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TrinkwV: Marktchancen für den TGA-Planer

Am 1. November 2011 trat die „Erste Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung“ in Kraft, mit der die Vorgaben der europäischen Trinkwasserrichtlinie (98/83/E) in nationales Recht umgesetzt werden. Bei der Novellierung wurden in erster Linie strengere Grenz- und Richtwerte festgelegt, damit Trinkwasser ohne die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung getrunken werden kann. Außerdem ist nun auch der Betreiber einer Trinkwasseranlage – bei Gebäuden in der Regel der Eigentümer – für die Qualität des Trinkwassers verantwortlich. Die geänderten Rahmenbedingungen bieten dem Fachplaner die Chance, seine Beratungskompetenz einzusetzen. Schließlich sind nun in allen Projektphasen – von der Planung über die Installation bis zum Betrieb der Trinkwasseranlage – die Anforderungen an die Trinkwasserhygiene zu berücksichtigen.

Mit der Trinkwasserverordnung soll die menschliche Gesundheit vor nachteiligen Einflüssen geschützt werden, die sich aus verunreinigtem Wasser ergeben können.

Innerhalb einer Zirkulationsanlage dürfen Teilabschnitte ohne Zirkulation (im Bild durch rote Pfeile gekennzeichnet) vorgesehen werden, wenn der Wasser­inhalt in diesem Anlagenteil weniger als 3l beträgt.

Nicht-Trinkwasseranlagen und eventuell zugehörige Zapfstellen müssen eindeutig gekennzeichnet sein.

 

In der neuen Trinkwasserverordnung 2011 (TrinkwV) wurden wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt und der ohnehin schon hohe Qualitätsstandard des deutschen Trinkwassers erhöht. Als ers­tes Land der EU führte Deutschland einen Grenzwert für das giftige Schwermetall Uran im Trinkwasser ein. Dieser liegt bei 0,010 mg pro Liter und ist derzeit der weltweit schärfste Uran-Grenzwert. Damit sollen alle Bevölkerungsgruppen – inkl. Säuglingen – vor potenziellen Schädigungen durch Uran im Trinkwasser geschützt werden.
Für den Fachplaner sind vor allem die neuen Grenzwerte für Cadmium und Blei relevant. Für Cadmium sinkt er von bisher 0,005 auf jetzt 0,003 mg pro Liter. Das besonders giftige Schwermetall kann über Umweltbelastungen in das Grundwasser gelangen, aber auch verzinkte Eisenrohre in alten Hausinstallationen können es abgeben und damit für erhöhte Werte sorgen.

Ab 2013 nur noch „bleifrei“
Ab dem 1. Dezember 2013 gilt zudem für Blei im Trinkwasser ein verschärfter Grenzwert von 10 mg pro Liter. Dieser Wert kann nur noch durch eine vollkommen „bleifreie“ Hausinstallation eingehalten werden. Das bedeutet für den Fachplaner, dass er gerade bei der Sanierung von Bestandsgebäuden nach alten Bleileitungen „fahnden“ muss, damit diese gegen unbedenkliche Materialien ausgetauscht werden können. Betroffen sein können sowohl Hausanschlussleitungen als auch Teile der Hausinstallation. Daraus können sich bei einer Sanierung unterschiedliche Zuständigkeiten ergeben. Denn bis zur Hauptabsperreinrichtung ist das Wasserversorgungsunternehmen für die Beschaffenheit des Trinkwassers verantwortlich, dahinter ist es der Anschlussnehmer. Wenn sich nach dem oben genannten Stichtag immer noch Bleirohre im Wasserversorgungssys­tem befinden, muss der jeweilige Betreiber die angeschlossenen Verbraucher darüber informieren.

