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Das Internet der Dinge

Großes Potenzial oder teure Spielerei?

Robert Klug, CEO der iHaus AG: „Je nach Anwendungsfall können intelligente Heime für den Hausbewohner mehr Sicherheit, Spar­effekte, aber vor allem Komfort bedeuten.“

„Ein großes Thema, was uns zukünftig erwartet, ist die Vernetzung. Geräte, die wir schon lange kennen, bleiben uns erhalten, werden aber neue Funktionen mitübernehmen.“

„Das IoT wird in nahezu alle Lebensbereiche vordringen – auch in die Büros.“

„Wir haben eine systemoffene und einfach zu bedienende Steuerungslösung geschaffen, die es erlaubt, herstellerübergreifend Haustechnik und weitere Geräte zu einem leicht zu bedienenden System zusammenzufassen.“

 

Der Begriff Smart Home liegt in aller Munde. Viele sehen hinter der Fassade die Zukunft der Gebäudeautomation. Gesteuert werden kann alles von überall – soweit zumindest die Theorie. Doch wie weit ist die Technik in der Praxis? Kann bereits jetzt das prophezeite Potenzial erreicht werden oder reicht es nur für eine technische und damit teure Spielerei? Die Redaktion des IKZ-FACHPLANERS sprach mit Robert Klug, CEO der iHaus AG, über den Stand der Technik, Trends und die derzeitigen Einsatzbereiche der Technologie.

