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Von der Hand in den Mund

Selbst erzeugter PV-Solarstrom lässt sich vor Ort nutzen

Verbrauchen, speichern oder einspeisen: Mit dem Modell „Sunpac“ von Solarworld kann der Strom der eigenen Solarstromanlage auch vor Ort genutzt werden. Die Speicherkapazität liegt bei rund 14 kWh.

Eine klassische Photovoltaik-Anlage auf einem Zweifamilienhaus. Die Industrie hat Systeme entwickelt, mit denen der Strom der Solaranlage auf dem Dach gespeichert und bei Bedarf vor Ort verbraucht werden kann.

In Zukunft wird möglicherweise viel Dachfläche zur Erzeugung von Strom oder Wärme benutzt. Hier im Bild ein Musterhaus der TU Darmstadt. Bild: Holger Dirks

Seit 2010 ist auf dem Dach des Berliner Rathauses auch eine PV-Anlage in Betrieb. Hier ein Bild von der Montage.

Mit der „Vision Box“ von Conergy können Haushalte jederzeit kontrollieren, wie viel Strom zurzeit im Haus verbraucht und wie viel Solarstrom auf dem Dach erzeugt wird.

Das Modell „Sonnenspeicher“ von Conergy wurde gemeinsam mit dem französischen Unternehmen Saft entwickelt und basiert auf Lithium-Ionen-Akkus.

Meteocontrol hat eine elektronische Steuerung entwickelt, die Haustechnik und Solarstromanlage verknüpft. Das Gerät kann so programmiert werden, dass es selbst entscheidet, ob und wann es sich lohnt, zum Beispiel die Waschmaschine einzuschalten.

 

Experten zufolge wird künftig die dezentrale Energieversorgung einen größeren Stellenwert einnehmen als bislang. Seit Mitte 2010 bekommen PV-Anlagenbetreiber deutlich mehr Geld als früher, wenn sie viel Solarstrom selbst verbrauchen. Daran hielt die Bundesregierung auch bei der jüngsten Gesetzesnovelle fest. Mehrere Hersteller bieten inzwischen Geräte zum Eigenverbrauch-Management an. Andere halten sich noch zurück. Ihnen ist der Markt noch nicht groß genug.

Gegebenheiten
In der Regel wird der Strom einer Photovoltaikanlage komplett ins öffentliche Strom­netz eingespeist. Wird ein Teil der Energie vor Ort selbst verbraucht, nennen Experten dies Eigenverbrauch. Bislang lohnte sich das für Haushalte und Gewerbe kaum; jetzt könnte sich das ändern. Denn die Grundvergütung für Solarstrom wird Jahr für Jahr geringer. 2009 betrug sie noch 43 Cent pro kWh, seit dem 1. Januar 2012 nur noch 24,43 Cent. Das heißt, es lohnt sich immer weniger, den Solarstrom ins Netz einzuspeisen.
Zugleich entwickelte die Bundesregierung einen Bonus für Anlagenbetreiber, die mehr als 30% Solarstrom selbst verbrauchen. Produziert eine Solarstromanlage z.B. im Jahr 4500 kWh, bekommt der Haushalt für seinen Eigenverbrauch bis zu einer Menge von 1350 kWh die einfache Vergütung von 8,05 Cent je kWh, darüber sind es 12,43 Cent je kWh.

Der Markt kommt in Bewegung
Die Industrie hat diese Entwicklung auf den PV-Markt übertragen und bietet seit 2010 Anlagen für den sogenannten Eigenverbrauch von PV-Strom an. Haushalte und Gewerbebetriebe können damit die erzeugte Solarenergie vor Ort zwischenspeichern und bei Bedarf abrufen.
Richtig in Gang gekommen ist das Geschäft mit Managementsystemen für den Eigenverbrauch bislang nicht. Viele Hersteller haben sich noch nicht oder nur verzögert mit dem Thema Eigenverbrauch befasst. Noch sei der Markt nicht besonders groß, sagt eine Sprecherin des PV-Modulherstellers Conergy; mittelfristig sei aber mit einer deutlichen Steigerung der Nachfrage zu rechnen. „Speicher sind die Zukunft im PV-Geschäft. Da geht die Entwicklung eindeutig hin.“

