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Alles was Recht ist

Fragen und Antworten rund um die dreieinhalb Jahre währende Ausbildung – Teil 41)

Wenn man keine akuten Schmerzen hat, sollte der Auszubildende seinen Zahnarztbesuch auf eine Zeit vor oder nach der regulären Arbeitszeit legen. Das vermeidet Ärger. Bild: project-photos/Reinhard Eisele

 

Jährlich im August beginnt ein neues Ausbildungsjahr und für Auszubildende ein neuer Lebensabschnitt mit neuen Aufgaben und Herausforderungen. Wer dann weiß, was man muss und was nicht, findet sich besser zurecht und verhindert Konflikte. Deshalb sollten Auszubildende ihre Rechte und Pflichten kennen. Als Orientierungshilfe haben wir immer wiederkehrende Fragestellungen aus dem Ausbildungsalltag in einer Serie zusammengestellt. Dieser Artikel behandelt die wichtigsten Fragestellungen im Zusammenhang mit Erkrankung und Arzttermin.

Der Winter steht bevor und damit beginnt die Erkältungszeit. Auch ein Auszubildender kann mal krank werden oder hat einen dringenden Arzttermin. Das geschieht nicht immer zur Freude des Chefs. Da Auszubildende häufig leider nicht genau wissen, was sie im Falle einer Erkrankung zu tun haben, gießen sie ungewollt mit falschem Verhalten dann auch noch „Öl ins Feuer“. Da stellt sich zunächst die Frage...

...Was muss ich tun, wenn ich krank bin?
Wenn Auszubildende körperlich oder psychisch nicht in der Lage sind zu arbeiten, am Berufsschulunterricht oder sonstigen Ausbildungsveranstaltungen teilzunehmen, müssen sie dies unverzüglich dem Ausbilder mitteilen. Viele Auszubildende kommen dieser Pflicht gerne per SMS oder E-Mail nach. Da per Gesetz keine besondere Form vorgeschrieben ist, ist dagegen grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Dies gilt erst recht, wenn die betriebliche Kommunikation üblicherweise über E-Mail oder Kurznachrichtendienste geführt wird. Wünscht der Ausbilder allerdings eine telefonische Nachricht, so sollte diesem Wunsch Folge geleistet werden.
Wenn möglich, müssen die Auszubildenden noch vor dem üblichen Arbeitsantritt Bescheid geben, damit entsprechend umgeplant werden kann. Der Auszubildende muss dabei mitteilen, dass und wie lange er voraussichtlich arbeitsunfähig ist. Er muss hingegen grundsätzlich keine Angaben über Art oder Ursache der Arbeitsunfähigkeit machen, z.B. dass ihm schwindelig ist oder er Durchfall hat.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Auszubildende dem Ausbildenden eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Mit ihr bescheinigt der Arzt die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer. Soweit nicht anderweitige tarifliche Regelungen bestehen, ist spätestens am vierten Arbeitstag die Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Beispiele:
Meldet sich der Auszubildende am Dienstagmorgen arbeitsunfähig, muss dem Ausbildenden die ärztliche Bescheinigung spätestens am Freitag vorliegen.
Meldet sich der Auszubildende am Mittwochmorgen arbeitsunfähig, muss bei einer Arbeitswoche von Montag bis Freitag dem Ausbildenden die ärztliche Bescheinigung spätestens am Montag vorliegen.
Was viele nicht wissen: Von dieser „Drei-Tages-Regelung“ darf abgewichen werden: Der Ausbilder ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen, also beispielsweise bereits ab dem ersten Krankheitstag. Grundlage dafür ist § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz).

Was kann passieren, wenn ich nicht rechtzeitig Bescheid gebe oder keine Bescheinigung vom Arzt habe?
Verletzt der Auszubildende schuldhaft seine Pflicht zur unverzüglichen Benachrichtigung über seine Arbeitsunfähigkeit oder zur Vorlage der ärztlichen Bescheinigung, kann der Ausbildende den Auszubildenden abmahnen. Im Wiederholungsfall und je nach den Umständen des Einzelfalls kann er gar eine Kündigung aussprechen.

