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Neue Tools und Vorgaben

Energielabel, Quick-Checks und rechtliche Vorgaben können der energetischen Inspektion von Klimaanlagen neuen Schwung verleihen

Bild: Dan Hildebrandt

 

Anzahl der in den Jahren 2014 – 2018 beim DIBt registrierten Klimainspektionsberichte. Bild: DIBt

Ergebnisdarstellung im BMWi-Quick-Check Kälte. Bild: BMWi

Energielabel für eine Klimaanlage (Entwurf). Bild: BMWi

 

Seit nunmehr zehn Jahren besteht nach deutschem Energiesparrecht, der Energieeinsparverordnung (EnEV), die Pflicht zu einer regelmäßigen energetischen Inspektion von Klimaanlagen mit einer Anlagenbetriebszeit von über zehn Jahren und Kälteleistungen von mehr als 12 kW. Doch insgesamt ist die Durchführung, Kontrolle und Dokumentation als unbefriedigend zu bezeichnen. Das könnte sich mit neuen Rahmenbedingungen, die sich abzeichnen, ändern.

Aktueller Stand
Alle Klimainspektionsberichte sind seit dem 1. Mai 2014 beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin vom Berichtersteller zu registrieren und mit einer entsprechenden Registriernummer zu versehen. Nach anfänglich steigenden Inspektionsraten war im Jahr 2018 erstmals ein geringer Rückgang der jährlich registrierten Inspektionsberichte zu verzeichnen.
Die Gründe für einen Rückgang in den Durchführungen sind vielschichtig. Ein Großteil der für den Vollzug verantwortlichen Bundesländer hat zwar entsprechende EnEV-Kontrollstellen eingerichtet, jedoch führen diese nur stichprobenhaft Überprüfungen der Klimainspektionsberichte durch. Die Bundesländer Berlin und Rheinland-Pfalz besitzen (Stand April 2019) laut DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) nicht einmal eine entsprechende Einrichtung, die mit dem Vollzug beauftragt werden könnte.
Die Qualitätsüberwachung der Inspektoren selbst wird nicht evaluiert; ein Feedback zur Qualität der eingereichten Inspektionsberichte seitens der Behörden ist nicht vorgesehen. Inspektionspflichtige Anlagen, welche nicht inspiziert werden, bleiben unerkannt. Anlagenbetreiber müssen aufgrund des fehlenden EnEV-Vollzuges keine Strafen befürchten bzw. sie stellen die drohenden Bußgelder (bis zu 15 000 Euro) den Honorarkosten der energetischen Inspektion gegenüber. Als weiterer Grund für die dauerhaft niedrigen Inspektionsraten ist die Überforderung einiger Betreiber bei der Umsetzung der Vielzahl von gesetzlichen Regelungen im Gebäudebetrieb.
Im Jahr 2019 wurden nun Maßnahmen ergriffen, welche zu steigenden Inspektionsraten und damit auch zu einem sinkenden Energieverbrauch im Bestand der Nichtwohngebäude führen sollen.

BMWi-Quick-Checks

Um Betreibern von Klimaanlagen ­einen Eindruck von der Energieeffizienz ihrer Anlagen zu vermitteln, wurde im Januar 2019 der kostenlose Quick-Check des Bundesministeriums für Wirtschaft und ­Energie (BMWi) eingeführt. Mit Eingabe weniger Kenndaten wird die Energieeffizienz einer Kälte- oder Lüftungsanlage in Form eines Ampelsystems dargestellt1). Im Quick-Check Kälte können u. a. Kennwerte für Nutzungsart, Leis­tung der Kältemaschine, Baujahr, Verdichtertyp und -regelung eingegeben werden, womit der jährliche Energieverbrauch der Anlage geschätzt wird. Ampelfarben zeigen dem Betreiber den notwendigen Handlungsbedarf. Auf ähnliche Art und Weise funktioniert der Quick-Check für raumlufttechnische Anlagen. Hier können ebenfalls anlagen- und nutzungsspezifische Kennwerte wie Luftvolumenstrom, Baujahr und Betriebsstunden sowie die grundlegenden Anlagenfunktionen (Heizen, Kühlen, Befeuchten, Umluft, Wärmerückgewinnung) eingegeben werden. Auch hier werden der Energieverbrauch und das Effizienzpotenzial geschätzt und eventuell Handlungsbedarf signalisiert. Die Quick-Checks des BMWi können Anlagenbetreibern erste Aussagen über die Effizienz ihrer Anlage geben. Eine energetische Inspektion ersetzt sie jedoch keinesfalls.

