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Solar-Akkus auf dem Klima-Prüfstand

Erhöhen oder verringern sie den Öko-Nutzen von PV-Anlagen?

Rasantes Marktwachstum: Die Nachfrage nach Solarstrom-Akkus für die Eigenversorgung von Gebäuden wird sich mindestens bis 2020 im Zweijahresrhythmus verdoppeln. Bild: Varta Storage GmbH

Solarstromspeicher mit Lithium-Ionen-Akkus schneiden in der Umwelt-/Ökobilanz besser ab als solche, die Bleibatterien verwenden. Bild: Sonnen GmbH

Pluspunkt höherer Eigenverbrauch: Solar-Akkus ermöglichen Hausbesitzern, mehr eigenen PV-Strom selbst zu nutzen. Das senkt den Bedarf an Strom aus dem Netz. Bild: SMA Solar Technology AG

 

Kritiker könnten anbringen, dass Solarstromspeicher die energetische Rücklaufzeit einer PV-Anlage verlängern. Ja, aber mit Solar-Akkus lässt sich auch der Eigenverbrauch von PV-Strom im Haus erhöhen und der Fremdbezug von Kohle- oder Atomstrom reduzieren. Es ist eine Bilanz, die unterm Strich positiv ausfällt.
Das ist Futter für Kritiker: Es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass Batterien zunächst einen negativen Effekt auf den Klimaschutz-Effekt einer PV-Anlage haben. Ja, ohne Batterie würde das System mehr CO2-Emissionen vermeiden helfen als mit. Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung hat im Projekt „PV-Nutzen“ (www.pv-nutzen.rwth-aachen.de) den Nutzen von Photovoltaik aus verschiedenen Perspektiven bewertet. Im Rahmen dieser Arbeit wurde auch das Thema Ökobilanz von PV-Speicher-Systemen bearbeitet. Knackpunkt ist die Graue Energie.

Knackpunkt Graue Energie
Der Knackpunkt beim Solar-Speicher ist, dass für Herstellung, Betrieb (z. B. Standby, Batterie-Wechselrichter, Leistungsbedarf) und Entsorgung Energie verbraucht wird, er selbst aber keinen Strom erzeugt. Die Energierücklaufzeit eines PV-Systems erhöht sich also durch die Kombination mit einer Batterie.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Shootingstar Lithium-Batteriesysteme in der Kategorie Reduktion des ökologischen Nutzens einer PV-Anlage Blei-Systemen zwar deutlich überlegen ist. Insofern ist es auch unter dem Gesichtspunkt Ökobilanz gut zu sehen, dass die Lithiumsysteme einen immer größeren Marktanteil gewinnen und die Solarstromspeicher auf Basis von Blei-Akkus verdrängen. Aber beide reduzieren ihn. Je nach Szenario (immer gerechnet über 20 Jahre Betrieb der PV-Anlage) mindern Lithium-Systeme durch ihre Herstellung und den Betrieb den PV-Nutzen zur Einsparung von Treibhausgas um bis zu 10 %. Blei-Systeme mindern den Nutzen um rund ein Viertel. Die Lithium-Systeme sind den Blei-Systemen aufgrund höherer Effizienz und Haltbarkeit hier auf lange Sicht deutlich überlegen, aber es wird für sie auch weniger Energie bei der Herstellung aufgewendet.

Besser abschalten als speichern?

Also auf eine Batterie verzichten? Statt zeitweilig nicht benötigten Strom energieaufwendig zu speichern könnte es dann ja sinnvoller sein, das Kraftwerk für diese Zeit einfach abzuschalten. Für die Windkraft hat man sich damit bereits gedanklich befasst. Zu diesem Ergebnis kam vor einigen Jahren zumindest eine Studie, die sich mit dem Nutzen von Batterien für die Speicherung von Windstrom befasste. Das Online-Nachrichtenportal Wirtschaftswoche Green (WiWo Green, www.wiwo.de) titelte seinen Bericht zur Studie dann so: „Energiewende: Batterien verhageln Klimabilanz von Ökostrom“. Die Wissenschaftler hatten den Energieverbrauch für die Herstellung von Batterien und Windgeneratoren berücksichtigt. Aus Klimaschutzgründen, so das Fazit der Autoren, sollten die Windmühlen bei Stromüberproduktion besser abgeschaltet werden, statt den Überschuss in Batterien zu speichern. Es würde dann weniger CO2 emittiert als bei bei einer Speicherung, da die Produktion von Windmühlen deutlich weniger CO2 freisetze als die der Batterien.

Vorsicht vor der Denkfalle
Lässt sich das auf das Verhältnis von Batterien zu auf dem eigenen Dach erzeugten PV-Strom übertragen? Nein. Denn es gilt Vorsicht zu bewahren vor der Denkfalle. Auch wenn die Batterie den ökologischen Nutzen einer PV-Anlage mehr oder weniger verringert, so bleibt doch ein großer Nutzen des Systems für das Klima bestehen. Auch mit solchen PV-Systemen werden nach wie vor deutliche CO2-Einsparungen erzielt. Und: Der Effekt einer Batterie kann nur dann „negativ“ dargestellt werden, wenn das PV-System für sich allein betrachtet und nicht in den Kontext gestellt wird. Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt man, wenn man den vermiedenen Strombezug aus dem Netz mit ins Klima-Kalkül einbezieht. Mit Solarstromspeichern kann der Eigenstromanteil auf mehr als 60 oder 70 % verdoppelt werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass ein Haushalt mit einem Solarakku entsprechend weniger Strom aus dem Netz beziehen muss.

Ganzheitlich betrachtet positiv

Für die Solarbranche ist das eine ganz wichtige Argumentationskette. „Mit jeder selbst erzeugten und verbrauchten kWh wird eine kWh Netzstrom gespart, was derzeit rund 570 g CO2 pro kWh sind“, rechnet beispielsweise Mathias Bloch vom Speicheranbieter Sonnen GmbH vor. Argumente gibt es, wenn man das Thema fokussiert, dann noch mehr: „Bei Strom, der in zentralen Großkraftwerken erzeugt wird, fallen außerdem Leitungsverluste beim Transport in die Haushalte an. Beim dezentralen Verbrauch von Solarstrom fallen diese Leitungsverluste weitgehend weg, was die Ökobilanz von Batteriespeichern weiter verbessert“, argumentiert er pro Akku. Iris Meyer von der IBC Solar AG bringt noch einen anderen Aspekt ins Spiel: den der Anlagen-Abriegelung angesichts zunehmender Netzengpässe. „Kann kein PV-Strom direkt verbraucht oder eingespeist werden, müssen PV-Anlagen ohne Speicher in bestimmten Situationen abgeregelt werden und das Solarstrompotenzial geht für die Gesamtenergieversorgung verloren“, sagt sie. Die Branche hat also gute Argumente pro
Batterie – nicht nur für den Nutzen höherer Eigenverbrauch, sondern auch fürs Klima.

Ressourcen und Recycling
Doch wie steht es um die Rohstoff-Ressourcen? Der Bedarf an Lithium-Akkus wird durch die Zunahme von Elektrofahrzeugen und Solarspeichern deutlich steigen, sagt das Umweltbundesamt (UBA). Die weltweite Lithium-Produktion konzentriert sich auf nur wenige Länder (USA, Chile, Bolivien und China). Könnte der Stoff knapp werden? Das UBA verneint dies. „Derzeitige Untersuchungen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten die geologischen Reserven den Lithium-Bedarf decken werden“, heißt es als Antwort aus dem UBA.
Wie steht es am Ende des Batterie­lebens um das Recycling? Lithium-Ionen-Akkus sind das Gerätebatterie-Segment mit den stärksten Wachstumsraten. Schon heute kommen sie auf einen Anteil von 15 % am Gesamtmarkt Batterien in Deutschland. Ihr Anteil am Akku-Markt beträgt sogar fast zwei Drittel (Akkus haben einen Anteil von 25 % am Gesamtmarkt Batterien).
Lithium zu recyceln ist derzeit aufgrund der noch geringen Sammelmengen aus Kostengründen nicht wirtschaftlich. Das UBA schätzt die Kosten für das Recycling des Lithium-Ionen-Subsystems ak-
tuell auf etwa 2000 Euro/t. Darin sind die Sortier- und die Transportkosten noch nicht enthalten. Allerdings werden die Solarbatterien selbst bei schnell steigenden Zahlen kein Entsorgungsproblem hervorrufen, sagt das UBA: „Nach unserer Einschätzung können die Recyclingkapazitäten rasch an steigende Sammelmengen angepasst werden. Steigende Sammelmengen dürften dann zu weiteren Automatisierungen sowie Größenvorteilen und Kostenreduzierungen führen“, so der Sprecher des UBA.