Wie werde ich während der Krankheit bezahlt?
Für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen muss der Ausbildende dem Auszubildenden die Ausbildungsvergütung fortzahlen. Für die über sechs Wochen hinausgehende Zeit erhält der Auszubildende Krankengeld von seiner Krankenkasse.

Darf ich das Haus verlassen, wenn ich krank bin?
Wer krankgeschrieben ist, muss alles unterlassen, was seiner Genesung schadet. Als Auszubildender bin ich verpflichtet, auch etwas dafür zu tun, dass ich wieder gesund werde.
Das bedeutet aber nicht, dass man beispielsweise bei einer Grippe den ganzen Tag im Bett bleiben muss. Es ist in Ordnung, einkaufen oder spazieren zu gehen, um sich etwas zu bewegen. Zwischendurch mal frische Luft zu schnappen, kann sogar ratsam sein. Aber wer zum Beispiel einem Freund den ganzen Tag dabei hilft, das Auto zu reparieren, überanstrengt sich möglicherweise. Es könnte dann länger dauern, wieder gesund zu werden. Ebenso sind mit Grippe Sport oder abendliche Feierlichkeiten tabu. Letztlich kommt es aber immer auf die jeweilige Aktivität und die Erkrankung an.
Gefährdet der Auszubildende den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten, zerstört er nicht nur das Vertrauen seines Ausbilders, sondern muss je nach den Umständen des Einzelfalls auch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Daher sollte man sich in jedem Fall an die ärztlichen Anordnungen und Verhaltensregeln halten.

Kann ich jederzeit während der Ausbildungszeit zum Arzt gehen?
Grundsätzlich ist der Auszubildende – vorbehaltlich anderer tariflicher Regelungen – verpflichtet, Arzttermine außerhalb der Ausbildungszeit zu legen. Er muss daher bei der Terminvereinbarung mit der Arztpraxis auf seine Ausbildungszeit hinweisen und auf einen Termin außerhalb dieser Zeit dringen. Ansonsten kann der Betrieb dem Auszubildenden den Arztbesuch verweigern.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arztbesuch zwingend während der Ausbildungszeit stattfinden muss, weil eine besondere Dringlichkeit für die Behandlung besteht (z.B. akute Schmerzen) oder der Auszubildende erfolglos versucht hat, den Arzttermin auf eine Zeit außerhalb der Ausbildungszeit zu verlegen. In diesen Fällen ist der Auszubildende berechtigt, den Arzt auch während der Ausbildungszeit aufzusuchen.
Verweigert der Betrieb einen dringenden Arztbesuch und geht der Auszubildende trotzdem hin, darf der Betrieb ihn deshalb nicht abmahnen oder kündigen. Soweit nicht andere tarifliche Regelungen bestehen, ist für die Zeit eines dringenden Arztbesuches die Ausbildungsvergütung fortzuzahlen (§ 616 Abs. 1 BGB – Bürgerliches Gesetzbuch).

Dürfen mir unentschuldigte Fehlzeiten vom Urlaub oder vom Lohn abgezogen werden?
Der Betrieb darf unentschuldigte Fehlzeiten nicht vom Urlaub abziehen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die Ausbildungsvergütung um die Fehlzeiten zu kürzen. Ein Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht nämlich nur dann, wenn der Auszubildende auch tatsächlich seinen vertraglichen Pflichten nachkommt. Die Vergütung bemisst sich nach Monaten, wobei der Monat mit 30 Tagen gerechnet wird (§ 18 Abs. 1 BBiG – Berufsbildungsgesetz). Die Ausbildungsvergütung kann daher pro unentschuldigtem Fehltag mit 1/30 gekürzt werden. Unentschuldigte Fehlzeiten stellen außerdem eine erhebliche Pflichtverletzung dar und können zu einer Abmahnung und späteren Kündigung führen.

Autorin: Rechtsanwältin Felicitas Floßdorf; sie arbeitet im SHK-Handwerksverband NRW (Fachverband SHK NRW) 


1) Teil 1 der Serie finden Sie in Ausgabe 8/2017, Teil 2 in 9/2017, Teil 3 in 10/2017

 


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