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Auf das Wasser kommt es an

Über die unterschiedlichen Möglichkeiten, die es für die Befüllung von Heizungsanlagen gibt

Mike Hannemann, Geschäftsführer der Hannemann Wassertechnik Deutschland GmbH.

Das falsche Heizungswasser hat viele Gesichter.

Vergleich zwischen behandeltem und unbehandeltem Heizungswasser.

Bei salzhaltiger Fahrweise kann in normalen Mengen mit Trinkwasser nachgespeist werden, bei salzarmer Fahrweise nur mit VE-Wasser, da sonst verstärkt Korrosion auftreten kann.

Lichtmikroskopische Aufnahme von einem Spannungsriss im Edelstahl bei salzarmer Fahrweise.

 

Seit einiger Zeit herrscht in Handwerkerkreisen ein wahrer Glaubenskrieg, was die Befüllung einer Heizungsanlage angeht. Viele Fachhandwerker der Branche fragen sich, wie sie am besten die Anforderungen der Normen und Richtlinien einfach, sicher und bezahlbar für den Kunden erfüllen können. Die IKZ-Haustechnik sprach aus diesem Anlass mit Mike Hannemann, Geschäftsführer der Hannemann Wassertechnik Deutschland GmbH, über mögliche Vorgehensweisen, Unterschiede der Methoden und Probleme, die sie in der Praxis mit sich führen können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Hannemann, bei der Befüllung der Heizungsanlage mit der richtigen Wasserqualität wird der SHK-Installateur vor eine Herausforderung gestellt. Die geltenden Normen und Richtlinien liefern zwar die Vorgaben, aber oft werden diese nicht richtig verstanden oder falsch gedeutet. Welche Richtwerte und Kriterien muss der Handwerker einhalten, um einen schadensfreien Betrieb der Heizungsanlage realisieren zu können?

Mike Hannemann: Sie haben Recht, seit einiger Zeit herrschen in der Branche Unklarheiten über die unterschiedlichen Möglichkeiten, die es für die Befüllung einer Heizungsanlage gibt. Die beiden Hauptlager sind hier die salzhaltige Fahrweise mit enthärtetem Wasser und die salzarme mit vollentsalztem Wasser. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in der elektrischen Leitfähigkeit. Bei der salzhaltigen Fahrweise liegt der Richtwert bei 100 bis 1500 µS/cm während bei der salzarmen Fahrweise eine elektrische Leitfähigkeit < 100 µS/cm einzuhalten ist. An dieser Stelle möchte ich kurz klarstellen, dass die elektrische Leitfähigkeit keine Korrosion verursacht, wie es oftmals in der Branche publiziert wird. Wäre diese Behauptung wahr, dann gebe es wohl keine Trinkwasserinstallationen auf der Welt. Die elektrische Leitfähigkeit kann lediglich bereits ablaufende Korrosionen im Fortschreiten begünstigen, jedoch nicht verursachen.
Ähnlich verwirrende Aussagen finden sich beim Thema Sauerstoffkonzentration. Sie bestimmt im Wesentlichen die Korrosionsreaktion. In der aktuellen Fassung der VDI 2035 Blatt 2 wird bei salzhaltiger Fahrweise im Kreislaufwasser der Richtwert mit < 0,02 mg/l angegeben. Hingegen liegt der Wert bei VE-Wasser bei
< 0,1 mg/l. In der Argumentation für die vollentsalzte Fahrweise wird allerdings häufig vergessen, das Vorzeichen „<“ zu erwähnen. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass bei VE-Wasser ein wesentlich höherer Sauerstoffgehalt von
0,1 mg/l toleriert wird. Richtig ist hingegen, dass bei VE-Wasser der Sauerstoffgehalt zwischen 0,02 und 0,09 mg/l liegen soll. Der Unterschied ist also unwesentlich und die Argumentation mehr Marketing als sinnhaft. Abgesehen davon, ist der Sauerstoffgehalt in dieser Größenordnung in einer Heizung sehr schwer zu messen. Übrigens hat die TU Dresden, Institut für Ener­gietechnik und Professur für Energiesystemtechnik und Wärmewirtschaft, seit vielen Jahren in Hunderten von Heizungsanlagen aufwendig Sauerstoffgehaltsmessungen durchgeführt. In Anlagen, die nach den anerkannten Regeln der Technik geplant, gebaut und betrieben sowie gewartet wurden, stellte man dabei fest, dass sich die Richtwerte von < 0,02 mg/l bei salzhaltiger Fahrweise – also bei Enthärtung – mit der Zeit einstellen und auch gehalten werden. Davon weiß jedoch kaum jemand etwas und so scheint es ein Leichtes zu sein, die Heizungsbauer glauben zu machen, dass nach der VDI 2035, Blatt 2, jede Heizungsanlage nur noch mit vollentsalztem Wasser gefüllt werden soll.

IKZ-HAUSTECHNIK: Vielleicht lässt die VDI 2035 Blatt 2 hier noch Spielraum. Allerdings verlangen manche Hersteller von Heizkesseln ausdrücklich den Einsatz von VE-Wasser. Dadurch ist der Fachhandwerker in der Pflicht zu handeln. Aber ist diese Forderung nicht auch ein Stück weit gerechtfertigt, um Korrosionsprobleme gänzlich auszuschließen und damit eine gewisse Funktionssicherheit zu realisieren?

Mike Hannemann: Die Erfahrung lehrt uns, dass, wenn viele das Gleiche tun, es deshalb nicht automatisch richtig sein muss. Dies bestätigt quasi die Logik Ihrer Fragestellung. Für mich stellt sich eher die Frage, warum einige Hersteller zum Teil Anforderungen an das Heizungswasser ähnlich wie bei der Blutwäsche stellen. Auffällig ist dabei, dass die Forderungen nach VE-Wasser insbesondere im Zusammenhang mit Aluminiumlegierungen bei Wärmeübertragern zu finden sind. Möglicherweise wurde dabei der Aufwand zum Nutzen nicht ausreichend bedacht. Es gibt in der Industrie zwar Bereiche, in denen VE-Wasser als sogenanntes Reinstwasser in Produktionsprozessen unabdingbar ist. Der SHK-Fachhandwerker oder TGA-Planer muss jedoch auch andere Kriterien berücksichtigen. Zum Beispiel, wie sich die Forderungen nach VE-Wasser auf das Gesamtsystem auswirken. Denn fordert ein Hersteller beispielsweise eine bestimmte Wasserqualität, so hat dies direkte Auswirkungen auf alle im Heizsystem verbauten Materialien. Wer haftet am Ende bei etwaigen Schäden, wie entzinkten Armaturen, Spannungsrissen oder Ähnliches? Im Zweifel der Handwerker bzw. der Planer, denn sie sind für die Gesamtanlage verantwortlich.
Ich sehe allerdings noch ein weiteres Problem. Bei Erfüllung dieser erhöhten Anforderungen wäre dem Anlagenbetreiber der Mehraufwand der Wasseraufbereitung in der Regel in Rechnung zu stellen. Dies würde dazu führen, dass das Heizungswasser mit 300 bis 500 Euro pro m³ vergütet werden müsste – ohne Spülen. Ein derartiger Preis, der dem eines mittleren Mineralwassers entspricht, ist dem Kunden angesichts der geringen Kosten für unbehandeltes Trinkwasser schwer zu vermitteln. Der Handwerker muss daher selbst entscheiden, ob er dennoch den Herstellervorgaben folgt und damit etwaige Wettbewerbsnachteile und den Vertrauensverlust beim Kunden in Kauf nimmt, oder ob er in eigener Verantwortung eine sinnvolle Alternative wählt. Ich gehe davon aus, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde und sich über kurz oder lang ein gewisses Streitpotenzial aufbaut.

