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Solares Heizen im Mehrfamilienhaus

Das Konzept Sonnenhaus – Beispiele aus der Praxis

Dieses Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen wird gerade im Landkreis Heilbronn gebaut. Mit 75 m² Solarkollektoren soll es zu 50 % solar beheizt werden. Bild: KHB-Creativ Wohnbau

Auf dem Gelände eines ehemaligen Geflügelhofs hat das Bauunternehmen Rupp eine Wohnanlage mit drei weitgehend solar beheizten Mehrfamilienhäusern gebaut. Bild: Bauunternehmen Markus Rupp

Die 238 m² Solarkollektoren zur Beheizung von drei Mehrfamilienhäusern in der Wohnanlage sind auf zwei der drei neuen Gebäude verteilt. Bild: Sonnenhaus-Institut

 

Mit einer großen Solarwärmeanlage lassen sich in Wohngebäuden beträchtliche Heizkosten einsparen. Davon ist das Sonnenhaus-Institut überzeugt und überträgt das Konzept Sonnenhaus deshalb immer häufiger auf Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungsbauten.
Ein Beispiel ist das Bauprojekt von KHB-Creativ Wohnbau. Das Mitgliedsunternehmen des Sonnenhaus-Instituts baut in Obersulm im Landkreis Heilbronn gerade ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen. 75 m² Solarkollektoren werden das Gebäude zur Hälfte solar beheizen. Der Massivbau mit KfW-Effizienzhaus-Standard 55 hat eine Wohnfläche von 520 m². Die Solarkollektoren werden auf dem Dach und an der Fassade mit 40 bzw. 90° Neigungswinkel montiert. Der steile Winkel ist notwendig, damit bei tief­stehender Sonne im Winter viel Solarwärme produziert wird. Der Pufferspeicher ist knapp 5 m hoch und fasst 10,5 m³ Wasser. Das zeigt, dass die Größe der Wärmespeicher sinkt, je mehr Wohneinheiten solar versorgt werden. „In einem Mehrfamilienhaus wird ständig Wärme abgenommen, deshalb kann der Speicher hier kleiner dimensioniert werden“, sagt Rainer Körner, Geschäftsführer von KHB-Creativ Wohnbau, aus der Erfahrung von rund 20 Sonnenhaus-Bauprojekten.

Vergleichsrechnung
Als Beleg für die Wirtschaftlichkeit des Sonnenhaus-Konzeptes in diesem Gebäude zieht der Bauunternehmer eine Vergleichsrechnung heran. Als Kosten für die Heiztechnik mit der großen Solarheizung, Gas-Brennwertkessel und Flächenheizung hat er 96 900 Euro errechnet. Davon hat er 15 000 Euro BAFA-Förderung für die Kollektoren und 2500 Euro Förderung für den Speicher abgezogen. Die Kosten für die Sonnenhaus-Heizung belaufen sich somit auf 79 400 Euro. Zum Vergleich hat Körner ein Haus mit KfW Effizienzhaus-Standard 55 mit einer Wärmepumpenheizung kalkuliert. Der KfW-Standard würde eine 1,5-kW-Photovoltaikanlage erfordern, die er deshalb mitberechnet hat. Die Gesamtanlage würde 63 000 Euro kosten. Unter Berücksichtigung der höheren Kollektorförderung ist die Sonnenhaus-Heizung also nur 16 400 Euro teurer. „Auf sechs Wohneinheiten heruntergebrochen sind die Mehrkosten aber schnell wieder erwirtschaftet“, resümiert Körner, der hier als Bauträger fungiert. Die Heizkosten für die tatsächlich eingebaute Heizung hat er mit 1,75 Euro/m² jährlich errechnet. Bei der Wärmepumpenheizung würden sie sich auf 5,96 Euro/m² jährlich belaufen.
Auch Markus Rupp, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens in Großostheim bei Aschaffenburg, setzt auf das Sonnenhaus-Konzept im Mehrfamilien­hausbereich. Rupp hat bisher etwa 20 Sonnenhäuser gebaut, die meisten davon sind Gebäude mit drei und mehr Wohnungen. Ein Beispiel für die Wirtschaftlichkeit ist eine Wohnan­lage in Großostheim. Hier hat Rupp für ­einen Kunden auf dem Gelände eines ehemaligen Geflügelhofs drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 16 Wohnungen gebaut. Das erste Haus ist 2013 fertig geworden, die anderen beiden 2014. Die beheizte Wohn- und Nutzfläche beträgt 1614 m², sie wird zu 66 % solar beheizt.
Dafür montierte Rupp 238 m² Solarkollektoren auf zwei der drei Gebäude. Überschüssige Wärme aus der Solarthermieanlage wird in einem Pufferspeicher mit 66 900 l Fassungsvermögen eingelagert. Er steht dort, wo früher der Futtersilo stand. Für die Trinkwasserbereitung installierte der Bauunternehmer eine Frischwasserstation und einen separaten Trinkwasserspeicher mit 1800 l Inhalt.
Wenn die Solarstrahlung in den Übergangszeiten und im Winter nicht aus­reicht, übernimmt ein Hackschnitzelkessel. Er hat 50 kW Leistung und könnte die Häuser theoretisch alleine versorgen. Hier hat er aber nur die Funktion der Nachheizung, und die ist selten nötig. Im Winter 2016 / 2017 wurden nur 57 m³ Hackschnitzel benötigt. Das entspricht für die 16 Wohneinheiten etwa 2000 Euro Heizkosten im Jahr.
„Die Sonnenhaus-Heizung ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich“, betont Rupp. Die Mieter der Wohnan­lage profitieren von einer „Heizflatrate“. Sie zahlen je nach Größe ihrer Wohnung ­zwischen 8,50 und 9,30 Euro/m² Miete warm. Das ist in dem Ortsteil 1,20 Euro/m² mehr als bei anderen Neubauten. Doch dafür sind die Heizkosten gleich ­inklusive. Die Mieter profitieren somit von geringen Nebenkosten, der Vermieter erwirtschaftet mit dem Solar-Biomasse-Heizsystem jedes Jahr einen Überschuss von 12 000  Euro. Solarstrom wird in der Wohnanlage ebenfalls produziert: Auf dem Neubau an der Straße wurde eine 66,58 m² große Photovoltaikanlage mit 9,46 kW Leis­tung montiert.
Der Strom wird für die Haustechnik, die Lüftungsanlage (ohne Wärmerück­gewinnung) und den Aufzug genutzt. „Der Großteil des Solarstroms kann in der Wohnanlage direkt genutzt werden“, sagt Rupp. Solarstrom an die Mieter zu verkaufen, hat sich nicht angeboten. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben wäre die Abrechnung zu aufwendig, außerdem würde die EEG-Umlage, die bei PV-Anlagen über 10 kW Leistung erhoben wird, den Strom verteuern.

