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Brandprophylaxe im VisierSolarstromanlagen: Von ihnen geht eine Gefahr durch Stromschläge aus, wenn das Gebäude brennt

Brennende Photovoltaikanlagen sind keine Seltenheit. Wer im Internet recherchiert, stößt schnell auf entsprechende Meldungen in Lokalzeitungen und auf Feuerwehrportalen. 2008 brannte eine Anlage auf einer Feldscheune in Fröhstockheim in Unterfranken, 2009 stand die Scheune eines Landwirtes im niederbayerischen Helchenbach lichterloh in Flammen, 2010 ging eine Industriehalle in Steinfeld im Landkreis Main-Spessart in Flammen auf. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Mangelhafte Wartung: Verstaubte Wechselrichter stellen ein Brandrisiko dar. Bild: privat

 

Bis 2009 wurden solche Brandfälle aber höchstens in der Lokalpresse thematisiert. 2010 wendete sich das Blatt. Überregionale Medien wie Die Welt, Focus und WDR entdeckten das Thema für sich. Mehr oder weniger sensationsheischend berichteten sie von verunsicherten Feuerwehrleuten und von Häusern mit Solarstromanlagen, die diese lieber „kontrolliert abbrennen“ ließen, weil sie, so hieß es, mit dem neuen Einsatzfeld nicht vertraut waren.

Höchste Zeit zu handeln, befanden Solar- und Feuerwehrverbände, Hersteller und Versicherer. Sie präsentierten 2010 mehrere Vorstöße, wie sie die Gefahr bannen und die beunruhigten Verbraucher besänftigen wollen. Mittlerweile ist in den Medien wieder Ruhe eingekehrt, doch hinter den Kulissen ist das Thema noch aktuell. Um die Brandgefahr zu dämmen, sind auch Installateure gefordert.

Brandziffern steigen

Bevor die Zahl der Neuinstallationen 2009 in die Höhe schoss, brannten PV-Anlagen noch sehr selten. Laut einer Untersuchung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) waren im Zeitraum 2004 bis 2007 nur 2 % der gemeldeten Schäden an Photovoltaikanlagen durch Feuer verursacht.

Dieser Zähleranschlusskasten wurde durch ein Feuer an der PV-Anlage beschädigt. Bild: privat

 

Auf dem Foto ist ein Hot Spot an einem Photovoltaikmodul zu sehen. Als Hot Spot (wörtlich übersetzt: heißer Fleck) wird die Überhitzung eines Bereichs eines Moduls bezeichnet. Die Ursache ist ein ungleicher Lichteinfall. Im Extremfall kann ein Hot Spot einen Brand verursachen. Bild: privat

Wenig später sah die Statistik schon anders aus. „2008 regulierten die deutschen Versicherer 4200 Schäden. Etwa ein Viertel davon waren durch Brand verursacht“, berichtet Katrin Rüter, Pressesprecherin beim GDV. Das heißt, 2008 brannten rund 1000 Solarstromanlagen in Deutschland, wobei dies nicht bedeuten muss, dass das Feuer durch die Anlage ausgelöst wurde.

Davon, dass die Statistik eine Wende zum Besseren nimmt, ist dennoch kaum auszugehen. 2009 und 2010 kamen über 10 GW installierte Photovoltaikleistung zu den Ende 2008 bestehenden 6 GW hinzu. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) schätzt, dass Ende 2010 rund 840 000 Anlagen am Netz waren. Den Boom, bei dem viele Anlagen unter Zeitdruck oder von unqualifiziertem Personal installiert wurden, betrachtet der GDV mit Sorge und gab deshalb im August vergangenen Jahres ein Merkblatt heraus, worauf beim Kauf einer Photovoltaikanlage zu achten sei.

