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Kosten fallen zügig - Photovoltaik macht große Schritte in Richtung

Nach dem freien Fall der Modulpreise können Solaranlagen vorerst nicht mehr nennenswert billiger werden – sollte man meinen. Doch das Kostensenkungspotenzial der Photovoltaik ist längst nicht ausgereizt: Bei den Rohstoffen und Komponenten sind noch erhebliche Einsparungen möglich.

Zukunftsprodukt: Modulproduktionen werden immer effizienter. Dadurch nähert sich die Photovoltaik zügig der Wettbewerbsfähigkeit. Bild: Centrosolar

Im Solarlabor: Die Effizienz von Photovoltaikzellen ist noch längst nicht ausgereizt. Forscher arbeiten eifrig an neuen Konzepten. Bild: Dupond

Schnell genug? Auch Solarteure können Kosten senken - indem sie in kürzerer Zeit mehr Leistung auf die Dächer bringen. Bild: Bosch

Qualitätskontrolle: Für leistungsstarke Solarmodule ist hochwertiges Weißglas unverzichtbar. Bild: Bosch

 

Das soll einer verstehen: Noch immer schimpft die Solarbranche heftig auf die deutsche Bundesregierung, weil diese die Solarstromförderung um bis zu 30% kürzen möchte. „So stark können wir die Kosten gar nicht mehr senken“, kritisiert Solarworld-Chef Frank Asbeck. Die Bundesregierung setze Tausende Jobs aufs Spiel.
Tatsächlich stellt sich die Marktlage jedoch weniger dramatisch dar: „In Deutschland wird fleißig weiter installiert. Es ist dieses Jahr sogar ein neuer Zubaurekord von 8 GW denkbar“, sagt der Analyst Stefan de Haan vom US-Marktforscher IHS iSuppli. Sicher ist: Der Preis für Solaranlagen fällt derzeit im gleichen starken Maße wie die Solarstromvergütung. Kostete eine kleine schlüsselfertige Dachanlage inklusive Montage zum Jahreswechsel noch durchschnittlich 2 Euro pro Kilowatt (kW), gibt es sie nach Erhebungen von IHS iSuppli derzeit bereits 25% günstiger für 1,50 Euro.
Grund für den rapiden Preisverfall ist der harte Wettbewerb in der PV-Industrie. „Vor allem chinesische Hersteller haben stark in neue Technologien investiert und schnell große Produktionen aufgebaut“, sagt de Haan. Die Folge: Massive Überkapazitäten, die Produzenten zwingen, ihre Module teilweise unter Fertigungskosten zu verkaufen. „Der Durchschnittspreis für Module hat sich seit Mitte 2010 nahezu halbiert“, so de Haan.

Harter Preiskampf
Für die Solarbranche ist der Preisrutsch Fluch und Segen zugleich. Einerseits schreiben weltweit immer mehr Hersteller rote Zahlen, weil sie im Preiskampf mit den Asiaten hohe Verluste hinnehmen müssen. Mit Q-Cells meldete im April 2012 bereits die vierte deutsche Solarfirma Insolvenz an. Andererseits nähert sich die PV mit Riesenschritten der Wettbewerbsfähigkeit.
Bei Systempreisen von 1,50 Euro pro Watt kann die Kilowattstunde (kWh) nach gängiger Strompreisformel heute schon für 12 Eurocent produziert werden. Damit ist Solarstrom in Deutschland nur noch rund 4 Eurocent teurer als die kWh aus konventionellen Gas- und Kohlekraftwerken, die aktuell bei rund 8 Eurocent liegt.
In Ländern wie Italien, Spanien oder in den USA steht die PV dank niedrigerer solarer Stromgestehungskosten sogar bereits unmittelbar vor der Konkurrenzfähigkeit. Solarenergie wird also in vielen Ländern der Welt nicht mehr lange auf Förderung angewiesen sein.
Doch das letzte Stück zur Wettbewerbsfähigkeit wird für die Branche hart. „Kostenersparnisse in der Zellen- und Modulproduktion werden nach dem freien Fall der Modulpreise nun immer schwieriger“, sagt Eric Maiser, Geschäftsführer des Fachverbands Photovoltaik-Produktionsmittel im Maschinenbauverband VDMA. So ist z.B. der Preis für Wafer, die Vorstufe der Zellen, nach einer aktuellen Studie des britischen Marktforschers IMS Research von Anfang 2011 bis zum ersten Quartal 2012 um 70% auf 30 US-Cents gefallen. Viel Luft nach unten gibt es in diesem wichtigen Bereich der solaren Wertschöpfungskette also nicht mehr.
Dennoch besteht Hoffnung für die Solarindustrie. Die Systemebene, dazu zählen Wechselrichter, Gestelle, die Verkabelung sowie die Installation, bietet noch großes Einsparpotenzial. Entfielen auf die sogenannten Balance-of-System (BOS)-Kosten 2010 noch ein Drittel der Gesamtkosten eines Solarprojekts, liegt ihr Anteil mittlerweile etwa bei der Hälfte. „Wir müssen die BOS-Kosten daher jetzt stärker ins Blickfeld nehmen“, sagt Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg.

