Werbung

Wohin geht die Pelletbranche?

Pelletfeuerungen gibt es seit 20 Jahren in Deutschland. Mit Auf und Ab ist sie ein solider Nischenmarkt geworden

Anlässlich 20 Jahre Pelletfeuerungen in Deutschland stellte das DEPI in einer Umfrage die Frage: Hat es sich gelohnt? Bild: DEPI

600 000-700 000 neue Feuerungen jeglicher Couleur werden jedes Jahr in Deutschland ­installiert, neu und im Ersatz. Pelletfeuerungen sind nur ein kleiner Teil davon. Bild: Dittmar Koop

Erst ab 2016 ist wieder eine ‚stabile‘ Zubauquote bei den Pelletfeuerungen erreicht worden. Doch sie bewegt sich im Bereich des Nischenmarkts. Bild: DEPI

Die Pelletbranche fokussiert in der Argumentation auf den Vergleich der Brennstoffkosten und auf die Umweltfreundlichkeit. Bild: DEPI

Die Digitalisierung macht die Kombination von jedem mit allem technisch möglich. Bild: Solar Promotion

Die Pelletbranche antwortet auf den sich rasend schnell wandelnden Wärmemarkt auch damit, dass sie selbst neue Hybridlösungen anbietet. Bild: KWB

 

Vor 20 Jahren wurden in Deutschland die ersten mit Holzpellets betriebenen Feuerungen installiert. Mittlerweile gibt es laut Branchenverband DEPV rund 440 000 installierte Feuerungen über sämtliche Leistungsklassen in Deutschland (inklusive Öfen). Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Ein Jubiläum ist immer gut, Rückblick zu halten. Das tat auch die Pelletbranche. Von Januar bis Mai 2018 hat das Deutsche Pellet-Institut (DEPI) per Online-Umfrage die Meinung von Pelletheizern eingeholt. In die Auswertung gingen 6642 vollständig ausgefüllte Fragebögen ein. „Mit dieser Resonanz hatten wir nicht gerechnet, als wir die Umfrage unter dem Motto ‚Hat es sich gelohnt?‘ gestartet haben“, berichtet Martin Bentele, Geschäftsführer des DEPI. „Nun haben wir ein repräsentatives Ergebnis und sind natürlich stolz über die große Mehrheit sehr zufriedener Pelletheizungsbetreiber. Wir können nun guten Gewissens das Fragezeichen in ein Ausrufezeichen umwandeln und das Fazit ‚Es hat sich gelohnt!‘ aus der Befragung ziehen.“

Blick auf die Umfrage-Ergebnisse
Das, was das DEPI aus den Bögen zog ist dieses: 61,4 % der Verbraucher sind sehr zufrieden mit ihrer Pelletfeuerung, 32,8 % sind zufrieden. Mit jeweils mehr als 70 % sind die niedrigen Heizkosten (73,1 %) und der Klimaschutzaspekt von Pellets (71,8 %) die wichtigsten Faktoren für die Entscheidung, auf die kleinen Presslinge zu setzen. Auch die kurzen Lieferwege des heimischen Brennstoffs sind für mehr als die Hälfte (55,2 %) ein zentrales Argument.
85,9 % der Befragten würden sich wieder eine Pelletheizung anschaffen. Ähnlich viele Nutzer (85,3 %) würden Freunden oder Bekannten den Einbau des Heizsystems empfehlen. 91,8 % sind mit den Umweltaspekten der Anlage nämlich sehr oder eher zufrieden. Einen weiteren hohen Zufriedenheitswert erhält die Wirtschaftlichkeit (87,3 %).

Die beiden wichtigsten Faktoren
Die Umfrage signalisiert, was im Grunde genommen schon lange bekannt ist: Eine Pelletfeuerung wird wegen der niedrigeren Brennstoffkosten im Vergleich zu Heizöl attraktiv, außerdem über das Image, nachhaltig zu sein: Der Rohstoff für den Brennstoff wächst in Form von Bäumen nach. Diese beiden wichtigsten Forderungen bzw. Erwartungen vonseiten der Kunden scheinen über die Jahre ihr Ziel erreicht zu haben. Somit wäre das auch Lohn für sehr viel geleistete Arbeit der Branche und sie könnte sich zu Recht selbst auf die Schulter klopfen.

Nischenmarkt nicht verlassen
Allerdings muss man betrachten, auf welcher Grundlage dies geschieht. Der Pelletbranche ist es in den vergangenen 20 Jahren nicht gelungen, den Nischenmarkt zu verlassen – trotz großer Ambitionen.
Anfang dieses Jahres leitete der Branchenverband Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) seinen alljährlichen Jahresrückblick „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ ein. Lachend, weil mit 2,25 Mio. t Holzpellets so viele Presslinge in Deutschland hergestellt wurden wie noch nie. Weinend, weil die Ausbauzahlen bei Pelletkesseln und Pelletkaminöfen leicht hinter den Erwartungen zurückblieben. Mit 32 300 neuen Pelletfeuerungen wurde der prognostizierte Zubau knapp verfehlt (rd. 33 000 Feuerungen). Zugebaut wurden 16 500 Pelletkaminöfen, 15 000 Pelletkessel und wasserführende Pelletöfen mit einer Leis­tung bis 50 kW sowie 800 Kessel/Pellet-KWK-Anlagen größer 50 kW.