Hots Spots an einem PV-Modul stellen eine Brandgefahr dar.  Bild: privat

 

Sichere Installationen

Grundsätzlich sind Photovoltaikanlagen nicht anfälliger für Brände als andere elektrische Installationen. Dennoch stellt eine Photovoltaikanlage aus mehreren Gründen eine Gefahrenquelle für Feuerwehrleute dar. Die größte Gefahr für die Löschtruppen hängt unmittelbar mit der Funktion der Anlage zusammen, der Stromerzeugung. Solarmodule erzeugen aus Solarstrahlung Gleichspannung (DC). Wechselrichter wandeln die Gleichspannung in Wechselstrom (AC) um, sodass dieser ins Netz eingespeist werden kann. Die Spannung auf der DC-Seite kann bis 1000 V betragen, geplant sind bis 1500 V. Nach VDE 0100 Teil 410 kann Gleichstrom aber schon bei 120 V lebensgefährliche Körperdurchströmungen bewirken. Je höher die Spannung, desto größer die Gefahr. Außerdem bleiben die gefährlichen Lichtbögen gerade bei Gleichstrom besonders lange stehen.

Die Gefahr, einen elektrischen Schlag durch ein Gleichspannung führendes Kabel zu bekommen, besteht, solange Licht auf die Photovoltaikmodule fällt. Das muss nicht Sonneneinstrahlung sein. Auch bei bewölktem Himmel produzieren die Module noch Strom, und auch nachts ist sie nicht komplett spannungsfrei. „Insbesondere durch die derzeit nicht vorhandene Abschaltmöglichkeit besteht im Schadenfall eine latente Gefahr für Hauseigentümer und Einsatzkräfte, da Anlagen selbst unter geringem Lichteinfall fortwährend eine gefährliche elektrische Spannung produzieren“, warnt der DFV (Deutscher Feuerwehrverband) in seinem „Informationsportal: Photovoltaik-Anlagen“ im Internet.

Im April 2006 brannte dieser Stall mitsamt 45 kW-Photovoltaikanlage im niederbayerischen Geratskirchen ab. Die Schadenssumme belief sich auf 450 000 Euro. 170 Feuerwehrleute rückten zu dem Brand aus. Viel retten konnten sie nicht. Bild: Feuerwehr Eggenfelden

Neben der Elektrizität sind toxische Gase eine Gefahrenquelle. Sie entstehen, wenn elektrische Leitungen wie Kabel­isolierungen und Bauelemente, die teilweise aus Kunststoff bestehen, verbrennen. Hiervor können Einsatzkräfte sich allerdings durch Atemschutzmasken schützen.

Gefährdet sind sie weiterhin, wenn sich Teile der Photovoltaikanlage lösen. Ein Großteil der Anlagen ist mit Dachhaken auf der Dachhaut befestigt (Aufdachanlagen). Wenn ein Gebäude brennt, können sie sich lösen. Die Module und Unterkonstruktionen stürzen in die Tiefe. Oder das Verbundglas in den Modulen birst durch die Hitze, und Splitter fliegen durch die Luft. Häufig stürzen ganze Anlagen oder Teile davon jedoch mitsamt der Dachkonstruktion oder einem Teil des Daches ein.

Schematischer Aufbau der „PFA“-Schaltung des Unternehmens WEYPV. Mit der „Photovoltaik-Feuerwehr-Abschaltung“ lässt sich im Brandfall die Solaranlage spannungsfrei schalten.

Abschaltlösungen

Ansätze solcher Abschaltlösungen gibt es bereits. Vorreiter war das Elektronikunternehmen Eaton Industries, das im vergangenen Jahr seinen Feuerwehrschalter „Sol30-Safety“ in den Markt einführte. Bei dem Produkt handelt es sich um einen DC-Lasttrennschalter, der in unmittelbarer Nähe der Module in die Gleichstromleitung eingebaut werden soll. „Die Abschaltung der PV-Module erfolgt automatisch per Unterspannungsauslöser im Feuerwehrschalter, wenn die Feuerwehr über den örtlichen Energieversorger den Brandort stromfrei schaltet oder vor Ort der PV-Aus-Taster betätigt wird“, erläutert der Hersteller.

Aus dem Unternehmen WEYPV kommt ebenfalls ein Produkt, das die Solarmodule im Brandfall spannungsfrei schaltet. Die „Photovoltaik-Feuerwehr-Abschaltung“, kurz „PFA“, wird zwischen Solarmodulen und Wechselrichtern geschalten und mittels Not-Aus-Taster betätigt. Es handelt sich um eine anschlussfertige Box und wird nach den Solarmodulen direkt unter dem Dach installiert (auch nachträglich möglich). „Somit kann keine Gefahr mehr von stromführenden Leitungen ausgehen“, folgert WEYPV. Der Not-Aus-Tas­ter, der mit der „PFA“-Zentralbox direkt verbunden wird, kann an jeden beliebigen Ort im oder am Gebäude montiert werden, sodass er jederzeit erreichbar ist.