IKZ-HAUSTECHNIK: Angenommen, der Fachhandwerker entscheidet sich für die VE-Fahrweise, um den Forderungen seines gewählten Kesselherstellers nachzukommen. Worauf muss der Praktiker achten?

Mike Hannemann: Entschließt sich der Heizungsbauer für die salzarme Fahrweise, sollte er wissen, dass die Nachspeisung ausschließlich mit vollentsalztem Wasser erfolgen muss. Ansonsten kann die elektrische Leitfähigkeit je nach verwendetem Trinkwasser über den Richtwert von < 100 µS/cm für die salzarme Fahrweise ansteigen. Ergebnis: Das Wasser kippt unkontrolliert weg. Das heißt, es kann zu einer deutlichen pH-Wertverschiebung kommen mit verstärk­ten Korrosionserscheinungen. Die entsprechenden Hersteller bieten daher zur Nachspeisung – in Verbindung mit Sicherheits-Füllarmaturen – kleine integrierte Ionenaustauscherpatronen an. Rein theoretisch ein guter Ansatz, doch die Praxis zeigt ein anderes Bild: Fließt über längere Zeit kein Wasser durch die Ionenaustauscherpatrone - bei Heizungsnachfüllanlagen ist das zu erwarten – verkleben die Ionenaustauscher-Körnchen mit der Zeit. Zudem ist noch ein weiterer Effekt zu erwarten, der bei teilweise beladenen Ionenaustauschern und längerer Standzeit auftritt. Die sogenannte Gegenionenwirkung bzw. Reionisation. Hierbei lösen sich die Ionen ins Umgebungswasser der Patrone zurück. In einem solchen Fall ist das harzumgebende Wasser sehr oft deutlich leitfähiger und härter. Hinzu kommt die biologische Besiedelung in der Patrone, wodurch das zunehmende Problem der mikrobiologisch induzierten Korrosion in Niedertemperaturanlagen begünstigt werden kann. Sie sehen, stationäre Ionenaustauscher-Anlagen sind aus bestimmten Gesichtspunkten für kleine Heizungs-Systeme nicht so ohne Weiteres geeignet. Bei größeren Heizungen ist das anders. Hier sorgt man dafür, dass die Ionenaustauscher-Anlage immer voll regeneriert und durchgespült wird.
Neben den erläuterten Punkten gibt es allerdings noch einen viel größeren Störfaktor, der bei kleinen Heizungsanlagen auftritt. Und das ist der Betreiber selbst. Rein theoretisch müsste er jedes Mal den Handwerker seines Vertrauens rufen, wenn er einen zu geringen Anlagen-Druck feststellt. Ich weiß nicht, ob jeder Kunde das befolgt, allerdings sollte man mit einem hohen Prozentsatz an Widerstand rechnen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Demnach zeichnet sich für den Fachhandwerker in den meisten Fällen ein Problem ab?

Mike Hannemann: Ich gebe zu, die Lage der Handwerker und Planer ist nicht ganz ohne. Eine Möglichkeit wäre, keine Komponenten mehr einzubauen, die VE-Wasser benötigen. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit vermutlich sehr herausfordern, was jedoch nicht zum Nachteil des Betreibers sein muss. Einige Hersteller rudern aktuell bereits mit ihren Anforderungen wieder zurück und greifen unsere seit 2007 bestehende Sonderrichtlinie für AlSiMg-Legierungen auf. Wir empfehlen in diesem Fall die Teilenthärtung auf 6 bis 8 °dH. Denn die Monteure brauchen ein Konzept, das mit allen Heizungskomponenten kompatibel ist, sie schützt und zudem kostengünstig und beherrschbar umzusetzen ist. Für mich spiegelt sich all das nach nunmehr fast 20 Jahren Erfahrung in der Enthärtung und Konditionierung des Heizungswassers wider. Die Konditionierung ist quasi die Versicherung des Handwerkers, um Schäden durch Korrosion und Verschlammung vorzubeugen und damit die Funktionssicherheit zu erhöhen, was durch die kalkfreie Befüllung – enthärten oder entsalzen – alleine nicht zu bewerkstelligen ist. Ich vergleiche es gerne mit Sonnenschutzmitteln. Manche verzichten darauf und wundern sich, wenn Sie später Hautprobleme haben. Unabhängig von meiner Einschätzung muss das obers­te Anliegen eines jeden SHK-lers sein, dass er am Ende das Ziel einer stabilen Anlage ohne Kesselstein und Korrosion erreicht und dabei unnötige Haftungsrisiken vermeidet. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang eine Dokumentation, zum Beispiel per Analyse und Betriebsprotokoll.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sollte so ein Betriebsprotokoll aussehen? Fordert die VDI 2035 nicht sowieso eine Dokumentation in Form eines Anlagenbuches?