In den Kontext einbetten
Wenn man diese Zahlen in den Kontext der allgemeinen Zahlen des Wärmemarkts einbettet, dürfte das weinende Auge weniger verursacht werden durch die knappe Prognoseverfehlung, zumal der Zubau an Pelletfeuerungen 2017 im Vergleich zum Vorjahr (31 200 Stück) um 3,5 % gesteigert werden konnte, sondern mehr, dass Pelletfeuerungen immer noch in der Nische festkleben.
Es gibt etwa 5,1 Mio. veraltete Ölkessel kleiner 50 kW in Deutschland – die klassische „Zielgruppe“ für Holzpellets. Jährlich werden laut Heizungsindustrieverband BDH rund 600 000-700 000 neue Feuerungen jeglicher Couleur in Deutschland installiert, neu und im Ersatz – und über diese Zahlen mockiert sich der BDH und spricht von einem Modernisierungsstau. Selbst unter „Modernisierungsstau“-Bedingungen machen Holzpelletfeuerungen also nur etwa 5 % aller Installationen aus.
„Die Pelletbranche fordert von der neuen Bundesregierung jetzt endlich eine echte Energiewende am Wärmemarkt, für die wir mit unserem heimischen, klimafreundlichen Brennstoff sehr gut gerüs­tet sind“, fordert DEPV-Geschäftsführer Martin Bentele. Doch ist sie das?

Was, wenn Massenmarkt wäre
Kann man sicher sein, dass die Holzpelletpreise nicht irgendwann genauso durch die Decke schießen, wie es immer wieder dem Heizöl prophezeit wird? Auch Landflächen und damit Wälder – auch wenn sie immer wieder nachwachsen – sind irgendwann knapp. Hinzu kommt die Frage, ob der Brennstoff dann nicht mehr in dem Sinne erzeugt werden könnte, warum man ihn ursprünglich wählte (die beiden Hauptargumente der Zufriedenheitsumfrage). Der originär aus der Forstwirtschaft kommende Begriff der Nachhaltigkeit ist immer nur ein bilanzieller  – er sagt nichts über die Qualität der Wälder aus. Manche schlechte Holzpellet-Gewinnungs-Praktiken sind medial beschrieben, zum Beispiel in den Südstaaten der USA. Das führt zu einem Image-Problem, in anderen Fällen über heizölbasierte Holzpelletproduktionen in Russland. Die Internationalisierung der Pelletproduktion schafft zudem neue Probleme, das ist der Energieaufwand für den Transport.

Bei der Nase gefasst
Mio. von t Holzpellets werden heutzutage jährlich in europäischen Kohlekraftwerken verbrannt über sogenanntes Co-Firing (fossile Kohle wird durch Bio­brennstoffe ersetzt). Es dient Regierungen, Klimaschutzverpflichtungen nachzukommen, ohne die Kraftwerks-Infrastruktur ändern zu müssen. Den Kraftwerksbetreibern wiederum dient es dazu, ihre Anlagen ins Erneuerbare-Energien-Zeitalter zu retten.
Was, wenn man diese Kraftwerke still legen würde und darüber im Nebeneffekt Mio. von t Holzpellets für den Wärmemarkt freisetzen würde? Es gibt schon seit Anfangszeiten in der Pelletbranche die beiden Lager. Das Wärmemarkt-Lager kritisiert die Verfeuerung von Holzpellets zur Stromerzeugung, insbesondere in großen Kraftwerken, als ineffizient. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn es kein Abwärme-Nutzungskonzept gibt, verdampft die Hälfte der Pellets mit der Abwärme über die Kraftwerkstürme in den Himmel.
Wenn man die Kohle-Pellet-Meiler stilllegen würde, stünden schlagartig Mio. t Holzpellets dem Wärmemarkt zur Verfügung.

