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Glykol darf nicht versickern

ÜWG-Fachbetriebe achten auf Dichtheit in Erdwärmeanlagen

Weiterbildung und möglichst digitaler Service waren beherrschende Themen auf der Mitgliederversammlung der Überwachungsgemeinschaft am 20. Juni 2023 in Schweinfurt. Bild: Thomas Dietrich

Wann genau der Umgang mit wassergefährdendem Glykol eine Fachbetriebspflicht voraussetzt, ist derzeit unklar und sorgte auf der Jahrestagung der ÜWG-SHK für Diskussionsbeiträge. Bild: Thomas Dietrich

Andreas Kröckel (ÜWG-Vorsitzender): „Ein Gebäudeenergiegesetz, das Klimaschutz ernst nimmt, muss auch erneuerbare flüssige Brennstoffe gleichwertig berücksichtigen.“ Bild: Thomas Dietrich

Timo Kuss (ÜWG-Geschäftsführer): „In den kommenden zwei Jahren wollen wir die Geschäftsabläufe für unsere Mitgliedsbetriebe durchgehend digital gestalten.“ Bild: Thomas Dietrich

Dirk Arne Kuhrt (Uniti-Geschäftsführer Wärmemarkt): „Das Klimaschutzgesetz ist die Vorgabe, nach der sich die künftige Gesetzgebung zu richten hat – nicht politische Meinungen.“ Bild: Thomas Dietrich

 

Bei Wärmepumpen in Kombination mit Erdwärme oder auch in solarthermischen Systemen fließt in der Regel ein Wasser/Glykol-Gemisch durch Leitungen, die zum Schutz der Umwelt keine Leckagen aufweisen dürfen. Die in der ÜWG-SHK organisierten Fachbetriebe werden ihr Know-how in absehbarer Zeit erweitern können und müssen, um auch für den Umgang mit umweltgefährdendem Glykol insbesondere bei Sole/Wasser-Wärmepumpen qualifiziert zu sein. In einem Pilotprojekt wurden bereits erste Schulungen durchgeführt, lautete die Message auf der Jahrestagung der Überwachungsgemeinschaft Technische Anlagen der SHK-Handwerke (kurz: ÜWG-SHK) am 20. Juni 2023 in Schweinfurt. 

 

Glykol ist als wassergefährdend eingestuft. Verwendet wird das flüssige Chemieprodukt in der Anlagentechnik allerdings häufig, denn es kann wichtige Aufgaben übernehmen. Wird es beispielsweise Wasser beigemischt, lässt sich je nach Mischungsverhältnis der Temperaturbereich unter den Gefrier- und über den Siedepunkt hinaus ausdehnen. Zahllose Systeme für den Heiz- und Kühlbetrieb werden daher mit einem definierten Wasser/Glykol-Gemisch betrieben. 

Im privat genutzten Gebäude hat sich ein Handwerksbetrieb selbstverständlich nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu richten, wenn es beispielsweise um die Installation eines Wärmepumpensystems in Kombination mit Erdwärme geht und dafür die Anlage fachgerecht mit einem Wasser/Glykol-Gemisch befüllt werden muss. Doch unter welchen Rahmenbedingungen ist für das Handwerksunternehmen eine zusätzliche Qualifikation vorgeschrieben – sprich: eine Fachbetriebspflicht, die wiederkehrend eine Fremdüberwachung einschließt?

Derzeit existiert lediglich eine unklar definierte Beschreibung, wann die Errichtung an eine Fachbetriebspflicht gebunden ist. Dass dies dringend einer Klärung bedarf, sorgte auf der Jahrestagung der ÜWG-SHK für Diskussionsbeiträge.

 

Derzeit keine Rechtssicherheit

„Im April hat die ÜWG die Entscheidungsträger in der Politik um Klarheit gebeten“, erläuterte Timo Kuss, der im Oktober 2022 die Geschäftsführung der ÜWG-SHK übernommen hat. „Eine Antwort steht immer noch aus!“

Was die ÜWG-SHK geklärt haben möchte, sei im Folgenden erläutert: Es geht um Textpassagen, die im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und auch in der AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) deutlich machen, welche Voraussetzungen Fachbetriebe erfüllen müssen, wenn sie Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen errichten. 

