sogenannten Verfahrensobliegenheiten erfüllen. Dazu zählen, dass einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgegangen bzw. sich um eine Tätigkeit bemüht werden muss. Des Weiteren ist z.B. eine Erbschaft zur Hälfte an den Treuhänder zu übergeben, der diese an die Gläubiger ausbezahlt. Auch über Wohnungs- oder Arbeitswechsel muss der Schuldner den Treuhänder unmittelbar benachrichtigen. Bemerkt ein Gläubiger Anhaltspunkte einer solchen Obliegenheitsverletzung, muss er diese beweisen. Akteneinsicht auf Antrag in die Insolvenzakte kann hier hilfreich sein.

Fazit

Trotz eines aufmerksamen Forderungsmanagements ist das Risiko einer Kundeninsolvenz nie ganz zu vermeiden. Um in einem solchen Fall in den Genuss einer bevorzugten Behandlung zu kommen, sollte man sich mit den verschiedenen Sicherungsmöglichkeiten vertraut machen und diese im Vorfeld anwenden. Dadurch können Forderungen insolvenzfest gemacht werden und durch das Aus- und Absonderungsrecht bevorzugt behandelt werden. Geht man als Insolvenzgläubiger in das Rennen, sollte der Schuldner im Fall eines Verbraucherinsolvenzverfahrens aufmerksam im Auge behalten werden, um mögliche Versagungsgründe für die Restschuldbefreiung oder Obliegenheitsverletzungen zu erkennen und geltend machen zu können.


Nachgefragt

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie kann sich ein SHK-Unternehmer vor Verlusten durch Kundeninsolvenz schützen?
Bettina Martin: Der Unternehmer sollte sein Forderungsmanagement gezielt betreiben und Hinweise auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit ernst nehmen. Erste Anzeichen können z.B. sein, dass sonst pünktliche Zahler wiederholt angemahnt werden müssen oder auffällt, dass Kundenskonto entgegen früherer Gewohnheiten nicht mehr ausgenutzt werden. Unerlässlich für den Schutz vor Verlusten durch Kundeninsolvenz ist die Absicherung der Forderung durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen, z.B. ein ausdrücklicher Eigentumsvorbehalt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Für den Fall, dass das Insolvenzverfahren erst gar nicht zugelassen wird – gibt es doch noch eine Möglichkeit, offene Forderungen einzutreiben?
Bettina Martin: Eventuell ja. Da die Ablehnung der Verfahrenseröffnung mangels Masse nicht zwangsläufig mit einer völligen Vermögenslosigkeit einhergeht, sollte versucht werden, Forderung auf dem Weg der dann wieder offen stehenden Zwangsvollstreckung zu realisieren. Informationen über vorhandenes Vermögen können aus der Insolvenzakte gewonnen werden. Um Einsicht in diese zu bekommen, ist ein Antrag auf Akteneinsicht an das zuständige Insolvenzgericht zu stellen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Lohnt es sich, die verschiedenen Insolvenztermine persönlich wahrzunehmen, wenn meistens doch nur geringe Zahlungen zu erwarten sind?
Bettina Martin: Es lohnt sich auf jeden Fall, bei der Gläubigerversammlung, am Prüfungstermin und an der Schlussverteilung persönlich anwesend zu sein oder sich vertreten zu lassen. Der Gläubiger erfährt dabei Näheres über die finanzielle Lage seines Schuldners, der zu erwartenden Quote und welche anderen Gläubiger sich noch im Rennen um die Verteilung der Insolvenzmasse befinden.


Autorin: Bettina Martin, Rechtsfachwirtin und Inhaberin des Inkassounternehmens Bettina Martin Inkasso- und Forderungsmanagement


www.inkasso-martin.de

 


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