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Update in Sachen TrinkwV

Jörg Schütz, Geschäftsführer Technik beim Fachverband SHK Bayern, im Interview mit der IKZ-Redaktion

Chefredakteur Markus Sironi (links), Jörg Schütz (Mitte) und Redakteur Markus Münzfeld (rechts) im Gespräch. Bild: IKZ-Archiv

Das Bewusstsein, dass hinter einem Zapfventil eine Trinkwasserinstallationen steckt und von dort auch Gefahren ausgehen können, wurde beim Verbraucher erst durch die letzten Änderungen der TrinkwV geweckt, sagt Jörg Schütz. Bild: IKZ-Archiv

 

Inwieweit tangiert die UBA-Liste das Fachhandwerk? Was sollte der Praktiker über den Einsatz von nicht DVGW-zertifizierten Produkten wissen? Und wie steht es um den Bestandsschutz von Trinkwasser-Installationen? Diese und viele weitere Fragen zum Themenkomplex wurden auf dem HAUSTECHNIKTAG 2016 in Frankfurt/Main thematisiert.1) Jörg Schütz, Geschäftsführer Technik beim Fachverband SHK Bayern und Referent auf der Veranstaltung, im Interview mit der IKZ.

IKZ-HAUSTECHNIK: Beinahe unbemerkt von der Fachöffentlichkeit wurde die 1. Änderung der Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe Ende Januar 2016 veröffentlicht. Die darin im Anhang aufgeführte UBA-Positivliste für trinkwasserhygienisch geeignete metallene Werkstoffe wurde in diesem Zuge ergänzt. Statt 13 sind dort nun 19 Werkstofflegierungen gelistet. Tangiert die UBA-Liste überhaupt noch den Fachhandwerker oder ist sie eher eine Blaupause für Hersteller?
Jörg Schütz: Das basiert auf Aussagen im § 17 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und tangiert den Fachhandwerker sehr wohl, denn er darf nur bestimmte metallene Werkstoffe und Materialien für Trinkwasserinstallationen verwenden. Der Fachhandwerker muss einerseits wissen, dass es eine Liste mit metallenen Werkstoffen gibt, die für Neuerrichtungen bzw. Instandhaltung nur noch verwendet werden dürfen. Andererseits kann er aber mit dieser UBA-Liste direkt wenig anfangen. Er muss sich darauf verlassen, dass die Hersteller diese beachten. Der ZVSHK führt seit einiger Zeit eine Umfrage unter Herstellern durch, deren Ergebnisse Innungsmitglieder auf der Homepage des ZVSHK abrufen können. Um auf der sicheren Seite zu sein, muss sich der Fachhandwerker über die trinkwasserhygienische Eignung des Produktes informieren. Das gilt insbesondere generell für jedes Material unbekannter bzw. unsicherer Herkunft. Ein weiterer Grund, bei vom Endverbraucher beigestelltem Material Vorsicht walten zu lassen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Werfen wir einen Blick in die Praxis. In den Regalen des Fachgroßhandels liegen nicht nur DVGW-zertifizierte Produkte. Was sollte ein Handwerksbetrieb beachten, bevor er zu solchen Waren greift?
Jörg Schütz: Neben den Bauteilen, die durch einen anerkannten Branchenzertifizierer, wie dem erwähnten DVGW, zertifiziert sind, können sich Mitgliedsbetriebe der SHK-Organisation z. B. an den Haftungsübernahmevereinbarungen, die der ZVSHK mit vielen Herstellern abgeschlossen hat, bei der Produktwahl orientieren. Falls dem Fachbetrieb diesbezüglich keine ausreichenden Informationen vorliegen, kann er sich nur direkt vom Hersteller eine Bescheinigung ausstellen lassen, in der dieser die Einhaltung aller einschlägigen nationalen und internationalen Anforderungen an Produkte für die Trinkwasserinstallation bestätigt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Inzwischen sollte auch der Endverbraucher darüber informiert sein, dass eine hygienische Beeinträchtigung der Trinkwasseranlage die Gesundheit gefährden kann. Und dennoch steht das Thema „Wartung von Trinkwasseranlagen“ kaum im Fokus der Verbraucher. Woran liegt’s?
Jörg Schütz: Wartungsverträge für Heizungsanlagen gibt es wesentlich häufiger, weil es sich um eine offensichtlich technische Anlage handelt, wo Substanzerhalt und sicherer Betrieb eine Wartung erfordern. Eine Wartung verbessert bekanntermaßen weiterhin die Energieeffizienz. Das Thema Energiesparen gibt es insbesondere bereits seit der Ölpreiskrise in den 70er-Jahren. Das Bewusstsein, dass hinter einem Zapfventil eine Trinkwasserinstallation steckt und von dort auch Gefahren ausgehen können, wurde beim Verbraucher meiner Meinung nach erst durch die letzten Änderungen der TrinkwV geweckt. In deren Folge – Probennahmen, Untersuchungen, a. a. R. d. T., Gefährdungsanalysen – muss man sich auch bald intensiver mit der Wartung dieser Installationen auseinandersetzen. Dazu kommt sicherlich, dass der SHK-Unternehmer den Verbraucher vom Heizungswartungsvertrag immer leichter überzeugen konnte und dieser aus finanziellen Gründen zur Beauftragung nur eines einzelnen Wartungsvertrages bereit war.

