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Überzeugende Natur-Materialien - Wärmeschutz mit nachwachsenden Rohstoffen wird nachgefragt

Dämmstoffe aus natürlichen Rohstoffen wie Hanf, Jute oder Schafswolle haben nicht nur ein gutes Image beim Kunden. Auch dem Handwerker bieten sie Vorteile: Sie sind bei der Verarbeitung gesundheitlich unbedenklich und bieten die Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzusetzen, da nicht jeder diese anbietet.

Matten aus Jutefasern sind in verschiedenen Dämmstärken erhältlich, lassen sich leicht zuschneiden oder passgenau ab Werk beziehen. Bild: Thermo Natur

„Ein Hype um Dämmstoffe aus Jute ist bei uns ausgebrochen“, berichtet Heinz Amolsch von der Thermo Natur in Nördlingen. Bild: Thermo Natur GmbH & Co. KG.

Hobelspäne als Schüttmaterial eignen sich für die Dachboden- oder Trittschalldämmung. Bild: Bau-Fritz

Zellulosedämmstoff wird von zertifizierten Verarbeitern mit einer Verblasmachine auf Wände aufgebracht. Bild: Thermofloc/Peter Seppele Gesellschaft m.b.H.

 

„Ein Hype um Dämmstoffe aus Jute ist bei uns ausgebrochen“, berichtet Heinz Amolsch von der Thermo Natur GmbH & Co. KG in Nördlingen. Dies liege einerseits daran, dass sie bis zu 20% günstiger seien als andere Dämmstoffe aus einjährig nachwachsenden Rohstoffen. Andererseits biete Jute nach Untersuchungen der Materialprüfungsanstalt Leipzig von allen Wärmedämmstoffen den besten Wert für sommerlichen Hitzeschutz. „Durch die steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen gewinnt dies an Bedeutung“, so Amolsch.

Jute aus der Schokoladenfabrik

Da der wichtigste Gesellschafter der Thermo Natur GmbH & Co. KG der Schokoladenfabrikant Ritter ist, entstand im Herbst 2014 die Idee, Jute zu Dämmmatten verschiedener Stärken zu verarbeiten. Die Fasern stammen vorwiegend aus ausrangierten Kakao- und Kaffeebohnensäcken. „Sie bekommen dadurch ein zweites Leben und sind einige weitere Jahrzehnte nutzbar“, so Amolsch. Um den Nachschub braucht man sich keine Sorgen machen: „Wir können die nächsten Jahre kräftig expandieren und haben noch immer ausreichend Rohstoff zur Verfügung“, heißt es bei Thermo Natur.

Das Nördlinger Unternehmen ist bislang eher für seinen Hanfdämmstoff bekannt, für den es bereits etliche Preise verliehen bekam. Die Jute- und Hanfmatten stammen aus der eigenen Fabrikation und werden über den beratenden Baustoff-Fachhandel vertrieben. Für Handwerker bietet Thermo Natur bundesweit Fachschulungen an.

Nischenprodukt auf dem Dämmstoffmarkt

Der Boom bei der Jutenutzung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Dämmung aus nachwachsenden Rohstoffen noch immer ein Nischendasein fristet: „Das Marktvolumen für Naturdämmstoffe liegt im einstelligen Prozentbereich“, sagt Volker Lehmkuhl vom Verein Natureplus, der sich für nachhaltigen Ressourcen- und Klimaschutz bei der Herstellung von Bauprodukten einsetzt.

Noch immer sind die Alternativen zu wenig bekannt und konventionelle Dämmstoffe beherrschen den Markt. Dennoch spüren Händler Wachstumspotenziale durch das gestiegene Umweltbewusstsein der Kunden. Für den Handwerker bieten die pflanzlichen Dämmstoffe den Vorteil, dass sie bei der Arbeit keinen Mund- oder Körperschutz benötigen, auch nicht beim Einbau über Kopf. Es droht keine Gefahr von Reizungen der Haut, Augen oder Atemwege.