Entwicklungen auf dem Wärmemarkt
Die Frage der Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit bzw. des niedrigen Brennstoffpreises im Vergleich zu Heizöl oder Gas könnte also in Zukunft auch weiter positiv beantwortet werden, sodass die ­Basis für einen Pelletheizungskauf grundsätzlich bleibt. Es gibt grundsätzlich Pellets genug, auch für einen sehr viel größeren Wärmemarkt.
Das „Problem“ ist, dass sich auch der Wärmemarkt weiter entwickelt und die Kontrahenten nicht stillstehen.
Die Ironie besteht darin, dass sich Holzpelletfeuerungen – aufgrund der höheren Anlagen-Anschaffungspreise – über die niedrigeren Brennstoffpreise – Betriebskosten – mittelfristig als wirtschaftlicher definieren. Eine Holzpelletfeuerung mit einer Solarthermie-Anlage zu kombinieren, macht zum Beispiel vor dieser Logik wirtschaftlich keinen Sinn: Erstens verteuert es das System und zweitens reduziert es den Brennstoffbedarf, da ja ein Teil davon von der Sonne substituiert wird. Die Amortisation schiebt sich folglich weiter in die Zukunft.
Anders sieht es aus, wenn man eine Öl- oder Gasheizung mit einer Solarthermieanlage kombiniert. Hier macht die Kombination echt Sinn, weil sie fossile Brennstoffe wegsparen kann – und damit auch das Schreckgespenst wirtschaftlich relativ klein gehalten werden kann, das da sagt, dass der Peak-Oil schon längst überschritten ist und die Ölpreise in absehbarer Zeit durch die Decke gehen.
In Kombination mit Solarthermie wird das Ganze dann zu einem für einen Haushalt beherrschbaren Risiko. Verbunden zudem mit dem Effizienzgewinn über die Wirkungsgradsteigerung, die man erhält, wenn man einen alten Kessel-Methusalem gegen einen neuen Kessel tauscht.
Neue Brennwertkessel in Kombination mit Solarthermie sind schon lange wieder schick. Die Bundespolitik vertritt im Wärmesektor neben dem Thema Effizienz und Erneuerbare die Position der Technologieoffenheit. Öl und Gas sind keineswegs verdammt.

Digitalisierung
Mit der Digitalisierung sind Wechselrichter indes schon längst nicht mehr schnöde Gleichstrom-Wechselstrom-Umwandler von Photovoltaik-(PV)-Strom. Die intelligenten Geräte können heute schon Heizstäbe zur Warmwasserbereitung in Boilern und Pufferspeichern ansteuern, die mit überschüssigem Solarstrom gespeist werden können. Darüber wandert die PV in den Wärmemarkt. Nun kommen zudem noch neue Konkurrenzen auf den Markt: Die Wärmepumpe drängt auch in das Kerngeschäft Sanierung Altbau, verlässt also ihr angestammtes Gebiet (Neubau) und die Photovoltaik (PV) übt sich in der Sektorkopplung – zum Beispiel über Power-to-Heat (PtH). Im Zeitalter von Sonnen-Flatrates und Co. will niemand mehr für Brennstoff bezahlen.

Trend zur Systemöffnung
Wie reagiert die Pelletbranche auf diese Entwicklung? Es deutet sich der Weg zur Systemöffnung an: Pelletkesselhersteller gehen auch in den Bereich der Wärmepumpe oder den der Photovoltaik – ohne sie zwangsläufig zu einem neuen Hybrid-Angebot zu verschmelzen. Beispiel KWB: „KWB hat sich vom Produkt- zum Systemanbieter auf Basis Erneuerbarer Energie weiterentwickelt. Wir setzen auf effiziente Systemlösungen und bieten unseren Kunden attraktive Paketlösungen, z. B. eine Pelletheizung in Kombination mit einer Brauchwasser-Wärmepumpe, an“, sagt KWB-Marketingmanager Günther Ornig, schränkt aber ein: „Die Pellet-Branche ist nicht auf Hybrid-Lösungen angewiesen, allerdings machen in manchen Leistungsbereichen Kombinationen durchaus Sinn. Zudem wissen wir, dass die Anforderungen, die Kunden an eine Pelletheizung stellen, ganz andere sind, als jene an eine Wärmepumpe. Es gibt Anwendungsfälle für beide Systeme. Unsere Erfahrung zeigt, dass maßgeschneiderte Lösungen immer besser sind als standardisierte Heizungssysteme.“
Bei Solarfocus geht man einen ähnlichen Weg wie bei KWB: „Eine Kombination von Wärmepumpe und PV finden wir sehr sinnvoll und solche Kombinationen bieten wir auch an. Darin sehen wir auch in Zukunft größeres Potenzial als in einer Kombination von PV und Pelletkessel“, gibt Birgit Gröbner vom Solarfocus-Marketing Auskunft.

Ein Ausblick
Ein Jubiläum ist auch immer gut, um Ausblick zu halten. Der Pelletbranche bleibt zu wünschen, dass sie sich auf der einen Seite an die notwendigen Veränderungen des Marktes anpasst, die über die Digitalisierung rasend schnell geschehen und die die Kombination von jedem mit allem technisch möglich macht. Auf der anderen Seite ihre Ursprünglichkeit nicht verliert, sondern weiter Pelletfeuerungen im Kern thematisiert. Auch wenn es zu dem Preis ist, dass Pelletfeuerungen weiter ein solider Nischenmarkt bleiben werden.

Autor: Dittmar Koop, Fachjournalist

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: