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Explosive Diskussion um Fettabscheider

Die wichtigsten Neuerungen im Entwurf zur neuen Abscheidernorm

Ein vollautomatisches Messgerät zur Erfassung der Fettschichtdicke unterstützt den Betreiber bei der Eigenkontrolle und Dokumentation im Betriebstagebuch.

Direkte Verbindung des Fettabscheiders zum Kanal: Das Risiko des „Verschleppens“ von explosionsfähigen Gasen aus dem Kanal in die Entwässerungsanlage ist zu bewerten.

 

Die Entwürfe der Normen DIN 4040-100 konfrontieren Betreiber von Abscheideranlagen mit umfangreichen Neuregelungen. Festlegungen zum Explosionsschutz galten bisher nur für das Innere von Leichtflüssigkeitsabscheidern. Doch nun müssen elektrische Geräte im Inneren des Fettabscheiders, aber auch die nachgeschalteten Rückstauhebeanlagen die Gerätekategorie „3 G“ gemäß Explosionsschutz-Richtlinie 94/9/EG erfüllen. Dies katapultiert die Verantwortlichen in die komplexe Welt der Explosionsschutzregeln.

Neu ist nun, dass die bisherigen Aufgaben im Rahmen von Eigenkontrolle, Wartung und Überprüfung konkretisiert wurden. So muss der Betreiber im Rahmen der Eigenkontrolle das Zu- und Auslaufbauwerk künftig mindestens monatlich kontrollieren. Insbesondere muss er den Schlamm- und Fettspiegel feststellen und im Betriebstagebuch dokumentieren.
Grundsätzlich bleiben die zeitlichen Entleerungsintervalle bestehen. Doch weist eine Anmerkung im Normentwurf darauf hin, dass in Abstimmung mit der zuständigen Behörde längere Entleerungsintervalle vereinbart werden können.

Weitere Regeln sorgen für Klarheit
Gegenüber der aktuellen Ausgabe mit 20 Seiten umfasst der Entwurf mit 35 Seiten auch noch viele weitere Angaben zur Beschaffenheit von Fettabscheideranlagen. Beispielsweise wurden Empfehlungen aufgenommen bezüglich des Durchmessers von Probennahmeschächten in Abhängigkeit von deren Einbautiefe und angeschlossenem Rohrdurchmesser. Auch die Anforderungen an Kabeldurchführungen werden hier genauer definiert. Diese Angaben richten sich zunächst an den Hersteller der Anlage. Aber auch TGA-Planer sollten diese bei einer Ausschreibung beachten.
Großes Augenmerk wurde auf die Generalinspektion gelegt. Wunsch ist eine bundesweite Vereinheitlichung des Umfanges und der Qualität von Prüfberichten. Neben einer umfangreichen Auflistung der erforderlichen Inhalte werden auch künftig Aussagen zum Anlagenzustand und notwendiger Sanierungsmaßnahmen gefordert.

Rückstausicherung gewinnt besondere Bedeutung
Angesichts der Diskussion um Explosionsschutzzonen (Exzonen) in Fettabscheidern gewinnt die Sicherung gegen Rückstau eine zusätzliche Bedeutung. Ein Aufstau in der Ablaufseite, z. B. bei Kanalüberlastungen, verschließt den Ablauf des Fettabscheiders und unterbindet die Durchlüftung. Dies gilt gerade für erdeingebaute Anlagen, welche in der Regel unter der Rückstauebene liegen. So regelt schon die DIN EN 1825-2: „Abscheideranlagen für Fette, deren Ruhe-Wasserspiegel unter der Rückstauebene liegt (siehe EN 752-1), sind über eine nachgeschaltete Hebeanlage zu entwässern.“ Dies wird nun mit weiteren Anforderungen an die nachgeschaltete Hebeanlage verknüpft. Da die Anlagen ein gewisses Restrisiko beispielsweise bei Stromausfall besitzen, soll eine netzunabhängige Warneinrichtung Störungen unmittelbar anzeigen und dem Betreiber die Chance für rechtzeitige Gegenmaßnahmen ermöglichen.

Gerätekategorie „3 G“ bedeutet mehr Aufwand
Zusätzlich wird für elektrische Einrichtungen innerhalb des Sammelbehälters der Abwasserhebeanlage mindestens eine Gerätekategorie „3 G“ nach Richtlinie 94/9/EG gefordert. Begründbar ist diese Forderung nur dann, wenn aufgrund einer vorhergehenden Sicherheitsbeurteilung die Einstufung in Zone 2 erfolgte. Dies hat für den Betreiber weitreichende Konsequenzen: Neben einer Gefährdungsbeurteilung nach der Betriebssicherheitsverordnung ist ein Explosionsschutzdokument gemäß DWA-Merkblatt zu erstellen, ein Ex-Schutzbeauftragter zu benennen und wiederkehrende Prüfungen zu veranlassen. Weiterhin ergeben sich an den Aufstellraum zusätzliche Anforderungen und die Entleerung des Abscheiders darf dann nur mit geeigneten Fahrzeugen vom Typ „ADR/GGVS“ erfolgen. Dabei ist entsprechend geschultes Personal einzusetzen.
Schlussfolgerung: Wenn die Gefahr von Explosion belastbar ist, besteht ernsthaft Gefahr für Leib und Leben. Dann darf es keinen Bestandsschutz geben. Alle vorhandenen Anlagen bundesweit müssten kurzfristig umgerüstet werden – eine enorme Herausforderung. Was aber, wenn diese Gefahr nicht belegbar ist? In der Praxis wurde noch nie über die Explosion eines Fettabscheiders berichtet und der technische Ausschuss der Berufsfeuerwehren bestätigt, dass die bisherigen Anforderungen ausreichend sind.

Regelmäßige Durchlüftung sicherstellen
Eine regelmäßige Durchlüftung stellt für Fettabscheideranlagen ein wichtiges Konstruktionsprinzip dar. Damit soll nicht nur die Aufkonzentration explosionsfähiger Gase, sondern auch Geruch und Korrosion in der Entwässerungsanlage bekämpft werden. So gibt der Entwurf zur DIN 4040-100 mit anschaulichen Darstellungen eine gute Anleitung zum fachgerechten Anschluss an das Entwässerungsnetz. Unter Ausnutzung physikalischer Triebkräfte wie geodätische Höhe, „atmende“ Wasserspiegel im Abscheider oder Temperaturunterschiede soll eine ausreichende natürliche Lüftung sichergestellt werden. Leider werden vor allem bei der Anbindung in das Entwässerungsnetz häufig Planungs- und Ausführungsfehler begangen. Daher werden im Normentwurf zusätzlich Kontrollen bei der Inbetriebnahme und der wiederkehrenden Generalinspektion gefordert. Der Prüfer muss künftig auch die Funktion der Lüftungsleitung überprüfen.

Fragwürdige Betrachtung der Neuregelung
Für öffentliche Kanalnetze existieren Regelwerke, welche die Gefahr von explosionsfähigen Gasen beschreiben. So wird in der Beispielsammlung der BGR 5033 eine Einstufung in Zone 2 oder 1 vorgenommen. Durch die direkte Verbindung der Entwässerungsanlage mit dem Kanalnetz können sich also explosionsfähige Gase in der Entwässerungsanlage ausbreiten und ein Risiko darstellen. Dies betrifft dann allerdings nicht nur Fettabscheider, sondern alle Entwässerungsgegenstände, insbesondere Bodenabläufe. Ein ausgetrockneter Geruchsverschluss würde damit dazu führen, dass sich innerhalb des Gebäudes Exgase ausbreiten können.
Glücklicherweise gibt es deutliche Unterschiede zwischen beiden Bereichen. Dies betrifft sowohl den Anteil möglicher Gas-Toträume, die Mindestfließgeschwindigkeiten oder auch die Kenntnis über den Benutzerkreis. Diese Unterschiede führen dazu, dass in der Grundstücks- und Gebäudeentwässerung in der Regel keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind. So finden sich weder im zentralen europäischen Regelwerk der Gebäudeentwässerung, der DIN EN 12056, noch in der nationalen Norm DIN 1986-100 generelle Exschutz-Anforderungen. Dadurch stellt sich die Frage: Warum sollte, was für die gesamte Entwässerungsanlage gilt, nicht auch für Fettabscheider gelten?

Aufruf zur Diskussion
Ein Normentwurf bietet immer auch die Möglichkeit zur Kommentierung. Die konkrete Einspruchsfrist für die DIN 4040-100 endet am 5. Januar 2015. Bis dahin besteht für Betroffene die Möglichkeit, sich an den Normungsausschuss zu wenden:

  • Online unter www.entwuerfe.din.de.
  • Per E-Mail an naw@din.de möglichst in Form einer Tabelle.
  • In Papierform an den DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NAW), 10772 Berlin.


Gerade auf Kommentare zur neuen Betrachtung bezüglich des Explosionsschutzes darf man gespannt sein. Die Kessel AG hat hierzu ein Forschungsvorhaben initiiert. Doch auch die vielfältigen Erfahrungen der Betroffenen sollten hier berücksichtigt werden. Dies ist unbedingt erforderlich, damit diese Norm auch breite Anerkennung findet.

Autor: Roland Priller, Leiter Normung/Zulassung/Innovationsmanagement bei der Kessel AG

Bilder: Kessel AG

www.kessel.de

 


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