Hersteller: Unterschiedliches Engagement
Conergy

Conergy hat eine sogenannte „Visionbox“ entwickelt, um die aktuellen Werte für Stromverbrauch und PV-Stromproduktion vor Ort darstellen und steuern zu können. Zukünftig will das Unternehmen auch Akkubatterien anbieten. Der sogenannte Sonnenspeicher soll eine Kapazität von rund 9 kWh haben. „Mit dem neuen Sonnenspeicher können 70% und mehr des jährlichen Strombedarfs einer 4-köpfigen Familie aus solarer Energie gedeckt werden“, heißt es in einer Produktbeschreibung.
In den nächsten fünf Jahren werde sich die Technik voraussichtlich deutlich schneller verbreiten als bislang, sagt Dieter Geyer vom Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Stuttgart. Vorangetrieben werde der Trend unter anderem von Wechselrichterherstellern und Stromversorgungsunternehmen. „Die Versorger können mit den vielen dezentralen Speichern die schwankende Stromproduktion durch Wind- oder Solaranlagen besser steuern.“

Solarworld
Besonders schnell reagierten auf den Trend der PV-Modulhersteller Solarworld und der Wechselrichterhersteller SMA. Beide stellten bereits auf der Intersolar 2010 Geräte für die Speicherung von Solarstrom vor Ort vor. Die Systeme bestehen in der Regel aus Akkubatterien und einer Lade- und Entladesteuerung. Auf einer Anzeige werden in Echtzeit die wichtigsten Anlagendaten ausgegeben. „Die Nachfrage ist enorm“, sagt ein Solarworld-Sprecher. Genaue Verkaufs- oder Stückzahlen nennt das Unternehmen aber nicht.
Im besten Fall wird der selbstproduzierte Strom immer dann genutzt, wenn die Last bzw. der Bedarf vor Ort am größten ist. Umso geringer ist die Stromrechnung des Versorgungsunternehmens. Bereits im letzten Jahr präsentierte Solarworld die Erweiterung eines Ladeakkus, mit dem 14 kWh PV-Energie vor Ort gespeichert werden können.

Prosol
Auch die Firma Prosol Invest aus Nürnberg hat bereits auf den Trend reagiert. Das PV-Handelsunternehmen bietet seit letztem Jahr Akkuspeicher und Managementsysteme für den Eigenverbrauch an. „Denn Käufern geht es nicht so sehr um Rendite, sondern um Autarkie vom Stromversorger“, so ein Sprecher. Noch sei der Markt klein, aber das werde nicht so bleiben. Bis zum Endes dieses Jahres will Prosol ca. 1000 Geräte verkaufen.

Schott Solar
“Die meisten PV-Hersteller betrachten die Eigenverbrauchs-Systeme nur als Zusatzgeschäft”, sagt Geyer. Schott Solar in Mainz bietet bislang keine Geräte für das Eigenverbrauchs-Management an. Ob und wann das der Fall sein wird, macht das Unternehmen keine Angaben. Bislang betei­ligt sich Schott nur an der Forschung.

Kyocera
Auch das PV-Unternehmen Kyocera hält sich noch zurück.

aleo solar
Das Bosch-Tochterunternehmen aleo solar bietet bislang eine Steuerung zur Kontrolle von Verbrauch und Produktion an sowie schaltbare Steckdosen, um bei Bedarf Hausgeräte oder andere Verbraucher einzuschalten. Akkubatterien hat das Unternehmen noch nicht im Angebot. Ab wann das der Fall sein wird, ist unklar. Aleo macht dazu bislang keine Angaben. Sicher sei aber, dass die Systeme künftig immer häufiger Bestandteil moderner Solarstromtechnik sein werden.

Würth Solar
Würth Solar hat erstmalig im vergangenen Jahr ein Eigenverbrauch-System gezeigt. „Die Nachfrage ist da“, sagt Katharina Turba. „Der Eigenverbrauch muss vorangebracht werden. Wir sehen uns hier auch in der Rolle des Weiterentwicklers.“

Sony
Auch der Elektronikkonzern Sony arbeitet an einem System. Gedacht ist es vor allem als Notstromaggregat für EDV-Systeme und PV-Anlagen in Gewerbebetrieben und Privathaushalten. Ob und wann es auf den deutschen Markt kommt, steht noch nicht fest.