IKZ-FACHPLANER: Herr Klug, man hört den Begriff Smart Home in allen Bereichen. Was macht den Reiz an intelligenten Heimen aus? Welche Bedürfnisse können hier gestillt werden?
Robert Klug: Je nach Anwendungsfall können intelligente Heime für den Hausbewohner mehr Sicherheit, Spareffekte, aber vor allem Komfort bedeuten. Aber wenn man ehrlich ist, haben neue Technologien immer das Potenzial, Bedürfnisse zu adressieren, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben. Die Ansprüche und Bedürfnisse des Einzelnen sind immer auch Ausdruck eines gesellschaftlichen und kulturellen Wandels. Nehmen Sie einem 16-jährigen Kind mal das Smartphone weg und sie wissen, wie dringend das Bedürfnis ist, die letzte „Whatsapp“-Nachricht zu lesen oder die letzten „Instagram“-Uploads zu checken. Vieles wirkt am Anfang wie eine Spielerei. Grundbedürfnisse werden erst später in den Vordergrund rücken, nämlich dann, wenn sich die Technologie etabliert haben wird. Hier wird es um Medizin- und Gesundheitstechnologie gehen, um Heizen, um Überwachung und Zutrittskontrolle, um Brandschutz, Notrufe, etc. Das größte Umsatzpotenzial liegt aber momentan im Markt der Unterhaltungselektronik.
IKZ-FACHPLANER: Gibt es derzeit denn schon sinnvolle Anwendungen?
Robert Klug: Nennen wir das Kind mal beim Namen: Vieles soll aktuell einfach nur zeigen, was möglich ist. Einen wirklichen Nutzen für den Alltag gibt es häufig nicht. Nehmen wir doch mal den viel erwähnten Kühlschrank, der Milch für Sie einkauft, wenn er feststellt, dass nicht mehr genug da ist. Ein Szenario, das für mich persönlich keinen echten Mehrwert bringt, zumal davon auszugehen ist, dass die nachgeorderte Milch relativ teuer sein wird. Wenn ich bares Geld sparen kann, gilt das gemeinhin als sinnvoll. Denken Sie an ihr Auto, das feststellt, dass Ihr Tank oder ihr Akku zwar noch nicht ganz leer ist, die nächste Möglichkeit zum Auftanken bzw. Aufladen aber günstiger ist, als alle, die Ihnen auf Ihrer Fahrt bis zum Ziel noch begegnen werden.
Aber auch der gescholtene Kühlschrank birgt großes Potenzial. In Asien werden heute schon Fabrikate verkauft, die registrieren, ob jemand zu Hause ist. Ist keiner da, kann der Kühlschrank seine Kühlleis­tung eigenständig zurückfahren, um Ener­gie zu sparen. Die Tür bleibt ja geschlossen und das wiederkehrende Herunterkühlen fällt damit weg. Das macht sich auf der Stromrechnung bemerkbar.
IKZ-FACHPLANER: Neben der Erhöhung von Wohnqualität und Sicherheit steht demnach effizientere Energienutzung im Mittelpunkt der technologischen Entwicklungen. Was ist heute schon möglich und was erwartet uns morgen?
Robert Klug: IP-fähige Heizungssteuerungssysteme sind momentan ganz zentral, wenn es um Heizkosteneinsparungen geht. Es gibt preiswerte Systeme, wo Sie nur die Ventile durch steuerbare Ventile ersetzen und dann gibt es die vollumfänglichen Lösungen, wo sie die ganze Heizung mit Brennkammer etc. steuern können. Momentan ist unser Programmierungsteam auch dabei, Heizungssteuerungs­sys­teme in die iHaus-Plattform miteinzubinden.
Aber nicht nur bei der Heizung lässt sich Energie sparen. Wie lange wurde schon über „Standby-Systeme“ als Stromfresser berichtet?! Das gelingt beispielsweise mit IP-fähigen Steckdosen und sogenannten Sumits. Sie folgen dem „Wenn-Dann-Prinzip“ und erhöhen den Intelligenzquotienten des Smart Homes noch einmal deutlich. Dadurch können unterschiedliche internetfähige Geräte vernetzt werden. Ein Gerät führt einen Befehl aus, weil ein anderes einen bestimmten Status eingenommen hat. Langfristig gehen wir von iHaus dann einen ganz großen Schritt, in dem wir unseren Usern ein intelligentes Vorschlagsmanagement bieten, mit dem sie ihren Stromverbrauch besser planen können und durch Smart Metering auch jederzeit im Blick haben.
