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Soll man PV-Strom zum Heizen eines Gebäudes nutzen?

Die Investitionskosten in eine Photovoltaikanlage sind in den letzten Jahren drastisch gesunken, aber auch die Einspeisevergütung für den solar erzeugten Strom sinkt nach den Vorgaben des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) von Monat zu Monat weiter. Das macht PV-Anlagen weniger attraktiv, obschon nach wie vor i. d. R. die Netzparität gegeben ist, d. h., die Stromgestehungskosten sind niedriger als der Bezug derselben Menge Stroms über einen Energieversorger.

Galt die Einspeisung des PV-Stroms in das öffentliche Stromnetz lange Zeit als einzige Möglichkeit, die eigene Anlage zu refinanzieren, spielt jetzt der Eigenverbrauch eine zunehmende Rolle. Mit Batteriespeicher ist das möglich. Während des Tages wird der solar erzeugte Strom gespeichert und steht zu Zeiten zur Verfügung, wenn der Nutzer den Strom benötigt, z. B. nachmittags oder abends.

Auch eine Wärmepumpe kommt in Betracht: Mit dem von der PV-Anlage erzeugten Strom läuft die Wärmepumpe, die die thermische Umweltwärme in einen Pufferspeicher abgibt. Sie steht dann zu Heizzwecken und zur Trinkwassererwärmung bereit.

Eine weitere Alternative ist die direkte Umwandlung des PV-Stroms in Wärme. Vereinfacht dargestellt werden die PV-Module über Elektrokabel an einen Heizstab angeschlossen, der sich in dem Pufferspeicher der Heizungsanlage befindet. Der von der PV-Anlage erzeugte Strom wird durch den Heizstab geleitet und dort in Wärme umgewandelt. Diese Wärme wird zur Beheizung des Gebäudes und zur Trinkwassererwärmung genutzt. Gerade das letzte der drei Beispiele spaltet die Gemüter. Es gibt Befürworter wie Gegner. Wir lassen jeweils einen hier zu Wort kommen.

Dr. Rolf Meißner, Geschäftsführer der Ritter XL Solar GmbH, Karlsbad

 

Pro

In den letzten Jahren sind die Kosten für Photovoltaikmodule erheblich gesunken – deshalb ist ein Umdenken erforderlich. Heute ist die Photovoltaik für Anwendungen attraktiv, die früher undenkbar gewesen wären – z. B. auch die Warmwasserbereitung. Galt es bisher als wenig wirtschaftlich, Strom in Wärme umzuwandeln, hat sich das mit der heutigen Technik geändert. Ein im Wasserspeicher integriertes Heizelement nutzt ohne Umwege den Gleichstrom aus PV-Modulen, um das Brauchwasser zu erwärmen. Je nach Auslegung der PV-Anlage ist es möglich, damit bis zu 70 % des jährlichen Ener­giebedarfs für die Warmwasserbereitung abzudecken.
Die Warmwassererzeugung mit Photovoltaik vereint dabei gleich mehrere Vorteile. Die Systeme bestehen aus wenigen Komponenten, damit ist auch der Installationsaufwand vergleichsweise gering: PV-Module, elektrische Leitung und Heiz­element. Die elektrische Leitung kann leicht verlegt werden, die Integration des Heizelements erfolgt durch einen 11/2“-Anschluss am Wasserspeicher. Und so eignet sich das System auch ideal für die Nachrüstung.
Das System ist durch die PV-Module nahezu wartungsfrei: Es gibt keine Pumpen, Dichtungen, etc. Eine schädigende Temperaturbelastung des Wärmeträgermediums entfällt.
Hohe solare Deckung verspricht die Photovoltaik auch bei Schwachlichtverhalten und kühlem Wetter. Denn der PV-Strom speist seine Leistung sofort ein, sobald die PV-Module Strom erzeugen. Es muss kein Wasserkreislauf vorab auf Mindesttemperatur erhitzt werden. Außerdem wird die Energie über die Stromleitungen verteilt, was die Verluste auf ca. 1/6 gegenüber Warmwasserleitungen reduziert.
PV-Monitoring inkl. Online-Portal und Apps sorgen für Transparenz bezüglich erzeugter Energie und Einsparung an fossilen Brennstoffen. Der unwahrscheinliche Fall eines Fehlers wird dem Betreiber und dem Installateur proaktiv angezeigt.
Die PV-Module können auch auf unterschiedlichen Flächen und Ausrichtungen angebracht werden, z. B. auf Dachgauben oder Garagen. Neben den Standard-Modulen gibt es PV-Module, die sogar Funktionen der Gebäudehülle übernehmen, z. B. als gebäudeintegriertes Dachsystem, Funktionsfassadenelemente, Balkongeländer, etc. Diese Vielseitigkeit und Flexibilität hebt den höheren Platzbedarf im Vergleich zu Solarthermiekollektoren auf und sorgt bei gebäudeintegrierten PV-Modulen für eine homogene und zukunftsweisende Integration der Haustechnik.
Für den Installateur bieten sich vielfältige Möglichkeiten: Die PV-Thermie bietet beim Endkunden ein deutliches Differenzierungspotenzial nicht nur in der Angebotsphase. Die leichte und einfache Installation führt zu einer geringen Fehlermöglichkeit und somit zu zufriedenen Empfehlungskunden, die durch ein proaktives Anlagenmonitoring bequem supportet werden können.
Mit der direkten DC-Kopplung ist es möglich, die Kosten der Warmwasserbereitung mit 8 – 10 Cent/kWh deutlich unter denen anderer Wärmeerzeuger zu halten. Selbst ohne Fördermaßnahmen wie EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) oder BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) ist das wirtschaftlich sinnvoll und macht die Bürokratie überflüssig. Als alternative Maßnahme im Rahmen der EnEV (Energieeinsparverordnung) ist die PV-Thermie anerkannt. Für die Planung einer Anlage stehen die Hersteller mit Rat und Tat zur Seite.