Energielabel

Auf dem FGK-Klimatag am 20. September 2018 in Hamburg stellte Thomas Hinsch (BMWi) den Entwurf eines Ener­gielabels für kälte- und raumlufttechnische Anlagen vor. Alle nach EnEV energetisch inspizierten Anlagen sollten demnächst in eine der Energieeffizienzklasse A bis F zugeordnet werden können.
In der Fußzeile des Energielabels erfolgt über Piktogramme zusätzlich eine Bewertung des vorhandenen sommerlichen Wärmeschutzes, der Anlagenausstattung mit Zählertechnik und Sensorik sowie der Umweltverträglichkeit des eingesetzten Kältemittels. Die Software „KLIMA-Check“ (Hottgenroth Software) erstellt neben dem Energielabel jeweils angepasste Hinweistexte zu den Bewertungen der Piktogramme. Ziel des Energielabels ist, eine Vergleichbarkeit der Aussagen zu anderen Klimaanlagen herzustellen. Vor allem kaufmännisch tätige Mitarbeiter, welche meist maßgeblich an Entscheidungen über Investitionen im Bereich Anlagentechnik beteiligt sind, werden die bekannte Darstellung der Energieeffizienzklassen begrüßen und – so die die Hoffnung des BMWi – damit schneller Kosten für Inspektionen übernehmen bzw. Investitionen in die Energieeffizienz von Kälte- und Lüftungsanlagen genehmigen.

DIN SPEC 15240
In § 12 der EnEV sind grundlegende Anforderungen an die Inspektionstätigkeit, die Inspektionsberichte und die Fachkenntnisse der Inspektoren definiert. Da diese Definitionen jedoch nicht den Anforderungen an eine derart komplexe Tätigkeit entsprechen, wurde im Oktober 2013 die Vornorm DIN SPEC 15240 veröffentlicht (Energetische Bewertung von Gebäuden – Energetische Inspektion von Klimaanlagen). Sie nennt und beschreibt Schritt für Schritt alle Tätigkeiten, die für die Durchführung einer energetischen Inspektion an Klimaanlagen notwendig sind. Die DIN SPEC 15240 kann somit als wichtigste technische Regel angesehen werden und dient als nationaler Anhang zur DIN EN 16798-17 (Energetische Bewertung von Gebäuden; Teil 17: Leitlinien für die Inspektion von Lüftungs- und Klimaanlagen).
Im Februar dieses Jahres wurde die überarbeitete DIN SPEC 15240 als Weißdruck veröffentlicht. Im Vergleich zur Erstausgabe finden sich einige wesentliche Neuerungen. Die wichtigste ist in Kapitel 9.3 zu finden: die Berechnung des Systemkennwertes ERLT,SYS für RLT-Anlagen nach Stufe B. Er basiert auf analogen, primärenergetischen Bewertungsansätzen wie beim spezifischen Energiekennwert ERLT, jedoch nimmt der Systemkennwert Bezug auf das Gebäude und dessen Nutzung. Er steht daher dem Effizienzkennwert des „Produktes“ RLT-Gerät entgegen, wobei beide Kennwerte ihre Berechtigung haben.
In die Ermittlung des Systemkennwertes ERLT,SYS fließen also nicht nur der gemessene Gesamtluftvolumenstrom und die Kenndaten der Komponenten mit ein, sondern auch die tatsächlichen maximalen Kühllasten sowie die Anlagendimensionierung in Bezug zu den Mindestaußenluftvolumenstrom. Außerdem erfolgt eine Bewertung der nutzungsabhängigen Betriebsweise, der Betriebszeiten sowie der Art der Luftvolumenstromregelungen. Der Systemkennwert wird als Absolutwert des Jahresprimärenergiebedarfes angegeben und kann mit EnEV-Referenzwerten verglichen werden.
Um den zeitlichen Aufwand zur Berechnung des Systemkennwertes im Monatsbilanzverfahren zu begrenzen, sollte die Berechnung rechnergestützt erfolgen. Zwar ist noch keine Software auf dem Markt verfügbar, es ist jedoch damit zu rechnen, dass Softwarehäuser sie entwickeln. Der zeitliche Aufwand zur Durchführung der energetischen Inspektion einer RLT-Anlage nach Inspektionsstufe B wird sich allerdings, je nach Komplexität der betroffenen Anlage, erhöhen.
Auch in anderer Hinsicht erweitert sich der Umfang einer energetischen Inspektion. So wurden in die Inspektionsstufe B die obligatorische Feststellung des Hygienezustandes der RLT-Anlagen mit Hinweispflicht an den Betreiber sowie Aussagen zur Kosteneffizienz der vorgeschlagenen Maßnahmen aufgenommen. Optional, also in Stufe C, enthält die Vornorm DIN SPEC 15240 nun Hinweise zur Ermittlung von Grädigkeiten an Wärmeübertragern sowie zum Umgang mit eventuell vorhandenen anlagenspezifischen Energieverbrauchsdaten. In Stufen A und B wurde die obligatorische Erstellung eines Inspektionsberichtes aufgenommen. Anhang F bietet einen Vorschlag für eine Gliederung des Berichtes. Man will damit „Kurzberichten“ mit Standardtexten und wenig konkreten Aussagen zur energetischen und kosteneffizienten Verbesserung, wie sie von bestehenden Softwarelösungen erzeugt werden können, vorbeugen.
Das neue Kapitel 4.5 zur Inspektionsvorbereitung enthält detaillierte Hinweise zur Prüfung der Anlagendokumentation. Das ebenfalls neu eingeführte Kapitel 9.4 beschäftigt sich mit Hinweisen zur Verwendung von Daten aus Gebäudeautomationssystemen. Denn diese Daten können bei der energetischen Inspektion unter bestimmten Voraussetzungen zur Ermittlung von Kennwerten unterstützend eingesetzt werden.

Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
Im November 2018 wurde ein aktualisierter Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) veröffentlicht. Es soll demnächst das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Ener­gien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammenführen. Damit würde auch die europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (2018/844 EPBD) in nationales Energiesparrecht umgesetzt. Dies muss bis spätestens März 2020 erfolgt sein.
Demnach sollen zukünftig Klimaanlagen mit einer Kälteleistung von mehr als 70 kW einer regelmäßigen energetischen Inspektion nach DIN SPEC 15240 unterzogen werden. Für Klimaanlagen mit einer Kälteleistung von 12 bis 70 kW werden beim Vorhandensein gleichartiger Anlagen in einem Gebäude und unter bestimmten Voraussetzungen stichprobenartige Inspektionen zugelassen.
Dem gegenüber kann die Pflicht zur energetischen Inspektion von Klimaanlagen ausgesetzt werden, wenn ein System für die Gebäudeautomation (GA) und Gebäuderegelung vorhanden ist, das weitreichende Funktionen der Überwachung, Protokollierung und Analyse des Gebäudeenergieverbrauches übernimmt. Außerdem muss es Automatismen zur Erkennung und Vermittlung von Effizienzabweichungen aufweisen sowie die Kommunikation von gebäudetechnischen Systemen – auch verschiedener Typen – ermöglichen. Die im Referentenentwurf des GEG genannten sehr allgemeinen Aussagen zu den Mindesteigenschaften eines GA-Systems, die zur Entbindung der Pflicht der energetischen Inspektion führen können, bedürfen jedoch dringend einer erweiterten Spezifikation.  

Zusammenfassung
Mit den neuen Tools – dem Energielabel und dem BMWi-Quick-Check für Lüftungs- und Kälteanlagen – sowie mit der Neufassung der DIN SPEC 15240 und dem kommenden Gebäudeenergiegesetz kann die energetische Inspektion von Klimaanlagen bei konsequenter Durchführung ein wichtiger Faktor sein, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Um dies zu sicherzustellen, sollte allerdings auch eine verpflichtende Effizienzsteigerung der Anlagentechnik erfolgen.
Dass der Gesetzgeber die Wirksamkeit von effizienzsteigernden Maßnahmen erkannt hat, zeigt auch die vom Autor durchgeführte energetische Inspektion der Klimaanlagen nach EnEV im Bundeskanzleramt in Berlin. Hierbei wurden eine Vielzahl von Maßnahmen zur Optimierung des Energieverbrauches der Raumlufttechnik und der Kälteerzeugungsanlagen erarbeitet.

Autor: Dan Hildebrandt, Ingenieurbüro TGA-Effizienz, Leipzig
www.tga-effizienz.de


1) Beide Quick-Checks (Kälte und Lüftung) sind erreichbar unter www.deutschland-machts-effizient.de

 


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