Mike Hannemann: Prinzipiell ist es immer vorteilhaft, seine Arbeit als Fachhandwerker zu dokumentieren. Im Schadensfall wird jeder Komponentenhersteller nicht nur nach der Heizungswasserqualität fragen, sondern hierfür auch einen Nachweis fordern. Lippenbekenntnisse werden dann nicht ausreichen. Das Wort Anlagenbuch verwirrt allerdings den einen oder anderen Handwerker, denn es geht vielmehr um einen schriftlichen Nachweis, z. B. in Form eines Protokolls. Grundsätzlich sollte ca. 6 bis 8 Wochen nach Inbetriebnahme, wenn sich die Wassergleichgewichte eingestellt haben, eine Kontrollanalyse durchgeführt werden. So hat man die Möglichkeit, bei Abweichungen zum Richtwert sofort nachbessern zu können. Die Analyseergebnisse werden dann in ein Betriebsprotokoll übertragen und vom ausführenden Fachbetrieb und Anlagenbetreiber datiert unterschrieben. Jede Partei hält dann ein Duplikat in Händen. Idealerweise sind die Analyseergebnisse in zertifizierten Messverfahren nach DIN ISO ermittelt worden – also gerichtsfest. So erhält der Fachhandwerker die schriftliche Bestätigung, dass alles mit dem Wasser passt und der Kunde fühlt sich sicher.

IKZ-HAUSTECHNIK: Lassen Sie uns noch einmal zum ursprünglichen Thema zurückkehren. Müssen eigentlich Anlagen, die mit aufbereitetem Wasser gefüllt worden sind, besonders gekennzeichnet werden?

Mike Hannemann: Man spricht hier auch von der Sorgfalts- und Hinweispflicht. Anhand z.B. eines Heizungsaufklebers weiß jeder, der mit der Anlage zu tun hat, mit welcher Art von Heizungswasser befüllt wurde. Solche Kleinigkeiten geben die Chance, seine Qualitätsarbeit zu unterstreichen. Denn wer die Heizungswasseraufbereitung als einen Qualitätsstandard setzt und dabei ein gesundes Kos­ten-Nutzenverhältnis anbieten kann, wird am Ende nur gewinnen, dessen bin ich mir sicher.

IKZ-HAUSTECHNIK: Eine letzte Frage, Herr Hannemann. Welche Unterstützung bieten Sie Planern und Handwerkern im Umgang mit der richtigen Heizungswasserqualität? Gibt es Schulungen oder Seminare, die Interessierten die Thematik näher bringen?

Mike Hannemann: Seit fast zwei Jahrzehnten werden bei uns Ideen geboren, mit denen man einfach und sicher das richtige Heizungswasser produzieren kann. In dieser Zeit haben wir eine Menge an Erfahrungen gesammelt. Die Unterstützungsangebote reichen von der Schulung unserer Kunden über Handwerker-Zertifizierungsseminaren bei Marktpartnern, Fachverbänden oder Organisationen der Energiewirtschaft und Planer, bis hin zu Workshops mit unseren Fachpartnern. Es macht uns stolz, wenn die Funktionalität unserer Konzepte die Professionalität unserer Partner unterstreicht.

www.heizungswasser24.de


Bilder: Hannemann

 


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