Technische Eigenschaften

Vor allem beim Kälte- und Hitzeschutz sind Naturdämmstoffe oft konkurrenzfähig mit konventionellen Materialien: Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. nennt als Messlatte für gut dämmende Stoffe eine Wärmeleitfähigkeit von unter 0,05 W/(m x K). Hanfmatten besitzen einen Wert von 0,04 W/(m x K), Schafwolle hat mit Werten von  0,03 – 0,04 W/(m x K) sogar noch bessere Eigenschaften – ähnlich wie Styropor oder Polyurethan. Schafwolle besitzt zu alledem luftreinigende Fähigkeiten, indem sie Schadstoffe, wie Formaldehyde bindet und größtenteils abbaut.

Und auch wenn es darum geht, einen sommerlichen Hitzeschutz bereitzustellen, schneiden die Naturdämmstoffe durch ihr hohes Wärmespeichervermögen deutlich besser ab als konventionelle. Während Steinwolle nur einen c-Wert von 840 – 1000 J/(kg x K) bietet, können Hanf- und Jutematten mit 2300–2350 J/(kg x K) punkten. Einer der wenigen Nachteile ist, dass man eine etwas stärkere Dämmdicke gegenüber klassischen Wärmedämmungen brauc

Herstellungsprozess

Bevor der Dämmstoff vom Acker zu einem leistungsfähigen Produkt wird, steht ein teilweise aufwendiger Aufbereitungsprozess bevor: Nach der Trennung der vliesfähigen Fasern vom Rest der Pflanze werden diese gereinigt, mit einem Brandschutz ausgerüstet und mit Stützfasern gemischt. Die Stützfasern dienen dazu, aus den losen Fasern eine stabile Matte herzustellen. Hier hat man in letzter Zeit Wege gefunden, um dafür synthetische Fasern durch solche aus pflanzlicher Stärke zu ersetzen.

Natürlicher Brandschutz

Brandschutzanforderungen und schalltechnische Eigenschaften spielen bei der Produktion von Naturdämmstoffen ebenfalls eine Rolle, um  eine bauaufsichtliche Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik zu bekommen.

Hierzu wird den organischen Dämmmaterialen z.B. Soda oder Molke hinzugefügt. Dies beugt auch dem Schimmel- oder Schädlingsbefall vor. Die Brennbarkeit bei Naturdämmstoffen wird größtenteils als normal brennbar (B2) eingestuft. Von Vorteil ist, dass bei einem Brand keine giftigen Dämpfe entstehen.

Positive Ökobilanz

Ein weiterer Pluspunkt der grünen Dämmstoffe besteht darin, dass sie von regionaler Herkunft sein können: Der österreichische Dämmstoffhersteller Isolena in Waizenkirchen etwa arbeitet ausschließlich mit regional gesammelter Wolle. 2014 wurden insgesamt 380 t Rohwolle aus Österreich zu Dämmstoffen verarbeitet. Durch die kurzen Transportwege wird die Umwelt geschont. Auch die robuste Hanfpflanze, die immer mehr Verwendung findet, ist nützlich für eine positive Klimabilanz: Innerhalb von 100 Tagen wachsen die Pflanzen cirka vier Meter hoch. Dabei bindet Hanf bedeutende Mengen an CO2.

Zertifikate sind gefragt

Um für mehr Transparenz gegenüber dem Endkunden zu sorgen, werden Qualitätsnachweise immer wichtiger. Hierbei hilft beispielsweise das Gütesiegel von Natureplus e.V. Helga Haslehner von Isolena verweist auf die Bedeutung solcher Auszeichnungen: „Durch die Zertifizierung von natureplus ist unser Produkt europaweit anerkannt. Die Kunden fordern Zertifikate als Qualitätsnachweis“. Um ein solches Gütesiegel zu bekommen, muss der Hersteller beispielsweise eine nachhaltige Verwendung natürlicher Ressourcen in Form einer Volldeklaration aller Inhaltsstoffe nachweisen.