Ein weiteres großes Thema, was uns zukünftig erwartet, ist die Vernetzung. Das heißt Geräte, die wir schon lange kennen, bleiben uns erhalten, werden aber neue Funktionen mitübernehmen. Wie Ihr Smartphone, das jetzt schon bei vielen die Digitalkamera ersetzt. Ein Beispiel: Es klingelt an der Tür und ihr Smart TV unterbricht das Programm, indem er es im Hintergrund via Timeshift weiter aufzeichnet. Im Vordergrund zeigt er ihnen aber wer gerade vor ihrer Tür steht. Ein anderes Beispiel sind IP-fähige Rauchmelder: Schlagen sie Alarm, lässt sich diese Information in Ihrem Netzwerk ebenfalls von anderen Geräten verarbeiten. Fenster können automatisch geöffnet oder geschlossen werden und die Multiroom Audio Anlage kann ihnen verraten, wo der Brandherd besteht. Das kann Ihnen helfen, lebenswichtige Sekunden bei der Flucht oder dem Löschen zu sparen.
Sprach- und Gestensteuerung werden ebenfalls große Herausforderungen für die Zukunft. Denn auch das Smartphone ist nicht für immer der heilige Gral der IoT-Steuerung. Solange wir noch selbst Auto fah­ren, sollte ich das Herumspielen mit dem Smartphone während der Fahrt tunlichst unterlassen. Im Entertainmentbereich für zu Hause ist die Gestensteuerung allerdings schon stark auf dem Vormarsch, aus dem Bereich wird sie ins gesamte IoT überschwappen. Für das Berechtigungsmanagement hat die Sprachsteuerung sehr wertvolles Potenzial. Sie sehen: es kommt einiges Spannendes auf uns zu.
IKZ-FACHPLANER: Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass „Smart Homes“ hierzulande nur zögerlich umgesetzt werden?
Robert Klug: Noch sind wirklich intelligent vernetzte Häuser zu teuer und daher nicht für jedermann zugänglich. Ein intelligentes Heim muss geplant werden. Sie benötigen Installateure und Systemintegratoren. Und leider ist die Technik schnell wieder veraltet. Richtig kostenintensiv wird eine Umrüstung bei Bestandshäusern. Da geht es erst im fünfstelligen Bereich los. Und als Bewohner einer Mietwohnung ist man eh schon außen vor. Aufgrund des hohen infrastrukturellen Aufwands im Gebäude sind Smart Homes grundsätzlich ein Premium-Produkt mit entsprechender Kostenstruktur. Aber hier geschieht gerade ein Wandel, denn es muss auch ohne neue Infrastruktur im Gebäude funktionieren.
IKZ-FACHPLANER: Viele Ihrer Ansätze sehe ich bereits abgedeckt. Die großen Versorger bieten bereits kostengünstige Lösungen im Komplettpaket. Selbst Mietwohnungen und sanierungsbedürftige Haushalte können damit versorgt werden.
Robert Klug: Ja, da haben sie recht. Allerdings tun die großen Versorger das vor allem aus einem Grund und der ist sehr bedenklich: Sie wollen wissen, wann ihre Kunden, wie viel Strom verbrauchen. Als Kunde muss man in Zukunft damit rechnen, dass der Strom zu gewissen Zeiten einfach teurer wird. Darüber hinaus müssen die großen Versorger aber auch ihre Netzauslastungen planen, um Spitzenauslastungen mit Zeiten niedrigen Verbrauchs in Einklang zu bringen. Dafür ist es natürlich wertvoll, wenn sie die Verbräuche durch gesammelte Erfahrungswerte vorhersagen können.
Weiteres Problem solcher Angebote: Jeder große Hersteller von Hausgeräten und jeder Internetriese kommt mit einer eigenen Lösung und einer eigenen Produktpalette. Sie müssen ja ihr bestehendes Produktportfolio schützen. Eine herstellerübergreifende Lösung dürfen Verbraucher von diesen Anbietern daher nie erwarten. Am Markt gibt es viele Einzellösungen; proprietäre Systeme, die keine intelligenten Verknüpfungen mit anderen Geräten oder Systemen zulassen. So muss ich als Nutzer jedes Gerät, ob Thermostat oder IP-fähige Beleuchtung, mit einer eigenen App steuern. Diese unnötige Situation wollen wir von iHaus für die Anwender ändern. Wir haben eine systemoffene und einfach zu bedienende Steuerungslösung geschaffen, die es erlaubt, herstellerübergreifend Haustechnik und weitere Geräte zu einem leicht zu bedienenden System zusammenzufassen. Gerade erst wurde eine Kooperation mit dem Münchner Bauträger ISARIA Wohnbau AG geschlossen. In dem Münchner Neubauprojekt mynido ist die iHaus-Technik bereits in der Konzeptphase ein fester Bestandteil aller Planungen und wird künftig in alle Einfamilienhäuser integriert.