Amortisationsfrage bislang unbeantwortet
Lange war unklar, ob und ab wann sich die Anschaffung von Managementsystemen für den Eigenverbrauch lohnen. Jetzt liegen die ersten Daten vor. „Im Kontext der Smart-Metering-Forschung weiß man, dass ca. 10 bis 15% der Lasten im Haushalt verlagerbar sind“, sagt Christof Wittwer vom Fraunhofer Institut für solare Energiesys­teme (ISE) in Freiburg. Man könnte also beispielsweise einen Jahresverbrauch von 4000 kWh mittels Eigenstromnutzung optimieren, sodass rund 400 kWh und mehr über Eigenstrom gedeckt würden, sagt Wittwer. „Das ist natürlich auch abhängig von der Größe der PV-Anlage.“ Das heißt, ein Managementsystem muss entweder ziemlich preiswert sein oder so langlebig, dass sich die Anschaffung auch ganz sicher rechnet.
„Die Entwicklung des Marktes steht und fällt mit der Weiterentwicklung der Akkutechnik“, sagt Dieter Geyer. Wichtig für die Amortisation der Anlagen ist vor allem die Lebensdauer der Akkubatterien. Müssen die Speicher vorzeitig ausgetauscht werden, verringert sich die Rentabilität der Anlage erheblich. Rund 2700 Ladezyklen soll der Sunpac von Solarworld bewältigen können, so das Unternehmen. Bei rund 200 Lade- und Entladevorgängen jährlich ergibt das eine Lebensdauer von rund 13,5 Jahren. Voraussetzung dafür ist, dass die Speicher stets nur zur Hälfte entladen werden.

Trend geht zu Lithium-Ionen-Akkus
Bislang bestehen die Modelle von Solarworld und SMA noch aus Bleigel-Akkus. Mittelfristig wollen die Unternehmen das Angebot umstellen und Lithium-Ionen-Technik einsetzen. Damit sollen deutlich mehr als 2700 Ladezyklen möglich sein. Bislang sind Lithium-Ionen-Akkus aber noch zehn Mal so teuer wie Blei-Akkus. Daher haben Solarworld und SMA die Einführung der Technik bis auf weiteres verschoben.
Laut Conergy haben die Akkus des Modells Sonnenspeicher eine Lebensdauer von bis zu 20 Jahren. Erfahrungswerte gibt es noch nicht, dafür ist die Technik zu neu. Um trotzdem eine Zahl nennen zu können, habe man Daten aus einem Forschungsprojekt ausgewertet und hochgerechnet, heißt es bei Conergy. Demnach lassen sich die Akkus bis zu 7000 Mal komplett aufladen. Weder das Laden, noch das Entladen unterliege Mengenbeschränkungen oder anderen Besonderheiten, heißt es.
Die Berliner Firma Younicos, ein Tochterunternehmen des PV-Modulherstellers Solon, stellte jüngst einen Li-Io-Akku vor, der ebenfalls eine Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren haben soll. Das Modell mit einer Speicherkapazität von 4 bis 15 kWh werde Anfang 2012 auf den Markt kommen, heißt es. Der Akku ist Teil eines Systems zum Eigenverbrauchs-Management und soll unter anderem über das Internet mit dem lokalen Stromversorgungsunternehmen vernetzt werden können. Die Akkus der Anlage sollen dann gegebenenfalls als temporäre Speichermöglichkeit dienen, um Lastspitzen im allgemeinen Stromnetz auszugleichen.

Autor: Holger Dirks


Einspeisevergütung
In vielen Teilen der Welt sind Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) in der Regel nicht an das allgemeine Stromnetz angeschlossen. Entweder weil es vor Ort gar kein Stromnetz gibt oder weil es zu umständlich wäre, die Anlage anzuschließen. Experten nennen solche autarken PV-Anlagen auch Inselanlagen oder offgrid-Anlagen. In Deutschland ist es genau andersherum: Hier sind die meisten Anlagen sogenannte ongrid-Anlagen. Der erzeugte Solarstrom wird zu einem gesetzlich festgelegten Tarif ins örtliche Netz des Stromversorgers eingespeist. Der Netz-Betreiber ist verpflichtet, den Strom abzunehmen. Vor Ort verbraucht wird die Energie nur in Ausnahmefällen.
Seit einigen Jahren werden die gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen außerhalb des ohnehin definierten Rahmens herabgesetzt. Aktuell haben sich das Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium Ende Februar auf deutlich niedrigere Sätze verständigt. Beispielsweise sinkt im Leistungsbereich bis 10 kW die Vergütung um rund 20%. Weitere Hintergrundinformationen finden Sie in dem Beitrag „In den Schatten gestellt“ hier im IKZ-FACHPLANER-Teil auf Seite 8.

 


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