Einsatzmöglichkeiten

Naturdämmstoffe werden in unterschiedlichsten Materialien und für die unterschiedlichsten Einsatzzwecke angeboten: Die wichtigsten Ausgangsmaterialien dazu sind Holz, Zellulose, Hanf, Flachs, Schafwolle, Stroh, Schilf, Wiesengras, Seegras und Kork.

Gepresste Platten aus Holzfaser-Dämmstoffen dienen z.B. als Aufdachdämmung, Hobelspäne als Einblas- oder Schüttdämmung für den Einsatz an Decken oder der aus Altpapier hergestellte Zellulosedämmstoff für Wandkonstruktionen. Er kann in angefeuchteten Flocken aufgesprüht werden. Dämmmatten aus Hanf, Flachs, Jute oder Schafwolle eignen sich u.a. für die Zwischensparren- und Innenwanddämmung. Auch für außenseitige Fassadendämmungen können Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt werden. Die Hersteller bieten für viele Einsatzbereiche teils passgenau geschnittene Bahnen ab Werk.

Kostenvergleich

Beim Kostenvergleich der unterschiedlichen Dämmstoffe zeigt sich, dass Material aus Styropor/EPS bei 14 cm Dämmstärke nur ca. 5 – 20 Euro/m2 kostet. Eine Einblasdämmung aus Zellulose liegt bei ca. 10 – 20 Euro/m2 (16 cm) und Hanfdämmstoff bei ca. 10 – 17 Euro/m2 (16 cm) (Quelle: www.energieheld.de). Berücksichtigt man die etwas größere Dämmstärke, so ist der grüne Dämmstoff letztlich etwa doppelt so teuer wie herkömmliche Materialien.

Doch sollte man auch die Kosten in Relation sehen: Denn wer z.B. seinen kompletten Dachstuhl saniert, wird erkennen, dass der nachwachsende Rohstoff letztlich nur einen geringen Anteil an der Gesamtinvestition hat.

Außerdem sollte man den Kunden daran erinnern, neben Material- und Einbaukosten auch die vermiedenen Folgekosten zu sehen. Hierzu ist gut zu wissen: Naturdämmstoffe sind in der Lage, Feuchtigkeit aufzunehmen und einzuspeichern, ohne dabei Formstabilität und Dämmwirkung zu verlieren. Naturstoffe schonen durch dieses feuchteausgleichende Verhalten die Gebäudesubstanz und sind zudem später kein teurer Sondermüll. Bestenfalls können sie einfach kompostiert werden.

Bessere Förderung gefragt

Um den Klimaschutz voranzubringen, wird zwar Wärmedämmung insgesamt bundesweit gefördert. Die Kfw-Bankengruppe bietet etwa für eine Sanierung von Wand- und Dachflächen Kredite oder Investitionszuschüsse. Doch trotz besserer Ökobilanz bei der ökologischen Dämmung spielen Aspekte der Nachhaltigkeit bei der Vergabe der Zuschüsse keine Rolle.

„Es ist ein schwieriges Terrain“, sagt dazu Heinz Amolsch von Thermo Natur. „Unsere Forderung an die Politik ist, dass nachhaltige, ressourcenschonende und wohngesunde Dämmstoffe eine eigene förderpolitische Schiene erhalten sollen.“ Wieder einmal werden externe Kosten nicht berücksichtigt: Herkömmliche Dämmung besteht oft aus Erdöl. Auch wird die „graue Energie“ beim Herstellungsprozess nicht berücksichtigt. Alle Naturdämmstoffe benötigen deutlich immerhin weniger Primärenergie bei der Produktion als synthetische oder mineralische Produkte.

Autor: Martin Frey

Weitere Informationen

  • natureplus e. V., www.natureplus.org
  • Drewer, Arnold (u.a.) (2013): „Wärmedämmstoffe- Kompass zur Auswahl und Anwendung“. Rudolf Müller Verlag, Köln. 386 S. ISBN 978-3-481-03094-0. 89,00 Euro.
  • Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) (Hrsg.) (2015): „Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“ (2. Auflage). FNR, Gülzow-Prüzen. 44 S. Download kostenlos.

 


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