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Der Sommer kann kommen

Gebäude lassen sich auch ohne Klimageräte temperieren – mit Wärmepumpen. Zur Wahl stehen aktive und passive Kühllösungen

Die Rotex Luft/Wasser-Wärmepumpe „HPSU compact“ ist serienmäßig mit einer integrierten Kühl­option ausgestattet. Zur Kühlung wird der Prozess der Wärmepumpe in umgekehrter Richtung genutzt. Dem Gebäude wird Wärme entzogen und an die Außenluft abgegeben. Bild: Rotex

Die neue Luft/Wasser-Wärmepumpe „Logatherm WPL AR HT“ (Buderus) deckt den Heiz- und Kühlbedarf von größeren Wohngebäuden, Gewerbe und Industrie. Sie liefert 34 bis 177 kW Kälteleistung. Bild: Buderus

Die Sole/Wasser-Wärmepumpen der Baureihe „Thermo Terra“ (links) von Roth können auch kühlen

Das Vaillant-Programm „flexo-therm“ setzt sich aus einer für alle Energiequellen einheitlichen Wärmepumpe und Modulen für die verschiedenen Wärmequellen zusammen. Damit sind Installation und Regelung für alle Wärmepumpen identisch. Hier das Modell „flexo-compact exclusive“. Bild: Vaillant

Blick in den Viessmann-Eisspeicher bei der Firma Ecolab. Mit einer Kapazität von 1800 m3 ist der Speicher einer der größten weltweit. Im Sommer lässt sich sein Eis zur Gebäudekühlung nutzen. Bild: Viessmann

Stiebel Eltron bietet Luft/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpen als cool-Varianten an. Dabei ist der notwendige Wärmeübertrager ebenso integriert wie eventuell zusätzlich notwendige Umschaltventile. Bild: Stiebel Eltron

Die Kermi „x-change compact cool“ Luft/Wasser-Wärmepumpe zur Außenaufstellung verfügt über eine Gebäude-Kühlfunk­tion durch reversiblen Kreislaufbetrieb. Bild: Kermi

Internetadressen der hier in Wort oder Bild erwähnten Unternehmen und Verbände.

 

Studien zeigen: Ausnahme-Sommer wie 2015 und 2003 könnten schon bald zur Normalität werden. Klimaforscher prognostizieren, dass sich die Anzahl extremer Hitzewellen in den kommenden 25 Jahren vervierfachen wird. Die verbesserte Dämmung heutiger Gebäude trägt zu einem erhöhten Wärmeeintrag bei. Daher wird das Thema Kühlung künftig eine wichtige Rolle in der ­Gebäudetechnik spielen. Eine Alternative zu Klimaanlagen stellen Wärmepumpen mit Kühlfunktion dar.

Zwei Varianten der Kühlung
Zur Gebäudekühlung bieten Wärmepumpen zwei Verfahren: die aktive und die passive Kühlung.

Aktive Kühlung
Ist eine hohe und individuell regelbare Kühlleistung erwünscht, empfiehlt sich die aktive Kühlung (active cooling). Dabei wird das Funktionsprinzip einer Luft/Wasser- oder Sole/Wasser-Wärmepumpe – die Aufnahme von Wärme aus der Umwelt und die Abgabe an das zu beheizende Gebäude – einfach umgedreht. Das Gebäude wird sozusagen zum Kühlschrank.
Die Wärmepumpe muss dazu mit einem reversierbaren bzw. umkehrbaren Kältekreislauf ausgerüstet sein. Der ursprüngliche Verdampfer wird zum Verflüssiger und der Verflüssiger wird zum Verdampfer. An Hitzetagen nimmt die Wärmepumpe einen Teil der Raumwärme auf und kühlt sie über den Verdichter ab. Wird ein Zusatzwärmeübertrager installiert, lässt sich die Abwärme nutzen, beispielsweise zur Trinkwassererwärmung.

Passive Kühlung
Bei der zweiten Lösung, der passiven Kühlung (natural cooling, natürliche oder stille Kühlung), nutzen erdgekoppelte Wärmepumpen die niedrige Temperatur des Erdreiches oder des Grundwassers zur Klimatisierung. Der Verdichter der Wärmepumpe ist dabei nicht in Betrieb, was die Stromkosten senkt. Nur die Umwälzpumpen im Quellen- und Heizkreis arbeiten.
Bei Sole/Wasser-Wärmepumpen gelangt die Gebäudewärme von den Heiz- bzw. Kühlflächen über einen parallel zum Wärmepumpenkreislauf angeordneten Wärmeübertrager an den Solekreislauf und weiter ins Erdreich, wo sie abkühlt. Die gekühlte Sole wird anschließend wieder dem Heiz- oder Kühlkreis im Gebäude zugeführt. In der Regel können Räume damit um rund 5 °C gekühlt werden.
Die passive Kühlung profitiert davon, dass die Temperatur in der Erde ab einer Tiefe von 15 m ganzjährig bei rund 10 °C liegt. Im Sommer stellt das Erdreich damit einen Kältespeicher und im Winter eine Wärmequelle dar. Durch die Wärmezufuhr im Sommer kann die Temperatur des Erdreichs ansteigen. Dies vermindert zwar zunächst die Kühlwirkung, ermöglicht aber die raschere Regenerierung der Erde und macht das anschließende Heizen im Winter dafür effektiver.