Recyclingeffizienz
Eine andere Frage ist die der Recyclingeffizienz. Recyclingeffizienz beschreibt die Masse der zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe im Verhältnis zur Masse der Altbatterien, die dem Recyclingverfahren zugeführt wird. Bei den Blei-Batterien liegt die durchschnittliche Recyclingeffizienz der Verfahren in Deutschland bei 82,5 %. Bei Lithium-Ionen-Akkus wurde für die Verfahren eine durchschnittliche Recyclingeffizienz von 67,3 % ermittelt.
Das UBA hat im Jahr 2014 die Effizienzen der verschiedenen Verfahren erstmalig nach der Methodik der EU-Recyclingeffizienzverordnung berechnet. Diese hat zum Ziel, die Effizienzwerte, die die EU-Staaten nach Brüssel melden müssen, vergleichbar zu machen. Zugleich gibt die EU Mindestziele vor. In den beiden Batterie-Kategorien liegt Deutschland deutlich über den EU-Mindestzielen (Mindestziel Bleibatterien: 65 %, Mindestziel sonstige Batterien: 50 %).
Die Verfahrenstechnologien entwickeln sich weiter und es ist damit zu rechnen, dass die Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Akkus noch effizienter werden.

Es gibt noch Zeit

Dafür haben die Lithium-Ionen-Solarspeicher auch noch genügend Zeit. Denn gute Lithiumspeicher sollen laut Anbietern 15 Jahre halten und die ersten Systeme sind erst seit wenigen Jahren im Einsatz. Das verschafft auch der Solarbranche selbst noch Zeit, denn die Rücknahme und das Recycling von Lithiumspeichern sind vom Batteriegesetz vorgeschrieben. Auf die Branche wird dieses Thema damit erst in ein paar Jahren konkret zukommen. Untätig ist sie deswegen heute nicht. „Es ist eine der aktuellen Aufgaben für die gesamte Branche, sich mit dem Thema Recycling zu beschäftigen und an gemeinsamen Regelungen mitzuwirken. Wir beobachten Entwicklungen in der Forschung und Praxis sehr aufmerksam“, sagt Iris Meyer von IBC Solar. Man engagiere sich beispielsweise in der gemeinsamen Arbeitsgruppe „Batterien“ des BSW-Solar und des Bundesverbands Energiespeicher. „Zudem arbeiten wir mit der Stiftung GRS (Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien)“, berichtet sie.

Autor: Dittmar Koop


Kurz gefasst
Die Diskussionen um die Ökobilanz von PV-Anlagen ist lange vom Tisch. So hat der europäische Solarverband EPIA im Jahr 2011 in einer Studie gezeigt, dass die Energierücklaufzeit von PV-Anlagen in Deutschland ca. 2 Jahre beträgt. Auch werden die Herstellungsprozesse laufend optimiert, sodass Angaben des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme zufolge eine heute hergestellte PV-Anlage während ihrer Lebensdauer zehnmal mehr Energie erzeugt als für ihre Herstellung verbraucht wurde. Batterien schmälern diese Bilanz der PV-Anlage zwar, aber ein großer Klimanutzen bleibt dennoch. Hinzu kommt, dass mit Batterien dem Klima Schaden an anderen Stellen im Energiesystem erspart bleiben kann, z. B. indem mehr PV-Strom selbst genutzt werden und damit Strombezug aus dem Netz vermieden werden kann. Die Nachfrage nach Solarstromspeichern nimmt rasch zu. Dass dadurch die Rohstoffe knapp werden, ist nicht zu erwarten. Auch eine Müllproblematik nicht.
Aber anders als die „herkömmlichen“ Batterien in Geräten und Maschinen des alltäglichen Lebens (Laptops, Autos, Taschenlampen, Akkuschrauber, Epilierer...), die nicht hinterfragt werden und niemandem „weh“ tun, stehen Solar-Akkus für einen weiteren Schritt innerhalb der Energiewende: Dezentralität und Eigenversorgung mit Energie statt Energie zu kaufen. Und das tut so manchem Verantwortlichen aus der Energiebranche immer noch richtig weh. Außerdem wird der Solarakku-Kauf staatlich gefördert. Das macht sie leicht zum Gegenstand umwelt- und energiepolitischer Diskussionen. Fürchten müssen sie diese nicht.

 


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