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Blicke zurück nach vorn

Der dreistufige Vertriebsweg darf sich nicht auf die „faule Haut“ legen

Wenn jede der drei Vertriebsstufen ihre spezifischen Stärken in der Praxis voll ausspielt und auch aktiv kommuniziert, ist vom „Internethandel & Co.“ im Komplettbadgeschäft kaum etwas zu befürchten. Aber wohl nur dann. Bild: VDS

Thilo C. Pahl: „Letztlich werden die Endkunden entscheiden, welcher Vertriebsweg für sie die beste Leistung bietet.“

Manfred Stather: „Zu verbessern ist vor allem die Produktbetreuung des Handwerks durch die Industrie.“

Hartmut Dahlheimer: „Wichtig ist, dass sich jede Stufe auf ihre Kernkompetenz konzentriert.“

Jörn Leuschner: „Wer alles macht, macht normalerweise nichts richtig gut.“

Benedikt Mahn: „Der dreistufige Vertriebsweg muss sich neuen Herausforderungen stellen.“

Die Partner des dreistufigen Vertriebsweges müssen um ihre Leaderposition beim Badgeschäft künftig härter kämpfen. In dieser Forderung waren sich die interviewten Branchenrepräsentanten zumindest im Kern einig. Bild: VDS

 

Der Kampf um König Kunde nimmt auch im Bad an Härte und Intensität permanent zu. Bauherren und Renovierer können schon längst unter mehreren Alternativen wählen. Die Akteure des klassischen dreistufigen Vertriebsweges müssen sich also strecken, um ihre gestern noch scheinbar unangreifbare, heute aber bereits nicht gänzlich ungefährdete Leaderposition auch morgen zu behaupten.

Deshalb ist es nur logisch, dass sich die Redaktion im Rahmen ihrer exklusiven Bad-Serie mit diesem Thema ebenfalls befasst. Dazu recherchierte Frank Linnig bei fünf Branchenvertretern Bewertungen und Meinungen. Im Einzelnen stellten sich seinen Fragen:

  • Hartmut Dalheimer, Keuco-Geschäftsführer und Vorsitzender der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS),
  • Jörn Leuschner, Geschäftsführer des Fachhandwerksbetriebes Richter, Uelzen,
  • Benedikt Mahr, Geschäftsführer GC Großhandels Contor und 1. Vorsitzender des DG Haustechnik,
  • Thilo C. Pahl, Bette-Geschäftsführer und Vorsitzender des Industrie-Forum Sanitär (IFS),
  • Manfred Stather, Präsident des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK).