Investitionskosten
Zwar ist die passive Kühlung nicht ganz so wirkungsvoll wie die aktive Kühlung, punktet dafür aber mit geringeren Investitionskosten und einem energieeffizienteren Betrieb. „Für Hausbesitzer ist die passive Kühlung über Flächenheizsysteme sinnvoller als die aktive Kühlung, da die Zusatzinvestitionskosten hier überschaubar sind“, sagt Peter Kuhl, Produktmanager Wärmepumpen bei Bosch Thermotechnik (Buderus).
Nach einer Studie des Umweltbundesamts ist bei Einfamilienhäusern die Umrüs­tung einer bestehenden Sole/Wasser-Wärmepumpe für die passive Fußbodenkühlung wirtschaftlicher als die Nachrüstung einer automatischen Sonnenschutzanlage. Werden Bürogebäude passiv gekühlt, lassen sich nach Berechnungen des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) bis zu 80 % der Jahreskühlkos­ten im Vergleich zu einer Kühlung mit konventionellen Raumklimageräten einsparen. Bei einer aktiven Kühlung sind es immerhin noch 20 %. Auch eine Kombination von aktiver und passiver Kühlung ist möglich: So empfiehlt es sich, bei geringerem Kühlbedarf zunächst die energiesparende passive Kühlung zu nutzen und bei größerer Hitze auf die aktive Kühlung umzuschalten.

Voraussetzungen für den Kühlbetrieb
Während herkömmliche Klimaanlagen gekühlte und warme Luft über Kanäle zu- und abführen, nutzen Wärmepumpen die Flächenheizsysteme zur Kälteübertragung. Die Kühlung erfolgt dabei durch Wärmestrahlung. Warme Oberflächen strahlen zur kalten Wand- oder Fußbodenheizung hin und kühlen sich dadurch ab. Es entstehen weder Zugluft noch Staubaufwirbelungen, was für Al­lergiker von Vorteil ist.
Da Kälte anders als Wärme nicht aufsteigt, sammelt sich bei Fußbodenheizungen die abgekühlte Luft jedoch über dem Boden an. Effektiver für die Raumkühlung sind daher Wandheizungen, denn dort ist der Anteil des Körpers, der mit der Kühlfläche im Strahlungsaustausch steht, größer als bei Fußbodenheizungen. Am größten ist der Kühl­effekt bei einer Kühldecke, da durch die aufsteigende, warme Raumluft ein konvektiver Anteil hinzukommt. Optimale Einsatzgebiete dafür sind Industriehallen, Einkaufszentren oder Bürogebäude. Je nach Ausführung der Decke lässt sich eine Kühlleistung von 50 bis 110 W/m2 erzielen. Bei Wandflächen sind es 35 bis 50 W/m2 und bei Fußböden rund 35 W/m2.
Werden Flächenheizungen eingesetzt, muss darauf geachtet werden, dass die Rohrleitung und die Heizflächen nicht zu stark abkühlen. Wird der Taupunkt der Raumluft unterschritten, kommt es zur Feuchtekondensation. Wann dies der Fall ist, hängt vom Luftdruck, der Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchte ab. Abhilfe schafft die Installation einer Taupunktüberwachung. Dabei melden Feuchte- und Temperaturfühler problematische Werte an die Regelung der Wärmepumpe. Bevor der Taupunkt unterschritten wird, reduziert sie die Kühlung oder schaltet sie ganz ab. Für Einfamilienhäuser bieten sich zentrale Taupunktüberwachungen an. Bei größeren Gebäuden empfehlen Planer, dezentrale Taupunktwächter an den einzelnen Gebäudeachsen strategisch zu verteilen.
Eine weitere Möglichkeit zur Kühlung sind Gebläsekonvektoren. Da sie die Raumluft umwälzen, erfolgt die Kühlung schnell und effektiv. Bei einer integrierten Kondenswasserabfuhr ist eine eventuelle Unterschreitung der Taupunkttemperatur kein Problem.
Gebläsekonvektoren sind auch eine Option beim Einbau von kühlenden Wärmepumpen in Bestandsgebäude. Denn die dort meist vorhandenen Heizkörper eignen sich u. a. wegen ihrer zu kleinen Oberfläche nicht zur Kühlung. Generell ist die Temperierung mit Wärmepumpen jedoch eher für Neubauten interessant, da die Kühlwasserleitungen isoliert werden müssen, um auch dort eine Kondenswasserbildung zu vermeiden. Bei bereits unter Putz oder Estrich verlegten Rohren ist das nachträglich nicht mehr möglich.