Die Software entwickeln wir kontinuierlich weiter, vor allem auch was die User Experience betrifft. Für das anstehende Design Update haben wir schon einiges an Rückmeldungen unserer ersten Anwender berücksichtigen können.
IKZ-FACHPLANER: Sie beschränken sich bei der Entwicklung der Software nicht auf die eigenen vier Wände. Welche Lebensbereiche hat iHaus noch ins Visier genommen?
Robert Klug: Das IoT wird in nahezu alle Lebensbereiche vordringen. Wir haben die Vision, dass Sie mit unserer Software nicht nur Ihr Zuhause bedienen, sondern alle Lebensbereiche – auch ihr Büro. Das schließt den täglichen Weg zur Arbeit mit ein. „Die Vernetzung des Unterwegs“, wenn Sie so wollen. Oder denken Sie an internetfähige Kleidung. Ihr Hemd soll nicht auf Facebook posten, kann aber wichtige Vitalfunktionen überwachen. Sie denken, das klingt nach weit entfernter Zukunftsmusik? Die Entwicklung im IoT-Markt gewinnt jetzt so richtig an Fahrt. Bis 2020 wird das globale Marktpotenzial bei 19 Mrd. US-Dollar liegen.
IKZ-FACHPLANER: Sie sprachen vorhin ein wichtiges Thema an – die Daten des Kunden. Mittlerweile sind viele Nutzer in Deutschland stark sensibilisiert, was den Schutz ihrer Daten angeht. Das Internet der Dinge birgt hier ja auch nicht zu unterschätzende Probleme. Wo besteht aus datenschutzrechtlicher Perspektive noch Nachholbedarf?
Robert Klug: Wir sind da in Deutschland schon recht weit. Persönliche Daten dürfen hier erstens nie ohne Zustimmung gespeichert oder gar erhoben werden. Und Sie dürfen zweitens nicht so gespeichert werden, dass man daraus ablesen kann, wer was zu welchem Zeitpunkt in seinem IoT-Umfeld getan hat. Das heißt, die Daten müssen anonymisiert gespeichert werden. So sind sie immer noch wertvoll, um sie nutzenstiftend für z.?B. Sicherheits- oder Komfortgewinn im Haus einzusetzen, aber die Privatsphäre des Einzelnen bleibt gewahrt.
Insgesamt brauchen wir länderübergreifende Abkommen, ähnlich dem Steuerrecht. Denn entscheidend ist eben auch, welchen Weg die Daten gehen. Habe ich beispielsweise einen E-Mail-Anbieter, der mit dem Label „Made in Germany“ wirbt, in Wahrheit aber Teile seiner Serverinfrastruktur in Amerika betreibt, ist der Vorteil dahin.
IKZ-FACHPLANER: Worauf sollten Nutzer mit hohen Datenschutzansprüchen also achten?
Robert Klug: Wichtig ist generell ein gutes Bewusstsein im Umgang mit persönlichen Daten. Das gilt vor allem auch beim Schutz vor Cyberkriminalität. Man sollte ausschließlich sehr sichere Passwörter verwenden, also solche, die aus möglichst vielen Zeichen bestehen und Groß- wie Kleinbuschstaben, sowie Zahlen und Sonderzeichen enthalten. Für die iHaus-App beispielsweise lassen wir grundsätzlich nur sichere Passwortkombinationen zu. Das gilt übrigens auch für das WLAN zu Hause. Je mehr Geräte im Netz sind, des­to anfälliger wird es theoretisch.
Bei iHaus legen wir großen Wert auf Datenschutz. Daher stehen unsere Server bei QSC in München, wo wir zu jeder Tageszeit Zugriff haben, und zwar nur wir. Die Daten unserer Nutzer verlassen Deutschland nie, was uns zu jeder Zeit an das strenge deutsche Datenschutzrecht bindet.
IKZ-FACHPLANER: Eine letzte Frage Herr Klug. Muss im Bereich Smart Home mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, um die Technik weiter zu etablieren?
Robert Klug: Ich denke nicht, dass man große Überzeugungsarbeit leisten muss. Wenn die Technologie das Leben einfacher und angenehmer macht, wird es sich nach und nach durchsetzen. Je mehr Menschen mit der IoT-Technologie und ihren Vorteilen im Familien- und Freundeskreis in Kontakt kommen, desto eher fallen Schwellen und Hemmungen. Das Internet der Dinge oder die Smart Home-Technologie steht auf der Schwelle zum Massenmarkt. Wird die überschritten, folgt eine breite Adaption, die Verweigerer zu Befürwortern macht. Erinnern Sie sich mal an die Diskussionen zurück, ob man denn nun ein Smartphone benötige oder nicht. Wie viele sind einer Verweigerungshaltung da tatsächlich treu geblieben?

 


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