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Diese Studie hat Potenzial

Lehrabbrüche: Perspektiven für die Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK

Bild: U. Weinreich/pixelio.de

Warum machen Sie die Ausbildung Anlagenmechaniker/in SHK? Bild: Innung SHK Berlin

Wie zufrieden sind Sie mit den folgenden Eigenschaften Ihrer aktuellen Auszubildenden? Bild: Innung SHK Berlin

 

„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“, sagt der Volksmund. Gesellen fallen aber auch nicht vom Himmel und Fachkräfte können nicht gebacken werden. Immer noch brechen zu viele Azubis ihre Ausbildung ab. Die Innung SHK Berlin hat sich dieses Themas angenommen und betreibt eine empirische Ursachenforschung1). Jetzt liegen die ersten Ergebnisse vor. Daraus abgeleitete Maßnahmen haben das Potenzial, die Abbrecherquote signifikant zu reduzieren, so die Innung gegenüber der IKZ-HAUSTECHNIK.

Ende letzten Jahres wurden einige Ausbildungsbetriebe, Lehrpersonal der überbetrieblichen Ausbildung, Mitarbeiter der Berufsschule sowie Auszubildende interviewt. Außerdem waren mehr als 400 Ausbildungsbetriebe und rund 250 Auszubildende im Frühjahr 2019 zu einer Fragebogenstudie aufgefordert. Wie fundiert die Studie aufgebaut ist, lässt sich anhand der Anzahl gestellter Fragen erahnen: Ausbildungsbetriebe und Azubis hatten knapp 50 Punkte in sieben Kategorien durchzuarbeiten.
Geschäftsführer Andreas Koch-Martin bringt die Ergebnisse auf den Punkt: „Es herrscht eine gute Ausgangslage mit Verbesserungspotenzialen“. Die Branche sollte sich vom Gedanken verabschieden, dass jeder Betrieb einen passenden Azubi findet. Im Gegenteil: „Passungen zwischen Ausbildungsbetrieben und Jugendlichen müssen aktiv hergestellt werden!“ Passungen herstellen bedeute, gezielt das Engagement der Ausbildungsbetriebe zu unterstützen und die Motivation der Azubis zu fördern. Wie das konkret aussehen kann, möchte die Innung mit der wissenschaftlichen Studie herausfinden.
Unter Leitung des wissenschaftlichen Projektmitarbeiters Dr. Peter Biniok hat das Team drei zentrale Aspekte herausgearbeitet.

In der richtigen Wahl bestärken
Erstens zeige sich, dass Jugendliche bereit seien für den neuen Lebensabschnitt Ausbildung. „Sie müssen jedoch durch geeignete Maßnahmen zu Beginn der Ausbildung in die Betriebe integriert werden“, heißt es. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Anlagenmechaniker SHK für nur 20 % der Jugendlichen ein Wunschberuf ist. Die Mehrzahl ist da überraschend reingekommen. 12 % sehen den Beruf lediglich als Notlösung. „Es gilt in jedem Fall, die Jugendlichen in ihrer Wahl des Ausbildungsberufs zu bestärken und die vielfältigen Perspektiven aufzuzeigen.“
Der Übergang von der Schule in das Berufsleben ist oft abrupt. Nach eigener Aussage sind Azubis sofort (82 %) im Tagesgeschäft dabei. Die Jugendlichen werden zwar umfassend informiert und begleitet – dennoch fällt einem Drittel der Start nicht leicht. So berichtet ein Azubi, dass die Anfangszeit sehr hart war: „Da wurde ich von den Gesellen ganz schön getriezt, weil die gesagt haben: Du bist nur Stift, du machst jetzt, was wir sagen.“ Biniok bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen eine neue Willkommenskultur mit Klebeeffekt.“

Feedback geben
Zweitens, so die Studie, ist professionelle Ausbildungsroutine nötig – trotz Tagesgeschäft. Azubis möchten ihre Prüfung bestehen und Betriebe wollen Fachkräfte. Grundsätzlich sind Azubis und Ausbildungsbetriebe mit der Ausbildung zufrieden. Es gibt jedoch Möglichkeiten zur Verbesserung des Ablaufs. Die Hälfte der Azubis hat in der Befragung angegeben, dass sie kein regelmäßiges Feedback zur Arbeit bekommen und keinen betrieblichen Ausbildungsplan haben.
In den Augen der Jugendlichen ist die Qualifikation der Ausbilder vor allem bei Fachkenntnissen sehr gut. Allerdings finden Auszubildende, dass „Soft Skills“ besser werden könnten, beispielsweise Taktgefühl und Wege der Wissensvermittlung. Zusatzqualifikationen wären hilfreich; ein Ausbildungsverantwortlicher meint: „Wir haben keine Pädagogen auf der Baustelle, sondern gute Handwerker. Aber wir müssen sie mehr in Bildungsmethoden befähigen.“
Ausbildungsbetriebe sind weniger zufrieden bei wichtigen Eigenschaften von Azubis, u. a. Fachkompetenz und Durchhaltevermögen. „Der Erwerb von zusätzlichem Know-how ist deshalb für alle an Ausbildung Beteiligten wichtig“, resümiert Koch-Martin.

Wertschätzung gefragt
Drittens muss das Zwischenmenschliche stimmen. Auszubildende sind bereit, hart zu arbeiten, wenn die Stimmung gut ist. Die Mehrzahl der Betriebe und Auszubildenden meint: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“ Azubis übernehmen, besonders am Ende der Ausbildung, in vielen Fällen die gleichen Arbeiten wie ein Monteur. Dafür möchten sie Anerkennung im Betrieb.
Auch findet die Mehrheit der Azubis (87 %) die Ausbildungsvergütung für zu niedrig. Interessanterweise teilt diese Meinung etwa ein Drittel der Ausbildungsverantwortlichen in den Betrieben. Dennoch ist Geld kein direkter Kündigungsgrund für Azubis, so die Studienaussage. Die beiden Hauptgründe für vorzeitige Vertragslösungen sind

  • schlechte Behandlung im Betrieb,
  • schlechtes Betriebsklima.

Azubis sehen sich in der Ausbildung herabgesetzt und ausgenutzt: „Ich war halt nicht wie ein Lehrling, sondern wie eine billige Arbeitskraft.“ Hier gilt es, über Probleme zu sprechen und Konflikte gemeinsam zu lösen.

Fazit
Zusammenfassend stellt Projektleiter Andreas Otremba fest: „Ein konfliktfreier Einstieg der Jugendlichen in die Ausbildung ist wichtig. Weiterbildung der Ausbilder und Nachhilfe für Auszubildende dürfen nicht vernachläs­sigt werden. Wertschätzung im Betrieb erhöht die Ausbildungsqualität erheblich.“ In der aktuellen Projektphase entwickelt die Innung jetzt mit Betrieben geeignete Maßnahmen. Etwa Ende dieses Jahres soll der Katalog erstellt sein.
Gesellen fallen zwar nicht vom Himmel. Die Maßnahmen werden jedoch für bessere Passungen in der Ausbildung sorgen. Andreas Otremba sieht in einem Gespräch mit der IKZ-HAUSTECHNIK ein Potenzial von 25 % weniger Ausbildungsabbrüchen in Berlin: Die Abbruchquote würde von derzeit etwa 40 % auf dann rund 30 % sinken.


1) Gefördert wird das Projekt von der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales unter dem Namen „Ausbildung stärken – Nachwuchskräfte binden“.

 


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