Neuer Wert für Legionellen
Für Legionellen sieht die Verordnung ebenfalls umfassende neue Regelungen vor. So ist für diese ein sogenannter „technischer Maßnahmewert“ von 100 KBE (Koloniebildende Einheiten) pro 100 ml Trinkwasser definiert. Bekanntlich können diese Erreger beim Menschen unterschiedlichste Krankheiten hervorrufen, von denen die Legionärskrankheit im schlimmsten Fall sogar tödlich verlaufen kann. Die Übertragung von Legionellen auf den Menschen erfolgt durch Leitungswasser. Dabei ist das Trinken des Wassers unbedenklich. Erst wenn es als Aerosol beispielsweise beim Duschen eingeatmet wird, können die Erreger in die Lunge geraten und eine Erkrankung auslösen.
Wird eine Kontamination mit Legionellen festgestellt, ist eine Ortsbesichtigung der betroffenen Trinkwasserinstallation und eine Gefährdungsanalyse durch eine sachverständige Person vorgeschrieben. Die entsprechende Qualifikation kann der Fachplaner durch Schulungen erlangen, die von verschiedenen Institutionen angeboten werden (z.B. Hygieneschulung Trinkwasser nach VDI 6023 oder zertifizierter Probenehmer Trinkwasser).

Meldepflicht für Großanlagen
Neu hinzugekommen ist die generelle Meldepflicht für Warmwasseranlagen, die als Großanlagen eingestuft sind. Dies sind Warmwasserinstallationen mit einem Speichervolumen von mehr als 400l und/oder Leitungsabschnitten mit mehr als 3l Inhalt, in denen sich Duschen oder andere Einrichtungen zur Vernebelung von Trinkwasser befinden. Die Meldepflicht gilt für alle Anlagen, in denen Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit abgegeben wird. Darunter fallen auch Wohngebäude, da die Vermietung von Wohnraum als gewerbliche Tätigkeit angesehen wird. Ausgenommen sind nur Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Anlagen mit dezentraler Warmwassererzeugung mit weniger als 3 l Leitungsinhalt, da in den dort vorhandenen sogenannten Kleinanlagen das Risiko einer Kontamination durch Legionellen als eher gering angesehen wird. Dementsprechend sind auch reine Bürogebäude nicht von dieser Regelung betroffen, wenn sie ausschließlich mit Toi­lettenanlagen ausgestattet sind und über keine Duschen verfügen.
Die Meldepflicht für Großanlagen betrifft ebenfalls den Bestand und ist unverzüglich auszuführen. Darüber hinaus gelten folgende Fristen zur Anzeige gegenüber dem Gesundheitsamt:
Mindestens vier Wochen vorher bei

  • der erstmaligen Inbetriebnahme oder Wiederinbetriebnahme einer Anlage,
  • einer baulichen oder betriebstechnischen Veränderung.


Innerhalb von drei Tagen bei

  • einer Stilllegung der Anlage.

Diese Fristen gelten auch für Nichttrinkwasseranlagen, allerdings muss in diesem Fall zusätzlich der Übergang des Eigentums oder Nutzungsrechts auf andere Personen vier Wochen im voraus mitgeteilt werden. 
Die Meldepflicht gilt in erster Linie für den Betreiber der Anlage. Da jedoch davon ausgegangen werden kann, dass die neuen gesetzlichen Regelungen vielfach noch nicht bekannt sind, sollte der Fachplaner auf die geänderten Rahmenbedingungen hinweisen und den Eigentümer bei der Erledigung der Formalitäten unterstützen. Denn dem Gesundheitsamt müssen die Art der Anlage und ggf. bevorstehende Veränderungen inkl. zeitlicher Planung des Bauablaufs mitgeteilt werden. Zusätzlich sind auf Verlangen Pläne der Gesamtanlage oder der von einer Veränderung betroffenen Anlagenteile vorzulegen. Hier kann der Planer helfen, indem er alle notwendigen Unterlagen zusammenstellt.