 

  • Klar definiert ist, dass Fachbetriebspflicht nach Wasserrecht dann besteht, wenn eine oberirdische Anlage von mehr als 1000 Liter Volumen an wassergefährdenden Stoffen errichtet werden soll.
  • Klar ist auch, dass grundsätzlich eine Fachbetriebspflicht gemäß WHG besteht, wenn Teile einer Anlage unterirdisch verlaufen sollen. Das bedeutet, dass bereits heute Sole/Wasser-Wärmepumpen nur von Fachbetrieben gem. Wasserhaushaltsgesetz installiert werden dürfen.
  • Klar verständlich ist ebenso, dass die Errichtung solcher Anlagen in öffentlichen Gebäuden stets eine Fachbetriebspflicht gemäß WHG voraussetzt.
  • Unklar ist jedoch, was damit gemeint ist, wenn diese Fachbetriebspflicht auch für Anlagen „in der gewerblichen Wirtschaft“ gelten soll. An keiner Stelle im WHG oder in der AwSV ist erläutert, was unter dieser Definition zu verstehen ist. 
    Daher könnte ein Betreiber durchaus Zweifel haben, ob er nun in den Bereich der gewerblichen Wirtschaft fällt oder nicht. Erst recht wird das ausführende Installationsunternehmen nicht sicher sagen können, ob für diesen Auftrag eine WHG-Fachbetriebspflicht besteht. 
  • Nicht schlüssig begründen lässt sich zudem, warum eine Wärmepumpe in Kombination mit einer Erdwärmeanlage für ein öffentliches Gebäude durch einen WHG-Fachbetrieb errichtet werden muss, die baugleiche Anlage für eine private Immobilie jedoch nicht. Aus der Perspektive des Umweltschutzes mangelt es hier am Gleichheitsgrundsatz.

Wettbewerbsvorteil durch Weiterbildung 

Als Resümee aus dieser nicht klar definierten Rechtslage plädierte die Mitgliederversammlung der ÜWG-SHK dafür, durch Weiterbildung den organisierten Mitgliedsbetrieben ein Angebot für eine entsprechende Qualifikation zu machen. Dazu wurden bereits Pilotschulungen in Bayern und Baden-Württemberg durchgeführt. 

Das Konzept ist noch in der Entwicklung, es könnte letztlich auf eine halb- oder eintägige Fortbildung hinauslaufen, die sich beispielsweise auch mit einem ohnehin wiederkehrenden ÜWG-Lehrgang kombinieren ließe. Der Vorteil: Handwerksbetriebe, die aufgrund einer Zertifizierung zum Heizölfachbetrieb bereits Mitglied in der ÜWG-SHK sind, könnten durch Teilnahme an einem solchen Kurs ihre für Heizölanlagen bestehende Zertifizierung auf Wasser/Glykol-Anlagen erweitern, um solche Systeme fachgerecht errichten und gegebenenfalls wiederkehrend überwachen zu können.

Fachbetriebe, die noch kein Mitglied sind und auch keine Heizölzertifizierung benötigen, könnten sich auch nur den zuvor beschriebenen Bereich von der ÜWG-SHK zertifizieren lassen. Sind diese Voraussetzungen im Weiterbildungsangebot innerhalb der SHK-Berufsorganisation geschaffen, lohnt sich einmal mehr für die SHK-Fachbetriebe, mit dieser Legitimation einen möglicherweise wichtigen Wettbewerbsvorteil im Bieterverfahren zu erzielen.

 

Neuer Geschäftsbereich der ÜWG-SHK möglich

Weil es das erklärte Ziel der Bundesregierung ist, mit dem viel diskutierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) die Bedeutung von Wärmepumpe und Solarthermie extrem zu pushen, könnte der fachgerechte Umgang mit Glykol umso wichtiger werden. Falls zukünftig die Verwendung von Glykol in etlichen Fällen eine Fachbetriebspflicht voraussetzen würde, bereitet sich die ÜWG-SHK darauf vor, notwendige Dienstleistungen in einem eigenen Geschäftsbereich zusammenzufassen. Näheres dazu werden die Fachunternehmer unter www.uewg-shk.de finden können.