Modulsicherheit erhöhen

Einen Vorstoß machen nun der TÜV Rheinland, eines der weltweit führenden Prüfins­titute für Photovoltaikkomponenten, und das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE), allerdings nicht in Richtung Norm. Sie starteten Ende November letzten Jahres im Auftrag des Bundesumweltministeriums ein Forschungsvorhaben, mit dem die Brandsicherheit von Solarenergiesystemen optimiert werden soll. Gemeinsam wollen sie einen Maßnahmenkatalog für die Prävention von Lichtbögen in Photovoltaikanlagen erarbeiten.

Bei ihrer zweiten Zielsetzung haben die Projektpartner die Rettungskräfte im Blick. Um deren Sicherheit im Einsatzfall zu erhöhen und eine effektivere Brandbekämpfung zu ermöglichen, wollen der TÜV Rheinland und das Fraunhofer ISE „konkrete Sicherheitskonzepte und entsprechende technische Einrichtungen“ entwickeln. Das Forschungsvorhaben ist zunächst auf drei Jahre angelegt.

Planer und Installateure sind gefordert

Installateure sind derweil gefordert, Anlagen möglichst brandsicher zu planen und zu bauen. Die Brandgefahren beginnen bei den Gebäuden, auf denen die Anlagen installiert werden. Kritisch sind beispielsweise Scheunen, Unterstände oder Maschinenhallen in der Landwirtschaft. Oftmals gibt es in den Gebäuden keine Elektroinstallationen. Dadurch fehlen in der Regel auch Fundamenterder, also elektrisch gut leitende Verbindungen zum Erdreich, und andere Erdungseinrichtungen, über die im Fehlerfall hohe Ströme abfließen können.

Werden die Anlagen auf abseits gelegenen Gebäuden errichtet, sind die Wege zum Einspeisepunkt deutlich länger als im Wohnhaus oder in einem gewerblich genutzten Gebäude. Diese langen Leitungswege müssen sorgfältig geplant und installiert werden, was häufig nicht der Fall ist. „Die Mängel sind vorrangig auf der Montageseite zu finden“, weiß Christian Keilholz, der als Gutachter jedes Jahr Schadensfälle mit mehreren MW Leistung zu sehen bekommt. Uli Motzer, Schadenregulierer bei der Württembergischen Versicherung, kann dies nachvollziehen. „Wir haben häufig die Vermutung, dass ein Montagefehler zum Brand führte.“ Allerdings hat er meist mit Totalschäden zu tun, und da ist die Beweisermittlung schwierig.

Das Elektronikunternehmen Eaton Industries hat im vergangenen Jahr seinen Feuerwehrschalter „Sol30-Safety“ in den Markt eingeführt. Es handelt es sich um einen DC-Lasttrennschalter, der in unmittelbarer Nähe der Module in die Gleichstromleitung eingebaut wird.

„Diffuse Zustände“

Einig sind sich die Experten darin, dass viele Fehlerquellen auf der Gleichstromseite liegen. Als „diffuse Zustände“ bezeichnet Motzer die vielen losen Kabel, die er häufig zwischen dem PV-Generator und den Wechselrichtern sieht. Witterungsbedingte Einflüsse können dann zu Beeinträchtigungen, Kurzschlüssen und im nächsten Schritt zum Brand führen. Ist ein Kabel ungenügend am Montagegestell oder in den Leitungswegen befestigt, bewegt es sich bei Wind und Sturm. Jahrelange Pendelbewegungen können dazu führen, dass sich die Verbindung löst. Oder das Kabel scheuert am Metall. In einem schleichenden Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann, liegt der Draht dann irgendwann frei.