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Jährliche Untersuchung
Zudem ist nun auch eine Untersuchungspflicht festgelegt, nach der Großanlagen turnusmäßig überprüft werden müssen. Derzeit ist noch ein jährliches Prüfintervall vorgeschrieben. Mit der erneuten Novellierung der Trinkwasserverordnung wird es wahrscheinlich auf drei Jahre erweitert. Für die Durchführung ist der Betreiber verantwortlich. Auch in diesem Fall kann der Fachplaner seine Unterstützung anbieten, indem er auf die Einhaltung der Fristen achtet, geeignete Unternehmen benennt, die diese Prüfung durchführen dürfen oder die Koordination der gesamten Untersuchung übernimmt. Die Überprüfung ist von einem zertifizierten Labor durchzuführen und erfolgt nach den Vorgaben des DVGW-Arbeitsblatts W551.
Werden bei der Untersuchung Überschreitungen von Grenzwerten festgestellt, muss unverzüglich das Gesundheitsamt informiert und Maßnahmen zur Abhilfe wie der zeitlich begrenzte Einsatz von Desinfektionsverfahren eingeleitet werden. Darüber hinaus muss durch eine sachverständige Person im Rahmen einer Ortsbesichtigung eine Gefährdungsanalyse durchgeführt werden. Dabei werden technische oder organisatorische Maßnahmen festgelegt, mit denen das aufgetretene Problem beseitigt werden kann.

Probenahmestellen vorsehen
Für die Beprobung der Warmwasseranlage sind Probenahmestellen vorzusehen. Für die orientierende Untersuchung befinden sie sich am Aus- und Eintritt des Trinkwassererwärmers sowie an geeigneten Stellen an den Enden der Steigestränge. Für eine weiterführende Untersuchung werden weitere Entnahmestellen festgelegt, die sich in den verschiedenen Bereichen der Warmwasseranlage, aber auch im Kaltwasserzweig befinden können. Zum Einsatz kommen spezielle Probenahmeventile, die durch Abflammen desinfiziert werden. Sie sollten an einem sauberen und gut zugänglichen Ort installiert werden und unterhalb der Armatur genügend Platz für das Probenahmegefäß bieten. Die Festlegung und Lage der Probenahmestellen muss dokumentiert werden. Zusätzlich sind sie für die Ausführung der Proben verwechslungssicher zu kennzeichnen.

Regeln der Technik einhalten
Für Neuanlagen und auch für Bestandsanlagen gilt, dass sie mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant und ausgeführt sein müssen. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass in Anlagen, die die anerkannten Regeln der Technik einhalten, das Trinkwasser den Grenz- und Richtwerten der Verordnung entspricht.
Für die Planung und Ausführung von Trinkwasserinstallationen sind dies die europäischen Normen DIN EN 806 und DIN EN 1717 sowie die nationalen Ergänzungsnormen der Reihe DIN 1988 und die entsprechenden DVGW-Arbeitsblätter.
Der § 17 (1) der Trinkwasserverordnung präzisiert diese Anforderungen durch den Hinweis, dass die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik sichergestellt ist, „indem durch einen akkreditierten Branchenzertifizierer (Anm. d. Red.: z.B. DVGW) zertifizierte Verfahren und Produkte eingesetzt werden.“ Liegt ein solches Zertifikat nicht vor, muss sich der Fachplaner vom jeweiligen Hersteller bestätigen lassen, dass das betroffene Produkt die allgemein anerkannten Regeln und die Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllt.

Hygienische Zirkulation
Auch bei der Zirkulationsleitung müssen die allgemein anerkannten Regeln der Technik Beachtung finden. So schreibt das DVGW-Arbeitsblatt W551 vor, dass die Austrittstemperatur aus dem Warmwasserbereiter 60°C betragen muss. Innerhalb des Netzes darf die Temperatur um maximal 5 K absinken. Das bedeutet, dass in allen Teilen der Trinkwarmwasseranlage dauerhaft eine Temperatur von mindestens 55°C herrschen sollte. Damit diese Bedingung auch in größeren Netzen erfüllt wird, ist ggf. ein hydraulischer Abgleich erforderlich.
Im Kaltwasserbereich der Trinkwasserinstallation hingegen sollte die Temperatur nie über 20°C liegen. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass kein Wärmeeintrag von außen in die Leitung erfolgen kann. Dies kann beispielsweise im warmen Heizungsraum oder bei der Leitungsverlegung in Schächten der Fall sein, wenn die Kaltwasserleitung unmittelbar neben der Warmwasserleitung verläuft. Zwar besteht schon seit Jahren bei Neubauten eine Dämmpflicht für Kaltwasserleitungen, doch im Gebäudebestand sind diese häufig noch ungedämmt. Hier sollte eine nachträgliche Dämmung erfolgen, damit sich das darin befindliche Trinkwasser nicht unzulässig stark erwärmt.

