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„Bei PV-Pachtangeboten gilt es genau hinzuschauen“

Photovoltaik pachten ist die Möglichkeit, Solarstromer zu werden, ohne selbst zu investieren.
Allerdings muss man aufpassen

Bild: Verbraucherzentrale NRW

„Die Pachthöhe ist unserer Auffassung nach nur dann seriös, wenn folgende Grundregel erfüllt ist: Die Ausgaben für den Pächter dürfen über die Vertragsdauer nicht größer sein als die ­Summe aus Einsparungen und Erlösen“, Thomas Wennmacher. Bild: Thorben Wengert, Pixelio

Photovoltaik auf dem eigenen Dach ist für viele immer noch recht teuer. Perspektivisch bieten sich Pachtmodelle an. Bild: BayWa r.e.

Ausgerechnet der boomende Speichermarkt könnte den Pachtmodellen einen Strich durch die Rechnung machen, da die Kombination aus PV und Batterie im Pachtmodell für viele Stadtwerke sich wirtschaftlich nur schwer darstellen lässt. Bild: Solarwatt

Solarteure können von Pachtmodellen ­durchaus profitieren, da sie von den Anbietern zur ­Umsetzung eingebunden werden. Bild: Marina Lohrbach, Fotolia

 

Die Verbraucherzentrale NRW hat aufgrund hartnäckigen Wirkens jüngst den Photovoltaik-(PV)-Pachtanbieter MEP dazu bewogen, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Wir sprachen mit Thomas Wennmacher, Referent Finanzierungsmodelle der Energiewende bei der Verbraucherzentrale NRW, über den Fall und fragten nach, wie sich der PV-Pachtmarkt derzeit entwickelt, worauf es bei den Angeboten zu achten gilt und ob das Handwerk von dieser Marktentwicklung profitieren kann.

IKZ-Energy: Wie war das mit dem Fall MEP?
Thomas Wennmacher: Über unseren telefonischen Energielotsen sind bei uns in der Verbraucherzentrale NRW zahlreiche Beschwerden über den Anbieter MEP und seine Mietsolaranlagen eingegangen. Das Problem war: Die Anlagen waren auf den Dächern, MEP bekam schon Miete, aber es floss noch gar kein Strom. Meist haperte es am Zählertausch, der erfolgen muss, bevor die PV-Anlage in Betrieb gehen kann. In anderen Fällen hatte MEP schlichtweg vergessen, den Netzanschluss der PV-Anlage beim Netzbetreiber zu beantragen.
Diese Leistungsbestandteile des von MEP beworbenen Rundum-sorglos-Pakets wurden also nicht erbracht, der Weg zum eigenen Strom war aus Sicht der Betroffenen alles andere als sorglos.

IKZ-Energy: Was war das Hauptärgernis?
Thomas Wennmacher: Das Hauptärgernis aber war eben, dass trotzdem schon monatliche Raten von den Konten der Verbraucher eingezogen wurden. Zu genau diesem Aspekt des Mietbeginns waren Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von MEP nach unserer Auffassung nicht eindeutig genug. Deshalb haben wir den Anbieter abgemahnt. MEP hat dazu mittlerweile auch eine Unterlassungserklärung abgegeben. Deshalb sollte es nun nicht mehr vorkommen, dass Kunden vor der ersten erzeugten Kilowattstunde schon Miete zahlen sollen. Wird ein Konto trotzdem weiterhin belas­tet, können wir gegebenenfalls eine Vertragsstrafe geltend machen.

IKZ-Energy: Wie kann ich mir PV zur Pacht vorstellen – was ist das?
Thomas Wennmacher: Ein Hauseigentümer und ein Verpächter, oftmals ein Stadtwerk oder spezialisierter Anbieter, schließen einen Pachtvertrag. Der Verpächter ist Eigentümer der PV-Anlage, während der Pächter als Anlagenbetreiber das wirtschaftliche Betriebsrisiko trägt. Der Zweck der Anlage ist der gleiche wie der einer gekauften: Erzeugten PV-Strom direkt vor Ort als Eigenverbrauch selbst zu nutzen und den Anteil, der nicht vor Ort verbraucht werden kann, gegen Vergütung ins öffentliche Netz einzuspeisen.

IKZ-Energy: Was beinhalten Pachtangebote dann im Detail?
Thomas Wennmacher: Pachtangebote beinhalten verschiedene Leistungsbestandteile wie Anlagenplanung, betriebsbereite Montage, Wartung und Instandhaltung. Auch Versicherung und Anlagenmonitoring sind teils inbegriffen oder können hinzugebucht werden. Der Verpächter als „Kümmerer“ rund um die Installation nimmt dem Pächter das Planungs-, Investitions- und technische Betriebsrisiko ab. Die Gretchenfrage lautet dabei: Wie viel ist dem Pächter dieses Paket aus Dienstleistungen und Risikoübernahme wert? Wie viel des alternativ möglichen Gewinns beim Kauf einer Anlage ist er bereit, dafür abzugeben? Hierbei ist ins Kalkül zu ziehen, dass die Risiken beim Kauf einer PV-Anlage von einem kompetenten Solarteur gering und absolut beherrschbar sind. Die Dienstleistungen sind mit dem Kaufpreis zudem größtenteils auch abgegolten. Was die Verpächter nun vor diesem Hintergrund für ihre Leistungen an Preisen veranschlagen, schwankt deutlich. Genaue Preis- und Leistungsvergleiche sind deshalb dringend anzuraten. Auf die Hilfe von Vergleichsportalen kann man hierfür derzeit noch nicht zurückgreifen.

IKZ-Energy: Lassen sich die Anbieter kategorisieren?
Thomas Wennmacher: Zu den Anbietern zählen vorwiegend Stadtwerke und Regionalversorger, die von spezialisierten Dienstleistern eine Kundenlösung einkaufen. Diese Dienstleister übernehmen für die Energieversorgungsunternehmen (EVU) alle Aufgaben entlang der Prozesskette. Eine andere Gruppe an EVU hat eigene Pachtmodelle aufgelegt und kooperiert in der Umsetzung mit lokalen Solarteuren. Außerhalb von EVU bieten ein paar wenige, spezialisierte Anbieter überregional, teils sogar bundesweit an.  Auch diese Firmen arbeiten teils mit lokalen Solarteuren zusammen, manche aber auch mit eigenen Leuten. Letzteres birgt die Gefahr, deutlich schneller an die Kapazitätsgrenze zu kommen – wie der Fall MEP zeigt.

IKZ-Energy: Wie entwickelt ist der Markt inzwischen? Gibt es Zahlen?
Thomas Wennmacher: Unserer Einschätzung nach wächst derzeit die Anzahl der anbietenden Stadtwerke dynamischer als die Zahl der Vertragsabschlüsse. Bis Mitte 2017 waren bundesweit allein ca. 180 Stadtwerke mit Pachtmodellen vertreten. Darin spiegelt  sich auch die händeringende Suche von EVU nach neuen Geschäftsmodellen wider. Selbst die nach eigener Aussage in der Anlagenverpachtung erfolgreichen EVU halten sich mit konkreten Zahlen überwiegend zurück.

IKZ-Energy:
Do’s and Dont’s: Was muss ein seriöser PV-Pachtvertrag enthalten?
Thomas Wennmacher: Die Pachthöhe ist unserer Auffassung nach nur dann seriös, wenn folgende Grundregel erfüllt ist: Die Ausgaben für den Pächter dürfen über die Vertragsdauer nicht größer sein als die Summe aus Einsparungen und Erlösen. Die jährlichen Pachtzahlungen zuzüglich eventuell weiterer notwendiger Ausgaben dürfen also maximal genauso hoch sein wie die Summe aus bewertetem Eigenverbrauch und Einspeisevergütung. Gerade mit Blick auf den selbst verbrauchten Strom sind dabei realistische und belastbare Annahmen zu Eigenverbrauchsquote und Strompreissteigerung entscheidend. Letztere sollte zwischen 0 und 1 % veranschlagt werden.

IKZ-Energy:
Und was sollte er nicht enthalten?
Thomas Wennmacher: Nicht hinnehmbar sind Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen, die dem Verbraucher Verantwortung und Aufgaben zuweisen, die er als Laie weder beurteilen kann, noch ausführen darf. Sei es, weil diese Aufgaben nur durch den Eigentümer einer PV-Anlage zu beauftragen sind, oder weil die technischen Anschlussbedingungen des Netzbetreibers, die VDE-Vorschriften oder andere Regelwerke die Durchführung explizit durch den Anlagenerrichter vorsehen. Beide Rollen hat im Pachtfall unmittelbar oder teils auch mittelbar das verpachtende Unternehmen inne, nicht der Pächter.

IKZ-Energy: Welche Perspektive räumen Sie PV-Pachtverträgen ein, wie wird sich das Thema nach Ihrer Einschätzung entwickeln und warum?
Thomas Wennmacher: Im Bereich privater Haushalte, der sich deutlich vom Gewerbebereich unterscheidet, wird viel von einer intensiven Marktbearbeitung durch die Anbieter abhängen. Das Thema ist nämlich alles andere als ein Selbstläufer. Es wird nicht ausreichen, ein Pachtangebot passiv auf der Unternehmenswebsite zu bewerben. Für den Anfang bedarf es der professionellen Kundensegmentierung und einer gezielten Kundenansprache. Im Weiteren kommt es auf die Vertriebsqualität an.
Stadtwerke, die heute schon mit einem PV-Pachtmodell erfolgreich sind, werden im Gefolge eines stabileren und anziehenden PV-Marktes weiter profitieren. Die weniger erfolgreichen versuchen gegenzusteuern oder werden das Produkt nach längerer Durststrecke womöglich aufgeben. Ausgerechnet der Zuspruch für Batteriespeicher – immerhin jede zweite neue PV-Anlage wird mit Speicher verkauft – könnte sich als Hemmschuh für den Abschluss von Pachtverträgen erweisen. Denn Speicher lassen sich im Pachtmodell offenkundig nicht wirtschaftlich betreiben. Das zeigen auch die wirtschaftlichen Abschätzungen mancher Stadtwerkeangebote – selbst dann, wenn eine durch nichts zu stützende jährliche Strompreissteigerung von 3 % und mehr angenommen wird.

IKZ-Energy: Wer werden die Kunden sein und wie kann das Handwerk davon profitieren?
Thomas Wennmacher: Zu den möglichen Kunden gehören natürlich jene Haushalte, bei denen das anbietende EVU durch eine langjährige Lieferbeziehung einen Vertrauensvorschuss genießt. Oder auch junge Familien, die sich als Energiewender verstehen, deren Finanzierungsgrenze durch den Hauskauf aber erreicht ist.
Das örtliche Handwerk profitiert vor allem dann, wenn man sich nicht in die Quere kommt und nicht um die gleichen Dächer konkurriert. Damit dies gelingt, kommt es zum einen darauf an, die Kundenbasis für PV insgesamt zu vergrößern. Das beinhaltet auch das Aufspüren ganz neuer Kundensituationen, einen Ansatz, der überhaupt erst Interesse für PV-Nutzung weckt und nicht nur bereits Interessierte bedient. Zum anderen liegt es nahe, dass lokale Stadtwerke ihre Montageaufträge auch an das örtliche Handwerk vergeben. Solarteure sollten das Geschäftsfeld nicht als Konkurrenz, sondern als Chance für zusätzliches Geschäft sehen. Insbesondere dann, wenn die Option zur Verstetigung der Auslastung besteht. Sprich der Baustellenplan noch Lücken zeigt und ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen. Die lokale Wertschöpfung wird erhöht, ebenso die Chance auf einen Multiplikatoreffekt.

IKZ-Energy: Herr Wennmacher, vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Dittmar Koop


Zur Person
Thomas Wennmacher ist Referent für Finanzierungsmodelle der Energiewende im Projekt Energie 2020 bei der Verbraucherzentrale NRW. Der Bank- und Diplom-Kaufmann absolvierte ein Studium der Energiewirtschaft, Wettbewerbspolitik und Industrieökonomik an der Universität Essen. Er besitzt 8 Jahre Vertriebs- bzw. Key-Account-Management-Erfahrung im Photovoltaik-Großhandel, außerdem Berufserfahrung in der Fördermittelberatung sowie der Projektfinanzierung und des -controlling.

 


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