Anlagenperipherie im Blick

Weber schätzt, dass die Systemkosten in den kommenden 2 Jahren um 20% sinken können. Der Wechselrichtermarkt ist bereits in Bewegung gekommen, wie Eckhard Wolf, Director Business Line Management beim Wechselrichterhersteller AEG Power Solutions, erklärt. „Bei den Kleingeräten geht der Weg mit dem Einstieg asiatischer Produzenten in Richtung Massenproduktion.“ Dieser Trend zeigt sich ebenso bei den Gestellen. Große Aluminiumproduzenten und Profilhersteller wie Sapa, Hilti oder Cooper B-Line positionieren sich, um den Weltmarkt zu beliefern. Ihr Einstieg lässt deutliche Größenkostenvorteile erwarten.
Auf der Rohstoffseite bewegt sich die Preiskurve ebenfalls deutlich nach unten. Rohstoffexperte Simon Jäger von der Frankfurter Dekabank schätzt, dass der Siliciumpreis aufgrund steigender Produktionskapazitäten in den kommenden Monaten ein neues Rekordtief von 20 Dollar pro Kilogramm erreichen wird. Zum Vergleich: Als vor 5 Jahren der PV-Boom startete, kostete das Kilogramm Silicium auf dem Spotmarkt wegen der sprunghaft steigenden Nachfrage bis zu 400 Dollar, also das Zwanzigfache.
Auch die Glaspreise können noch deutlich fallen. Der Kostenanteil von Deck- und Trägergläsern in einem Modul beträgt derzeit durchschnittlich rund 10%. Bei einem aktuellen Modulpreis von 80 Eurocent sind das 8 Eurocent. „Diese Kosten lassen sich durch neue Herstellungsverfahren und kleine, dezentrale Produktionseinheiten um zwei Drittel senken“, erklärt der Glasspezialist Heiko Hessenkämper von der TU Freiberg. So hat sein Institut für Keramik, Glas und Baustofftechnik ein spezielles Oberflächenveredelungsverfahren entwickelt, welches das bisher gängige thermische Härten des Flachglases ersetzen kann. Dadurch ließen sich etwa 5 Eurocent pro Watt Kosten sparen und zudem eine höhere Beständigkeit erreichen, sagt Hessenkämper. „Wir verringern das Spontanbruchproblem.“
Einen anderen Ansatz für Kostensenkungen bietet sogenanntes Alumosilikatglas. Es könne kostengünstig aus Reststoffen wie Industrieschlacken gewonnen werden und habe gegenüber dem bisher verwendeten Rohglas den Vorteil, dass es bei höheren Temperaturen beschichtet werden kann. „Das ermöglicht bei Dünnschichtmodulen höhere Abscheideraten und um bis zu 25% bessere Wirkungsgrade“, erklärt Hessenkämper. So könne z.B. die Effizienz von Paneelen auf Basis von Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIS) von derzeit 13 auf 16% gesteigert werden. Das entspräche dem gegenwärtigen Effizienzniveau kristalliner Siliziummodule.