Sicherungseinrichtungen für Nicht-Trinkwasseranlagen
Aus hygienischen Gründen muss die gesamte Trinkwasserinstallation eines Gebäudes vor zurückfließendem Wasser, das keine Trinkwasserqualität hat, geschützt werden. Deshalb sind laut
TrinkwV Anlagen oder Geräte, in denen sich Nicht-Trinkwasser befindet, durch eine entsprechende Sicherungseinrichtung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik vom Trinkwasserbereich zu trennen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Toilettenspülungen, Nachfülleinrichtungen für Heizungsanlagen oder Geräte, in denen das Wasser für medizinische Anwendungen aufbereitet wird. Die Trinkwasserverordnung gilt bis einschließlich der jeweiligen Sicherungseinrichtung.
Die sicherste Variante zum Schutz des Trinkwassers ist ein freier Auslauf nach DIN EN 1717. Dieser wird beispielsweise in Regenwassernutzungsanlagen oder in Vorlagebehältern für Feuerlöschanlagen eingesetzt, da hier das Wasser über einen längeren Zeitraum steht, sodass die Gefahr der Verkeimung steigt. Zusätzlich sind Zapfstellen von Nicht-Trinkwasser zu kennzeichnen, um eine Verwechslung durch den Nutzer auszuschließen. Das wäre z.B. bei einem Waschmaschinenanschluss an die Regenwassernutzung der Fall.

Information des Betreibers
Während des Betriebs kann es auch durch eine unsachgemäße Nutzung zu einer Verkeimung des Trinkwassers kommen. Deshalb sollte der Betreiber gründlich in die Anlage eingewiesen werden und über die Risiken von Stagnation oder zu niedrigen Temperaturen im Warmwasserbereich aufgeklärt werden. Denn oftmals wird aus Unkenntnis oder falsch verstandener Sparsamkeit die Austrittstemperatur am Warmwasserspeicher reduziert oder die Zirkulationspumpe ganz oder über zu lange Zeiträume ausgeschaltet, um den Stromverbrauch zu senken. Auch in wenig oder gar nicht genutzten Teilen der Trinkwasserinstallation muss regelmäßig ein Wasserwechsel stattfinden. Das gilt z.B. für Wohnungen, die über einen längeren Zeitraum leer stehen.

Fazit
Die novellierte Trinkwasserverordnung 2011 bezieht nun auch Wohngebäude mit ein und nimmt bei der Trinkwasserhygiene den Betreiber der Trinkwasseranlage stärker in die Pflicht – das reicht bis hin zur Haftung bei Personenschäden. Da es sich dabei in den meisten Fällen um einen Laien handelt, ergeben sich aus den geänderten Rahmenbedingungen neue Marktchancen für den Fachplaner. Er steht dem Betreiber beratend zur Seite und sorgt bei der Planung einer Neuanlage oder der Sanierung einer Bestandsanlage dafür, dass die Anforderungen an das Wasser für den menschlichen Gebrauch erfüllt werden. Dies geschieht durch die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die Verwendung von Materialien, die keine Schadstoffe an das Trinkwasser abgeben. In Kombination mit einem ordnungsgemäßen Betrieb und der turnusmäßigen Beprobung von Großanlagen ist damit der größtmögliche Schutz des Trinkwassers gegeben.

Bilder: Wilo SE

www.wilo.de

 


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