IKZ-HAUSTECHNIK: Allgemein herrscht die Meinung vor, dass solange Wasser fließt, es keine hygienischen Probleme in Trinkwasseranlagen gibt. Aber ist das wirklich der Fall? Schließlich sind aus der Praxis einige Fälle bekannt, in denen u. a. Materialien, Hilfsstoffe, Komponenten und auch Einbauteile als Ursache für gefährliche Kontaminationen ermittelt wurden.
Jörg Schütz: Sicher sind nach herrschender Meinung der Fachleute die wichtigsten Punkte für die Trinkwasserhygiene die Kalt- und Warmwassertemperaturen, einschließlich der Zirkulation, sowie die Stagnationsproblematik, also Teile des sogenannten bestimmungsgemäßen Betriebes. Dazu kommen weitere Punkte wie die Instandhaltung, Schutz des Trinkwassers oder selbstverständlich, wie angesprochen, auch alle Aspekte der verwendeten Materialien. Bekannt in diesem Zusammenhang sind beispielsweise Anforderungen an Blei, Nickel oder Elas­tomere.

IKZ-HAUSTECHNIK:
In der Praxis sind Warm- wie auch Kaltwasserleitungen regelmäßig zu gering gedämmt. Wird das Kriterium „Temperaturhaltung“, das sowohl für den Warm- als auch für den Kaltwasserbereich gilt, in der Praxis unterschätzt?
Jörg Schütz: Vorweg, wie die meisten, die darüber reden, bin ich Techniker, kein Mediziner bzw. Biologe.
Von den letzteren haben wir nachvollziehbar übernommen, dass die Temperatur, egal ob „warm“ oder „kalt“, das wichtigste Kriterium hinsichtlich Verkeimungen bzw. deren Vermeidung in Trinkwasserinstallationen ist. Das Regelwerk ist darauf ausgerichtet, auch in Bezug auf die erforderlichen Dämmungen. Wer davon abweicht, muss das sehr gut begründen können oder er begibt sich auf dünnes Eis. Auch hier bin ich aber der Meinung, dass das bei den SHK-Unternehmen sehr gut bekannt ist und das Regelwerk korrekt angewendet wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es bei gesundheitlich relevanten Anforderungen für alte Anlagen Bestandsschutz, wenn sie nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik hinsichtlich Installation, Betrieb und Wartung entsprechen?
Jörg Schütz: Fragen zum Bestandsschutz sind immer schwierig, die eher andere Beteiligte, z. B. aus dem Bereich Recht, beantworten sollten. Aus meiner Sicht entsprechen Bestandsanlagen i. d. R. nicht dem aktuellen Regelwerk, da sich in den letzten Jahren einiges getan hat. Grundsätzlich gilt Bestandsschutz für alle Anlagen, die dem zum Zeitpunkt der Abnahme gültigen Regelwerk entsprechen, und solange das abgegebene Wasser der Trinkwasserverordnung entspricht. Wenn die Anforderungen der Trinkwasserverordnung nicht mehr eingehalten werden, dann gibt es auch keinen Bestandsschutz mehr und die Anlage ist anders zu betreiben und/oder umzurüsten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Als Mitglied zahlreicher Normenausschüsse sind Sie in Sachen Regelwerke stets up to date und somit erster Ansprechpartner. Deshalb die Frage, mit welchen neuen oder überarbeiteten Regelwerken wir in Kürze rechnen dürfen?
Jörg Schütz: Ganz aktuell ist im Juli 2016 die inzwischen 27 Jahre alte Ausgabe der DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau – in 9 Teilen neu veröffentlicht worden. Nach wie vor beträgt der maximal zulässige A-bewertete Schalldruckpegel in fremden, schutzbedürftigen Räumen 30 dB. Neu sind Anforderungen hinsichtlich der Schalldruckpegel, die von raumlufttechnischen Anlagen im eigenen Wohnbereich erzeugt werden dürfen.
2017 ist mit einer VDI-Richtlinie aus der Reihe 6023 zu Gefährdungsanalysen zu rechnen. Dort werden Form und Inhalt von Gefährdungsanalysen beschrieben. Auch über die Qualifikation desjenigen, der Gefährdungsanalysen verfasst, hat man sich Gedanken gemacht. Im Jahr 2018 ist mit einer überarbeiteten Ausgabe des DVGW-Arbeitsblattes G 600, der TRGI, zu rechnen. Hier werden u. a. für bestimmte Situationen die Prüfung von Leitungsanlagen und das Einlassen von Gas sowie die Verbrennungsluftversorgung z. B. von raumluftabhängigen Gasgeräten in zunehmend dichteren Gebäuden diskutiert. Nicht zu vergessen sind auch Änderungen von Gesetzen und Verordnungen, wie z. B. das wahrscheinliche Inkrafttreten der AwSV im Jahr 2017, die für SHK-Unternehmen, die an Heizölverbraucheranlagen tätig sind, einige wesentliche Änderungen bringt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie soll denn ein durchschnittlicher SHK-Betrieb das noch alles wissen bzw. bewältigen?
Jörg Schütz: Dass regelmäßige Fortbildung heute zum Berufsleben gehört, wird von Niemandem mehr ernsthaft bestritten. Fortbildung bringt Kompetenz und sicherlich auch Chancen. Innungsmitglieder haben den Vorteil, dass sie sich darauf verlassen können, dass Innungen, Fachverbände und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima Entwicklungen konstruktiv begleiten, ständig im Blick haben und die erforderlichen Fortbildungen erarbeiten und anbieten.

1) Ausgewählte Vorträge zum HAUSTECHNIKTAG 2016 finden sich in Fachartikelform in der Ausgabe 12/2016 oder unter www.ikz.de (Suchwort: Haustechniktag 2016).

 


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