Neue Ansätze beim Glas

In einigen Jahren könnten dann kleine, in Modulproduktionen integrierte Walzglasfabriken auf den Markt kommen, die lange Transportwege und Glasbruch vermeiden und so Logistikkosten sparen. Walzglasspezialist Fickert + Winterling aus Marktredwitz in Oberfranken will bis 2015 eine Glasfabrik anbieten, die mit einer Tagesproduktion von 30 bis 50 t deutlich kleiner als herkömmliche Glasfabriken ist. Momentan entwickelt das Unternehmen diese Fabrik gemeinsam mit anderen Glasspezialisten im Rahmen des Netzwerks Solarvis ein Glaswerk. „Wir glauben, dass eine Inhouse-Lösung für Modulhersteller eine interessante Lösung sein kann“, sagt Werner Haag, Entwicklungschef von Fickert + Winterling.
Dieser Meinung ist auch Glasexperte Hessenkämper: Bisher bezögen die Modulhersteller ihre ultraweißen Deck- und Trägergläser aus Linien oder Veredelungen, die oft viele Hundert Kilometer von ihren Produktionsstandorten entfernt seien. Hessenkämper schätzt, dass auf den Transport und die Veredelung drei Viertel der Kosten des Solarglases entfallen. Bei 10 Euro pro m², für die das Material angeboten wird, sind das also immerhin 7,50 Euro.

Solar meets glass

Auf der internationalen Fachmesse für solares Herstellequipment, solarpeq und der parallel stattfindenden glasstec, Weltleitmesse für die Glasbranche, können sich die Hersteller vom 23.10.2012 bis 26.10.2012 in Düsseldorf über die Innovationen und Visionen der Glasproduzenten ein Bild machen. Außerdem findet am 22. und 23.10.2012 auf dem Messegelände die Konferenz „solar meets glass“ statt, die sich auf die Schnittstellenthemen der Glas und Solarbranche konzentriert und sich unter anderem mit der Kostenthematik befasst.
Bis Lösungen wie die „Mini-Glasfabrik“ Standard werden, setzt die Industrie auf naheliegende Innovationen. Der ostdeutsche Solarglashersteller F-Glass, ein Joint Venture von Interpane und der niederländischen Firma Scheuten, bietet inzwischen z.B. Floatglas an, das mit 2 mm Dicke um mehr als 1 mm dünner ist als herkömmliches Solarglas. „Auf diese Weise reduzieren wir den Preis pro Fläche und ermöglichen Modulherstellern, neue Produkte zu entwickeln“, sagt F-Glass Vertriebsleiter Thomas Keyser. So ließen sich dank der dünneren Scheiben Glas-Glas-Module herstellen, die robuster und langlebiger seien als die bisher gängigen Glas-Folien-Module. „Damit können Hersteller die Technikführerschaft übernehmen“, sagt Keyser.

Innovationen beim Solarglas

Neben weiteren Materialersparnissen werde F-Glass auch an höheren Durchsätzen der Glasproduktion sowie an stetigen logistischen Verbesserungen arbeiten. „Wir können die Bestelllogisitik für unsere Kunden vereinfachen, indem wir ihre Materialplanung mit übernehmen.“ Dadurch könne F-Glass hohe Lagerbestände vermeiden und Kosten senken, verspricht Keyser. Die solarpeq und die glasstec werden im Herbst in Düsseldorf deutlich zeigen: Es wäre fast schon fahrlässig, für weitere Kostensenkungen nur auf Effizienzsteigerungen von Zellen und Modulen zu setzen. Auch durch Innovationen beim Solarglas kann die Solarenergie noch wesentlich günstiger werden.

KONTAKT: Messe Düsseldorf GmbH, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211 456001, Fax  0211 4560668, info@messe-duesseldorf.de, www.messe-duesseldorf.de

 


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