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Kosten für Heizung und Warmwasser im Passivhaus zukünftig noch abrechnen?

Mit der Novelle der Heizkostenverordnung (HeizkostenV), die Anfang 2009 in Kraft getreten ist, wurden auch Ausnahmen definiert, wann von der Pflicht zur Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten abgewichen werden kann. Der folgende Beitrag geht speziell auf die Situation bei Passivhäusern ein.

 

Die Heizkostenverordnung trat 1981 in Kraft, u.a. um Anreize zum energiesparenden Verhalten zu schaffen und die Heizkostengerechtigkeit zu erhöhen. Durch Untersuchungen hatte man in den 1970er-Jahren herausgefunden, dass durch eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung der Verbrauch im Mittel um 10 bis 15% gesenkt werden konnte. Somit leistet die Heizkostenverordnung seit fast 30 Jahren auch einen Beitrag zum Klimaschutz. Zwischenzeitlich konnten große Fortschritte beim Neubau und der Sanierung von Gebäuden erzielt werden. Für Gebäude mit niedrigstem Heizwärmebedarf – Passivhäuser oder mit Passivhauskomponenten sanierte Gebäude – liegen die Heizkosten nur noch bei ca. 10 Cent pro m² und Monat. Die Kosten für eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung übersteigen diesen Betrag deutlich, auch unter Berücksichtigung eines eventuell leicht erhöhten Verbrauchs ohne Abrechnung, sodass die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung in Passivhäusern normalerweise nicht mehr wirtschaftlich ist.

Dies hat der Gesetzgeber in der Novelle der Heizkostenverordnung vom 1. Januar 2009 berücksichtigt und in §11 neben Gebäuden, die überwiegend mit Erneuerbaren Energien beheizt werden, auch besonders sparsame Gebäude als Ausnahmetatbestände aufgenommen. Außerdem sind dort auch Ausnahmen bei der Abrechnung der Warmwasserkosten definiert.

Möglichkeiten zur Abrechnung der Heizwärme

Heizkosten in Gebäuden mit einem Heizwärmebedarf von unter 15 kWh/(m²a) müssen nun nicht mehr nach dem individuellen Verbrauch abgerechnet werden. Stattdessen können andere Abrechnungsmodalitäten vertraglich vereinbart werden.  Eine Recherche verschiedener, bereits eingesetzter Abrechnungsverfahren ergab folgende Möglichkeiten:

  1. Heizkosten werden nicht separat in Rechnung gestellt, sondern sind Bestandteil des Mietzinses. Hier trägt der Vermieter das Risiko steigender Energiekosten und von extremem Nutzerverhalten.
  2. Festlegung einer Heizkostenpauschale, die anteilig über die Wohnfläche der Wohnungen verteilt wird. Sie ist für mindestens ein Jahr festgelegt und kann im Laufe der Zeit angepasst werden.
  3. Die Teilinklusivmiete bestehend aus Nettokaltmiete und Betriebskostenpauschale für Heizung und Warmwassererwärmung. Letztere kann als Staffelmiete vereinbart werden, die nach § 557, 558a BGB in jährlich festgesetzten Intervallen erhöht werden kann. Somit können steigende Kosten umgelegt werden.
  4. Jährliche Umlegung der Gesamtkosten nach Wohnfläche und Verzicht auf eine individuelle Heizkostenabrechnung. Hier bleibt der Zusammenhang von Heizkosten und dem Verhalten der Hausgemeinschaft weiter erfahrbar und Heizkostensteigerungen können direkt weiter gegeben werden. Allerdings entsteht weiter der Aufwand für die Abrechnung.

Für alle vier vorgestellten Varianten konnten Praxisbeispiele gefunden werden. Die Recherche zeigte jedoch auch, dass die Regelung bisher nur in begrenztem Umfang genutzt wird. Für die Zukunft ist hier eine stärkere Verbreitung zu erwarten, besonders wenn erkannt wird, dass dadurch nicht nur die Abrechnungskosten, sondern auch der Verwaltungsaufwand und die Streitfälle mit Mietern deutlich reduziert werden können.

Heizkostenverordnung sollte präzisiert werden

Die Formulierungen in § 11 der Heizkos­tenV enthalten für den Praktiker jedoch Unklarheiten, die beseitigt werden sollten. So sind z.B. Passivhäuser dort nicht explizit genannt, sondern nur ein Heizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a), ohne dass das zugehörige Berechnungsverfahren genannt wäre (Energieeinsparverordnung oder Passivhaus-Projektierungs-Paket). Außerdem schließt eine Definition von 15 kWh/(m²a) Bestandsgebäude aus, die mit passivhaus-geeigneten Komponenten saniert wurden und einen Heizwärmebedarf von unter 25 kWh/(m²a) aufweisen. Untersuchungen des Instituts Wohnen und Umwelt zeigen jedoch, dass auch bei diesen eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung unwirtschaftlich und der Nutzereinfluss bei fehlender Abrechnung nur begrenzt ist. Hier sollten die Formulierungen präzisiert bzw. angepasst werden.

Verzicht auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Warmwasserkosten?

Der § 11 der HeizkostenV erlaubt, die Ausnahmen, die für die Heizwärme gelten, auch auf den Bereich der Brauchwassererwärmung auszudehnen. Hier ist jedoch unklar, wie die Formulierungen im Gesetzestext zu interpretieren sind. Beispielsweise wird dort auch für die Warmwasserbereitung ein Wärmebedarf von 15 kWh/(m²a) als Grenzwert genannt, der nach den Vorgaben der Energieeinspar-Verordnung über den Planungsvorgaben für normale Neubauten liegt. Unabhängig von der juristischen Auslegung der Formulierung ist jedoch kritisch zu fragen, ob eine pauschale Abrechnung des Warmwassers nicht zu einer Erhöhung des Warmwasserverbrauchs führen wird, da – anders als bei der Heizwärme in Passivhäusern – hier kaum technische Vorkehrungen zur Begrenzung des Verbrauchs möglich sind. Auch fehlen empirische Untersuchungen zu diesem Thema.

