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Gebäudebetrieb in der Deutschen Börse

Aktives Energiemanagement ermöglicht signifikante Reduktion der Energiekosten in „The Cube“ / Ergebnisse nach 6 Jahren Betriebsdauer

Im November 2010 zog die Deutsche Börse von ihrem bisherigen Standort in der Finanzmetropole Frankfurt am Main in den Vorort Eschborn um. Die neue Konzernzentrale, der 90 m hohe Komplex „The Cube“, wird energieeffizient und nachhaltig betrieben. Bild: Deutsche Börse AG

Im Gebäude sind zwei gasmotorische BHKWs einschließlich Notkühler, zwei Absorptionskältemaschinen, ein Brennwert- und ein Niedertemperatur-Heizkessel, eine zentrale Solarkollektoranlage, zwei Kompressionskältemaschinen, vier Rückkühlwerke mit Freikühlmöglichkeiten und ein großer Zortström-Wärmeverteiler, der alles miteinander verbindet, installiert. Bild: Sauter

Um den zunächst hohen Kälteverbrauch zu senken, wurden unter anderem die Sollwerte in der Kälteversorgung angepasst. Bisher ließ sich in diesem Bereich eine Reduktion der Verbrauchswerte um etwa 40 % erzielen. Bild: Deutsche Börse AG

Im Bereich der Kühldecken ließ sich der Bezug von 2724 MWh 2011 auf 2195 MWh 2014 senken, bei den RLT-Anlagen im gleichen Zeitraum von 711 auf 505 MWh. Bild: Sauter

Auch die Laufzeit der beiden BHKWs wurde optimiert. Aufgrund der Anpassungen konnten 2014 50 % des gesamten Gebäude-Strombedarfs aus diesen Modulen gedeckt und der so produzierte Strom nahezu vollständig selbst verbraucht werden. Bild: Deutsche Börse AG

Die langen Laufzeiten der BHKWs sorgen mittlerweile für eine Stromproduktion von circa 5000 MWh/a. Bild: Sauter

Um einen maximalen Erzeugungswirkungsgrad zu erreichen, wurde unter anderem der Zortström-Verteiler aufwendig einreguliert. Bild: Deutsche Börse AG

Der Wärmeverbrauch konnte um etwa 20 % gesenkt werden, das Gebäude wies damit im Jahr 2014 einen spezifischen Heizwärmeverbrauch von circa 70 kWh/m²/a aus. Bild: Sauter

„Die wesentlichsten Umsetzungen hinsichtlich des Energiemanagements im Cube sind gemacht und die Weichen für einen optimierten Gebäudebetrieb somit gestellt. Für die Zukunft besteht die Hauptaufgabe immer stärker darin, die erreichte Energieeffizienz auch bei einem sich immer wieder verändernden Gebäudebetrieb aufrecht zu erhalten“, so Thomas Meisegeier von Sauter. Bild: Sauter

 

Der 2010 fertiggestellte Neubau der Konzernzentrale der Gruppe Deutsche Börse in Eschborn, genannt „The Cube“, wurde von Anfang an mit dem Anspruch errichtet, deutschlandweit eines der energieeffizientesten und ressourcenschonendsten Gebäude zu sein. Zu diesem Zweck wurden neben moderner Anlagentechnik auch ein Gebäudeautomations- sowie ein Energiemanagementsystem installiert. Die positive Entwicklung der Verbrauchswerte seit Inbetriebnahme vor sechs Jahren zeigt, dass komplexe Anlagentechnik Zeit, Engagement und Know-how benötigt, um perfekt einreguliert zu werden. Doch der Aufwand lohnt. Durch die Umsetzung einer Reihe von Maßnahmen, die im Rahmen des aktiven Energiemanagements erarbeitet und begleitet wurden, ließ sich der Energieverbrauch signifikant reduzieren.