Photovoltaik und Solarthermie
Photovoltaik und Solarthermie in Sonnenhäusern zu kombinieren, ist ein Prinzip des Sonnenhaus-Instituts. Ziel sei es, die Bewohner mit einem hohen Autarkiegrad mit Wärme, Strom und Mobilität von der Sonne zu versorgen, gepaart mit niedrigen Folgekosten und einem hohen Wohnkomfort in den Gebäuden. Auch Sonnenhäuser mit großen Photovoltaikanlagen und solarstromgeregelten Wärmepumpen seien heute möglich. Das Sonnenhaus-­Institut hat dafür die Kategorien „Sonnenhaus Plus“ und „Sonnenhaus Autark“ geschaffen. Dies bietet sich aber mehr für Einfamilienhäuser an. „Die niedrigen ­Nebenkosten für Heizung und Warmwasser sind mit Wärmepumpe und Photovoltaik im Mehrfamilienhaus nicht zu erreichen“, sagt Rainer Körner.
Die baulichen Voraussetzungen für das Sonnenhaus-Konzept in größeren Im­mobilien sind die gleichen wie bei Einfamilienhäusern. Das gut gedämmte Gebäude sollte nach Süden orientiert sein, das Grundstück sollte im Winter verschattungsfrei sein, und die Solarkollektoren sollten möglichst steil montiert werden können, um die dann tief stehende Wintersonne gut auszunutzen. Reicht die Dachneigung nicht aus, sind auch Fassadenkollektoren möglich.
Im oberbayerischen Laufen hat die gemeinnützige Baugenossenschaft Selbsthilfe Salzachkreis mittlerweile vier solar beheizte Mehrfamilienhäuser errichtet. 2009 waren die ersten beiden bezugsfertig. Aufgrund des guten Erfolgs beschlossen sie, zwei weitere zu bauen. In diesen Wochen ziehen die ersten Mieter in die neuen Sonnenhäuser mit insgesamt zehn Wohnungen ein. Das Herzstück ­ihrer Wärmeversorgung sind 320 m² Kollektorfläche. Wärme, die nicht direkt verbraucht werden kann, wird in zwei Speichern mit einem Volumen von jeweils 82 000 m³ vorgehalten. Zusätzlich zu der Solarheizung werden die beiden Gebäude an ein bestehendes Nahwärmenetz mit einer Heizzentrale für Holzhackgut angeschlossen.

Hohe BAFA-Förderung
Künftige Energiekosten-Einsparungen durch Solarwärme sind ein finanzieller Vorteil der Sonnenhaus-Heizung. Bauherren profitieren aber auch von staat­lichen Anreizen. So gewährt die KfW-Banken­gruppe für gute Dämmstandards und den Einsatz Erneuerbarer Energien zinsgünstige Kredite und Tilgungs­zuschüsse. Darüber hinaus gibt es hohe Zuschüsse im Marktanreizprogramm (MAP). Für Bauherren von Sonnenhäusern ist die „Innovationsförderung“ im MAP besonders interessant. Diese gibt es für Solarwärmeanlagen in Gebäuden mit drei und mehr Wohneinheiten sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei Letzteren muss der solare Deckungsgrad mindes­tens 50 % betragen und die Dämmung KfW-Effizienzhaus-Standard 55 entsprechen. Bei Neubauten gibt es für heizungsunterstützende Solarthermieanlagen mit 20 bis 100 m² Kollektoren ­einen Zuschuss von 150 Euro/m². Im Gebäudebestand gibt es 200 Euro/m².
Alternativ zur größenabhängigen Innovationsförderung, bei welcher der Zuschuss nach der Kollektorfläche berechnet wird, gibt es die Variante „Ertragsförderung“. Sie soll dazu motivieren, leistungsstarke Kollektoren zu nutzen. Im Neubau sei die Ertragsförderung in der Regel die attraktivere Variante.
www.sonnenhaus-institut.de
www.khb-wohnbau.de
www.rupp-bau.de 

 


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