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Kampf um Auszubildende - Wie SHK-Verbände und Handwerksbetriebe versuchen, genügend willige und geeignete Jugendliche für den Beruf des Anlagenmechanikers zu gewinnen

Immer öfter werden offene Lehrstellen zu Leerstellen. Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden, weil es an geeigneten Bewerbern fehlt oder sich zu wenige Schulabgänger für eine Karriere im Handwerk interessieren. Das Handwerk muss neue Wege gehen, um für Nachwuchs zu sorgen. In diesem Beitrag wird einerseits die momentane Situation beschrieben, andererseits verschiedene Versuche vorgestellt, Auszubildende für das SHK-Handwerk zu gewinnen.

Otto Kentzler steht hinter den Jugendlichen von heute: „Sie sind nicht dümmer als früher!“ Bild: ZDH

Dirk Palige ist als Geschäftsführer des ZDH an oberster Stelle für die Werbung um Nachwuchs verantwortlich. Bild: ZDH

Um Jugendliche zu erreichen, bedarf es auch neuer Medien. Das Internet ist dafür unverzichtbar. Hier die beiden Auftritte „Superheldenkarriere“ der SHK-Landesverbände NRW und Bayern.

Die Firma Bruder & Feucht GmbH geht neue Wege, indem sie spanischen Jugendlichen eine Chance auf eine Ausbildung gibt. Alle Beschäftigten freuen sich auf die beiden Spanier, die im August dieses Jahres eine Lehre beginnen. Bild: Bruder & Feucht

Die Broschüre „Superheldenkarriere“ macht in gedruckter Form Geschmack für den Beruf des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Der ZVSHK vermittelt Jugendlichen, dass ihre Zukunft im SHK-Gewerbe gesichert ist und die Berufe spannend sind.

„Die erkennbare Sozialkompetenz des Azubis ist ein wesentliches Auswahlkriterium“, sagt André Wefers. Bild: Wefers

„Bernd Becker (r.) erklärt dem Auszubildenden Dennis Fischer (1. Lehrjahr) die Besonderheiten der Prüfungswand. Hier können die Auszubildenden, die kurz vor einer Prüfung stehen, ihre Montagefertigkeiten trainieren.“

Heinrich Alt setzt sich als Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit besonders für die Förderung des Nachwuchses im Handwerk ein. Nicht nur im Fliesenlegerberuf, auch im SHK-Handwerk interessieren sich junge Frauen für eine Ausbildung. Bild: ZDH

 

Die Statistik weist für das SHK-Handwerk Folgendes aus: In den letzten 15 Jahren hat sich die Zahl der Auszubildenden im SHK-Handwerk von 70000 auf 35000 halbiert. Der aktuelle Berufsbildungsbericht der Bundesregierung sieht keine Besserung und zeichnet für die nächsten Jahre ein eher ungünstiges Bild. Er geht davon aus, dass die Zahl der Schulabgänger bis 2025 um 17,2% zurückgeht. Lediglich 2014 steigt deren Zahl durch doppelte Abi­turjahrgänge leicht. Obwohl das Angebot an Ausbildungsplätzen von 2011 auf 2012 um 2,4% zurückging, standen gut 15000 arbeitsuchenden Jugendlichen rund 33000 offene Leerstellen gegenüber. Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) formuliert, worin sich sehr viele einig sind: „Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland ist weiterhin vor allem ein Qualifikationsproblem.“

Auszubildende für das Handwerk gewinnen

Seit dem 1. Mai 2011 gilt die volle Freizügigkeit für Arbeitnehmer, auch aus den Beitrittsstaaten der EU. Darauf hat der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) reagiert und Informationen über einzelne Handwerksberufe in elf Sprachen zur Verfügung gestellt. Ein Anfang, aber noch lange nicht genug, meint Otto Kentzler, Präsident des ZDH. Er ist überzeugt, dass „wir (…) mehr Berufsorientierung auch an den Gymnasien (brauchen). Nur dann können Jugendliche ihre Berufswünsche realistisch entwickeln.“
In der Handwerkskammer Leipzig beginnt Berufsorientierung bereits in Kindertagesstätten. Zusätzlich bezieht sie alle Schulformen mit ein. „2000 Schülerinnen und Schüler erleben jedes Jahr die Arbeitswelt des Handwerks“, freut sich der Präsident der Handwerkskammer, Ralf Scheler. Nicht alle schaffen den nahtlosen Übergang von der Schule in den Beruf, daher fordert Heinrich Alt Betriebe auf, auch Spätstartern eine Chance zu geben. Nach Meinung des Vorstandsmitglieds der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit würden einige junge Erwachsene erst spät die Bedeutung einer guten Ausbildung erkennen.
Otto Kentzler sieht das Problem vor allem darin, dass viele Jugendliche nur mit schwachen Noten die Schule verlassen und keine Berufsorientierung haben. Hinzu käme häufig eine fehlende soziale Kompetenz. Solange es um die Qualifikation gehe, könne ein Nachhilfeunterricht eini­ges ausgleichen. Denn eines ist für den Klempnermeister sicher: „Die Jugendlichen sind heute nicht dümmer als früher.“ Er empfiehlt sogar, sich nicht nur an Haupt- und Realschüler zu wenden, sondern auch an Gymnasien für sich zu werben.

  • Beispiel 1: SHK-Handwerksvertretungen kooperieren

Auch das Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk ist sensibilisiert. Unterschiedliche, aber auch ähnliche Initiativen zielen in dieselbe Richtung. Der ZVSHK (Zentralverband Sanitär Heizung Klima) hat auf Mehrheitsbeschluss seiner 17 Landesverbände die bundesweite Kampagne „Volles Rohr Zukunft“ entwickelt. Diese Nachwuchswerbung ist in Gestaltung und Ausführung angelehnt an die Imagekampagne des ZDH. „Davon versprechen wir uns einen starken medialen Rückenwind“, sagt Frank Ebisch, Bereichsleiter Kommunikation beim ZVSHK. Eine eigene Website unter der Adresse www.vollesrohrzukunft.de informiert über die Möglichkeiten, die Jugendliche im SHK Handwerk haben. Unterstützt wird das Ganze durch weitere Maßnahmen wie Flyer, Broschüren, Informationsveranstaltungen und -stände. Anzeigen in den „McDonalds Kino-News“ und weiteren zielgruppengerechten Medien ergänzen die Maßnahmen.
Die SHK-Landesverbände Bayern und NRW haben eigene Kampagnen unter dem Motto „Superheldenkarriere“ initiiert (www.superheldenkarriere.de). Die bayerische Handwerksvertretung sah bereits Handlungsbedarf für Nachwuchswerbung, bevor der ZVSHK sich dieses Themas intensiv annahm. Dies verwundert nicht, da Bayern mit nur 2% Jugendarbeitslosigkeit einen Spitzenwert innerhalb Deutschlands bei der Beschäftigung Jugendlicher einnimmt. Was gesellschaftspolitisch erfreulich ist, stellt für die Anwerbung neuer Auszubildender aber eine deutliche Hürde dar.
Die Kampagne des FV Bayern hat den Schwesternverband in NRW überzeugt, sodass er sich der „Superheldenkarriere“ angeschlossen hat. Lediglich die baye­rischen Filme passten nicht zum Lokalkolorit der Westfalen. Diese produzierten eigene Filme. Beide Fachverbände unterstützen die Betriebe bei der Auswahl der richtigen Bewerber und der Ausbildung der Ausbilder, die zunehmend von Bedeutung ist. Auch Marketingmaßnahmen und Pressearbeit werden angeboten. Weitere Unterstützung liefern ein Radiospot und Kinowerbung.
Manfred Klöpfer, der die Kampagne in Bayern mit betreut, sagt zum Erfolg der Maßnahme: „Wir haben es geschafft, die Zahl der Auszubildenden nach Rückläufigkeit leicht zu steigern.“ Bayern legt die Hände aber nicht in den Schoß, sondern plant eine Neuauflage der Homepage und will in sozialen Netzwerken wie Facebook aktiv werden.
Frank Ebisch bedauert, dass der ZVSHK und die beiden Landesverbände Bayern und NRW getrennte Nachwuchswerbekonzepte umsetzen. „Vielleicht schaffen wir es ja in naher Zukunft, die Kampagnen zusammenzuführen.“ Einen ersten Schritt dahin sieht er in der Übernahme der vom Landesverband Bayern produzierten Filme, die den Jugendlichen die vier Ausbildungsberufe „Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“, „Spengler“, „Behälter- und Apparatebauer“ sowie „Kachelofen- und Luftheizungsbauer“ näher bringen sollen. Die Filme seien handwerklich gut gemacht und mit kleineren Änderungen auch für den bundesweiten Einsatz in der „Volles Rohr Zukunft“-Kampagne gut zu verwenden.

  • Beispiel 2: Sonderstellung Berlin

In Berlin ist laut Bertelsmann Stiftung die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen besonders hoch. Deren schulische Vorkenntnisse werden als unterdurchschnittlich bezeichnet und 14% der Azubis brechen ihre Lehre ab. Tatsachen, die die SHK-Innung alarmiert haben. Um die Lage zu verbessern, ist sie dem „Netzwerk Berufspraxis“ beigetreten. Die aus 15 Innungen bestehende Gruppe setzt sich für eine frühzeitige Berufsorientierung ein, damit die Jugendlichen schon in der Schule eine Vorstellung davon bekommen, welche Möglichkeiten sie bei der Berufswahl haben. Ein speziell ausgearbeiteter Fragenkatalog hilft ihnen einzuschätzen, wo ihre Stärken liegen und macht Vorschläge, in welche Richtung ihre Ausbildung gehen könnte.
Einen ähnlichen Weg geht das Projekt „Handwerk@School“. Es unterstützt den Übergang von der Schule in den Beruf, indem es Werkstatttage organisiert. Schülerinnen und Schüler können verschiedene Berufe im „Echtbetrieb“ kennenlernen. Dabei ist auch ein Film zum Anlagenmechaniker entstanden.
Auch in Berlin ist man fachübergreifend der Meinung, dass das Handwerk gemeinsam aktiv werden muss, um seinen Nachwuchs zu qualifizieren. Diese Aufgabe soll die Stiftung „Handwerk stiftet Zukunft“ bewältigen. Detlef Pfeil, Geschäftsführer der Stiftung, sieht das entscheidende Problem in der mangelnden Qualifikation der Schüler. Diese zu verbessern, hat sich die Stiftung zum Ziel gesetzt. „Handwerk stiftet Zukunft“ wurde von mehreren Innungen, Versorgern und Großhändlern aufgebaut und richtet sich an Jugendliche von z.B. Übergangsmaßnahmen. Eine Ausbildungsmanagerin kümmert sich um jegliche im Zusammenhang mit der Ausbildung anfallenden Probleme. Schwache Auszubildende erhalten Nachhilfeunterricht.

  • Beispiel 3: Speeddatings sind wenig geeignet

Neue Wege hat die Agentur für Arbeit eingeschlagen, indem sie bundesweit Speeddatings veranstaltete. Dazu hat sie Firmen und arbeitsuchende Jugendliche und Fachkräfte eingeladen. Zum ersten Mal fanden die Speeddatings 2011 statt. In Berlin trafen sich 180 Personen, 80 von Ihnen waren Jugendliche. Beide Seiten hatten jeweils fünf Minuten Zeit sich vorzustellen. „Das hat acht Ausbildungsverträge ergeben“, erläutert Detlef Pfeil. Doch 2012 ließ der Erfolg zu wünschen übrig. Da die Jugendlichen freiwillig teilnahmen, kamen nur noch 20, von denen lediglich zwei einen Ausbildungsvertrag abschlossen. Das ist zwar die gleiche Quote wie ein Jahr zuvor (10%). Aber nur zwei Vertragsabschlüsse lassen den Aufwand in keiner guten Relation erscheinen.

  • Beispiel 4: Kontakt zu Schulen

Die SHK-Innung Berlin hält über 27 Schulen Kontakt zu mehr als 2000 Schülern. Schüler nehmen auf freiwilliger Basis an Veranstaltungen nach dem Unterricht teil, bei denen sie Einblicke in den SHK-Beruf bekommen. In einem sich anschließenden Praktikum erfahren sie in fünf Tagen mehr über den Beruf.
Mit der Janusz-Korczak-Schule in Pankow betreibt die Innung Berlin das Projekt „Außerschulischer Lernort“. Die Schüler aller siebenten Klassen kommen mit ihren Lehrern in das SHK-Ausbildungszentrum und werden hier in Technik unterrichtet. Sie erhalten als Abschluss den „Werkzeug-Führerschein.“

Wie einzelne Betriebe das Problem angehen

  • Beispiel 1: Bruder & Feucht GmbH

Neue Wege geht der Handwerksbetrieb Bruder & Feucht in Frankfurt (www.bruder-feucht.de). „Wir hatten dieses Jahr keinen einzigen Bewerber für eine Ausbildung“, bedauert Firmenchefin Sonja Feucht die Situation. Als sie auf dem Jahresempfang ihres Fachverbandes von der Möglichkeit hörte, Jugendliche aus dem Ausland anzuwerben, war ihr Interesse geweckt. Konkret ging es um die Einstellung spanischer Jugendlicher. Sie hatte im Frühling dieses Jahres zwei Mal zwei spanische Jugendliche für jeweils zehn Tage zu einem Praktikum im Betrieb. „Wir waren positiv überrascht“, freut sie sich. Zwei beginnen im August dieses Jahres eine Ausbildung. Die Wahl fiel auf einen 20- und einen 23-Jährigen. Damit die beiden Spanier es hier leichter haben, werden Feuchts sie in ihr Familienleben mit einbeziehen.

  • Beispiel 2: Wefers Techn. Gebäudeausrüstung Heizung – Lüftung – Sanitär GmbH

André Wefers, Geschäftsführer der Firma Wefers aus Köln (www.wefers.com), hält bei der Nachwuchswerbung mehrere Kompetenzen für notwendig. Neben der fachlichen sind auch kommunikative und soziale Kompetenz unentbehrlich. Dennoch sei es wichtig, sich die Intelligentesten und Bes­ten zu sichern. Wefers macht das, indem er in Schulen praktischen Unterricht in Physik und Chemie erteilt, wenn es in den Lehrplan passt. Er hält es auch für wichtig, Interesse am SHK Handwerk zu wecken, indem man auf intelligente Umwelttechniken hinweist und so die Unlust, sich die Hände schmutzig zu machen, umgeht. Betriebspraktika gehören für ihn zum selbstverständlichen Programm der Nachwuchswerbung.
Bei den Einstellungstests achtet Wefers nicht nur darauf, dass ein Bewerber ein Rohr auf eine bestimmte Länge absägen kann. Für ihn ist es auch wichtig, dass er das Werkzeug wieder richtig weglegt und den Arbeitsplatz sauber hinterlässt.
Einen ausführlichen Bericht über die Ini­tiative des Handwerksbetriebs veröffentlicht die IKZ-Haustechnik unter dem Titel „Den Guten müssen wir uns selbst heranziehen“ in einer kommenden Ausgabe.

  • Beispiel 3: E. Becker GmbH & Co. KG

Das SHK-Handwerksunternehmen Becker in Minden hat „kaum Ausbildungsabbrüche“ (www.becker-minden.com). Das liege laut Geschäftsführer Bernd Becker daran, dass die Auszubildenden den Anforderungen gewachsen sind und die Ausbildung gern machen. Becker: „Wir setzen einen Katalog von 25 Fragen ein, den Norbert Stenkamp vom FV NRW entwickelt hat. Damit lässt sich bereits vorher sehr gut feststellen, wer für die Ausbildung geeignet ist.“
Nicht nur die 25 Fragen tragen zum Erfolg bei, sondern auch die Ausbildung selber, die zum Teil im europäischen Ausland stattfindet. Der Bildungsverband Haustechnik Sachsen Anhalt (www.bvht.de) dient als Vorbild. Er bietet in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union Auszubildenden die Möglichkeit, ein vierwöchiges Auslandspraktikum durchzuführen. Die Teilnehmer zahlen einen Anteil von 200 Euro, der Betrieb steuert 300 Euro bei und den Rest übernimmt die Europäische Union. Das hat sich offenbar herumgesprochen. Denn an Bewerbern mangelt es Becker nicht. Vielleicht ist es aber auch das Engagement des Firmeninhabers, der in Schulen Vorträge über sein Gewerbe hält. Ein wichtiger Faktor bei der erfolgreichen Anwerbung von Auszubildenden, wie er meint.
Wer bei Becker eine Ausbildung beginnen möchte, muss in den Osterferien ein Praktikum absolvieren. So können alle Beteiligten feststellen, ob sie füreinander geeignet sind. Die Vorauswahl trifft der Chef. Die endgültige Entscheidung darüber, wer eine Lehrstelle bekommt, fällen die Gesellen. „Die sind viel näher an den Kandidaten dran und können am besten beurteilen, wer geeignet ist“, weiß Becker. Mit Abiturienten hat Becker weniger gute Erfahrungen gemacht, denn die „sind zwar gut in der Schule, aber am Handwerklichen hapert es oft.“ Daher zieht er Bewerber von Haupt- und Realschulen vor.

Fazit

Das SHK-Handwerk hat es seit Jahren nicht leicht, genügend willige und geeignete Jugendliche für den Beruf des Anlagenmechanikers zu gewinnen. Die Zeiten sind vorbei, als sich der Betrieb keine Gedanken um junge Bewerber machen musste. Heute müssen neue Wege beschritten werden. Die hier vorgestellten Beispiele zeigen das.

Autor: Michael G. Schmidt, freier Journalist

 


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