Im November 2010 zog die Deutsche Börse von ihrem bisherigen Standort in der Finanzmetropole Frankfurt/Main in den Vorort Eschborn um. Die neue Konzernzentrale, der 90 m hohe Komplex „The Cube“, besteht aus zwei sich gegenüberliegenden L-förmigen Hochhäusern, die auf 21 Stockwerken über insgesamt knapp 62 000 m² Bruttogeschossfläche verfügen. Für das Gebäude wurde von den Fachplanern ein Energiekonzept auf Basis von Verbrauchs- und Lastprofilen der bisherigen Immobilien der Börse entwickelt.
Der Ansatz des Energiekonzeptes ist die Deckung des ganzjährig hohen Kältebedarfs durch zwei Absorptionskältemaschinen. Da damit auch während des Sommers Wärmeenergie zu Kühlzwecken benötigt wird, bestand eine ideale Ausgangslage für den Einsatz der Kraftwärmekopplung. Die Börse ist mit den beiden installierten Blockheizkraftwerken (BHKW) in der Lage, neben einem Großteil der Wärme auch mehr als die Hälfte des eigenen Strombedarfs selbst zu erzeugen – bei insgesamt 2700 Arbeitsplätzen ist dies eine nicht unerhebliche Menge. Für die Ausarbeitung der Regelung fanden etliche Besprechungen in der Konzeptphase der Planung zwischen dem zukünftigen Mieter und den beauftragten Gebäudeautomationsexperten der Firma Sauter Deutschland statt: „Dabei wurden die Regelungsstrategien im Detail besprochen und auf Kundenwünsche sowie maximale Energieeffizienz angepasst“, erläutert Thomas Meisegeier von Sauter.

Aktives Energiemanagement
Das Kontrollzentrum für die Anlagentechnik bildet die Gebäudeautomation von Sauter mit 45 000 Datenpunkten einschließlich Energiemanagement (EMS) zur Datenerfassung von insgesamt 400 Zählern. Die gewünschte Verbrauchskontrolle wird durch die fortlaufende Auslesung der Zähler über M-Bus durch das EMS-System erreicht. Dessen Möglichkeiten – Alarmierung, Reporting und Auswertung der Verbräuche – sind Grundlage der internen Besprechungen zum Anlagenbetrieb und des Vorher-Nachher-Vergleichs umgesetzter Optimierungen. Dies geschieht im Rahmen der Energiemanagement-Meetings, die seit 2010 in einem regelmäßigen 6-wöchigen Zyklus mit allen Verantwortlichen durchgeführt und zur Definition, Abstimmung und Weiterverfolgung von Aufgaben genutzt werden. „Die Gruppe Deutsche Börse engagiert sich umfassend für den Umweltschutz. Ein wichtiger Bestandteil sind dabei auch die fortlaufenden Ener­giemanagement-Meetings, mit denen wir für einen optimalen Gebäudebetrieb im Cube sorgen wollen“, erklärt Thomas Schramm vom Facility Management der Deutsche Börse AG die Hintergründe dieses Vorgehens.
Eine kontinuierliche Vorgehensweise ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg der Optimierung. Aufgrund des komplexen Zusammenspiels der Anlagentechnik sowie des engen Wärme- und Kälteverbundes lassen sich Optimierungsmaßnahmen nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Im Cube sind neben den beiden gasmotorischen BHKWs mit jeweils 844 kWel und 842 kWth einschließlich Notkühler sowie den beiden Absorptionskältemaschinen auch ein Brennwert- und ein Niedertemperatur-Heizkessel mit insgesamt 2336 kWth, eine zentrale Solarkollektoranlage, zwei Kompressionskältemaschinen, vier Rückkühlwerke mit Freikühlmöglichkeiten und ein großer Zortström-Wärmeverteiler, der alles miteinander verbindet, installiert. „Da die enorm hohen Anforderungen einer LEED-Platin-Zertifizierung erfüllt werden sollten, sind zwar viele dieser Anlagen im Vorfeld theoretisch optimiert worden. Allerdings ist dies nur bis zu einem gewissen Grad im Vorhinein möglich. Die restliche Arbeit muss im Betriebsalltag erledigt werden“, erklärt Schramm.

Herausforderungen der Einregulierung
Trotz sorgfältiger Planung hat sich die erwartete zukünftige Steigerung des IT-Kältebedarfs im Alltag der Börse nicht bewahrheitet. Ein nicht unwesentlicher Grund hierfür ist die allgemeine Entwicklung der IT-Technik zu mehr Ener­gieeffizienz, die in der Konzeptphase nicht abzuschätzen war. Dadurch sind die in der Kälteerzeugung eingesetzten Maschinen nun deutlich überdimensioniert. Die ursprünglich angedachte Regelungsstrategie führte zu einem stark taktenden und damit relativ ineffizienten Betrieb. Die vorhandenen Speichervolumina auf der Kälte- sowie der Heizungsseite stellten sich in Relation zur Größe der Erzeugungseinheiten als zu klein heraus. Das Zeitverhalten der Systeme ist dadurch hochdynamisch. „Aus diesem Grund mussten gerade zu Beginn erhebliche regelungstechnische Schwierigkeiten überwunden werden“, so Meisegeier.
Gebäudeautomation und Regelung sind leistungsstark und durch die freie Programmierbarkeit sehr flexibel. Dieser Flexibilität sind nur dann Grenzen gesetzt, wenn Maschinen und Anlagen bauseits mit einer eigenen Regelung ausgeführt sind – was in dem Gebäudekomplex bei einigen Anlagen der Fall ist. Die Möglichkeiten der Gebäudeautomation sind hier auf die Erteilung der Betriebsfreigabe reduziert. Weder ein Eingriff in die Einstellungsparameter, noch eine Analyse und Optimierung des Betriebes anhand der Auswertung von Trenddaten ist möglich. Zum Abändern von Parametern ist meist der Wartungsdienst notwendig, die Einleitung eines detaillierten Optimierungsprozesses ist äußerst aufwendig und wirtschaftlich meist nicht darstellbar. Um im Bereich der Verbrauchsanalyse nicht an Grenzen zu stoßen, wurde die vorhandene Verbrauchs­erfassung über das EMS weiter ausgebaut. Während sich anfangs circa 55 % des Stromverbrauchs detailliert zuordnen und damit analysieren ließen, ist dies nach der Installation von weiteren Zählern nun für etwa 88 % möglich.