 

Aktuelles in Kürze 

  • Die bislang mit Abstand wichtigsten Geschäftsbereiche beziehen sich auf die Heizöllagerstätte, die Schulung und wiederkehrende Überwachung der Heizöl-Fachbetriebe sowie die dafür nötige Sachverständigenorganisation.
  • Von einem Rückgang der Marktzahlen beim System Ölheizung war die ÜWG-SHK in den vergangenen Jahren stets ausgegangen. Die Nachfrage vor dem Hintergrund einer drohenden Gasmangellage hat jedoch in 2022 so stark angezogen, dass Ölheizungssysteme vielfach nicht einmal mehr bestellbar waren. Das Ergebnis: Die Gesamtzahl an Ölheizungen ist laut Statistik der Schornsteinfeger auch in 2022 über der 5-Mio.-Marke geblieben.
  • Die Ölheizungssysteme im Bestand brauchen zum großen Teil eine Modernisierung. Das allein wird den dafür qualifizierten SHK-Fachbetrieben auch zukünftig etliche Aufträge bringen. Im Laufe des vergangenen Jahres kamen insgesamt 2152 Handwerksunternehmen in die vorgeschriebene Fachbetriebsüberwachung und Ende 2022 waren 5098 Mitgliedsbetriebe über ihre Landesverbände in der ÜWG-SHK organisiert.
  • „Rein rechnerisch kommen auf jedes ÜWG-Mitglied etwa 1000 Ölanlagen“, machte der ÜWG-Vorsitzende Andreas Kröckel deutlich und gab zu bedenken, dass Öl-Kessel und Tankanlagen zunehmend „Green Fuels Ready“ sind und sich somit die Nutzer flüssiger Energieträger für die Zukunft auf der sicheren Seite wähnen können. „Wenn nun auch mit technologieoffenen politischen Rahmenbedingungen anerkannt wird, dass die Wärmewende am besten MIT den Flüssigen zu schaffen ist, dann bewegen wir uns hierzulande in die richtige Richtung“, schätzte Kröckel die Entwicklung ein.

CO2-Neutralität als Fernziel

„Technologieoffen“ war auch ein häufig genanntes Stichwort im Fachvortrag von Uniti-Geschäftsführer Dirk Arne Kuhrt. Er bekannte sich ausdrücklich zum globalen Klimaziel, die CO2-Emissionen auf Null zu bringen. Hierzulande habe der Weg über starre sektorale Betrachtungsweisen jedoch zu Fehlentwicklungen geführt, statt einer ganzheitlichen Sichtweise für eine konsequente CO2-Minimierung Priorität einzuräumen. 

Als Beispiele führte er u.a. die Elektromobilität oder die Nutzung von Wärmenetzen an. Sektoral würden sie grundsätzlich als vorteilhaft bzw. förderungswürdig eingestuft – ohne dass tatsächlich ganzheitlich ausgewertet werde, ob die dafür erforderliche Energie weiterhin aus fossiler oder bereits aus regenerativer Quelle stamme. „Mich stört, dass lange, viel zu lange einzelne sektorale Lösungen isoliert betrachtet, berechnet und davon ausgehend als gut oder schlecht bewertet wurden“, prangerte Kuhrt an. 

In Europa sei man so einem Technologieverbot für einzelne Systeme nähergekommen als dem bedeutend wichtigeren Ziel der CO2-Minimierung durch Technologieoffenheit konsequent den Weg zu ebnen. „Wir brauchen aber alles, was hilft, um das 1,5-Grad-Ziel zu verfolgen“, proklamierte er und erläuterte dabei die Chancen, die sich die „Power to X“-Allianz auf die Fahne geschrieben hat: klimaneutrale flüssige Kraft- und Brennstoffe für die Zukunft.

 

Autor: Thomas Dietrich, freier Journalist

 


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