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Füll- und Ergänzungswasser auf dem Prüfstand

Mal Heizungsbauer mal Chemielaborant?

Zum Sachverständigen-Symposium kamen 75 Teilnehmer ins Sarstedter Weiterbildungszentrum von Großhändler Wiedemann.

Experten brachten ihr Fachwissen ein, um das Brennpunktthema Füll- und Ergänzungswässer in Heizungen näher zu beleuchten.

Normales Füllwasser? Aufgrund mangelnder Herstellerangaben oder ungenauer Analysen ist mancher Fachbetrieb unsicher, ob eine Wasserbehandlung nötig ist.

 

Umlaufwasserheizungen können nicht bedenkenlos in allen Regionen mit Trinkwasser befüllt und betrieben werden. Es ist für SHK-Fachbetriebe nicht immer einfach, das für bestimmte Heizsysteme geeignete Wasser einzufüllen oder zu ergänzen, um Steinbildung zu vermeiden. Die Praxis zeigt, dass es an einer gut umsetzbaren Checkliste mangelt, nach der ein Heizungstechniker handeln kann – ohne Unterstützung eines Chemikers.
Vor mehr als fünf Jahren hatten sich Handwerk und Heizungsindustrie nach langwierigen Diskussionen auf eine gemeinsame Fachinformation geeinigt, um eine Steinbildung in Umlaufwasserheizern abwenden zu können. In Anlehnung an die VDI 2035 sollten praxisgerechte Vorgaben bestehen, falls ein besonderes Füll- oder Ergänzungswasser nötig wird. Diese Fachinfo steht für Mitgliedsbetriebe der SHK-Organisation zum Download bereit (www.zvshk.de, Suchwort Steinbildung). Wie die Praxis zeigt, löst die Fachinfo jedoch das Thema Steinbildung noch immer nicht befriedigend. Sicherheit für den Handwerksbetrieb gibt es offenbar erst dann, wenn ihm der Hersteller für das jeweilige Gerät in der jeweiligen Einbausituation eine Freigabe erteilt. Doch diese Vorgehensweise wird im Fachhandwerk als wenig alltagstauglich angesehen. Schließlich besteht eine Heizungsanlage nicht nur aus dem Wärmeerzeuger, sondern aus vielen einzelnen Komponenten wie z.B. Rohrleitungen, Ventile, Pumpen, oder Heizkörper.
Damit möglichst bald eine Verbesserung eintritt, veranstaltete der Verein der Sachverständigen der SHK-Gewerke Niedersachsens e.V. (kurz: VSHK) eine Fachtagung zum Thema Füll- und Ergänzungswasser am 26. Mai 2016 in Sarstedt. Das Symposium zählte etwa 75 Teilnehmer, darunter waren drei Mitglieder aus dem Gremium, das mit der Überarbeitung der VDI 2035 beauftragt ist.

Checkliste für die Praxis
Bereits an dieser Stelle eine wichtige Botschaft der Tagung, nachdem Schadensfälle eingehend untersucht wurden: Das Fachhandwerk benötigt eine Checkliste nach neuestem Erkenntnisstand, nach der sich entscheiden lässt, ob ein besonderes Füll- bzw. Ergänzungswasser für die Heizungsanlage benötigt wird.
Kommt es zu Störungen oder gar Schäden im Heizungssystem, ist der Fachbetrieb erster Ansprechpartner für den Betreiber. Der Heizungsbauer wird vom Kunden zur Verantwortung gezogen. Dabei ist es gleichgültig, ob der Fehler vom Handwerker verschuldet wurde oder nicht.
Mit dieser Situation sah sich auch der SHK-Mitgliedsbetrieb Regenhardt konfrontiert und seine Schadensfälle waren Thema der Tagung. Das Handwerksunternehmen hatte in der Göttinger Region 60 gleiche Wärmeerzeuger installiert und aufgrund der analysierten Wasserbeschaffenheit (zwei Versorger, acht Brunnen) mit aufbereitetem und behandeltem  Wasser befüllt. Zehn Prozent der Systeme fielen nach Undichtigkeiten durch Korrosion aus, doch die Ursachen blieben lange im Dunkeln.
Dr.-Ing. Beate Heisterkamp (Materials Consulting, Witten) ist den Schadensfällen im Detail nachgegangen. Die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung (sprich: Erosionskorrosion) sind bislang noch nicht zweifelsfrei geklärt. Sie stellte zunächst klar, dass in Deutschland etwa 80% aller Fälle, in denen Trinkwässer in Heizungsanlagen eingefüllt werden sollen, unkritisch sind. Nur 15% sind unter Umständen problematisch und lediglich etwa 5% sind geogen kritisch.
Doch was hat dies für Konsequenzen, die der Praktiker vor Inbetriebnahme bzw. beim Betrieb der Heizsysteme zu beachten hat? Die Tagung brachte dazu wichtige Punkte:

  • Der pH-Wert des Füll- und Ergänzungswassers muss sich bei Heizsystemen in einem unkritischen Bereich bewegen. Doch bereits eine präzise Messung erweist sich offenbar als schwierig, denn das dafür nötige Procedere ist derzeit nicht genau definiert. Temperatur und Kohlendioxid nehmen großen Einfluss und können zu recht unterschiedlichen Messergebnissen des pH-Wertes führen – keine guten Voraussetzungen für die tägliche Praxis im Heizungskeller.
  • Vor der Inbetriebnahme mit aufbereitetem oder behandeltem Wasser ist auch mit aufbereitetem oder behandeltem Wasser zu spülen. Dies ist aufwendig und teuer und muss in der Kos­tenkalkulation berücksichtigt werden. Wenn Wasser verschnitten wird, muss man Rahmenbedingungen beachten, damit keine korrosiven Wässer entstehen, z.B. beim Ergänzungswasser.
  • Die aktuelle VDI 2035 fordert als Basis, die dreifache Wassermenge für die Berechnung der zulässigen Wasserhärte zugrunde zu legen. Als Lösung wurde deshalb auf der Tagung vorgeschlagen, ein Nomogramm für das jeweilige Heizsystem vom Hersteller anzufordern. Problemanlagen entstehen erfahrungsgemäß dann, wenn weit über dem dreifachen Anlagenvolumen nachgespeist wird. Dies lässt sich durch einen Wasserzähler detektieren.
  • Aufbereitetes Wasser ist korrosiv, doch nur dann, wenn ein geeigneter Sauerstoffgehalt hinzukommt. In Industrieanlagen beherrscht man das Problem durch ein permanentes Monitoring, doch in Heizsystemen...? Die Sauerstoffentgasung des Heizungswassers hat hier hohe Bedeutung.
  • Eine Härtestabilisierung durch Additiv ist nach VDI 2035 eine zulässige, aber nicht bevorzugte Behandlungsmethode. Man darf allerdings keine unterschiedlichen Glykole vermischen. Sonst können sich die jeweiligen Additive gegenseitig beeinflussen, sodass das Heizungswasser korrosiv auf Heizungsanlagenkomponenten wirkt. Auch ist zu beachten, dass Beigaben von Additiv das Heizungswasser zu Sondermüll werden lässt. Dann sind Einleitbedingungen der Kommunen zu beachten.
  • Ist eine Wasserbehandlung nötig, muss der Fachbetrieb dafür eine Begründung parat haben, sonst droht ein Garantieverlust für Komponenten innerhalb des Heizungssystems. Lösungen lassen sich finden, doch für den Heizungsbauer stellt sich die Frage, ob diese Lösung auch wirtschaftlich ist.
  • Am Tag der Abnahme sollte sich der Fachbetrieb durch ein gegengezeichnetes Protokoll mit Messwerten zur Beschaffenheit des Heizungswassers absichern. Sehr wichtig ist es, den Hinweis für eine nötige Wartung zu geben. Auch wenn Ergänzungswasser fließen muss, obliegt es dem Wartungstechniker, die Beschaffenheit per Analyse zu überwachen und zu protokollieren. Sonst lässt sich keine Beweisführung durchstehen.


Magnetit keine Gefahr für Pumpen
Kalkablagerungen können in Heizsystemen mit großem Wasservolumen ver­stärkt auftreten. Begründet ist dies durch die Nutzung von Solarenergie, einen hohen Durchsatz bei niedrigen Vorlauftemperaturen und durch große Pufferspeicher. In kleinen Heizsystemen mit Umlaufwasserheizern kann Kalk bei einem Härtegrad von mehr als 16,8 deutsche Härte Störungen an Thermostatventilen hervorrufen. Es sind dann meist mit Magnetit behaftete Kalkpartikel, die die Ventile blockieren.
Wie eine Expertendiskussion auf dem Symposium ergab, bedeutet Magnetit keine Gefahr für moderne Heizungspumpen – allerdings wird so häufig in der Heizungsbranche argumentiert. Deshalb bauen viele Handwerker obligatorisch Magnetitfilter ein, doch gibt es weder eine anerkannte Regel der Technik, die dies fordert, noch erwartet dies die VDI 2035. Auch konnte in Sarstedt niemand einen Pumpenhersteller nennen, der einen Magnetitabscheider zur Bedingung von Garantieansprüchen macht. Als viel wichtiger wurde stattdessen angesehen, dass eine möglichst schnelle Entgasung des Sauerstoffs aus dem Heizungswasser stattfinden kann. Hier gilt als besonders effektiv, dass auf der Saugseite der Pumpe ein Abscheider für Mikroblasen eingesetzt wird. Ein Schnellentlüfter einfacher Bauart kann kontraproduktiv sein, da über diesen Weg unter Umständen auch eine Belüftung des Heizungswassers erfolgen kann.

Schlussbemerkung
Es bedarf dringend einer verlässlichen Vorgehensweise, wie die Heizungsbetriebe mit Füll- und Ergänzungswässern umzugehen haben, lautete die Botschaft in Sarstedt. Der Vorschlag: Möglichst bald eine Checkliste zu erstellen, die die wichtigsten Punkte thematisiert. Dafür will sich der Fachverband SHK Niedersachsen einsetzen. Der Zeitpunkt der Abnahme sei für den Heizungsbauer sicher wichtig, doch müsse auch die dauerhafte Betriebssicherheit gegeben sein, appellierten Sachverständige und SHK-Fachunternehmer an die Repräsentanten der Heizungskomponentenhersteller. Der Wunsch nach immer höherer Effizienz dürfe nicht zulasten der Zuverlässigkeit gehen.

Autor: Thomas Dietrich

 


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