Contra

Hätte man diese Diskussion geahnt, dann hätte es das Erneuerbare-Energien-Gesetz für die Photovoltaik nie gegeben. Treffend sagt dazu ein alter Spruch: „In der allergrößten Not essen wir die Wurst auch ohne Brot“. Deutschland braucht nur knapp 1/4 seiner Energie als Strom und ca. 2/3 als Wärme. Um CO2 bzw. den Zubau von Kraftwerken zu vermeiden, darf der Stromanteil nicht steigen. Elektrizität ist für alles einsetzbar. Aber es ist eine ökologische Todsünde und Ausdruck ökonomischer Kurzsichtigkeit, wenn immer mehr und immer neue Verbraucher mit Strom bedient werden. Für Politiker und Anwender ist dies eine große Versuchung, weil sich Elektrizität immer begreifbar und einfach verfügbar darstellt. Das gilt aber nur für den Verbrauch. Bei der Stromerzeugung und –verteilung entstehen hingegen mit der Erhöhung des Strombedarfs immense Kosten und Probleme.
Leider erzeugt die PV den meisten Strom mittags im Sommer, wenn er kaum gebraucht wird. Richtet man sich nun angesichts der sommerlichen Überschüsse auf das Heizen mit Strom ein, wie es mit der Wärmepumpe bereits fortschreitend geschieht, bezahlt man dies sehr teuer im Winter, wenn der Heizbedarf um ein Vielfaches steigt und der PV-Strom ausbleibt. So geht keine Energiewende.
Auf einer Fläche so groß wie der Bodensee wurde PV bereits hoch subventioniert installiert. Deshalb ist PV-Strom sehr wertvoll. Wenn er sich nun zeitweise als überflüssig erweist, will man ihn wenigstens verheizen dürfen. Folgerichtig müsste dann jedoch der PV-Zubau gestoppt werden, bis die Netze und die Elektromobilität da sind, bis das Verheizen wieder aufhört.
Solarthermie ist die adäquate Form solaren Heizens. Je nach Technologie und Temperatur sind bei gleicher Kollektorfläche die 2- bis 6-fachen Jahreswärmeerträge zu erzielen. Allerdings sind die Technologieunterschiede gewaltig. Einfache Kollektoren gewinnen im Winter nicht mehr Wärme als PV-Strom, Hochleistungs-CPC-Vakuumröhrenkollektoren aber das 3- bis 4-Fache – und dies nur etwa zum halben Kilowattstundenpreis.
Denkt man die Energiewende weiter, dann ist die solar nutzbare Fläche Deutschlands zu klein und zu kostbar, um diesen hohen Flächeneffizienzfaktor zu ignorieren. Mit der Erzeugung von Fernwärme oder zur Unterstützung wärmeintensiver Prozesse steht mit der Hochleistungssolarthermie dem „Heizen mit PV“ bereits eine weit entwickelte und überlegene Technik gegenüber.
Und was gilt für das Einfamilienhaus als wichtige Säule der Energiewende? Mehr als 3 kWPeak installierte Leistung (ca. 20 m²) sind dort nicht sinnvoll als Eigen­bedarf unterzubringen und das Eldorado der Netzeinspeisung geht gerade unter. Das Speichern von Elektrizität in Batterien ist noch sehr teuer, aber beim Einfamilienhaus trotzdem kurzfris­tig der einzig sinnvolle Weg zum weiteren Ausbau der PV. Speichern von Wärme ist schon mit ST verlustreich, mit PV aber wird es zur Schildbürgerei. Mit 20 m² CPC-Kollektoren und einem Speicher von 1 m³ lassen sich bei modernen Einfamilienhäusern über 50 % der Kos­ten für Warmwasser und Heizung sparen, mit immer größeren „Indoor-Speichern“ sogar bis zu 90 %. Doch die Kombination 20 m² PV-Anlage mit kleinem Batteriespeicher + 20 m² CPC-Vakuumröhrenkollektoren mit 1000-l-Kombispeicher ist derzeit der Königsweg zur größtmöglichen privaten Energie-Autarkie.

 


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