Beginn des aktiven Energiemanagements
Nach Ablauf der ersten Betriebsmonate und den ersten vorliegenden Verbrauchsdaten konnte das aktive Energiemanagement im Frühjahr 2011 mit der Optimierung beginnen. Schnell zeigte sich, dass die in der Planung abgeschätzten Verbrauchswerte in der Praxis nicht erreicht werden konnten. Ursache dafür waren aber auch die um 150 bis 200 % längeren Nutzungszeiten des Gebäudes, wie beispielsweise in Etagen, die mit klimatisierten „Händlertischen“ ausgestattet wurden, sowie veränderte Anforderungen, die einen direkten Vergleich der Verbrauchswerte verhinderten. Um den Ener­gieverbrauch zu reduzieren, wurde zunächst mit einer ganzheitlichen Analyse aller Medien beziehungsweise Energieträger begonnen. Aufbauend auf der Verbrauchsbasis wurden anschließend Einsparmöglichkeiten erarbeitet.
Im ersten Schritt wurde die Steuermatrix der Erzeuger angepasst: „Dabei handelt es sich um einen aufwendigen und andauernden Prozess, dessen Erfolg oder Misserfolg sich erst in der Beobachtung von Betrieb und Verbrauch zeigt“, erläutert Meisegeier. Zudem wurden die Sollwerte in der Kälteversorgung – Raumsollwerte sowie Systemtemperaturen – angehoben und sichergestellt, dass sämtliche Pumpen nur nach Bedarf betrieben werden. Außerdem stellten die Verantwortlichen, soweit möglich, sukzessive von konstanten auf variable Massenströme um und definierten die Systemtemperaturen so, dass ein maximaler Erzeugungswirkungsgrad erreicht werden konnte. Dies kommt auch dem Einsatz der freien Kühlung zugute, deren Deckungsanteil nun 25 % an der gesamten erzeugten Kälteenergie ausmacht. Die Verbrauchswerte im Jahr 2014 bestätigen diese Vorgehensweise; die Maßnahmen führten gemeinsam zu einer Reduktion des Kälteverbrauchs um knapp 40 %.

Optimierter Einsatz der BHKWs
Darüber hinaus musste die Betriebsweise der beiden BHKWs neu überdacht werden, da die im ursprünglichen Betrieb häufigen Starts einen hohen Verschleiß bedeuteten, der das Wartungsintervall verkürzt. Verschiedene Maßnahmen wurden zur Verbesserung der Betriebsweise umgesetzt. Die Rangfolge der Wärme- und Kälteerzeuger wurde umstrukturiert, sodass bei zwischenzeitlichen Spitzenlasten nicht sofort ein BHKW oder eine Absorptionsmaschine starten: „Die Blockheizkraftwerke kommen nur noch bei Volllast zum Einsatz, im Teillastbetrieb wird nach der Optimierung der Brennwertkessel genutzt“, erläutert Meisegeier. „Die Restwärme der BHKWs, deren Vorlauftemperatur bei >90 °C liegt, wird nun auch für die Warmwasserbereitung verwendet.“
Überschüssige Energie wird nach Möglichkeit in den Puffern der Sonnenkollektoren gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt zu Heiz- oder Kühlzwecken verwendet. Die Einregulierung des Zortström-Verteilers konnte ebenfalls erfolgreich abgeschlossen werden. Die BHKWs sind durch diese Maßnahmen wesentlich besser ausgelastet. Die optimierte Betriebsweise führt zu einem ausgeglichenen BHKW-Betrieb, der es ermöglicht, mehr als die Hälfte des gesamten Gebäude-Strombedarfs selbst zu erzeugen. Nur 3 bis 6 % des BHKW-Stroms werden noch ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Die knapp 5000 MWh/a selbst erzeugten Stroms reduzieren die jährlichen Betriebskosten gegenüber einem Strombezug über das öffentliche Netz um > 500 000 Euro.