Nutzen eines Verzichts auf verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung

Bislang ergibt sich für einen Vermieter kaum ein kurzfristiger finanzieller Vorteil, wenn er ein energetisch hochwertiges Passivhaus errichtet, da die Mieter von der Ener­giekosteneinsparung profitieren und die Wohnungsmärkte den verbesserten Standard nur begrenzt honorieren. Durch die Vereinbarung von Pauschalen für die Heizkosten kann ein Teil der Einsparung an den Vermieter zur Refinanzierung der Mehrkosten zurück fließen, sodass es für ihn rentabel ist, sich für ein effizientes Passivhaus zu entscheiden. Die Mieter profitieren bei diesem Modell doppelt, da einerseits die Heizkosten immer noch deutlich unter dem Niveau eines konventionellen Gebäudes liegen, andererseits aber ein verbesserter Schutz vor steigenden Heizkosten besteht (in Passivhäusern sind die Verbrauchskos­ten niedrig und die Pauschalen werden für eine Mindestlaufzeit festgelegt). Schließlich profitiert die Umwelt, d. h. die Allgemeinheit durch den deutlich reduzierten Energieverbrauch für die Beheizung des Gebäudes.

Fazit

Die novellierte Heizkostenverordnung erlaubt für besonders sparsame Gebäude eine Ausnahme von der Abrechnung der Heizkos­ten. Auch wenn noch nicht alle Rückwirkungen auf das Nutzerverhalten bekannt sind, wird für Passivhäuser mit begrenzter Heizleistung eine pauschale oder flächenbezogene Abrechnung als gangbarer Weg angesehen.

Werden die Warmwasserkosten nicht nach individuellem Verbrauch abgerechtet, sind die Konsequenzen auf die Höhe des Warmwasserverbrauchs wegen fehlender wissenschaftlicher Untersuchungen im Moment nicht abzusehen, sodass dies gegenwärtig nicht empfohlen werden kann.

Literatur: Behr, Enseling, Großklos, Hacke, Müller: Heizkos­ten im Passivhaus, Warmmiete oder Flatrate-Modell, Praxiserfahrungen, Studie im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 2010, im Internet unter www.iwu.de

Autor: Marc Großklos, Institut Wohnen und Umwelt GmbH, Darmstadt

Drei Abrechnungsbeispiele aus der Praxis


Beispiel 1: Passivhaussanierung Rotlintstraße 116-128, Frankfurt am Main

Die Gebäude wurden 2008-2010 von der ABG Frankfurt Holding GmbH auf Passivhausstandard saniert und besitzen 61 Wohnungen zwischen 50 m² und 110 m² Wohnfläche. Die Restwärme für Heizung und Warmwasser wird in einem Raps-Öl-Blockheizkraftwerk, einer thermischen Solaranlage und einer Gas-Spitzenlasttherme erzeugt. In diesen Gebäuden werden die Kosten für Heizung und Warmwassererwärmung den Mietern nicht separat in Rechnung gestellt, sondern sind Bestandteil der Miete. Der Mietvertrag enthält jedoch die Möglichkeit, nach einer Erprobungsphase bis 2014 zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung zurück zu kehren.

Beispiel 2: Passivhausneubau Elisabeth-Selbert-Straße 10, Darmstadt

Die Genossenschaft WohnSinn eG errichtete zwei Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 73 frei finanzierten bzw. geförderten Mietwohnungen sowie genossenschaftlich gebundene Eigentumswohnungen in Passivhausbauweise. Dabei wird auf die individuelle verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizkosten verzichtet. Die Kosten werden anteilig, bezogen auf das Verhältnis der Wohnfläche zur Gesamtfläche des Gebäudes auf die Haushalte verteilt. Auf diese Weise bleibt die Abhängigkeit der Heizkosten vom Verhalten der Hausgemeinschaft erfahrbar und setzt einen Anreiz zum bewussten Umgang mit Heizung und Lüftung. Der Kalt- und Warmwasserverbrauch wird weiterhin für jeden Haushalt getrennt erfasst. Bei dieser Variante entfallen die Kosten für Installation und Wartung der Messgeräte für Heizenergie sowie die Ablesekosten, allerdings ist das Erstellen der Heizkos­tenabrechnung mit dem entsprechenden Verwaltungsaufwand weiterhin nötig.

Beispiel 3: Passivhausneubau Elisabeth-Selbert-Straße 6, Darmstadt

Die bauverein AG Darmstadt und WohnArt 3 e. V. realisierten 2009/10 ein Mehrgenerationenhaus im Passivhausstandard mit 24 Wohneinheiten, davon 14 in öffentlich geförderten Wohnungen.

Der Mietvertrag sieht für die Abrechnung der Heizwärmekosten eine Pauschale für die Raumwärme vor. Diese wird anteilig im Verhältnis der Wohnfläche zur Gesamtwohnfläche auf die Haushalte umgelegt. Sie ist für mindestens ein Jahr festgelegt. Die Möglichkeit der Anpassung sowie der Hinweis auf § 11 Heizkostenverordnung ist in den Mietvertrag aufgenommen. Der Wasserverbrauch und die damit verbundenen Kosten der Wassererwärmung sind nicht in der Pauschale enthalten, sie werden konventionell verbrauchsabhängig abgerechnet.

 


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