Großes Marktangebot
Ob aktive oder passive Wärmeabfuhr: Die Hersteller offerieren eine breite Palette an kühlenden Wärmepumpen, die alle Wärmequellen und Leistungsgrößen abdecken. Ausdrücklich als „Heizung, die auch kühlen kann“, bewirbt beispielsweise Rotex seine Luft-Wasser-Wärmepumpe „HPSU compact“. Das Gerät ist serienmäßig mit der Kühloption „Comfort 365“ zum Einsatz mit einer Fußbodenheizung oder einem Gebläsekonvektor ausgestattet. Laut Rotex arbeitet die aktive Kühlung sehr effizient: Die Betriebskosten für die Kühlung eines Wohnraums liegen laut Berechnungen des Instituts für Gebäudeenergetik der Universität Stutt­gart „bei lediglich 10 bis 20 Euro pro Jahr“.
Diese Werte basieren auf einer Praxissimulation eines beispielhaften Wohnzimmers in einem typischen Einfamilienhaus sowie auf Daten eines Standard-Testreferenzjahres des Deutschen Wetterdienstes. Die tatsächlichen Werte können daher von den simulierten abweichen, räumt Rotex ein.
Bosch Thermotechnik vertreibt seine Luft/Wasser-Wärmepumpen der Marke Buderus serienmäßig mit der Möglichkeit der aktiven Kühlung. Für die Sole/Wasser-Wärmepumpen ist eine passive
Kühlstation optional im Angebot. Seit Mitte 2015 ist die reversible Luft/Wasser-Split-Wärmepumpe „Logatherm WPLS.2“ auf dem Markt, die durch ihren modulierenden Betrieb für Neubauten geeignet ist. Diese Split-Wärmepumpe ergänzt die Produktfamilie der Luft/Wasser-Wärmepumpe „Logatherm WPL AR“. Für den Heiz- und Kühlbedarf von größeren Wohngebäuden, Gewerbe und Industrie konzipiert ist die neue Luft/Wasser-Wärmepumpe „Logatherm WPL AR HT“. Sie liefert 34 bis 177 kW Kälteleistung bei 30 bis 162 kW Heizleistung. Die Split-Luft/Wasser-Wärmepumpe „Supraeco A SAS-2“ sowie die Luft/Wasser-Wärmepumpen „SAO-2“ und „SAO-2 HAT“ der Marke Junkers können ebenfalls aktiv kühlen. Die Junkers Sole/Wasser-Wärmepumpen „Supraeco STE-1“ und „Supraeco STM-1“ lassen sich in Verbindung mit der Kühlstation „NKS-1“ zur passiven Kühlung einsetzen.
Bei den Roth Werken ist ein System zur passiven Kühlung für die Sole/Wasser-Wärmepumpen-Baureihe „Thermo Terra“ als externes Paket optional erhältlich. Wird warmes Brauchwasser benö­­tigt, gewährleistet eine Vorrangschaltung, dass die Kühlung aus- und die Wärmepumpe eingeschaltet wird, bis das Wasser die Solltemperatur erreicht hat. Die Wärmepumpe ist in Leistungsklassen bis zu 19 kW erhältlich. Alle Modelle erreichen die Energieeffizienzklasse A++. Jens Haffner, Leiter Forschung und Entwicklung Energiesysteme bei Roth, hebt in diesem Zusammenhang hervor: „Hervorragende Leistungswerte zeichnen die Sole/Wasser-Wärmepumpen aus, beispielsweise ein COP von 5,05 bei 10 kW Heizleistung für die ‚Thermo Terra!‘ 10 kW.“
Die Luft/Wasser-Wärmepumpen der Serien „HTS“ und „WKF“ von Remko eignen sich genauso zum Heizen wie zum Kühlen. Kermi hat seine neuen Luft/Wasser-Wärmepumpen der Serie „x-change compact cool“ ebenfalls für den aktiven Kühlbetrieb im Sommer ausgerüstet. Heizleistungen von 7/9/11/14/17 kW (bei A2/W35) stehen jeweils Kühlleistungen von 8/11/14/19/23 (bei A35/W18) gegenüber. Bei Weishaupt lässt sich die Mehrzahl der angebotenen Luft/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpen auch zur aktiven bzw. passiven Kühlung einsetzen.
Stiebel Eltron hat zum Kühlen spezielle cool-Varianten in seinem Wärmepumpenangebot. Von den angebotenen erdgekoppelten Wärmepumpen lassen sich grundsätzlich alle zur passiven Kühlung nutzen. Bei den cool-Varianten sind der dazu notwendige Wärmeübertrager und eventuell nötige Umschaltventile im Paket enthalten. Bei sämtlichen Wärmepumpen ist die Regelung für eine eventuelle Inbetriebnahme der Kühlung bereits vorbereitet.
Bei Vaillant sind alle aktuellen Sole/Wasser- und Luft/Wasser-Wärmepumpen in den Serien „flexo-therm“, „flexo-compact“ und „aro-therm“ auch mit einer aktiven Kühlfunktion erhältlich. Sole/Wasser- und Wasser/Wasser-Wärmepumpen lassen sich außerdem auch mit einer passiven Kühlfunktion ausstatten.
Viessmann bietet neben reversiblen Luft/Wasser-Wärmepumpen für seine erdgekoppelten Systeme die vorgefertigten Kühlmodule „NC-Box“ (natural cooling) mit bis zu 5 kW passiver Kühlleis­tung und „AC-Box“ (active cooling) für aktive Kühlung bis 13 kW an. Die „AC-Box“ verbindet aktive und passive Kühlung. Abhängig von der gewünschten Raumtemperatur schaltet das System automatisch zwischen beiden Betriebsweisen um. Wird nur eine geringe Kühlleistung abgerufen, reicht die natürliche Kühlung. Für Kälteleistungen bis 2 MW liefert Viessmann auch standardisierte oder kundenspezifisch konstruierte Großwärmepumpen.