Eine weitere Gefahr bei losen Kabeln ist der Leiterbruch mit Lichtbogenbildung. Wenn ein Kabel zum Beispiel durch Pendelbewegungen abbricht, liegt die Kabellitze, das stromleitende Drahtgeflecht, frei. Dadurch kann sich ein Lichtbogen gegen die metallische Unterkonstruktion bilden. In der Folge kann es zum Kurzschluss und Brand kommen. Ebenso kann Schnee, der vom Dach rutscht, lose Kabel mit sich reißen oder Kabelverbindungen trennen.

Auch Wärmestaus bei Wechselrichtern bedeuten Feuergefahr. Viele der Stromwandler sind beispielsweise für Temperaturen bis 40 °C geeignet, nicht aber für 50 bis 60 °C, die es auf einem Spitzboden geben kann. Wenn in dem Fall keine ausreichende Wärmeabfuhr möglich ist, sinkt „im günstigen Fall“ der Wirkungsgrad des Wechselrichters. Im schlimmsten Fall entzündet sich ein Feuer. Zur Brandvermeidung trägt auch ein ausreichender Blitzschutz bei.

Anlagenbetreiber können helfen

Die Anlagenbetreiber sollten ihrerseits ein Auge darauf haben, dass keine Kabel lose herunterhängen und dass die Wechselrichter frei von Staub, Schmutz und Feuchtigkeit sind. Darüber hinaus können sie den Feuerwehrleuten die Arbeit erleichtern, sollte es doch einmal zum Brand kommen. „Bei der Planung der Anlage sollte man auf die Leitungsführung achten und sie dokumentieren“, empfiehlt Horst Thiem, Fachbereichsleiter für die Grundausbildung bei der Feuerwehr München und Experte für das Thema „Photovoltaik und Brand“. Der Anlagenbetreiber sollte anschließend seine örtliche Feuerwehr über die PV-Anlage informieren und ihr den Verschaltungsplan zur Verfügung stellen. Darin sollte erkenntlich sein, wo sich die Wechselrichter befinden und wie die Stromleitungen verlaufen. Die Feuerwehr braucht dann nicht lange nach den Stromwandlern zu suchen, sondern weiß gleich, wo sie mit Gleichspannung rechnen muss.

Weiterhin kann ein Anlagenbetreiber ein Gebäude mit einer Solarstromanlage kennzeichnen. Die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik entwarf ein Hinweisschild für Gebäude mit PV-Anlagen. Der Arbeitskreis empfiehlt, das Schild an den Stromkreisverteilern und/oder an den Schalt- und Zählerkästen anzubringen. In Bayern begannen die Bayerische Versicherungskammer und ein fränkischer Energieversorger damit, Anlagen mit dem Schild zu versehen.

Solch eine Kennzeichnung begrüßt auch Brandexperte Horst Thiem. Auf eines weist er allerdings ausdrücklich hin. Eine Feuerwehr würde immer versuchen, ihren Löschauftrag zu erfüllen und das Gebäude nicht einfach abbrennen lassen, weil sie nicht mit der PV-Anlage umzugehen weiß, sagt er. Das möchte er auch in den Medien klargestellt wissen.

Autorin: Ina Röpcke, geprüfte Fachkraft Solartechnik und freie Journalistin für Erneuerbare Energien


Handlungsempfehlungen
Um den Feuerwehrleuten Sicherheit im Umgang mit Solarstromanlagen zu geben, erarbeitete der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) zusammen mit dem Deutschen Feuerwehrverband (DFV), der Berufsfeuerwehr München, dem Landesfeuerwehrverband Niedersachsen, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) im vergangenen Jahr eine Feuerwehr-Einsatzkarte. Die „Handlungsempfehlungen Photovoltaik“, die der BSW-Solar und der DFV im Herbst veröffentlichten, geben technische Hinweise zu Photovoltaikanlagen. Ein Ablaufschema soll im Brandfall Hilfestellung leisten.
Eine 40-seitige Broschüre trägt den Titel „Brandschutzgerechte Planung, Errichtung und Instandhaltung von PV-Anlagen“.
Sachverständige, Planer, Installateure und Experten haben die Inhalte im Rahmen eines gemeinsamen Projektes erarbeitet.
Diese Publikationen und weitere Info-Materialien sind im Internet unter www.bsw-solar-shop.de bestellbar.


www.bsw-solar-shop.de
www.weypv.de
www.eaton-solar.com

 


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