Ergebnis und Ausblick
Eine Reduktion des Wärmeverbrauchs um 20 % und des Kälteverbrauchs um knapp 40 % sind die erreichten Ergebnisse von drei Jahren Optimierungsarbeit. „Ohne aktives Energiemanagement wäre dieses Ziel nicht erreicht worden“, erklärt Schramm. „Das ist besonders angesichts der sehr komplexen und im Hinblick auf die Wärme- und Kälteerzeugung stark verzahnten Anlagentechnik ein Erfolg.“ Die Grundsteine für die Energie- und Kosteneffizienz des Gebäudes wurden in der Planung gelegt, darunter das innovative Energiekonzept der Börse unter Einsatz der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, die sehr gut gedämmte Gebäudehülle und die leistungsfähige Gebäudeautomation mit EMS. „Würde man das Gebäude nochmals bauen, so würde man wahrscheinlich einige der Erzeuger in der Leistung kleiner wählen und die Energiebereitstellung modular aufbauen“, so Meisegeier. „Damit wäre eine optimale Betriebsweise auch im Teillastbetrieb einfacher umzusetzen und die Effizienz noch etwas höher.“ Im Großen und Ganzen passt alles: Die Verbräuche, Energiekosten und Emissionen des Gebäudes sind deutlich niedriger als in vergleichbaren Bürogebäuden. Das innovative Energiekonzept führt außerdem zu mehr Versorgungsunabhängigkeit und zu einem reduzierten CO2-Ausstoß, sodass die Ausgangssituation für die kommenden Jahre sehr gut ist.
„Um den effizienten Gebäudebetrieb langfristig sicherzustellen, werden wir auch zukünftig die Betriebsweisen der Anlagen und die damit verbundenen Verbräuche und Kennwerte kontinuierlich auswerten, beurteilen und gegebenenfalls optimieren“, erklärt Schramm. Demnächst soll auch der Volumenstrom des Heißwassers an den Absorbermaschinen variabel gestaltet und so die Temperatur im Rücklauf und damit die Notrückkühlleistung für die BHKWs gesenkt werden. „Die wesentlichsten Umsetzungen sind damit gemacht und die Weichen für einen optimierten Gebäudebetrieb gestellt. Für die Zukunft besteht die Hauptaufgabe immer stärker darin, die erreichte Ener­gieeffizienz auch bei einem sich immer wieder verändernden Gebäude­betrieb aufrechtzuerhalten“, so Meisegeier.

www.sauter-cumulus.de
http://deutsche-boerse.com

 

 

Fachsymposium „Dreiklang aus Konzept, Umsetzung und Betrieb“

Am 9. November 2016 findet ein Fachsymposium statt, das sich mit der Energieeffizienz der Deutschen Börse in Eschborn auseinandersetzt. Bei der Veranstaltung im Hotel Mercure FFM Eschborn Ost zeigen sechs hochkarätige Referenten auf, wie herausragende Architektur, zukunftsweisende Gebäudetechnik und Energiemanagement im Gebäudebetrieb zusammen wirken.
Vorträge

  • Dipl.-Ing. Maschinenbau Martin Koban (Geschäftsführer KFR-Consult GmbH): Erfahrungen mit aktivem Energiemanagement
  • Dipl.-Ing. Architekt Matthias Koch (Prokurist KSP Jürgen Engel Architekten GmbH): Nachhaltigkeit in der Architektur
  • Dipl.-Ing. (M.Sc.) Lutz Miersch (Office Director, Baumann Consulting, Frankfurt): Einfluss der LEED-Kriterien auf die Konzeption
  • Ing. Dieter Leipoldt (Geschäftsführer INOVIS Ingenieure GmbH): Zukunftsweisende Energiekonzepte
  • Patrick Neu (Mitglied der Geschäftsleitung Sauter-Cumulus GmbH, Leiter Sauter Systems): Gebäudeautomation und Energiemanagement
  • Marcus Pfeifer (Mitglied der Geschäftsleitung der Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH): Voraussetzungen der Projektentwicklung


Weitere Informationen zum Symposium und Anmeldung im Internet unter:
www.sauter-cumulus.de/fachsymposium
www.facility-manager.de/dreiklang/

 


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