Noch ungenutzte Potenziale
Wärmepumpen mit Kühlfunktion kommen in Deutschland sowohl in Wohngebäuden als auch in gewerblich genutzten Gebäuden zum Einsatz. Wie viele der Geräte in Betrieb sind und welche Anzahl die Hersteller jährlich verkaufen, lässt sich jedoch nicht genau beziffern. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) rechnet die Absatzzahlen der reversiblen Wärmepumpen in den Gesamtabsatz der Heizungswärmepumpen ein und weist sie nicht gesondert aus. 95 % davon sind Luft/Wasser-Wärmepumpen. Der Verband geht davon aus, dass der Großteil dieser reversiblen Wärmepumpen derzeit nur zu Heiz- und noch nicht zu Kühlzwecken eingesetzt wird.
Auch das Potenzial für den Einsatz von erdgekoppelten Wärmepumpen für mittlere und große Heizleistungen sowie für die passive Kühlung wird nach BWP-Angaben noch zu wenig ausgeschöpft. Das könnte sich jedoch ändern. Da die Bundesregierung bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand anstrebt, sind klimafreundliche Lösungen zum Heizen und Kühlen immer stärker gefragt.
Was machbar ist, demonstriert ein Projekt von Viessmann: Durch den Einsatz von zwei Großwärmepumpen und einem Eisspeicher zum Heizen und Kühlen spart die Deutschlandzentrale der Firma Ecolab im nordrhein-westfälischen Monheim 50 % der Energiekosten gegenüber herkömmlichen Lösungen ein. Der weltweit führende Anbieter von Produkten und Dienstleistungen im Bereich der industriellen Reinigung nutzt zwei Sole/Wasser-Wärmepumpen mit einer Heizleistung von insgesamt 720 kW und eine Kälteleis­tung von über 1 MW. Spitzenlasten decken zwei Gasheizkessel.
Mit einer Kapazität von rund 1800 m3 ist der Eisspeicher einer der weltweit größten seiner Art. In dem 18 x 25 m großen Behälter wird Leitungswasser durch Erdwärme und zusätzliche Solar-Luftabsorber erwärmt. Über einen Wärmeübertrager entzieht die Wärmepumpe die Energie zum Heizen und zur Trinkwassererwärmung bis sich der Speicher so stark abkühlt, dass er vereist. Der Phasenwechsel von Wasser zu Eis bringt einen zusätzlichen Energiegewinn.
Im Sommer dient der Eisspeicher zur Gebäudekühlung. Dafür wird er zum Ende der Heizperiode vollständig vereist. Die abgeführte Wärme aus den zu kühlenden Räumen taut ihn nach und nach wieder auf und der Kreislauf beginnt von vorne.

Autorin: Almut Bruschke-Reimer, freie Energiejournalistin

 


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