IKZ-HAUSTECHNIK: Ist der dreistufige Vertriebsweg im Badgeschäft heute noch zeitgemäß und verbrauchergerecht?
Hartmut Dalheimer: Die Diskussion über den dreistufigen Vertriebsweg wird nun schon seit über 100 Jahren geführt. Ich bin mir sicher, dass er nach wie vor zeitgemäß ist und auch künftig Bestand haben wird. In der Summe ist es das erfolgversprechendste Modell für das Badgeschäft. Nirgendwo sonst in der Welt ist die Qualität der Bäder so hoch wie in Deutschland – ich denke, das ist Beweis genug.
Jörn Leuschner: Nein. Die meisten Großhändler können bis auf ein Basisprogramm häufig nur ihre Eigenmarken schnell liefern und präsentieren sie auch vorrangig in ihren Ausstellungen. Hochwertige Artikel müssen i. d. R. ab Werk bestellt werden. In diesen Fällen kann ich als Handwerker einfacher und schneller bei einem zweistufigen Hersteller ordern. Bei im Werk bestellter Ware und den damit verbundenen langen Lieferzeiten ist der hohe Kalkulationsaufschlag des dreistufigen Großhandels alles andere als marktgerecht. Wenn wir unsere Bäder selbst planen, übernimmt der Handel auch immer seltener die Bemusterung in der Ausstellung. Also muss auch hier die Preis-Frage erlaubt sein. Denn: Heute ist es möglich, Marke deutlich günstiger bei reinen Versandgroßhändlern zu bestellen.
Benedikt Mahr: Die Gründe für die Entwicklung des dreistufigen Vertriebsweges in Deutschland gelten heute mehr denn je. Der Großhandel ist mit seinen Kompetenzen insbesondere im Ausstellungsbereich unverzichtbarer Mittler zwischen Endkunde, Handwerk und Hersteller. In dieser Rolle bringt er als Partner des Handwerks zuverlässig Qualität, Sicherheit und Produktvielfalt zum Endverbraucher, dem er damit deutliche Mehrwerte bietet. Studien des Unternehmensberaters Roland Berger, der Business Research Group (BRG) und der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services, bestätigen das. Der dreistufige Vertriebsweg über den Großhandel bleibt auch künftig der wichtigste Absatzkanal für Sanitärprodukte – und noch dazu der nachhaltigste.
Thilo C. Pahl: Der dreistufige Vertriebsweg ist in jedem Fall zeitgemäß, da er verbrauchergerecht ist. Die Partner der einzelnen Vertriebsstufen in Industrie, Handel und Handwerk bieten den Endkunden ein aufeinander abgestimmtes Gesamtpaket an, dessen Attraktivität u. a. durch eine individuelle Beratung, eine fachgerechte Installation und umfassende Garantieleistungen gesichert ist. Neben der Dreistufigkeit hat es immer auch andere Vertriebswege gegeben, die auch künftig eine Rolle spielen werden. Letztlich entscheiden die Endkunden, welcher Vertriebsweg für sie und ihre Anforderungen und Bedürfnisse die beste Leistung bietet.
Manfred Stather: Ihre Frage ist mit einem klaren „Ja“ zu beantworten. Die Funktion des Großhandels als Nahtstelle zwischen Industrie und Handwerk ist für die SHK-Betriebe von erheblicher Bedeutung. Beispiele dafür sind die Warenbevorratung oder die schnellen Lieferzeiten. Eigene Ausstellungen unserer Betriebe erweisen sich ebenso wie die Großhandels-Ausstellungen gerade gegenüber dem Internethandel als beste Möglichkeit für den Endverbraucher, vor allem die Produkte der Sanitärindustrie nicht nur in Augenschein zu nehmen, sondern auch anfassen zu können.
IKZ-HAUSTECHNIK: Auf der Basis Ihrer persönlichen Erfahrungen und Erwartungen: Welche Gesamtnote verdient die „Dreistufigkeit“, und wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?
Hartmut Dalheimer: Wichtig für den Erfolg des dreistufigen Vertriebsweges ist, dass sich jede Stufe auf ihre Kernkompetenzen konzentriert. Das heißt: Die Industrie entwickelt innovative Produkte, die den Menschen gefallen. Der Handel präsentiert sie in seinen Ausstellungen, berät und liefert die Produkte mit einer guten Logistik aus. Das Fachhandwerk verkauft und verbaut sie mit seiner Kompetenz. Dabei ist es künftig gefordert, seine Dienstleistungen und sein fachliches Know-how gegenüber dem Endverbraucher noch stärker in den Vordergrund zu rücken.
Es muss uns gelingen, Bauherren und Renovierern das komplette Bad und nicht einzelne Produkte zu verkaufen. Dabei können sich Handel und Handwerk im Schulterschluss als Badeinrichter profilieren. Künftig wird der „kompetente Badmanager“ eine immer größere Rolle spielen. Eine entsprechende Ausbildung bietet auch die VDS mit der Badakademie. Das ist der richtige Weg in eine erfolgreiche Zukunft.
Jörn Leuschner: Mit viel Wohlwollen bekommt der Großhandel im Bewertungsprofil nach Schulnoten von mir gerade noch eine Drei. Ich würde mich über eine klarere Positionierung pro Marke freuen. Wir planen mit einem eigenen, kleinen Showroom selbst. Handwerker haben fraglos unterschiedliche Bedürfnisse. Im Regelfall macht der Großhandel aber alles und versucht, es jedem Partner recht zu machen. Wer aber alles macht, macht normalerweise nichts richtig gut. So sind keine marktgerechten Preise und Lieferzeiten zu erwarten.
Benedikt Mahr: Ich würde die Note Zwei vergeben. Der dreistufige Vertriebsweg muss sich zwar neuen Herausforderungen stellen, behält aber seine bedeutende Stellung im Sanitärbereich. Es bleibt dabei: Der Fachgroßhandel ist gemeinsam mit unseren Partnern aus dem Handwerk ein Garant für Qualität, Sicherheit und Gewährleistung. Weiteres Optimierungspotenzial sehe ich vor allem bei den Arbeitsprozessen zwischen den einzelnen Stufen.
Thilo C. Pahl: Die Dreistufigkeit erreicht für mich eine gute Zwei. Es ist unbestritten, dass die Endkunden ihre Vorstellungen und Wünsche an ein neues Bad mit den Partnern des dreistufigen Vertriebsweges optimal umsetzen können. Verbesserungspotenzial besteht in der Kommunikation seiner Leistungen. Im Wettbewerb mit den anderen Vertriebswegen muss es gelingen, die Vorteile und Besonderheiten der Dreistufigkeit zu erläutern. Wenn die Branche es schafft, ihre Leistungen umfassend und verständlich darzustellen, werden die Endkunden auch bereit sein, dafür einen entsprechenden Preis zu zahlen.
Manfred Stather: Auf der Basis meiner persönlichen Erfahrung verdient die Dreistufigkeit die Note Gut. Zu verbessern ist nach meiner Meinung vor allem die Produktbetreuung des Handwerks durch die Industrie. Beim Großhandel führt der erkennbare Weg, auf Kosten der Industriemarken überwiegend Handelsmarken auf Lager zu halten und in den Ausstellungen zu zeigen, weg von einer handwerksgerechten Markenneutralität und Produktvielfalt.

Resümee
Unter dem Strich billigen die befragten Insider dem dreistufigen Vertriebsweg zweifellos mehr Plus- als Minuspunkte zu. Zugleich warnen sie die Beteiligten aber in unterschiedlicher Tonalität davor, sich auf die „faule Haut“ zu legen und Veränderungen als unlauteres Ansinnen zu begreifen. In der Tat könnte sich beides schnell rächen. Mit König Kunde ist nicht zu spaßen.

Autor: Frank Linnig, Journalist und Inhaber von Linnigpublic Agentur für Öffentlichkeitsarbeit GmbH, Koblenz

Bilder: Keuco, Richter, DG Haustechnik, Bette, ZVSHK, VDS

 


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